VwGH vom 29.07.2015, 2013/17/0368
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Senatspräsident Dr. Köhler und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der R k.s. in B, vertreten durch die Kopp - Wittek Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Moosstraße 58c, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Burgenland vom , E 018/17/2013.012/002, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom , mit dem die Beschlagnahme von drei Glücksspielgeräten samt zweier zu den Geräten gehörender Chipkarten ausgesprochen worden war, als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass anlässlich einer Kontrolle am in den Räumlichkeiten einer Tankstelle in O drei Glücksspielgeräte betriebsbereit und funktionsfähig vorgefunden worden seien. Auf Grund von Testspielen durch Organe der Abgabenbehörde habe sich der Verdacht einer Übertretung nach § 52 Abs 1 GSpG ergeben und seien alle drei Geräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt worden.
Nach näherer Darstellung, welche Spiele auf den einzelnen Geräten gespielt werden konnten, stellte die belangte Behörde fest, dass die Geräte im Eigentum der beschwerdeführenden Partei gestanden seien, die sie dem Pächter der Tankstelle, in der die Kontrolle stattgefunden hatte, vermietet habe. Eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG liege für die drei Geräte nicht vor.
Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt auf Grund der Aktenlage ausreichend geklärt gewesen sei, sei eine mündliche Erörterung zur Klärung des Sachverhalts nicht erforderlich gewesen. Es habe somit von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs 4 VStG abgesehen werden können.
Der beschwerdeführenden Partei sei im Hinblick auf ihre Eigenschaft als Eigentümerin der Geräte die Berufungslegitimation zugekommen.
Zur Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme führte die belangte Behörde aus, dass sich auf Grund des im Bescheid dargestellten Spielablaufes der begründete Verdacht ergeben habe, das Spielergebnis hänge vorwiegend vom Zufall ab und die Spiele damit als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizieren seien. Es sei vom Vorliegen von Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 1 GSpG auszugehen, weil vor Durchführung des Spieles die jeweils erforderlichen Spieleinsätze zu leisten gewesen seien und eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden sei.
Gemäß § 53 Abs 1 GSpG genüge im Beschlagnahmeverfahren der entsprechend substanziierte Verdacht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen (mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen werde) fortgesetzt gegen § 52 Abs 1 GSpG verstoßen werde. Dass auf allen drei Geräten bis zur Beschlagnahme am wiederholt virtuelle Walzenspiele mit entsprechend erbrachtem Einsatz und in Aussicht gestelltem Gewinn durchgeführt worden seien, ergebe sich aus den im Akt einliegenden Unterlagen der Finanzpolizei, insbesondere aus der niederschriftlich festgehaltenen Aussage der Auskunftsperson, des Lokalbetreibers S, samt vorgelegter Rechnungen über die Vermietung der und die Provision für die drei Spielgeräte. Eine Klärung des Verschuldens habe im Beschlagnahmeverfahren nicht zu erfolgen. Für die Beschlagnahme der Geräte genüge der begründete Verdacht, dass mit ihnen gegen das Glücksspielgesetz verstoßen worden sei. Die gegenständliche Beschlagnahme sei somit sowohl im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung als auch im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung rechtmäßig im Sinne des § 53 Abs 1 GSpG gewesen. Zum unionsrechtlichen Vorbringen wies die belangte Behörde zunächst darauf hin, dass es im Beschwerdefall im Gegensatz zu dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Engelmann nicht um den Betrieb einer Spielbank, sondern um die Beschlagnahme von verbotenen Automaten außerhalb einer Spielbank gehe. Im Übrigen verwies die belangte Behörde auf die hg Rechtsprechung, wonach sich aus der Judikatur des EuGH nicht ergebe, dass jegliche nationale Vorschrift auf dem Gebiet des Glücksspielwesens unangewendet zu bleiben habe, sobald eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionskonform sei.
Die Unanwendbarkeit von Sanktionen nach dem österreichischen Glücksspielgesetz gegenüber Personen, denen unionsrechtswidrigerweise die Erlangung einer Konzession nach dem österreichischen Glücksspielgesetz verwehrt worden wäre, greife nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegenüber Rechtsträgern, die keine Kapitalgesellschaft mit Aufsichtsrat und einem eingezahlten Stamm- und Grundkapital von zumindest 109 Millionen Euro hätten, nicht ein. Auch aus der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-347/09, Dickinger und Ömer , sei nicht abzuleiten, dass das Veranstalten von Glücksspiel dann nicht strafbar wäre, wenn der Veranstalter seinen Sitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union habe. Vielmehr halte der EuGH in dieser Entscheidung fest, dass es den Mitgliedsstaaten grundsätzlich freistehe, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die beschwerdeführende Partei wendet sich insbesondere gegen die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
1.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
2.2. Die belangte Behörde hat sich für die Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf die hg Rechtsprechung zu § 51e Abs 4 VStG im Falle von Berufungen gegen Beschlagnahmebescheide berufen. Die Abstandnahme von der Durchführung der Verhandlung setzt nach dieser Bestimmung jedoch voraus (vgl , oder vom , 2013/17/0739), dass der maßgebliche Sachverhalt geklärt ist (vgl im Zusammenhang mit § 21 Abs 7 BFA-VG, der die gleiche Tatbestandsvoraussetzung enthält, , 0018).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung (vgl die hg Erkenntnisse vom , Ro 2014/17/0121, und vom , Ro 2014/17/0049) ausgeführt hat, hat der unabhängige Verwaltungssenat (nunmehr das Verwaltungsgericht) zur Ermöglichung der Beurteilung, ob Unionsrecht unmittelbar anwendbar ist, Feststellungen dazu zu treffen, ob die Monopolregelung, insbesondere hinsichtlich ihrer tatsächlichen Wirkung den unionsrechtlichen Vorgaben entspreche.
Eine Entscheidung in der Sache hätte somit diesbezügliche Sachverhaltsfeststellungen vorausgesetzt.
Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass von einer Klärung des Sachverhalts im Sinne des § 51e Abs 4 GSpG mangels derartiger Feststellungen nicht ausgegangen werden konnte.
Ungeachtet der Frage, ob die für die Annahme eines für die Beschlagnahme erforderlichen Verdachts des fortgesetzten Verstoßes gegen § 52 Abs 1 GSpG notwendigen Feststellungen in Bezug auf das Vorliegen von Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 1 GSpG vorlagen, kann somit im Zusammenhalt mit der zitierten Rechtsprechung nicht davon ausgegangen werden, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt im Beschwerdefall ausreichend geklärt war.
Die Voraussetzungen für das Absehen von der Durchführung der mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs 4 GSpG waren daher entgegen der Annahme der belangten Behörde nicht gegeben.
2.3. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.
Wien, am