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VwGH vom 30.01.2007, 2006/17/0134

VwGH vom 30.01.2007, 2006/17/0134

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des WH in L,vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zlen. VwSen-130477/2/Ste/CR und VwSen-130478/2/Ste/CR, betreffend Zurückweisung von Einsprüchen gegen Strafverfügungen i. A. der Parkgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer wurden mit zwei Strafverfügungen des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz jeweils vom zwei Verwaltungsübertretungen gemäß § 2 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 lit. a Oö Parkgebührengesetz 1988 iVm §§ 1, 2, 3, 5 und 6 Abs. 1 Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz zur Last gelegt. Es wurden über ihn deswegen zwei Geldstrafen zu je EUR 43,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je 66 Stunden) verhängt.

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer jeweils Einspruch gegen die genannten Strafverfügungen und führte im Wesentlichen aus, diese seien ihm bislang nicht zugestellt worden. Er habe auch keine Kenntnis von einem diesbezüglichen Zustellversuch. Er habe lediglich eine Hinterlegungsanzeige für eine Strafverfügung mit der "GZ 933-10/Kitz-206303" erhalten. Es sei jedoch keine Ankündigung eines zweiten Zustellversuches erfolgt. Der "RSa-Brief" sei offensichtlich bereits nach dem ersten Zustellversuch hinterlegt worden. Weiters fehle auf dieser Hinterlegungsanzeige der Hinweis wann und wo das Schriftstück abzuholen sei. Das Schriftstück sei von ihm auch nicht abgeholt worden, weshalb die Zustellmängel nicht geheilt seien. Da ihm die Strafverfügungen nicht zugestellt worden seien, sei der Einspruch jedenfalls rechtzeitig erfolgt.

Mit zwei Bescheiden jeweils vom wies der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz die Einsprüche des Beschwerdeführers als verspätet zurück. Begründend führte er jeweils aus, laut der Entscheidung der Oö Landesregierung vom über die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Vollstreckungsverfügungen betreffend die Strafverfügungen sei die Zustellung derselben rechtswirksam am erfolgt. Die zweiwöchige Einspruchsfrist habe daher mit Ablauf des geendet. Der am bei der erstinstanzlichen Behörde persönlich abgegebene Einspruch sei daher verspätet.

In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, die erstinstanzliche Behörde habe nicht geprüft, ob die Strafverfügungen ordnungsgemäß zugestellt worden seien und ob daher die Einspruchsfrist überhaupt zu laufen begonnen habe. Die belangte Behörde habe jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen und sich auf vermeintliche Entscheidungen einer unzuständigen Behörde berufen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde den Berufungen keine Folge gegeben und die Zurückweisungsbescheide des Bürgermeisters bestätigt.

Die belangte Behörde führte nach Wiedergabe des Verfahrensganges begründend aus, der Beschwerdeführer habe seine Behauptungen weder entsprechend begründet, noch habe er Beweise angeführt, die geeignet schienen, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Zustellnachweises zu widerlegen. Die vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung, es sei kein zweiter Zustellversuch erfolgt, sei durch nichts bewiesen worden. Auch die vom Beschwerdeführer vorgelegte "Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes", die wohl den zweiten Zustellversuch betroffen habe, sei nicht geeignet gewesen, die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Zustellnachweises zu zerstören, da damit nichts darüber ausgesagt werde, ob es einen ersten Zustellversuch gegeben habe oder nicht. Auf der "Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes" sei das Postamt, bei dem das Schriftstück hinterlegt worden sei, aus dem angebrachten Stempel eindeutig ersichtlich, Gleiches gelte für den Beginn der Abholfrist, da der Zusteller das Datum angeführt und den Punkt "Das Schriftstück ist abzuholen ab morgen (nächstem Werktag)" angekreuzt habe. Aus den gesetzlichen Bestimmungen ergebe sich, dass eine solche hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten sei. Das Fehlen des Hinweises über die Dauer der Abholfrist könne keinen Zustellmangel begründen. Der Beschwerdeführer habe im vorliegenden Fall jedenfalls durch die von ihm unbestritten erhaltene Hinterlegungsanzeige vom von der Hinterlegung Kenntnis erlangt. Wenn nicht einmal die gänzliche Unkenntnis eines Zustellversuches infolge Beschädigung oder Entfernung der Verständigung die Unwirksamkeit bewirke, so sei davon auszugehen, dass lediglich das Fehlen des Hinweises über die Dauer der Abholfrist die Wirksamkeit der Zustellung nicht beeinträchtigen könne. Die Schriftstücke seien mit Hinterlegung am wirksam zugestellt worden und der Einspruch vom jedenfalls verspätet gewesen. Von der Durchführung der beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung habe gemäß § 51e Abs. 4 VStG abgesehen werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegenden Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Mit Schriftsatz vom begehrte sie ergänzend die Zuerkennung von Kostenersatz.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass ihm die mündliche

Verhandlung verweigert worden sei, ist er schon damit im Recht:

Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Verweigerung der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf § 51e Abs. 4 VStG gestützt. Eine nähere Begründung ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

Nach § 51e Abs. 4 VStG kann aber nur dann von der beantragten Verhandlung abgesehen werden, wenn der unabhängige Verwaltungssenat einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht. Die Voraussetzung, dass der unabhängige Verwaltungssenat einen "verfahrensrechtlichen Bescheid" zu erlassen hat, spricht den Fall an, dass der unabhängige Verwaltungssenat selbst einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, bzw. wenn er auf Grund eines Devolutionsantrages einen ausstehenden verfahrensrechtlichen Bescheid erlassen muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0109, mwN). Die Abweisung der Berufung gegen einen Zurückweisungsbescheid - wie im vorliegenden Fall - fällt somit nicht unter die Ermächtigung des § 51e Abs. 4 VStG.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung der Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am