VwGH vom 03.03.2015, 2013/17/0373
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Holeschofsky und Hofrätin Maga Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag Brandl als Richterin und Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Maga Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , VwSen-360093/7/AL/ER/HK, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (mitbeteiligte Partei: D K in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Einstellung des Verfahrens bezüglich der Glücksspielgeräte mit den FA-Nummern 1, 2, 3, 4, 7, 8 und 10 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Hinsichtlich der Glücksspielgeräte mit den FA-Nummern 5 und 9 wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom wurde der Mitbeteiligte als Betreiber eines Lokals in S und als Geschäftsinhaber somit als Unternehmer iSd § 2 Abs 2 des Glücksspielgesetzes (GSpG) der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG iVm §§ 1, 2 Abs 1, 2 und 4 GSpG für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von EUR 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen) verhängt. Im Spruch dieses Erkenntnisses ist angeführt, dass der Mitbeteiligte neun Glücksspielgeräte, die mit den FA-Nummern 1 bis 5 sowie 7 bis 10 bezeichnet wurden, eingeschaltet und betriebsbereit gehalten habe, bei welchen zumindest seit wiederholt Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen/Hunderennen durchgeführt worden seien, sodass er dadurch die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG zugänglich gemacht habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten Folge, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, sie habe gegen den Mitbeteiligten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens mit Schreiben vom der zuständigen Staatsanwaltschaft Anzeige wegen "Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung" erstattet. Mit Schreiben vom sei die belangte Behörde von der Staatsanwaltschaft davon benachrichtigt worden, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Mitbeteiligten gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt worden sei. Im Ergebnis komme der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltschaftlichen Einstellung aufgrund der mittlerweile eingetretenen Verjährung der Tat jedenfalls die Bedeutung eines Freispruchs im Sinne des Art 4 7. ZPEMRK zu, der eine weitere Verfolgung oder Bestrafung des Mitbeteiligten ausschließe. Im Übrigen führe aber auch eine von der belangten Behörde selbstständig vorgenommene Beurteilung zum Vorliegen eines gerichtlich zu ahndenden Tatbestandes. Bei den Wetten auf virtuelle Hunderennen, die an den mit den FA-Nummern 5 und 9 bezeichneten Glücksspielgeräten hätten abgegeben werden können, seien Gewinnquoten von 1:750 und Boni in Höhe von EUR 1.304,07 erzielbar gewesen. Aufgrund dieser "äußerst günstigen, zu Serienspielen verleitenden Relation zwischen Einzeleinsatz und dazu in Aussicht gestelltem Höchstgewinn" und der Ausstattung der mit den FA-Nummern 1, 2, 3, 4, 7, 8, und 10 bezeichneten Geräte mit "Automatik-Start-Tasten" liege ein strafbarer Versuch einer gemäß § 168 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor. Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall daher grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts könne im Ergebnis jedenfalls keine Verwaltungsübertretung mehr vorliegen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, ebenso wie der Mitbeteiligte, in ihrer Gegenschrift die Ablehnung, in eventu die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass nach einer Verfahrenseinstellung oder einem freisprechenden Urteil durch die Gerichte die Verwaltungsbehörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen hat (vgl etwa und , 2012/17/0576). Aus der Einstellung ergibt sich nicht, dass die Staatsanwaltschaft vom Vorliegen eines gerichtlich strafbaren Tatbestandes ausgegangen wäre, sodass hier - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend - die belangte Behörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen hatte (vgl ).
Soweit mit dem angefochtenen Bescheid das Verfahren hinsichtlich der mit den FA-Nummern 1, 2, 3, 4, 7, 8, und 10 bezeichneten Glücksspielgeräte, auf denen virtuelle Walzenspiele gespielt werden konnten, eingestellt wurde, gleicht der Beschwerdefall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit hg Erkenntnis vom , 2012/17/0249, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Wie sich aus dem genannten Erkenntnis ergibt, hätte die belangte Behörde Feststellungen zu den möglichen Höchsteinsätzen an den Glücksspielgeräten treffen müssen, da nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,-- vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit auszugehen gewesen wäre. Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zu möglichen Serienspielen sind schon deshalb nicht ausreichend, weil nicht erkennbar ist, welche Beträge in welchen Zeiträumen eingesetzt bzw. verspielt werden konnten (vgl bis 0211).
Der angefochtene Bescheid war somit, soweit mit diesem das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich der Glücksspielgeräte mit den FA-Nummern 1, 2, 3, 4, 7, 8 und 10 eingestellt wurde, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Er war daher bezüglich dieser Glücksspielgeräte gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aus den in dem genannten Erkenntnis dargelegten Gründen aufzuheben.
Betreffend die mit den FA-Nummern 5 und 9 bezeichneten Geräte hat die belangte Behörde ausgeführt, im Hinblick auf die nur sehr kurze Einzelspieldauer von Wetten auf aufgezeichnete Hunderennen könnten zahlreiche Glücksspiele innerhalb nur sehr kurzer Zeiträume ablaufen, wobei bei jedem Einzelspiel ein Gewinn in außergewöhnlich günstiger Relation zum geleisteten Einsatz (Wettquoten von 1:107,60 bzw 750 und Bonuszahlungen von EUR 1.304,07 bzw EUR 452,65 bei maximalen Einsätzen von EUR 5,-- pro Spiel) in Aussicht gestellt worden sei. Diese in Aussicht gestellten Höchstgewinne seien offenkundig darauf gerichtet gewesen, einen besonderen Anreiz für den gewinnsüchtigen Spieler zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler könne dadurch nicht nur sein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Einzelspiele wieder ganz oder teilweise wettzumachen (vgl ). Diesen Ausführungen im angefochtenen Bescheid tritt die Amtsbeschwerde betreffend die Hundewettrenngeräte nicht entgegen.
Ausgehend von diesen unbestrittenen Feststellungen bei den Hundewettrenngeräten hat die belangte Behörde zu Recht der Berufung der mitbeteiligten Partei, soweit sie das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich der Glücksspielgeräte mit den FA-Nummern 5 und 9 betraf, stattgegeben und in diesem Umfang die Einstellung des gegen sie geführten Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.
Die Beschwerde war im Sinne obiger Ausführungen, soweit sie sich gegen die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hinsichtlich der Geräte mit den FA-Nummern 5 und 9 richtete, gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am