VwGH vom 13.05.2015, 2013/17/0386
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2013/17/0388
2013/17/0387
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Senatspräsident Dr. Köhler und Mag.a Nussbaumer-Hinterauer als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich, je vom 1.) VwSen-360102/6/WEI/ER/Ba (2013/17/0386), 2.) VwSen-360103/8/WEI/BZ/Ba (2013/17/0387), und
3.) VwSen-360104/8/WEI/BZ/Ba (2013/17/0388), jeweils betreffend Übertretung des GSpG (mitbeteiligte Parteien: zu 1. R W in K, zu
2. I T in I, und zu 3. Mag. C W in S, alle vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat jeder mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit den angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde den Berufungen der mitbeteiligten Parteien gegen die gegen sie ergangenen Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf jeweils vom wegen Übertretung des § 52 Abs 1 GSpG (hinsichtlich des Mitbeteiligten zu 2013/17/0386 für das Zugänglichmachen und hinsichtlich der Mitbeteiligten zu 2013/17/0387 und 0388 für die unternehmerische Beteiligung an den Ausspielungen mit einem Gerät in einer näher bezeichneten Tankstelle) statt, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gegen den jeweiligen Mitbeteiligten gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein.
Begründend verwies die belangte Behörde auf die Mitteilung der zuständigen Staatsanwaltschaft, derzufolge das Ermittlungsverfahren gegen die Mitbeteiligten gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt worden sei, weil "die dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre. (§ 57 StGB)". Nach Darstellung der Rechtsprechung zum Verbot der Doppelbestrafung bzw -verfolgung gemäß Art 4 7. Zusatzprotokoll zur EMRK und des Inhalts des § 52 Abs 2 GSpG in der Fassung BGBl I Nr 54/2010, von literarischen Äußerungen zu der Frage der Doppelbestrafung und der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere ) kam die belangte Behörde zum Schluss, dass sie nach der Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens das Vorliegen eines gerichtlichen Straftatbestandes als Vorfrage zu beurteilen gehabt habe. Im Hinblick auf die bei dem gegenständlichen Gerät vorhandene Automatik-Start-Taste, die die Veranstaltung von Serienspielen ermöglicht hätte, ging die belangte Behörde im Hinblick auf die Rechtsprechung des OGH von der Erfüllung des Tatbestandes des § 168 Abs 1 StGB aus. Die vorgeworfene Tat sei daher nicht als Verwaltungsübertretung strafbar gewesen. Zudem betrage die Verjährungsfrist (für gerichtlich strafbare Handlungen) gemäß § 57 Abs 3 StGB ein Jahr, wenn die Tat mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht sei. Die Tat sei daher, wie auch die Staatsanwaltschaft festgestellt habe, gerichtlich verjährt. Im Ergebnis komme der staatsanwaltschaftlichen Einstellung daher jedenfalls die Bedeutung eines "Freispruchs" im Sinne des Art 4 7. Zusatzprotokoll zur EMRK zu. Da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der "verbotenen Ausspielungen" auf die Geräte und nicht auf einzelne, auf einem Gerät installierte Spiele abzustellen sei, sei eine Abgrenzung nach einzelnen, auf einem Gerät installierten Spielen unzulässig. Die mit Berufung bekämpften Straferkenntnisse seien daher aufzuheben und die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen gewesen.
1.2. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.
1.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Auch die mitbeteiligten Parteien haben in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
In den Gegenschriften (sowohl der belangten Behörde als auch der mitbeteiligten Parteien) wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde auch festgestellt habe, dass auf dem Gerät auch mit Einsätzen über EUR 10,-- habe gespielt werden können.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
2.2. Der Beschwerdefall gleicht vom entscheidungswesentlichen Sachverhalt - wenngleich in spiegelbildlicher Konstellation - und von der maßgeblichen Rechtslage her demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2012/17/0249, entschieden hat, weshalb auf dieses Erkenntnis gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird.
Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob schon aus der erfolgten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens wegen Verjährung implizit die gerichtliche Zuständigkeit abgeleitet werden kann (vgl das hg Erkenntnis vom , 2013/17/0240, zu einem ähnlichen Wortlaut der Einstellungsverfügung, in der der Hinweis auf § 57 StPO jedoch nicht enthalten war), ist im vorliegenden Beschwerdefall angesichts der Feststellung, wonach auf dem gegenständlichen Glücksspielgerät mit Einsätzen von über EUR 10,-- gespielt werden konnte (wovon auch die Amtsbeschwerde ausgeht), vom Vorliegen einer ausschließlichen Gerichtszuständigkeit im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , G 4/12, auszugehen (vgl neuerlich ).
2.3. Die belangte Behörde hat auf Grund des vorliegenden Sachverhalts somit zu Recht den Berufungen der mitbeteiligten Parteien Folge gegeben und den jeweiligen erstinstanzlichen Bescheid wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.
2.4. Die Beschwerde war daher gemäß § § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.
Wien, am