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VwGH vom 27.02.2009, 2006/17/0051

VwGH vom 27.02.2009, 2006/17/0051

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2006/17/0052

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerden 1. des KM und

2. des KM, beide in M, beide vertreten durch Dr. Helmut Fetz und Dr. Birgit Fetz, Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Hauptplatz 11, gegen die Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung jeweils vom , jeweils Zl. FA7A-481-382 /04-4, betreffend Vorschreibung eines einmaligen Kanalisationsbeitrages (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde M), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von (insgesamt) EUR 2.392,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurden die Beschwerdeführer als Grundeigentümer verpflichtet, die Schmutzwässer der Liegenschaft mit der Anschrift L Nr. 10 auf dem Grundstück Nr. 38 der KG L auf eigene Kosten über eine Hauskanalanlage in die öffentliche Kanalanlage der mitbeteiligten Marktgemeinde abzuleiten. Begründend wurde ausgeführt, die mitbeteiligte Marktgemeinde errichte auf Grund wasserrechtlicher Verpflichtungen im Siedlungsgebiet L eine Schmutzwasserkanalanlage mit Ableitung in eine zentrale Kläranlage, wobei der derzeit bestehende Schmutzwasserkanal künftig als Oberflächenwasserkanal dienen sollte.

Die Beschwerdeführer erhoben dagegen Berufung und führten darin aus, dass bereits ein Anschluss an das öffentliche Kanalnetz bestehe. Die Beschwerdeführer könnten nicht verpflichtet werden, an eine andere Kanalanlage anzuschließen, weil die bestehende Schmutzwasserentsorgung den technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene gemäß § 4 Abs. 5 Kanalgesetz entspräche.

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Begründend führte der Gemeinderat aus, mit Bescheid der mitbeteiligten Marktgemeinde vom sei eine wasserrechtliche Bewilligung für die Herstellung einer Ortskanalisationsanlage erteilt worden. Inwieweit die Kläranlage tatsächlich von der mitbeteiligten Marktgemeinde oder von den betroffenen Grundstückseigentümern errichtet worden sei, sei unklar. Die Errichtung sei jedenfalls nicht entsprechend dem Bewilligungsbescheid, der ein zweikanaliges Trennsystem vorgesehen habe, erfolgt, sondern es sei lediglich ein Kanalstrang, der als Mischkanal genutzt werde, ausgeführt worden. Ein "Betrieb" oder eine Versorgung und Betreuung der Anlage (weder des Kanalstranges noch des Klärbrunnens) durch die mitbeteiligte Marktgemeinde sei nicht erfolgt. Wie sich aus einem Gutachten der Bezirksbauleitung Bruck/Mur ergebe, entspreche die bestehende Altanlage jedenfalls nicht dem Stand der Technik, weil lediglich eine mechanische Abwasserreinigung durchgeführt werde. Eine Sanierung dieser Anlage erscheine sowohl aus technischer als auch aus wirtschaftlicher Hinsicht nicht zielführend. Der bauliche Zustand der bestehenden Kanäle samt ihrer Dichtheit wäre gesondert zu überprüfen und gegebenenfalls eine umfangreiche Sanierung notwendig. In der Natur sei die Absetzkammer der Kläranlage fast gänzlich versandet oder verschüttet. Damit erfolge eine praktisch ungeklärte Einleitung der Abwässer in den Bach L. Nur durch eine den technischen Erfordernissen entsprechende Neuanlage könne die ordnungsgemäße Abwasserentsorgung, die Reinhaltung bestehender Trinkwasserbrunnen und des Baches L sichergestellt werden.

Mit Bescheid vom wurde den Beschwerdeführern unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 666,72 m2 ein Kanalisationsbeitrag in Höhe von insgesamt EUR 8.067,31 (einschließlich Umsatzsteuer) vorgeschrieben.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, es bestehe seit Jahren eine Kanalisationsanlage gemäß §§ 2, 4 Kanalgesetz 1988, an welche ihre Liegenschaft angeschlossen sei. Diese Ortskanalisation sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom wasserrechtlich bewilligt worden. Die Beschwerdeführer bzw. deren Rechtsvorgänger hätten unmittelbar nach dem erfolgten Anschluss an diese Ortskanalisation einen einmaligen Kanalisationsbeitrag von rund S 80.000,-- (EUR 5.813,83) entrichtet. Vom damaligen Liegenschaftseigentümer Anton M sei für das Firmengebäude auf eigene Kosten eine separate Abwasserbeseitigungsanlage errichtet worden, welche mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom genehmigt worden sei, da eine Einleitung der Abwässer auch des Firmengebäudes in die Ortskanalisation auf Grund der Lage der Kanalanlage nicht möglich gewesen sei.

Unter dem Gesichtspunkt der Einmaligkeit des Kanalisationsbeitrages komme es auf die Identität der erbrachten Entsorgungsleistung, nicht jedoch auf die Identität des jeweils konkreten Kanalstranges an, sodass auch bei im Kanalnetz vorgenommenen Änderungen, Verbesserungen und teilweisen Neulegungen keinesfalls die Berechtigung bestehe, neuerlich einen Kanalisationsbeitrag vorzuschreiben, zumal im gegenständlichen Fall lediglich eine Renovierung einer bestehenden Kanalanlage durchgeführt worden sei.

Der Berufung wurden Ablichtungen von gleich lautenden Schreiben beigelegt, welche von sieben als Zeugen angeführten Personen unterfertigt wurden. Diese Schreiben hatten übereinstimmend folgenden Wortlaut:

"Vor ca. 35 Jahren hat die Gemeinde M, unter Bürgermeister Josef A., in L einen Fäkal- und Abwasserkanal errichtet.

Die Firma M, Herr Anton M, hat für damalige Begriffe einen hohen Betrag, man sprach von 80.000,- ö.S., als Anschlussgebühr bezahlt!

Die zusätzlichen Adaptierungen wurden von M bewerkstelligt und auch bezahlt."

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung der Beschwerdeführer ab.

Die Beschwerdeführer erhoben dagegen Vorstellung.

Mit Bescheid vom hob die belangte Behörde den Bescheid vom auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde. Begründend führte die belangte Behörde aus, die mitbeteiligte Marktgemeinde habe nicht die verbaute Grundfläche mit dem Faktor, den die Anzahl der Geschoße ergäben (im gegenständlichen Fall Faktor 3), multipliziert, sondern habe die Fläche der jeweiligen Geschoße mit dem Faktor 1 bzw. 0,5 multipliziert, die sich daraus ergebenden Beträge addiert und mit dem Einheitssatz multipliziert. Auf die weiteren Argumente in der Vorstellung (betreffend die grundsätzliche Verpflichtung zur Leistung des Kanalisationsbeitrages) sei daher nicht weiter einzugehen gewesen.

Mit Bescheid vom gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde der Berufung der Beschwerdeführer teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid im Spruch dahingehend ab, dass an Stelle des Betrages von EUR 8.076,31 ein Kanalisationsbeitrag in der Höhe von EUR 10.763,70 zur Vorschreibung gelangte. Die Abgabenbehörde legte dieser eine Berechnungsfläche von insgesamt 889,56 m2 (verbaute Grundfläche 296,52 m2 x Faktor 3) zu Grunde. Begründend führte sie aus, die Vermessung im Beisein der Beschwerdeführer habe eine verbaute Grundfläche von 296,52 m2 ergeben. Das Gebäude verfüge über ein Erdgeschoß, ein Obergeschoß und ein Dachgeschoß (sowie zusätzlich einen - im bisherigen Verfahren nie berücksichtigten - kleinen Kellerraum). Unabhängig von der Frage, ob der bislang außer Ansatz gelassene Kellerraum als Geschoß zu werten sei, sei auf Grund der bestehenden Bindungswirkung der Entscheidung der Vorstellungsbehörde zwingend die Berechnung mit dem Faktor 3 vorzunehmen. Im Übrigen komme dem Berufungsvorbringen keine Berechtigung zu. Es sei richtig, dass mit Bescheid vom die wasserrechtliche Bewilligung für die Herstellung einer Ortskanalisation in der Ortschaft L erteilt worden sei. Diese Anlage sei jedoch weder in der bewilligten Form ausgeführt noch kollaudiert worden. Es sei lediglich vorrangig zur Entsorgung der entstehenden gewerblichen Abwässer der damaligen Flaschenabfüllung M ein einsträngiger Mischkanal ausgeführt worden, der in die von der Firma M errichtete Kläranlage (Purator-Klärbrunnen) eingeleitet worden sei. Damals sei aber weder eine Anschlussverpflichtung der Liegenschaften L Nr. 10 ausgesprochen noch sei ein einmaliger Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben worden. Von der Firma M als Eigentümerin der betrieblichen Anlage auf der Liegenschaft L Nr. 6 sei dafür angeblich ein Beitrag von S 80.000,-- geleistet worden. Diese Zahlung lasse sich in den gemeindeeigenen Finanz- und Buchhaltungsunterlagen jedoch nicht verifizieren. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Zahlung sei von den Beschwerdeführern (und Albine M) bereits anlässlich der am durchgeführten Aufnahme des Flächenausmaßes angegeben worden, dass diese 1965 erfolgt sei. In der mitbeteiligten Marktgemeinde sei die erste Kanalabgabenordnung jedoch erst am beschlossen worden und mit in Kraft getreten. Die allenfalls geleistete Zahlung von S 80.000,-- stelle gegebenenfalls nur einen Baukostenzuschuss auf Grund privatrechtlicher Vereinbarung dar. Eine Einvernahme der in der Berufung angeführten Zeugen und der Beschwerdeführer erübrige sich daher jedenfalls.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung wiederholten die Beschwerdeführer im Wesentlichen ihr Berufungsvorbringen und führten ergänzend aus, der Faktor 3 sei keinesfalls zwingend anzuwenden. Die Vorstellungsbehörde sei von einem Kellergeschoß ausgegangen, weil dies im Abgabenbescheid vom so dargestellt worden sei. Der so genannte "Keller" bestehe lediglich aus zwei sehr kleinen Räumen, die nur rund einen halben Meter unter dem Niveau des Erdgeschoßes lägen. Die Errichtung eines Kellergeschoßes, welches zur Gänze unter dem Erdgeschoß liege, sei auf Grund des Grundwasserspiegels nicht möglich gewesen. Diese Räumlichkeiten seien nicht als Kellergeschoß zu werten, sodass der Faktor 0,5 nicht zur Anwendung gelange. Ausgehend von einer verbauten Grundfläche von 296,52 m2 und einem Multiplikator von 2,5 (Erdgeschoß, Obergeschoß, Dachgeschoß zur Hälfte) ergebe sich eine Berechnungsfläche von 741,30. Unter Berücksichtigung des Einheitssatzes von EUR 11,-- könne der Höhe nach lediglich ein Kanalisationsbeitrag von insgesamt EUR 8.969,73 (einschließlich Umsatzsteuer) zur Vorschreibung gelangen.

Mit den (wörtlich übereinstimmenden) angefochtenen Bescheiden wurde der Vorstellung jeweils keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde jeweils aus, den Beschwerdeführern sei es nicht gelungen, anspruchsentlastende Umstände, wie die Leistung des Betrages von S 80.000,-, nachzuweisen. Die von Zeugen unterschriebene schriftliche "Bestätigung" sei durch den Berufungsbescheid, wonach für die Liegenschaft L Nr. 10 weder eine Anschlussverpflichtung ausgesprochen noch ein einmaliger Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben worden sei, eindeutig entkräftet worden. Selbst wenn von einer tatsächlichen Leistung dieses Betrages ausgegangen werde, handle es sich dabei nicht um einen einmaligen Kanalisationsbeitrag iSd § 2 Stmk KanalAbgG. Ein solcher Abgabenanspruch habe mangels Vorliegens eines kundgemachten Gemeinderatsbeschlusses über den Einheitssatz zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht entstanden sein können. Vielmehr sei der Anspruch der mitbeteiligten Marktgemeinde erst durch Erlassung der Verordnung des Gemeinderates vom entstanden. Vor dieser Kanalabgabenordnung (in Kraft seit ) sei jedoch keine Verordnung der mitbeteiligten Gemeinde in Geltung gestanden, nach welcher ein Kanalisationsbeitrag erhoben worden wäre. Im Übrigen enthielten die 1968 erstmals in Kraft getretene Kanalabgabenordnung wie auch das Stmk KanalAbgG 1955 keine Regelung, nach der von der Entrichtung des Kanalisationsbeitrages jene Liegenschaften ausgenommen wären, für welche bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes oder der Verordnung eine Anschlussgebühr geleistet worden sei. Vor dem Inkrafttreten dieser Kanalabgabenordnung erbrachte Geldleistungen aus Anlass des Anschlusses an einen der Ableitung von Schmutzwässern dienenden Kanalstrang fehle somit von vornherein die Eigenschaft eines Kanalisationsbeitrages. Von einer Einvernahme der namhaft gemachten Zeugen habe daher Abstand genommen werden können. Zum Vorbringen der Vorstellungswerber, dass die Liegenschaft L Nr. 10, für welche der einmalige Kanalisationsbeitrag in Höhe von S 80.000,-- geleistet worden sei, früher sowohl die Nrn. 6 als auch 46 getragen habe, sei von der mitbeteiligten Marktgemeinde mitgeteilt worden, dass im Zuge einer Hausnummernänderung 1987 die Liegenschaften L Nrn. 46 und 47 die Hausnummern 6 und 7 sowie L Nr. 44 die Hausnummer 10 erhalten habe. Daraus folge aber, dass die Liegenschaft L Nr. 10 vormals die Hausnummer 44, nicht aber Nr. 6 oder 46 getragen habe. Weiters habe die mitbeteiligte Marktgemeinde ausgeführt, dass für das gesamte Gemeindegebiet L 2002 und für die Liegenschaft L Nr. 10 2004 erstmals ein Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben worden sei. Der Zeuge Gemeinderat Rupert S habe schriftlich angegeben, er habe den "Beweis" für die damals angeblich schon geleistete Kanalanschlussgebühr unter anderen Voraussetzungen unterfertigt. Er habe erläutert, dass im Zuge des Ausbaus der Getränkefirma M von dieser die Errichtung eines eigenen Abwasserkanals ins Auge gefasst worden sei. Dadurch habe Anton M die Möglichkeit gesehen, die Betriebswässer durch Anbindung an den Gemeindekanal in den L Bach abzuleiten. Der Zeuge sei bei den seinerzeitigen Verhandlungen anwesend gewesen. Es sei vereinbart worden, dass Anton M zu diesen Kanalbauarbeiten einen Baukostenzuschuss von S 70.000,-- leisten werde. Daraus ergebe sich aber, dass es sich bei dem allenfalls geleisteten Betrag um einen "Baukostenzuschuss", nicht jedoch um einen Kanalisationsbeitrag gehandelt habe. Seitens der belangten Behörde werde auch festgestellt, dass gemäß § 2 Abs. 2 Stmk KanalAbgG 1955 ein weiterer Kanalisationsbeitrag für den Umbau, die Erneuerung oder die Verbesserung der technischen Einrichtungen von Abwasserreinigungsanlagen für bereits bestehende Kanäle zu entrichten sei, sofern diese baulichen Maßnahmen im Hinblick auf die technische Entwicklung auf Grund von gesetzlichen Bestimmungen bescheidmäßig festgelegt würden. Ein solcher "weiterer Kanalisationsbeitrag" gelange jedoch im Beschwerdefall nicht zur Vorschreibung. Dies ergebe sich einerseits aus dem Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Vorschreibung eines solchen Beitrages, andererseits auch aus dem Spruch der Berufungsentscheidung.

Das Vorbringen der Beschwerdeführer, dass die als Kellergeschoß berücksichtigten Räume nur rund einen halben Meter unter dem Niveau des Erdgeschoßes lägen und daher als Erdgeschoß anzusehen seien, sei nicht weiter zu prüfen, weil dem Abgabepflichtigen kein Recht darauf eingeräumt ist, mit Abgaben oder mit höheren Abgaben belastet zu werden. Die Beschwerdeführer hätten mit Schriftsatz vom einen Plan der gegenständlichen Liegenschaft übermittelt, aus dem ersichtlich wäre, dass die Betriebswässer der ehemaligen Firma M durch einen Kanal in den Bach L abgeleitet würden. Dieser Kanal sei von den damaligen Eigentümern des Betriebsgebäudes selbst errichtet worden und stehe in keinem Zusammenhang mit der Kläranlage der mitbeteiligten Marktgemeinde. Letztere habe dazu ausgeführt, dass der gegenständliche Plan das Objekt L Nr. 6 beschreibe, welches nunmehr einen anderen Eigentümer habe. Da es sich nicht um das verfahrensgegenständliche Objekt handle, sei auf die vorgelegte Urkunde nicht einzugehen. Allerdings sprächen auch diese Ausführungen dafür, dass zum damaligen Zeitpunkt gerade kein einmaliger Kanalisationsbeitrag geleistet worden sei, weil ein solcher für die Deckung der Kosten der Errichtung und Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage erhoben werde.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde erstattete Gegenschriften, in denen sie jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Marktgemeinde erstattete keine Stellungnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Verbindung der Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung - erwogen:

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Gesetzes vom über die Erhebung der Kanalabgaben durch die Gemeinden des Landes Steiermark (Kanalabgabengesetz 1955 - in der Folge: Stmk KanalAbgG), LGBl. Nr. 71/1955 (§ 1 idF LGBl. Nr. 40/1971, § 2 Abs. 2 idF BGBl. Nr. 80/1988), lauten:

"Abgabeberechtigung.

§ 1.

Die Gemeinden des Landes Steiermark, welche öffentliche Kanalanlagen zur Ableitung von Abwässern errichten und betreiben, werden auf Grund des § 8 Abs. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, durch Beschluss des Gemeinderates eine einmalige Abgabe zur Deckung der Kosten der Errichtung und der Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalisationsbeitrag) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben.

Gegenstand der Abgabe.

§ 2.

(1) Der Kanalisationsbeitrag ist einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiete zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.

(2) Bei Neulegung öffentlicher Kanäle ist der einmalige Kanalisationsbeitrag für alle anschlusspflichtigen Liegenschaften ohne Rücksicht auf ihren tatsächlichen Anschluss zu leisten. Ein weiterer Kanalisationsbeitrag ist, unbeschadet der Bestimmungen des § 1, auch für den Umbau, die Erneuerung oder die Verbesserung der technischen Einrichtungen von Abwasserreinigungsanlagen für bereits bestehende Kanäle zu entrichten, sofern diese baulichen Maßnahmen im Hinblick auf die technische Entwicklung auf Grund von gesetzlichen Bestimmungen bescheidmäßig festgelegt werden. Die Beitragspflicht entsteht zur Hälfte bei Baubeginn und zur Hälfte bei Vorliegen der technischen Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Kanalanlage oder Fertigstellung der Abwasserreinigungsanlage.

(3) Bei anschlusspflichtigen Neubauten und bei Zu-, Auf-, Ein- und Umbauten in anschlusspflichtigen Baulichkeiten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entsteht die Beitragspflicht mit der erstmaligen Benützung der Baulichkeit oder ihrer Teile. ...

Ausmaß.

§ 4.

(1) Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschoße und Kellergeschoße je zur Hälfte eingerechnet werden; …

(2) Der Einheitssatz ist vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung (§ 7) nach den durchschnittlichen, ortsüblichen Baukosten je Meter der Kanalanlage höchstens bis zu 5 v. H. dieser Baukosten für den Meter festzusetzen.

..."

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid ausdrücklich davon ausgegangen, dass im Beschwerdefall mangels Erfüllung der Voraussetzungen nicht der Tatbestand des Umbaus, der Erneuerung oder der Verbesserung von Abwasserreinigungsanlagen iSd § 2 Abs. 2 zweiter Satz Stmk KanalAbgG erfüllt wird. Vielmehr geht sie davon aus, dass es sich bei den baulichen Maßnahmen der mitbeteiligten Marktgemeinde, welche zum Anlass für die verfahrensgegenständliche Abgabenvorschreibung genommen wurden, um eine Neulegung eines öffentlichen Kanals iSd § 2 Abs. 2 erster Satz Stmk KanalAbgG gehandelt hat.

Die Beschwerdeführer sind der Abgabenvorschreibung bereits im Berufungsverfahren mit dem Vorbringen entgegengetreten, dass ihre Liegenschaft schon in den Sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts an einen öffentlichen Kanal angeschlossen worden sei. Bei den baulichen Maßnahmen, anlässlich derer nunmehr der Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben worden sei, habe es sich lediglich um eine "Renovierung" der bereits bestanden habenden Kanalisation, nicht aber um die Neulegung eines öffentlichen Kanals gehandelt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 3099/58, VwSlg. 2527 F/1961, ausgesprochen hat, ist es (für den Tatbestand des § 2 Abs. 2 erster Satz Stmk KanalAbgG) ohne Belang, ob eine bereits früher errichtete Kanalanlage später durch eine neue modernere Anlage ersetzt wird.

An dieser Rechtsansicht hat sich auch durch die Novelle LGBl. Nr. 80/1988, durch welche der § 2 Abs. 2 Stmk KanalAbgG um den weiteren Tatbestand der Modernisierung der Kanalanlage ergänzt wurde, nichts geändert, ist doch der Gesetzgeber dabei selbst davon ausgegangen, dass der Grundsatz der Einmaligkeit des Kanalisationsbeitrages auch im Falle von Modernisierungs- oder Erweiterungsmaßnahmen der Erhebung eines weiteren Kostenbeitrages von den Inhabern von "Altanschlüssen" ansonsten entgegenstünde. Um den Finanzierungsproblemen der Gemeinden bei der Verwirklichung solcher Projekte Abhilfe zu verschaffen, wollte der Gesetzgeber durch diese Novelle künftig auch im Falle des Umbaus, der Erneuerung oder Verbesserung der technischen Einrichtungen von Abwasserreinigungsanlagen bereits bestehender Kanäle die neuerliche Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages ermöglichen (vgl. die Materialien 28 BlgLTStmk 11. GP, Einl.-Zahl 361/1). Allerdings wurde diese Möglichkeit davon abhängig gemacht, dass diese baulichen Maßnahmen im Hinblick auf die technische Entwicklung auf Grund von gesetzlichen Bestimmungen bescheidmäßig festgelegt worden sind.

Im Beschwerdefall ist Gegenstand des strittigen Kanalisationsbeitrages die in L gelegene Liegenschaft der Beschwerdeführer. Ausschlaggebend für die Zulässigkeit der Abgabenvorschreibung ist, ob mit den nunmehr durchgeführten baulichen Maßnahmen der mitbeteiligten Marktgemeinde tatsächlich der Tatbestand der Neulegung eines öffentlichen Kanals verwirklicht wurde. Dies konnte aber nur dann der Fall sein, wenn die Liegenschaft der Beschwerdeführer nicht bereits vorher an eine öffentliche Kanalanlage angeschlossen gewesen ist. Ein bestehender Anschluss an eine private Kanalanlage stünde hingegen der Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages nicht entgegen.

Im Beschwerdefall wurden weder in der erstinstanzlichen Abgabenvorschreibung noch in der Berufungsentscheidung vom Feststellungen darüber getroffen, ob die Liegenschaft der Beschwerdeführer bereits vor den gegenständlichen baulichen Maßnahmen an eine öffentliche Kanalisationsanlage angeschlossen gewesen ist.

Die Beschwerdeführer haben ihr bereits im Abgabenverfahren erstattetes Vorbringen über den jahrzehntelangen Bestand einer öffentlichen Kanalisation in ihrer Vorstellung wiederholt. Die Vorstellungsbehörde hätte sich mit diesem Hinweis auf eine Unvollständigkeit des von den Gemeindebehörden zu Grunde gelegten Sachverhaltes auseinander zu setzen gehabt (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0027, mwN). Dabei wäre es ihr freigestanden, entweder eigene ergänzende Ermittlungen durchzuführen oder dieselben den Gemeindebehörden aufzuerlegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/17/0262, mwN).

Indem die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführer abwies, ohne eine Verfahrensergänzung im aufgezeigten Sinne selbst vorzunehmen oder aber der Berufungsbehörde aufzutragen, belastete sie ihre Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb diese gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aus diesem Grunde aufzuheben waren (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0037, mwN).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil dem Zweitbeschwerdeführer hinsichtlich der Eingabengebühr Verfahrenshilfe bewilligt worden ist.

Wien, am