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VwGH vom 24.09.2010, 2009/02/0329

VwGH vom 24.09.2010, 2009/02/0329

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des G M in H, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs- 2006/17/2750-12, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde, des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides und der vom Verfassungsgerichtshof anlässlich der Abtretung der Beschwerde mitübersendeten Verwaltungsakten steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am um ca. 00.41 Uhr in Hall in Tirol auf der G.-straße Höhe Nr. 9 einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,87 mg/l ergeben. Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO verstoßen. Über ihn wurde eine Geldstrafe von EUR 1.200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 288 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom , B 475/08-6, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt zunächst unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens. Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der ständigen hg. Rechtsprechung Verfahrensmängel bei Überprüfung eines im Instanzenzug ergangenen Bescheides nur beachtlich sind, wenn sie im letzt instanzlichen Verfahren unterlaufen sind; etwaige Mängel des Verfahrens erster Instanz sind im Berufungsverfahren sanierbar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/04/0242), sodass die behaupteten Verfahrensverstöße nicht vorliegen.

Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, laut Anzeige sei er vor seinem Haus in Hall angehalten worden. Er wohne in der G.- gasse 11, sodass der angebliche Tatort "G.-gasse 9" unrichtig sei.

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu bezeichnen. Der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 1521 unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. 11.466/A).

Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 95/02/0378, mwN, gleichfalls eine Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO betreffend), dass die Konkretisierung der Tat im Sinne des § 44a Z. 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses dazu dient, den Bestraften davor zu schützen, wegen ein und derselben Tat mehrfach bestraft zu werden.

Der Beschwerdeführer vermag nicht darzutun, dass er wegen der gegenständlichen Fassung des Spruches der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre, zumal die Konkretisierung des Tatortes in Verbindung mit der Tatzeitangabe zu betrachten ist (vgl. wiederum das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN). Insoweit ist die Tatortangabe im Zusammenhang mit der Tatzeitangabe durchaus ausreichend, den Beschwerdeführer vor einer Doppelbestrafung zu schützen. Der Beschwerdeführer wurde durch diese Tatortangaben auch nicht gehindert, im Verfahren Sachdienliches zu seiner Verteidigung vorzubringen; dies wird in der Beschwerde zu Recht auch nicht behauptet.

Im Übrigen wird das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Delikt des § 5 Abs. 1 StVO - von hier nicht in Betracht kommenden Sonderfällen abgesehen - während des Lenkens eines Kraftfahrzeuges und somit auf einer Wegstrecke begangen. Tatort ist daher nicht wie der Beschwerdeführer meint, nur der Ort, an dem er angehalten wurde, sondern auch die Wegstrecke, auf der er dorthin gelangte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/02/0206). Dass diese Wegstrecke nicht an dem im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Tatort vorbeiführte, behauptet selbst der Beschwerdeführer nicht.

Ein Spruchfehler soll nach Ansicht des Beschwerdeführers auch darin gelegen sein, dass das Kennzeichen des von ihm gelenkten Fahrzeuges unrichtig angegeben worden sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass für die Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO die Kennzeichennummer des "Fahrzeuges" - mehr verlangt diese Gesetzesstelle nicht hinsichtlich des Fortbewegungsmittels des Lenkers - nicht entscheidend ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/02/0015, mwN), sodass auch dem in diesem Zusammenhang erhobenen Einwand des Beschwerdeführers, es sei hinsichtlich der Angabe des (mit dem angeführten Bescheid richtiggestellten) Kennzeichens Verfolgungsverjährung eingetreten, keine Berechtigung zukommt.

Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, die lange Verfahrensdauer hätte strafmildernd berücksichtigt werden müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass das Gesetz bei der Strafbemessung in einer dem Art. 6 EMRK widersprechenden Weise angewendet wurde, wenn eine überlange Verfahrensdauer nicht festgestellt und strafmildernd bewertet wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/10/0002 und vom , Zl. 2008/09/0094, jeweils mwN). Die Frage der Angemessenheit der Verfahrensdauer ist dabei an Hand der besonderen Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Schwierigkeit des Falles, des Verhaltens der Partei und der staatlichen Behörden im betreffenden Verfahren und der Bedeutung der Sache für die Partei zu beurteilen. Die maßgebliche Frist beginnt, sobald die Partei durch offizielle Mitteilung oder auch in sonstiger Weise in Kenntnis gesetzt wird, dass gegen sie wegen des Verdachts, eine strafbare Handlung begangen zu haben, Ermittlungen mit dem Ziel strafrechtlicher Verfolgung durchgeführt werden (vgl. zum Ganzen die oben angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom und vom ). Im vorliegenden Fall erlangte der Beschwerdeführer im Zuge der Akteneinsicht seines Rechtsvertreters am erstmals offiziell Kenntnis von dem gegen ihn erhobenen Tatvorwurf; als Anfangszeitpunkt des Verfahrens ist daher dieser Tag anzunehmen. Das Verfahren wurde in zweiter Instanz nach Durchführung eines umfangreichen Beweisverfahrens mit dem angefochtenen Bescheid vom abgeschlossen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt.

Ausgehend von einer solcherart errechneten Verfahrensdauer von ca. 22 Monaten kann der belangten Behörde im Beschwerdefall nicht entgegengetreten werden, wenn sie die behauptete überlange Verfahrensdauer nicht als Milderungsgrund berücksichtigt hat.

Soweit der Beschwerdeführer ausführt, die Strafbemessung sei zu seinem Nachteil unrichtig vorgenommen worden, weil sich weder die erst- noch die zweitinstanzliche Behörde mit den Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen des § 19 Abs. 1 und 2 VStG auseinandergesetzt hätten, erübrigt es sich, mangels jeglichem konkreten Vorbringens näher darauf einzugehen.

Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am