VwGH vom 26.09.2006, 2006/17/0119
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde 1. des SF und
2. der CF, beide in Graz und vertreten durch DDr. Sven D. Fenz, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Tummelplatz 6/II, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. A 8-K-39/2006-1, betreffend Vorschreibung eines ergänzenden Kanalisationsbeitrages, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz schrieb den Beschwerdeführern mit Bescheid vom einen Kanalisationsbeitrag in der Höhe von EUR 5.299,36 (darin enthalten 10 % USt) vor. Als Grundlage der Abgabenfestsetzung diente nach dem Spruch dieses Bescheides das Produkt aus verbauter Grundfläche und Geschoßzahl, wobei dieses mit dem Einheitssatz in der Höhe von EUR 20,70 vervielfacht wurde. Die verbaute Grundfläche errechne sich entsprechend dem beiliegenden Berechnungsblatt mit 93,0944 m2. Zur Berechnung der Geschoßzahl werde ein Regelgeschoß mit dem Faktor 1,0, das Keller- und Dachgeschoß je mit dem Faktor 0,5 herangezogen. Im vorliegenden Fall ergebe sich daher für das gegenständliche Bauwerk (Geschoßfaktor je 1,0 für zwei Vollgeschoße, Geschoßfaktor 0,5 für ein Dachgeschoß) die Geschoßzahl 2,5, somit ein Produkt von 232,736 m2 als verrechenbare Fläche.
Mit dem Baubewilligungsbescheid vom sei die Bewilligung zur Errichtung eines eingeschoßigen Zubaues an der Nordseite des Wohnhauses und eines Carports für drei PKW auf dem näher bezeichneten Grundstück erteilt worden. Für das gegenständliche Bauwerk bestehe gemäß den Bestimmungen des Kanalgesetzes 1988, LGBl. Nr. 79/1988, eine gesetzliche Anschlusspflicht an das öffentliche Kanalnetz. Es sei daher ein Kanalisationsbeitrag zu leisten, wozu die Eigentümer der anschlusspflichtigen Liegenschaft oder Baulichkeit verpflichtet seien.
Die Beitragspflicht für die anschlusspflichtigen Neubauten und für Zu-, Auf-, Ein- und Umbauten in anschlusspflichtigen Baulichkeiten entstehe mit der erstmaligen Benützung der Baulichkeit oder ihrer Teile. Die gegenständliche Baulichkeit werde mit Wirksamkeit vom benützt.
1.2. In ihrer dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, der angefochtene Bescheid werde insoweit angefochten, als er die Anschlussgebühr an den öffentlichen Straßenkanal statt richtig mit EUR 2.119,76 mit EUR 5.299,36 feststelle, also hinsichtlich eines Betrages von EUR 3.179,60. Begründend führte die Berufung aus, dass die verbaute Grundfläche von 93,0944 m2 heranzuziehen sei, jedoch ohne die von der Behörde erster Instanz vorgenommene Vervielfachung. Es handle sich nämlich nur um einen eingeschoßigen Zubau. Die Behörde erster Instanz sei zu Unrecht von der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 des Steiermärkischen Kanalabgabengesetzes 1955, LGBl. Nr. 71/1955, in der Fassung der Kanalabgabengesetznovelle 1988, LGBl. Nr. 80/1988 (in der Folge: Stmk KanalAbgG 1955), ausgegangen; richtiger Weise wäre die Bestimmung des § 4 Abs. 4 leg. cit. zur Anwendung zu bringen gewesen. Danach seien bei der Berechnung des ergänzenden Kanalisationsbeitrages (Ergänzungsbeitrages) nur die neu verbaute Fläche und die neu errichteten Geschoße zu Grunde zu legen.
1.3. Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung, mit der der Berufung keine Folge gegeben wurde, wies die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom die Berufung (über Vorlageantrag) als unbegründet ab. Infolge des direkten Anbaues der neu hinzugekommenen Räumlichkeiten an den Altbestand sei sowohl eine bauliche Integration als auch ein optisch einheitlicher Eindruck gegeben. Des weiteren bestehe auch ein funktionaler Zusammenhang, da Durchgänge zwischen Altbestand und Zubau eine ineinandergreifende Nutzung der Trakte ermöglichten. Es sei somit "unzweifelhaft" vom Vorliegen eines einheitlichen Gebäudes auszugehen.
In den Fällen der Vorschreibung eines ergänzenden Kanalisationsbeitrages - somit bei Anwendung des § 4 Abs. 4 des Stmk KanalAbgG 1955 - sei in dem Fall, dass ein einheitliches Gebäude vorliege, die neu gewonnene Grundfläche mit der höchsten Geschoßanzahl zu vervielfachen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/17/0283). Dies sei Ausdruck einer "konsequenten Vorgangsweise", da ansonsten durch etappenweise Verwirklichung eines Bauvorhabens die Abgabenschuldigkeit gegenüber vergleichbaren Objekten, die in einem einzigen, einheitlichen Bauvorgang errichtet würden, "in unsachlicher Weise gesenkt werden könnte".
Es sei folglich für die Berechnung des ergänzenden Kanalisationsbeitrages die anlässlich des Zubaues neu gewonnene Grundfläche mit der höchsten bereits vorliegenden Geschoßanzahl von 2,5 zu vervielfachen.
1.4. Die Beschwerdeführer bekämpfen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die Absätze 1 und 4 des § 4 des Stmk KanalAbgG 1955 lauten wie folgt:
"(1) Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschoße und Kellergeschoße je zur Hälfte eingerechnet werden; Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßzahl, Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, nach dem Flächenausmaß eingerechnet.
...
(4) Bei Zu-, Auf-, Ein- und Umbauten von Baulichkeiten, für welche bereits ein Kanalisationsbeitrag entrichtet wurde, sind der Berechnung des ergänzenden Kanalisationsbeitrages (Ergänzungsbeitrag) lediglich die neu verbaute Fläche und die neu errichteten Geschoße zu Grunde zu legen."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zur Auslegung des § 4 Abs. 1 leg. cit. (vgl. nur etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/17/0319, mwN) ausgesprochen, dass für die Bemessung des Kanalisationsbeitrages nur die verbaute Grundfläche und die Geschoßanzahl maßgeblich seien; dem Umstand, dass das Obergeschoß und der Keller eine geringere Fläche aufweise als das Erdgeschoß, könne nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut keine Bedeutung zukommen.
2.2. Soweit die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, die belangte Behörde hätte (von Amts wegen) einen Ortsaugenschein durchführen müssen, legt sie die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar, geht sie doch selbst vom Vorliegen eines Zubaues im Sinne des § 4 Abs. 4 des Stmk KanalAbgG 1955 aus. Die belangte Behörde hat - wie der Begründung des angefochtenen Bescheides insofern zweifelsfrei zu entnehmen ist - die von ihr als "Anbau" bezeichneten Baulichkeiten als "Zubau" im Sinne der eben erwähnten Gesetzesbestimmung qualifiziert, sodass der von den Beschwerdeführern behauptete Begründungsmangel nicht vorliegt.
Wenn die Beschwerdeführer unter dem erwähnten Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften weiters rügen, der gleichfalls errichtete "Carport" sei nicht in die Bemessung miteinbezogen worden, der angefochtene Bescheid bleibe diesbezüglich unklar, so ist ihnen zu erwidern, dass die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid die ausdrücklich als richtig zugestandene Fläche von 93,0944 m2 zu Grunde gelegt hat. Weil die belangte Behörde - wie schon die Abgabenbehörde erster Instanz - in diese Fläche nicht auch den "Carport" einbezogen hat, wurden die Beschwerdeführer jedenfalls in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt.
2.3. Strittig ist vor dem Verwaltungsgerichtshof die Frage, wie der Ergänzungsbeitrag bei einem eingeschoßigen Zubau zu berechnen sei. Die Beschwerde argumentiert hiebei - wie auch schon die Beschwerdeführer im Abgabenverfahren - damit, dass dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 des Stmk KanalAbgG 1955 keinerlei Hinweis auf die höchste bereits vorliegende Geschoßanzahl zum Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches als Berechnungsfaktor zu entnehmen sei.
Diese Auslegung berücksichtigt - worauf bereits die belangte Behörde im Ergebnis hingewiesen hat - nicht den systematischen Zusammenhang der erwähnten Bestimmung. Nach § 4 Abs. 1 leg. cit. bestimmt sich nämlich die Höhe des Kanalisationsbeitrages aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber in Abs. 4 desselben Paragrafen ein anderes System zu Grunde legen wollte. Wäre aber der nunmehr errichtete Zubau nicht als solcher, sondern gleichzeitig mit dem ursprünglichen Gebäude errichtet worden, so kann nicht zweifelhaft sein, dass die Berechnung des gegenständlichen Kanalisationsbeitrages nach § 4 Abs. 1 leg. cit. unter Berücksichtigung der gesamten verbauten Grundfläche (also auch unter Einschluss des nunmehrigen Zubaues), vervielfacht mit der Geschoßanzahl (und dem Einheitssatz) zu erfolgen hätte. Warum der Gesetzgeber Zubauten wie den vorliegenden durch die Bestimmung des § 4 Abs. 4 des Stmk KanalAbgG 1955 insoweit hätte privilegieren wollen, dass nur ein Geschoß in die Berechnung einzubeziehen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Wenn die Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/17/0283, hinweisen, übersehen sie, dass dieses Erkenntnis einen Fall betraf, in dem durch den Umbau ein neues Geschoß geschaffen wurde. § 4 Abs. 4 leg. cit. berücksichtigt, dass es auch Umbauten gibt, durch die sich die Anzahl der Geschoße erhöhen kann und ordnet an, dass der Ergänzungsbeitrag nun für die zusätzlichen Geschoße zu entrichten ist. Für den Standpunkt der Beschwerdeführer ist damit nichts zu gewinnen.
2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich somit, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.
Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am