VwGH vom 21.12.2011, 2011/08/0132

VwGH vom 21.12.2011, 2011/08/0132

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der UW in K, vertreten durch Mag. Dr. Marlene Wintersberger, Rechtsanwältin in 2340 Mödling, Hauptstraße 48, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Mistelbach, vom , Zl. Senat-WU-10-2040, betreffend Übertretungen des § 111 ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft U vom wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es

"als Dienstgeberin mit Firmenstandort (an einer näher bezeichneten Adresse in K), Firma A… (es folgt der Name der Beschwerdeführerin) KEG, wie anlässlich einer Kontrolle auf einer Baustelle in (G) am gegen 9:55 Uhr festgestellt wurde,

1.) (FB) vom (Arbeitsantritt) bis zum , als Teichbauer, bzw. Aushilfe zu einem Lohn von EUR 15,--/Stunde beschäftigt,

2.) (BW) vom (Arbeitsantritt) bis zum , als Teichbauer, bzw. Aushilfe zu einem Lohn von EUR 14,--/Stunde beschäftigt,

3.) (LW) vom (Arbeitsantritt) bis zum , als Teichbauer, bzw. Aushilfe zu einem Lohn von EUR 13,--/Stunde beschäftigt,

ohne diese Dienstnehmer als in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger (X) anzumelden."

Wegen Übertretung des § 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 ASVG wurden über die Beschwerdeführerin drei Geldstrafen von je EUR 730,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je 24 Stunden) verhängt.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid dahingehend Folge, dass das Ausmaß der Geldstrafen auf je EUR 400,-- herabgesetzt wurde.

In ihrer Bescheidbegründung führte die belangte Behörde zunächst im Wesentlichen aus, dass FB, BW und LW bei der Kontrolle am durch das Finanzamt S/Team KIAB in G bei Arbeiten an einem Naturteich angetroffen worden seien. Wie sich aus den Angaben der Arbeiter ergebe, liege ein unselbständiges Beschäftigungsverhältnis vor, sodass die Arbeiter durch das "beschäftigende Unternehmen" vor Beschäftigungsbeginn zur Sozialversicherung anzumelden gewesen wären, was jedoch nicht erfolgt sei. FB habe die "Firma A…" als Dienstgeber angegeben, weiters hätten FB, BW und LW erklärt, bei der "Firma A…" auf Grund einer mündlichen Einstellung die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannte Tätigkeit (im dazu jeweils angeführten Zeitraum bzw. gegen das jeweils angegebene Entgelt) verrichtet zu haben. Die Beschwerdeführerin habe bei ihrer Einvernahme angegeben, dass diese drei Personen als "neue Selbständige" auf Werkvertragsbasis einfache Arbeiten im Rahmen des Schwimmteichbaues durchführen würden, wozu sie Werkverträge samt Honorarnoten in Kopie vorgelegt habe. Bei diesen Werkverträgen habe es sich jeweils um einen "Rahmenvertrag" (aus April 2009) gehandelt, in dem sich der Auftragnehmer jeweils verpflichte, Schwimmteichbauarbeiten zu übernehmen; konkrete Vereinbarungen über ein konkretes Schwimmteichbauwerk seien diesen Verträgen nicht zu entnehmen. Nach der dazu ergangenen Stellungnahme des Finanzamtes K hätten alle Arbeiter an einem Schwimmteich gearbeitet, wobei ein eigenständiges Werk nicht abgrenzbar und die Arbeitskraft nicht unterscheidbar gewesen sei. Es sei nach Stundenlohn abgerechnet und das Fahrzeug von der "Firma A…" zur Verfügung gestellt worden. Die Arbeiter hätten über keine Unternehmerstruktur verfügt und seien organisatorisch in die "Firma A…" eingegliedert gewesen. Sowohl das Werkzeug, das Material als auch die Unterkunft seien von der "Firma A…" zur Verfügung gestellt worden. Auch habe keiner der Arbeiter über eine der Tätigkeit entsprechenden Gewerbeberechtigung verfügt; bis auf LW sei auch keiner zur Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft angemeldet gewesen.

Abschließend verneinte die belangte Behörde auf Grund der Umstände, dass FB, BW und LW ihre Tätigkeit (Teichbauarbeiten) gemeinsam durchgeführt hätten, somit keine drei unterschiedlichen, voneinander abgrenzbaren Gewerke vorliegen würden, und die Ausübung der Tätigkeit auf Grund bloß mündlicher Vereinbarung erfolgt sei (den schriftlichen "Rahmenwerkverträgen" sei keine individualisierte konkrete Leistung zu entnehmen), wobei keine Pauschalsummen sondern ein Stundenlohn vereinbart gewesen sei, sowie das verwendete Werkzeug, Material und die Schutzausrüstung von der Firma gestammt haben, das Vorliegen von Werkverträgen und bejahte das Vorliegen einer der Sozialversicherungspflicht unterliegenden Beschäftigung der drei genannten Personen. Unter Zugrundelegung dessen erachtete sie jeweils den Tatbestand der inkriminierten Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht als erfüllt und legte im Weiteren ihre Strafbemessungsgründe dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Dienstnehmer im Sinne des ASVG ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die Unterlassung der Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.

Gemäß § 35 Abs. 1 leg. cit. gilt als Dienstgeber derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu, wenn darin vorgebracht wird, dass als Dienstgeberin von FB, BW und LW nicht die Beschwerdeführerin persönlich, sondern einzig die "A… (es folgt der Name der Beschwerdeführerin) KEG" (in der Folge: A…-KEG) in Betracht käme:

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (§ 9 Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss in der Tatumschreibung gemäß § 44a Z. 1 VStG zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften strafrechtlich Verantwortlicher begangen hat (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 § 9 VStG E 269ff).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 83/08/0200 (VwSlg. 12.325/A), näher dargelegt hat, ist Dienstgeber von Personen, die für eine Personengesellschaft des Handelsrechtes in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit tätig sind, die Gesellschaft selbst und nicht auch die Gesellschafter. Dies gilt auch für eingetragene Erwerbsgesellschaften im Sinne des EGG, zumal diese Gesellschaften gemäß § 4 Abs. 1 EGG in handelsrechtlicher Hinsicht und durch das Sozialrechtsänderungsgesetz 1990, BGBl. Nr. 741/1990, in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht der OHG (KG) gleichgestellt sind (vgl. zur diesbezüglichen Teilrechtsfähigkeit einer KEG auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0022).

Im vorliegenden Fall richtete sich der vom Finanzamt S als Folge der Kontrolle am zum gegenständlichen Tatvorwurf erstattete Strafantrag vom gegen die Beschwerdeführerin "als nach außen zur Vertretung Berufene" der A…- KEG (als das die drei angetroffenen Arbeitnehmer beschäftigende Unternehmen). Wie aus den Verwaltungsakten ersichtlich, wurde in den von den drei Arbeitern anlässlich der Kontrolle unterfertigten Fragenkatalogen jeweils als Dienstgeber "A…" angegeben und die vorgelegten Honorarnoten an die "A…" gerichtet (im Rahmenwerkvertrag wird als Auftraggeber die A…-KEG angeführt); nach dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Firmenbuchauszug handelt es sich bei der A…-KEG um eine eingetragene Kommanditgesellschaft, welche die Beschwerdeführerin als unbeschränkt haftende Gesellschafterin "selbständig vertritt".

Auf Grund der zuvor dargelegten Teilrechtsfähigkeit der A…- KEG käme - ausgehend von der von der belangten Behörde zugrunde gelegten Sachlage und ungeachtet des sonstigen Beschwerdevorbringens - bei Annahme des Vorliegens unselbständiger Beschäftigungsverhältnisse dieser KEG die Dienstgebereigenschaft zu, sodass die Beschwerdeführerin (nur) allenfalls auf Grund ihrer Stellung als zur Vertretung nach außen Berufene der Gesellschaft (nach § 9 Abs. 1 VStG) verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sein könnte.

Mit dem angefochtenen Bescheid werden jedoch (in Bestätigung des erstinstanzlichen Schuldausspruches) die Straftaten der Beschwerdeführerin (nicht in ihre Eigenschaft als Organ der KEG iSv § 9 VStG sondern) "als Dienstgeberin" der drei Arbeiter zur Last gelegt, wodurch eindeutig - gleichwohl aber unrichtig - zum Ausdruck gebracht wird, dass die Beschwerdeführerin die inkriminierten Taten in eigener Verantwortung begangen habe.

Damit hat die belangte Behörde aber den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am