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VwGH vom 28.08.2020, Ra 2020/05/0032

VwGH vom 28.08.2020, Ra 2020/05/0032

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak, Dr. Leonhartsberger und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revisionen 1. der H S 2. des Ing. H B und 3. der H B, alle in M, alle vertreten durch Dr. Bruno Binder, Dr. Josef Broinger und Mag. Markus Miedl, LL.M., Rechtsanwälte in 4020 Linz, Khevenhüllerstraße 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , LVwG-151837/7/DM - 151839/2, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Marktgemeinde M; mitbeteiligte Partei: Dipl.-Ing. B R in T, vertreten durch die Braun Königstorfer Rechtsanwälte OG in 5020 Salzburg, Rainerstraße 9; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1Mit Eingabe vom ersuchte der Mitbeteiligte um Erteilung der Baubewilligung für das Bauvorhaben „Ersatzbau - Abbruch und Wiedererrichtung von Wohnhaus“ auf näher bezeichneten Grundstücken der KG M.

2Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde M. vom wurde die Bauplatzbewilligung für die in Rede stehenden Grundstücke erteilt. In diesem Bescheid wird unter anderem ausgesprochen, dass die Bauplatzbewilligung unter Einhaltung der darin genannten Auflagen erteilt werden könne, wobei als eine dieser Auflagen in der lit. d) die bauliche Ausnutzbarkeit genannt wird, in welcher nähere Bestimmungen zur Berechnung der Geschoßflächenzahl getroffen werden und diese selbst mit einem Wert von max. 0,70 festgelegt wird.

3Die revisionswerbenden Parteien sind Eigentümer von nördlich des Baugrundstückes liegenden und von diesem nur durch eine öffentliche Verkehrsfläche getrennten Grundstücken (erstrevisionswerbende Partei) bzw. eines westlich des Baugrundstückes liegenden Grundstückes (zweit- und drittrevisionswerbende Partei).

4In ihren anlässlich der mündlichen Verhandlung am erstatteten Einwendungen gegen das Bauvorhaben brachten die revisionswerbenden Parteien unter anderem vor, dass sich die Baubehörde veranlasst gesehen habe, ergänzende Bebauungsvorschriften in die Bauplatzbewilligung aufzunehmen. Gemäß § 31 Abs. 1 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 - Oö. ROG 1994 sei die Gemeinde verpflichtet, einen Bebauungsplan zu erlassen, wenn dieser - wie im vorliegenden Fall - für eine geordnete Bebauung notwendig sei. Solange die Gemeinde dieser zwingenden Verpflichtung nicht nachgekommen sei, dürfe das Grundstück nicht bebaut werden. Zudem sei die Geschoßflächenzahl nicht eingehalten.

5In seinem Gutachten vom gelangte der bautechnische Amtssachverständige zu dem Ergebnis, dass sich unter Heranziehung der Bauplatzgröße von 890,00 m2 eine Geschoßflächenzahl von 0,64 ergebe.

6Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde M. vom - welchem unter anderem das Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom als integrierender Bestandteil angeschlossen wurde - wurde dem Mitbeteiligten die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Begründend wurde zu den Einwendungen der revisionswerbenden Parteien im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Nachbarn aus der gesetzlichen Verpflichtung der Gemeinde, einen Bebauungsplan zu erlassen, kein subjektives Recht auf Erlassung eines Bebauungsplanes erwachse. Zur behaupteten Nichteinhaltung der Geschoßflächenzahl werde auf die Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen in seinem Gutachten vom verwiesen, aus welchem hervorgehe, dass den Vorgaben der Bauplatzbewilligung mit einer maximalen Geschoßflächenzahl von 0,7 entsprochen werde, da das gegenständliche Bauvorhaben eine Geschoßflächenzahl von 0,64 aufweise.

7Die dagegen erhobene Berufung der revisionswerbenden Parteien wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde M. vom als unbegründet abgewiesen.

8Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Parteien nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision unzulässig sei.

9Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass die revisionswerbenden Parteien mit ihrem Vorbringen - wonach die in der gegenständlichen Bauplatzbewilligung getroffenen Regelungen unter anderem hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung Gegenstand des Bebauungsplanes seien, zu dessen Erlassung im vorliegenden Fall der Gemeinderat verpflichtet gewesen wäre - keine Verletzung in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten aufgezeigt hätten, weil die Frage, ob die Gemeinde allenfalls verpflichtet wäre, einen Bebauungsplan zu erlassen, keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte im Baubewilligungsverfahren berühre. Abgesehen davon, dass dahingestellt bleiben könne, ob die revisionswerbenden Parteien aus einer Bauplatzbewilligung überhaupt subjektiv-öffentliche Nachbarrechte ableiten könnten, sei darauf hinzuweisen, dass das gegenständliche Bauvorhaben die in der Bauplatzbewilligung normierte Geschoßflächenzahl und Gebäudehöhe einhalte. Die revisionswerbenden Parteien seien dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom nicht bzw. nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass - würde die Bauplatzbewilligung keine Regelungen zur Geschoßflächenzahl und zur Gebäudehöhe normieren - das Oö. Bautechnikgesetz 2013 uneingeschränkt zur Anwendung käme und sich die revisionswerbenden Parteien in diesem Fall ohnedies auf keine diesbezüglichen Festlegungen berufen könnten. Aus dem gleichen Grund sei auch aus der von den revisionswerbenden Parteien gesetzten Annahme, die Bauplatzbewilligung sei nichtig und unbeachtlich, nichts für sie zu gewinnen, zumal Nachbarn durch das Fehlen einer Bauplatzbewilligung in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein könnten.

10Im Ergebnis könne es daher dahingestellt bleiben, ob Regelungen unter anderem zur Geschoßflächenzahl rechtmäßiger Weise in der Bauplatzbewilligung normiert worden seien, da den revisionswerbenden Parteien kein diesbezügliches Mitspracherecht zukomme und andererseits das Bauvorhaben diesen Regelungen entspreche, weshalb eine Beschwer der revisionswerbenden Parteien nicht habe aufgezeigt werden können.

11Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil die gegenständliche Entscheidung zu den Nachbareinwendungen der revisionswerbenden Parteien weder von der bisherigen hg. Rechtsprechung abweiche noch fehle es an einer solchen Rechtsprechung; zudem habe das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf klare gesetzliche Regelungen stützen können.

12Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , E 2318/2019-10, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

13In der vorliegenden Revision begehren die revisionswerbenden Parteien unter anderem die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14Die Revision erweist sich angesichts der in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfenen Frage, ob eine Bebauungsplanbestimmung auch in der Bauplatzbewilligung geregelt werden dürfe, als zulässig.

Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994, LGBl. Nr. 66 in der Fassung LGBl. Nr. 95/2017, lauten auszugsweise:

„§ 3

Allgemeines

(1) Der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden darf nur auf Grundflächen bewilligt werden, für die eine Bauplatzbewilligung nach Maßgabe der Bestimmungen der § 4 bis 7 vorliegt oder gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt wird.

...“

„§ 5

Bauplatzbewilligung

(1) Über einen Antrag gemäß § 4 hat die Baubehörde einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Die Bauplatzbewilligung ist zu erteilen, wenn

die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliegt,

der Erteilung nicht gesetzliche Bestimmungen oder Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes entgegenstehen und

die Bauplatzbewilligung mit den Grundsätzen der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung vereinbar ist.

Dabei sind die öffentlichen Interessen der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs und der Wahrung eines ungestörten Orts- und Landschaftsbildes besonders zu beachten. Der Bauplatzbewilligung stehen auch dann Bestimmungen eines Bebauungsplanes entgegen, wenn der nach § 4 Abs. 3 Z 4 vorgelegte Plan für Zwecke der grundbücherlichen Teilung die Grundabtretungspflicht gemäß § 16 Abs. 1 nicht berücksichtigt.

(2) Grundflächen, die sich wegen der natürlichen und tatsächlichen Gegebenheiten (wie Grundwasserstand, Hochwassergefahr, Steinschlag, Rutschungen, Lawinengefahr) für eine zweckmäßige Bebauung nicht eignen oder deren Aufschließung unvertretbare öffentliche Aufwendungen (für Straßenbau, Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Energieversorgung und dergleichen) erforderlich machen würde, dürfen nicht als Bauplätze bewilligt werden.

(3) Die Bauplatzbewilligung kann auch unter Auflagen und Bedingungen erteilt werden, die der Sicherung der im Abs. 1 und 2 angeführten Interessen dienen.

...“

„§ 7

Erlöschen der Bauplatzbewilligung

(1) Die Bauplatzbewilligung erlischt, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan erlassen oder geändert wird und die Bauplatzbewilligung mit dem neuen oder geänderten Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan nicht übereinstimmt.

(2) Wurde vor Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes eine auf die Bauplatzbewilligung abgestellte Baubewilligung rechtskräftig erteilt, bleibt abweichend vom Abs. 1 die Bauplatzbewilligung so lange wirksam, wie die Baubewilligung wirksam ist.

(3) Bleibt eine Bauplatzbewilligung gemäß Abs. 2 wirksam und wird in der Folge neuerlich eine Baubewilligung für einen Neu-, Zu- oder Umbau eines Gebäudes beantragt, ist eine neue Bauplatzbewilligung erforderlich, wenn die noch wirksame Bauplatzbewilligung mit dem geltenden Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan nicht übereinstimmt.“

„§ 31

Einwendungen der Nachbarn

(1) Nachbarn sind

bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. ...

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. ...“

15Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen des Oö. ROG 1994, LGBl. Nr. 114/1993 in der Fassung LGBl. Nr. 69/2015, lauten auszugsweise:

„§ 31

Bebauungsplan

(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung Bebauungspläne zu erlassen, soweit dies zur Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung oder zur Erreichung eines möglichst wirksamen Umweltschutzes erforderlich ist. Bebauungspläne dürfen den Raumordnungsgrundsätzen, den Raumordnungsprogrammen, Verordnungen gemäß § 11 Abs. 6 und dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.

(2) Bei der Erlassung der Bebauungspläne ist die im Interesse der baulichen Ordnung erforderliche räumliche Verteilung der Gebäude und sonstigen Anlagen sowie gegebenenfalls das Maß der baulichen Nutzung möglichst so festzulegen, daß eine gegenseitige Beeinträchtigung vermieden wird. Insbesondere ist auf ein ausreichendes Maß an Licht, Luft und Sonne sowie auf die Erfordernisse des Umweltschutzes, insbesondere auch im Hinblick auf die Ermöglichung einer ökologischen Bauweise (z. B. Solaranlagen, Niedrigenergiehäuser, Passivhäuser), der Hygiene und der Feuersicherheit Rücksicht zu nehmen.

(3) § 20 gilt sinngemäß.“

„§ 32

Inhalt des Bebauungsplanes

(1) Der Bebauungsplan hat auszuweisen und festzulegen:

...

(2) Der Bebauungsplan kann nach Maßgabe des § 31 darüber hinaus insbesondere festlegen oder ausweisen:

...

2.die Bauweise (Abs. 5) und das Maß der baulichen Nutzung (Abs. 6);

...

(6) Das Maß der baulichen Nutzung der Grundstücke ist durch die Gebäudehöhe, die Geschoßflächenzahl oder die Baumassenzahl auszudrücken. Darüber hinaus kann das Maß der baulichen Nutzung insbesondere durch Festlegung der Anzahl der Geschosse näher bestimmt oder durch Angabe der bebaubaren Fläche des Bauplatzes (Grundflächenzahl) oder der Höchstzahl der in den Gebäuden zulässigen Wohneinheiten beschränkt werden. Die Geschoßflächenzahl ist das Verhältnis der Gesamtgeschoßfläche zur Fläche des Bauplatzes. Die Baumassenzahl ist das Verhältnis der Baumasse zur Fläche des Bauplatzes. Als Baumasse gilt der oberirdisch umbaute Raum bis zu den äußeren Begrenzungen des Baukörpers. Bei Verwendung einer Geschoßflächenzahl bzw. Baumassenzahl ist die Art der Berechnung im Bebauungsplan darzustellen.

... “

16Die revisionswerbenden Parteien bringen vor, es sei die Frage zu lösen, ob nach § 31 Abs. 1 Oö. ROG 1994 für den betroffenen Bauplatz ein Bebauungsplan erlassen werden müsse, was davon abhänge, ob ein solcher zur Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich sei. Das Verwaltungsgericht habe dazu jedoch keine Feststellungen getroffen. Der gegenständliche Bauplatz dürfe nicht bebaut werden, solange der Gemeinderat nicht einen Bebauungsplan erlassen habe. Die maßgebliche Bauplatzbewilligung sei „im Wege gesetzeskonformer Auslegung, in dem sie mit wirrem Inhalt die Berechnung der Geschossflächenzahl gesetzes- und ÖNORM-widrig festzulegen glaubt, teilnichtig und insbesondere wegen mangelnder Bestimmtheit der wirren Anordnungen ungültig.“ Das Verwaltungsgericht übersehe bei seiner Argumentation, dass eine Bebauung vor Erlassung eines Bebauungsplanes nicht zulässig sei. Zudem werde die in der maßgeblichen Bauplatzbewilligung festgelegte Geschoßflächenzahl von 0,70 mit 0,74 bzw. 0,80 deutlich überschritten, wobei in diesem Zusammenhang auf das der Revision beigelegte Gutachten des Dipl.-Ing. H. vom verwiesen werde. Die revisionswerbenden Parteien hätten bereits in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht und in der mündlichen Verhandlung die Einräumung einer angemessenen Frist zur Vorlage eines Privatgutachtens verlangt, um dem Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten zu können. Sie hätten nach den ungenügenden Ausführungen des Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erneut eine angemessene Frist zur Vorlage eines Privatgutachtens verlangt, das Verwaltungsgericht habe die Einräumung einer solchen Frist mit Hinweis auf die bisher zur Verfügung gestandene Zeit jedoch verweigert, was aber voraussetze, dass sie das in der mündlichen Verhandlung erstattete Gutachten des Amtssachverständigen bereits gekannt hätten.

Mit diesem Vorbringen zeigen die revisionswerbenden Parteien keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

17Die revisionswerbenden Parteien sind als (Mit-)Eigentümer eines unmittelbar an die Bauliegenschaft angrenzenden Grundstückes bzw. eines von diesem nur durch eine öffentliche Verkehrsfläche getrennten Grundstückes, die durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können, Nachbarn im Sinn des § 31 Abs. 1 Oö. BauO 1994.

18Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Der Nachbar kann daher nur eine Verletzung seiner ihm vom Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen (vgl. , mwN).

19Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes berührt die Frage, ob die betreffende Gemeinde gemäß § 31 Oö. ROG 1994 verpflichtet wäre, einen Bebauungsplan zu erlassen, keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn in einem Baubewilligungsverfahren (vgl. wiederum , mwN), sodass das dazu erstattete Vorbringen der revisionswerbenden Parteien ins Leere geht.

20Wenn die revisionswerbenden Parteien die Rechtmäßigkeit der im Revisionsfall maßgeblichen Bauplatzbewilligung und der darin enthaltenen Regelungen betreffend die Geschoßflächenzahl in Zweifel ziehen, ist zunächst festzuhalten, dass die Nachbarn durch das Fehlen einer Bauplatzbewilligung in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein können, weshalb das in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen zur Nichtigkeit der Bauplatzbewilligung ins Leere geht. Sie haben aber im Baubewilligungsverfahren das Recht, in all jenen materiell-rechtlichen Belangen Einwendungen zu erheben, die im Bauplatzbewilligungsverfahren von Relevanz waren und nunmehr ihre Nachbarrechte betreffen (vgl. neuerlich , mwN). Sie waren daher berechtigt, Einwendungen in Bezug auf die in der Bauplatzbewilligung festgesetzte Geschoßflächenzahl zu erheben.

21Wie sich aus § 32 Abs. 2 Oö. ROG 1994 ergibt, kann die Geschoßflächenzahl als Ausdruck des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan festgelegt werden, wobei gemäß § 32 Abs. 6 Oö. ROG 1994 auch die Art der Berechnung darzustellen ist. Im Revisionsfall wurde jedoch, wie oben ausgeführt, kein Bebauungsplan erlassen, in welchem die Geschoßflächenzahl allenfalls hätte festgelegt werden können. Vielmehr wurde die Geschoßflächenzahl als Auflage in der für den gegenständlichen Bauplatz erteilten Bauplatzbewilligung vorgeschrieben. Dass diese Vorgangsweise zulässig ist, ergibt sich aus § 5 Abs. 3 Oö. BauO 1994, welcher die Baubehörde ausdrücklich zur Vorschreibung von Auflagen in der Bauplatzbewilligung ermächtigt; dass die betreffende Auflage nicht der Sicherung der in § 5 Abs. 1 und 2 Oö. BauO 1994 angeführten Interessen diene, behaupten die revisionswerbenden Parteien nicht und ist auch nicht ersichtlich. Zudem trifft § 7 Oö. BauO 1994 Vorsorge für den Fall, dass die Gemeinde nach Erteilung der Bauplatzbewilligung bzw. einer darauf fußenden Baubewilligung doch einen Bebauungsplan erlässt, in welchem die Geschoßflächenzahl allenfalls abweichend von der Bauplatzbewilligung festgelegt wird. Bestimmungen, die im Bebauungsplan zu regeln wären, können demnach bei Fehlen eines Bebauungsplanes und bei Vorliegen der in § 5 Abs. 3 Oö. BauO 1994 genannten Voraussetzung als Auflage im Bauplatzbewilligungsbescheid vorgeschrieben werden. Fallbezogen war daher die Festlegung der Geschoßflächenzahl in einer Auflage des gegenständlichen Bauplatzbewilligungsbescheides zulässig.

22Inwiefern die in der maßgebenden Bauplatzbewilligung enthaltene Regelung betreffend die Geschoßflächenzahl unbestimmt bzw. wirr und inwiefern diese gesetzes- bzw. ÖNORM-widrig sein soll, führen die revisionswerbenden Parteien nicht näher aus und ist nicht ersichtlich.

23Die revisionswerbenden Parteien bestreiten weiters, dass die in der Bauplatzbewilligung festgelegte Geschoßflächenzahl von 0,7 eingehalten werde, und bemängeln, dass das Verwaltungsgericht ihnen keine Frist zur Vorlage eines Privatgutachtens eingeräumt habe.

24Dazu ist auszuführen, dass das Verwaltungsgericht seine Ausführungen, wonach die Geschoßflächenzahl im Revisionsfall eingehalten werde, auf das Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom stützte, dem die revisionswerbenden Parteien im Verfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sind. Zwar trifft es zu, dass nach der hg. Judikatur der Partei nach der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine Frist einzuräumen ist, um dem in der Verhandlung mündlich ausgeführten Gutachten, das ihr vor der mündlichen Verhandlung nicht übermittelt wurde, auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten zu können (vgl. etwa , mwN). Im Revisionsfall wurde das Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen aber nicht erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, sondern bereits am - und somit schon vor Erlassung des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides - erstattet und den revisionswerbenden Parteien als integrierender Bestandteil dieses Bescheides übermittelt, weshalb keine Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes zur Einräumung einer solchen Frist bestand. Dass bzw. aus welchen Gründen es den revisionswerbenden Parteien nicht möglich gewesen sein soll, in einem Zeitraum von mehr als einem Jahr ein entsprechendes Gegengutachten vorzulegen, legt die Revision nicht dar. Das mit der Revision erstmals vorgelegte Gutachten vom unterliegt demnach dem sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebenden Neuerungsverbot.

25Da somit schon der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050032.L00
Schlagworte:
Baubewilligung BauRallg6 Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

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