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VwGH vom 19.03.2013, 2009/02/0230

VwGH vom 19.03.2013, 2009/02/0230

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der P in S, vertreten durch die Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Roseggerstraße 58, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-164002/6/Bi/Se, betreffend Übertretung der StVO 1960 (weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der H.-GmbH und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufene zu verantworten, dass ohne straßenpolizeiliche Bewilligung am um 14.00 Uhr neben der L 506 an einem näher genannten Ort außerhalb des Ortsgebietes, aber innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand folgende Ankündigung/Werbung an einer Hauswand des Hauses G. 22 angebracht gewesen sei: "Noch 300 m W. Hotel-Restaurant" - Größe: ca. 2 mal 2 Meter."

Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 84 Abs. 2 StVO 1960 verletzt, weshalb über sie gemäß § 99 Abs. 3 lit. j StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 80,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Stunden) verhängt wurde.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens sei unbestritten, dass die auf den der Anzeige beigelegten Fotos dargestellte Ankündigung an der genannten Hauswand am , 14.00 Uhr, angebracht gewesen sei. Das laut Beschwerdeführerin im außerbücherlichen Eigentum des Gesellschafters J. H. befindliche Haus G. 22 liege außerhalb des Ortsgebietes in der Gemeinde S. direkt an der L506 auf Höhe von km 11,340 und die ca. 2 mal 2 m große Fläche sei für herannahende Verkehrsteilnehmer, wie die Beschwerdeführerin in der Berufung ausgeführt habe, zweifellos ohne Einschränkungen zu lesen und die "Botschaft" leicht zu "behalten". Die Ankündigung verweise zwar auf ein in 300 m befindliches Hotel-Restaurant, enthalte aber durch die nicht zu übersehende fotografische Darstellung eindeutig "Anpreisungscharakter", sodass nicht mehr nur von einer bloßen "Ankündigung" ausgegangen werden könne.

Die Beschwerdeführerin habe in der Verhandlung wie bereits in der schriftlichen Berufung, ausdrücklich bestätigt, sie sei im Oktober 2008 als handelsrechtliche Geschäftsführerin der H.-GmbH für das W. Hotel-Restaurant zuständig gewesen und habe nie um straßenpolizeiliche Bewilligung für diese bereits ca. ein Jahr vorher angebrachte "Ankündigung" angesucht. Sie habe keine Möglichkeit der Einflussnahme gehabt, auch nicht auf eine eventuelle Entfernung, weil J. H. zwar Gesellschafter der GmbH, aber nicht in das Organisationsgefüge eingebunden sei.

Hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin als handelsrechtliche Geschäftsführerin der H.-GmbH bestehe schon aufgrund ihrer Aussagen in der Berufungsverhandlung kein Zweifel. Die Beschwerdeführerin sei am Vorfallstag nach eigenen Angaben alleine für das W. Hotel-Restaurant zuständig gewesen, daher habe sie auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung.

Dass die Beschwerdeführerin persönlich an der offenbar bereits ca. ein Jahr vorher auf Veranlassung von J. H. erfolgten Anbringung im Sinne einer Befestigung an der Hauswand nicht beteiligt gewesen sei, sei dabei nicht relevant. Wesentlich sei, dass sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin der letztlich (unbestritten) als "Nutznießer" davon profitierenden H.-GmbH den Zustand ohne Vorliegen einer straßenpolizeilichen Bewilligung belassen habe; sie habe die nach ihrer Darlegung eigenmächtige Vorgangsweise des Gesellschafters J. H. ohne jegliches Tätigwerden diesbezüglich akzeptiert.

Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 84 Abs. 2 StVO 1960 liege insofern ein Begehungsdelikt vor, als dem verantwortlichen Organ der GmbH nicht vorgeworfen werde, nicht dafür gesorgt zu haben, dass die Werbung nicht angebracht werde oder deren Entfernung nicht veranlasst zu haben, sondern das mit Strafe bedrohte Verhalten liege darin, die Werbung ohne Vorliegen einer straßenpolizeilichen Bewilligung angebracht zu haben, wobei der Begriff "Anbringen" nicht als körperlich zum Tatzeitpunkt vollzogene Tätigkeit, sondern als Herbeiführung (Belassung) eines Zustandes, bezogen auf den Tatzeitpunkt, zu sehen sei. Ob die Beschwerdeführerin in der Folge Einfluss auf eine Entfernung der Werbung habe oder deren Anbringung persönlich hätte verhindern können, sei zum einen nicht Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens und zum anderen stelle sich dabei auch nicht die Frage nach einer analogen Anwendung des § 2 StGB.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird zunächst eingewendet, die belangte Behörde gehe im angefochtenen Bescheid so weit, der Beschwerdeführerin die (allenfalls erfolgte) Nichteinhaltung von Verwaltungsvorschriften durch einen Dritten, der weder innerhalb des Organisations- noch Weisungsgefüges der von ihr vertretenen H.- GmbH agiere, deshalb zum Vorwurf zu machen, weil dieses Unternehmen Nutznießer des Verhaltens dieses Dritten gewesen sei. Kein Mitarbeiter der H.-GmbH habe nach dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt gegen die Verwaltungsbestimmung des § 84 Abs. 2 StVO 1960 verstoßen. Die gegenständlich in Frage stehende Ankündigung habe vielmehr J. H. auf eigene Rechnung an einem Haus, das in seinem außerbücherlichen Eigentum stehe, angebracht, ohne dass daran irgendein Mitarbeiter der H. GmbH beteiligt gewesen sei.

Das unbefugte Anbringen der Werbung/Ankündigung - unabhängig davon ob dies als "körperlich zum Tatzeitpunkt vollzogene Tätigkeit" oder als "Herbeiführung eines Zustands" gesehen werde - sei von der von der Beschwerdeführerin vertretenen GmbH nicht zu verantworten und es sei aus diesem Grund der strafrechtliche Vorwurf, dass die Beschwerdeführerin das Anbringen der Werbung zu verantworten habe, nicht haltbar.

Es sei auch unklar, ob sich die belangte Behörde bei Bejahung der "Haftung" der Beschwerdeführerin auf das Unterlassen der Beseitigung oder auf aktives Tun in Form einer Herbeiführung des rechtswidrigen Zustands stütze. Eine "Haftung" der Beschwerdeführerin im Sinne des § 84 StVO 1960 könne allenfalls auf die (aktive) Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustands begründet werden. Da dieser Zustand nicht von der GmbH herbeigeführt worden sei, scheide schon aus diesem Grund die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin aus. Eine Verantwortlichkeit für die Nichteinholung einer straßenpolizeilichen Bewilligung scheitere schon deshalb, weil die Beschwerdeführerin keine Pflicht zur Beseitigung eines (möglicherweise rechtswidrigen) Tuns eines Dritten treffe, zumal § 2 StGB auf Verwaltungsübertretungen auch nicht per analogiam Anwendung finde.

Selbst wenn man die Verletzung der Verwaltungsvorschrift des § 84 Abs. 2 StVO 1960 durch die H.-GmbH bejahte, träfe die Beschwerdeführerin an dieser Verwaltungsübertretung kein Verschulden, weil es ihr weder rechtlich noch faktisch möglich sei, mit Weisungen auf das Verhalten von J. H. Einfluss zu nehmen.

§ 84 StVO 1960 lautet auszugsweise:

"(1) Werkstätten, wo Fahrzeuge repariert werden, Radiostationen, die Verkehrsinformationen durchgeben, und Tankstellen dürfen außerhalb von Ortsgebieten nur mit den Hinweiszeichen "Pannenhilfe" (§ 53 Abs. 1 Z. 4), "Verkehrsfunk" (§ 53 Abs. 1 Z. 4a) beziehungsweise "Tankstelle" (§ 53 Abs. 1 Z. 6) angekündigt werden. Die Kosten für die Anbringung und Erhaltung dieser Zeichen sind von demjenigen zu tragen, der ihre Anbringung beantragt hat.

(2) Ansonsten sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs. 3 lit. f.

….."

§ 9 Abs. 1 VStG lautet:

"Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist."

Die Beschwerdeführerin war als handelsrechtliche Geschäftsführerin das zur Vertretung der H.-GmbH nach außen berufene Organ dieser Gesellschaft und daher iSd § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Aufgrund des von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhaltes fehlt es jedoch an einem schlüssigen Nachweis dafür, dass seitens der H.-GmbH gegen das Verbot nach § 84 Abs. 2 StVO 1960 verstoßen wurde, zumal die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der GmbH stets in Abrede stellte, dass die H.-GmbH etwas mit der Anbringung der gegenständlichen "Ankündigung" an dem in Rede stehenden Haus zu tun habe. Vielmehr ist im Verfahren hervorgekommen, dass die beanstandete Werbung auf Veranlassung des J. H. an dem in seinem Eigentum stehenden Haus angebracht wurde (vgl. die im erstinstanzlichen Akt zuliegende Stellungnahme des J. H. vom ). Dass aber J. H. zur Anbringung dieser "Ankündigung" etwa seitens der H.-GmbH beauftragt worden wäre, konnte im Zuge des Verwaltungsverfahrens nicht festgestellt werden. Zutreffend verweist die Beschwerdeführerin auch darauf, dass § 2 StGB im Verwaltungsstrafverfahren nicht analog anzuwenden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/10/0122), sodass ihr auch nicht vorgeworfen werden kann, dass sie das Anbringen der Ankündigung nicht verhindert hat. Es fehlt daher an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass das Verhalten des J. H. der GmbH zurechenbar und daher von der Beschwerdeführerin zu verantworten wäre.

Der angefochtene Bescheid beruht daher auf einer unrichtigen Rechtsansicht; er war sohin wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am