TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 09.10.2013, 2011/08/0125

VwGH vom 09.10.2013, 2011/08/0125

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien, vertreten durch Mag. Daniel Kornfeind, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 27/28, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS5-A-950/010-2008, betreffend Beitragshaftung gemäß § 38 BSVG (mitbeteiligte Partei: N S in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt vom wurde ausgesprochen, dass die Mitbeteiligte als Eigentümerin von im Bescheid im einzelnen aufgezählten Grundstücken für die Beiträge zur Pensions-Kranken- und Unfallversicherung der Bauern, die S (Tochter der Mitbeteiligten) für die Zeit vom bis der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt schuldet, haftet (Spruchpunkt 1). Die derzeit aushaftende Beitragsschuld für die Zeit vom bis betrage EUR 5.631,44 (samt Nebengebühren); dieser Betrag sei binnen zwei Wochen ab der Zustellung des Bescheides zu bezahlen (Spruchpunkt 2).

Begründend führte die Sozialversicherungsanstalt im Wesentlichen aus, die Mitbeteiligte sei Eigentümerin der im Spruch genannten Wirtschaftsgüter. Diese Wirtschaftsgüter bildeten unter anderem den land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, den ihre Tochter (S) vom bis zum gepachtet habe. Außerdem habe die Tochter der Mitbeteiligten noch Eigenflächen und andere Pachtflächen bewirtschaftet. Vom bis seien insgesamt Flächen von 28,9504 ha (Einheitswert EUR 50.330,02) bewirtschaftet worden (davon Zupachtung von der Mitbeteiligten: 25,7269 ha, Einheitswert EUR 45.693,34). Aufgrund der Bewirtschaftung schulde die Tochter der Mitbeteiligten für die Zeit vom bis die Beiträge zur bäuerlichen Sozialversicherung. Trotz wiederholter Beitragsvorschreibungen, Mahnungen und sonstiger Eintreibungsmaßnahmen sei eine Bezahlung der Beitragsschulden bisher nicht erfolgt; am sei über das Vermögen der Tochter der Mitbeteiligten der Konkurs eröffnet worden.

Die Mitbeteiligte gelte gemäß § 38 Abs. 6 BSVG als eine am Betrieb des Vorgängers wesentlich beteiligte Person, weil sie vor der Verpachtung ihrer land(forst)wirtschaftlichen und weinbaumäßig genutzten Flächen an die Tochter diese auf ihre Rechnung und Gefahr als Eigentümerin bewirtschaftet habe und somit zu mehr als einem Viertel Anteil am Betriebskapital gehabt habe. Im Hinblick auf das am über das Weingut eröffnete Konkursverfahren habe sie über die Beitragsschulden ihrer Tochter Bescheid wissen müssen.

Die Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Einspruch. Sie machte geltend, sie habe ab die angeführten landwirtschaftlichen Grundstücke aus Anlass ihrer Pensionierung an ihre Tochter verpachtet. Bis zur Verpachtung habe sie den landwirtschaftlichen Betrieb selbst geführt, ohne dass wirtschaftliche Schwierigkeiten vorgelegen seien. Der Betrieb habe bei Verpachtung keine über das normale Geschäftsausmaß hinausgehenden Verbindlichkeiten aufgewiesen. Die während ihrer Betriebsführung anfallenden Sozialversicherungsbeiträge habe sie stets aus dem Betriebsertrag pünktlich entrichtet. Die künftigen finanziellen Schwierigkeiten ihrer Tochter habe sie nicht vorhersehen können. Seit der Verpachtung seien die Grundstücke auf alleinige Rechnung und Gefahr ihrer Tochter bewirtschaftet worden. Sie sei in die betrieblichen Entscheidungen und Abläufe weder eingebunden noch darüber informiert gewesen. Sie habe auch keine Ahnung von allfälligen Beitragsschulden ihrer Tochter gehabt. Vom Konkurs ihrer Tochter habe sie erst nach dessen Eröffnung am erfahren.

Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde dem Einspruch Folge und behob den erstinstanzlichen Bescheid "ersatzlos". Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Ausführungen der Mitbeteiligten bezüglich ihrer Unkenntnis von den Beitragsschulden ihrer Tochter erschienen trotz der aufgezeigten Gegenargumente durchaus glaubwürdig. Der Nachweis der gesetzlich vermuteten Kenntnis der Mitbeteiligten von den Beitragsschulden ihrer Tochter sei auf ebensolchen wackeligen Beinen wie der Gegenbeweis, weshalb ähnlich dem im Strafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" dem Einspruch stattgegeben werde.

Mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0124, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, für den nach dem letzten Halbsatz des § 38 Abs. 7 BSVG geforderten Nachweis des Eigentümers der Wirtschaftsgüter, dass er die Beitragsschulden nicht kannte bzw. trotz seiner Stellung im Betrieb nicht kennen konnte, genügt es nicht, wenn nur eine Gleichwertigkeit dafür und dagegen sprechender Argumente gegeben ist. Vielmehr muss die belangte Behörde im Ergebnis davon überzeugt sein, dass die Mitbeteiligte die Beitragsschulden nicht kannte und auch nicht kennen konnte; es bedarf zumindest einer die andere Möglichkeit überragenden Wahrscheinlichkeit, dass die Kenntnis der Mitbeteiligten von den Beitragsschulden ebenso wie auch die Möglichkeit, diese zu kennen, nicht gegeben waren. Entsprechende Ausführungen über eine solche Überzeugung der belangten Behörde sind der Bescheidbegründung aber nicht zu entnehmen. Für das weitere Verfahren wurde darauf hingewiesen, dass sich der Verweis des § 38 Abs. 7 BSVG auf Abs. 4 hinsichtlich der "wesentlichen Beteiligung" bzw. des "wesentlichen Einflusses auf die Geschäftsführung" auf den Betrieb des Beitragsschuldners, nicht aber auf Tatbestandselemente beim Betrieb dessen Vorgängers bezieht, wobei es auf rechtliche, nicht bloß faktische Gegebenheiten ankommt, sodass die belangte Behörde in erster Linie zu prüfen haben werde, ob die Mitbeteiligte am Betrieb der Beitragsschuldnerin wesentlich beteiligt war oder ihr eine Rechtsstellung zukam, die einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung eröffnete. § 38 Abs. 7 BSVG steht in keinem Zusammenhang mit der Betriebsnachfolge.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch neuerlich Folge und behob den erstinstanzlichen Bescheid "ersatzlos".

Begründend führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens - im Wesentlichen aus, im fortgesetzten Verfahren gehe es hauptsächlich um die Klärung der Frage, welche Rechtsstellung der Mitbeteiligten bezüglich des von ihr an ihre Tochter verpachteten Weingutes zugekommen sei und welchen Einfluss sie auf die Geschäftsführung gehabt habe. Der Pachtvertrag, dessen Inhalt für die Beantwortung dieser Fragen große Bedeutung zugekommen wäre, sei nach den durchaus glaubwürdigen Ausführungen der Mitbeteiligten vom Hochwasser im Jahre 2002 vernichtet worden. Es sei sohin von den Ausführungen der Mitbeteiligten und ihrer Tochter über das tatsächlich gelebte Vertragsverhältnis auszugehen. Deren Ausführungen im fortgesetzten Verfahren hätten den bereits anlässlich der mündlichen Verhandlung vom gewonnenen Eindruck, wonach sich die Mitbeteiligte anlässlich der Verpachtung aus der Geschäftsführung des Weingutes zurückgezogen habe, voll und ganz bestätigt. Die Mitbeteiligte habe sich nicht nur aus dem Geschäftsleben zurückziehen wollen, das Heraushalten der Mitbeteiligten aus dem Betrieb sei vielmehr eine Grundvoraussetzung für die Annahme der Pacht seitens ihrer Tochter gewesen. Das Vorliegen einer Rechtsstellung der Mitbeteiligten, wonach diese nach der Verpachtung einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung hätte ausüben können, könne aufgrund der Ergebnisse der durchgeführten Ermittlungen dezidiert ausgeschlossen werden.

Es möge durchaus den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen, dass der Eigentümer am Zustand und der Entwicklung des Betriebes, auch wenn er ihn nicht selber führe, interessiert sei und einen zumindest groben Überblick über die wirtschaftliche Situation des Betriebs behalte; auf den konkret zu überprüfenden vorliegenden Einzelfall treffe diese allgemeine Lebenserfahrung aber nicht zu. Die Mitbeteiligte habe überzeugend darlegen können, dass sie sich trotz der - aufgrund der Namensgleichheit offensichtlich versehentlich an sie ergangenen - Exekutionsanträge und der aus denselben Gründen an sie gerichteten Konkurseröffnung aus dem Betrieb herausgehalten habe und sie keinerlei Einfluss auf die Geschäftsführung habe ausüben können und wollen.

Für Mutmaßungen der Anstalt, wonach es sich beim Pachtvertrag nur um ein Scheingeschäft gehandelt habe könne, hätten sich im Verfahren weder Beweise noch konkrete Hinweise gefunden. Dass die Mitbeteiligte anstelle eines Schenkungs- bzw. Übergabevertrages einen Pachtvertrag gewählt habe und somit Eigentümerin an den Liegenschaften geblieben sei, erscheine prima vista ungewöhnlich, aber nicht widersprüchlich. Wie die Mitbeteiligte glaubhaft dargelegt habe, habe sie diese Vertragsform offensichtlich zur Wahrung des Familienfriedens gewählt, weil sie gewollt habe, dass ihre Tochter und ihr damals noch lebender Sohn erst nach ihrem Ableben in gegenseitigem Einvernehmen ihre Erbansprüche regeln sollten. Eine vorzeitige gänzliche Übertragung der Grundstücke an die Tochter hätte wohl unvermeidlich schon damals die wirtschaftliche Lebensfähigkeit des Betriebes gefährdende Auszahlungsansprüche des Sohnes ausgelöst.

Die belangte Behörde sei im fortgesetzten Verfahren zur Überzeugung gelangt, dass das Pachtverhältnis auch deshalb zustande gekommen sei, weil sich die Mitbeteiligte einerseits aus dem Weingeschäft habe zurückziehen wollen und sie andererseits ihrer Tochter aufgrund deren Studiums an der Universität für Bodenkultur die alleinige Führung des Weingutes zugetraut habe, damit diese ein eigenständiges Leben habe führen können. Es entspreche auch den durchaus eigenwilligen Persönlichkeiten, die Mutter und Tochter im Rahmen der mündlichen Verhandlung und in ihren schriftlichen Eingaben vermittelt hätten, dass eine gemeinsame Betriebsführung der beiden schwer vorstellbar gewesen wäre, weshalb auch die von der Tochter ausbedungene Voraussetzung der Heraushaltung ihrer Mutter vom Betrieb des Weingutes für die Annahme der Pacht schlüssig nachvollziehbar und äußerst glaubhaft erscheine. Die bereits zum Zeitpunkt der Erstentscheidung der belangten Behörde bestandenen massiven Bedenken an einer gemeinsamen Betriebsführung durch die Mitbeteiligte und ihre Tochter seien im fortgesetzten Verfahren vollends bestätigt worden. Ein Eingriff der Mitbeteiligten in die Geschäftsführung wäre seitens ihrer Tochter niemals zugelassen worden und hätte nicht nur einen erheblichen innerfamiliären Konflikt, sondern auch die sofortige Beendigung des Pachtverhältnisses durch die Tochter der Mitbeteiligten zur Folge gehabt.

Auch wenn einiges für einen gemeinsam ausgeübten Betrieb gesprochen hätte (wie etwa der Internetauftritt), worauf bereits im Erstbescheid der belangten Behörde hingewiesen worden sei, so erscheine dies der belangten Behörde nunmehr aufgrund der weiteren Schriftsätze der Mitbeteiligten und ihrer Tochter undenkbar. Es sei dabei überzeugend hervorgekommen, dass die Mitbeteiligte den Pachtvertrag deshalb abgeschlossen habe, weil sie einen vorzeitigen Erbstreit habe vermeiden wollen, die Existenz des Weingutes nicht habe gefährden wollen, sie habe aber auch vom Weinbaubetrieb Ruhe haben wollen. Zur Wahrung des Familienfriedens habe sie sich völlig aus dem Weinbaubetrieb ihrer Tochter herausgehalten.

Demnach sei für die belangte Behörde nunmehr schlüssig erwiesen, dass die Mitbeteiligte trotz der versehentlich an sie ergangenen Exekutionsschritte keinerlei Nachfragen bei ihrer Tochter über die wirtschaftliche Situation des Betriebes angestellt und auch sonst keine diesbezüglichen Erkundigungen eingeholt habe. Sie habe nachvollziehbarer Weise vom Weingeschäft genug gehabt und habe sich, um einen sonst unvermeidlichen Konflikt mit ihrer Tochter zu vermeiden, vollkommen aus dem Betrieb herausgehalten.

Der Mitbeteiligten sei daher der Nachweis dafür gelungen, dass sie von den Verbindlichkeiten ihrer Tochter gegenüber der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt nichts gewusst habe. Trotz des ihr verbliebenen Eigentums an den Pachtflächen habe sie darüber hinaus weder die Absicht noch die Möglichkeit gehabt, Einfluss auf die Geschäftsführung des Weinbaubetriebes auszuüben. Die von der Sozialversicherungsanstalt angenommene wesentliche Beteiligung der Mitbeteiligten am Betrieb ihrer Tochter habe eindeutig widerlegt werden können. Die Mitbeteiligte hafte sohin nicht für die offenen Pensions-, Kranken- und Unfallversicherungsbeiträge ihrer Tochter für die Zeit vom bis .

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt macht im Wesentlichen geltend, die Mitbeteiligte sei Eigentümerin von 23,5520 ha landwirtschaftlich bzw. weinbaulich genutzten Flächen, die sie an ihre Tochter mittels Pachtvertrages überlassen habe. Damit alleine sei schon klar, dass die Mitbeteiligte mit einem Anteil von zumindest einem Viertel am Betrieb beteiligt gewesen sei. Bei der Beurteilung des Anteils am Betriebskapital sei der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgeblich. Durch die Zurverfügungstellung der Liegenschaften sei eine wesentliche Beteiligung am Betrieb im Sinne des § 38 Abs. 6 BSVG gegeben. Der Verpächter könne sich anlässlich eines Vertragsabschlusses alle erforderlich erscheinenden Einfluss- und Einschaurechte sichern. Er bleibe ungeachtet des Umstandes, dass er den Betrieb nicht selbst führe, Eigentümer des Betriebes. Der Betrieb falle auch früher oder später wieder an ihn ins uneingeschränkte Eigentum zurück. Schon dies allein reiche aus, um den Tatbestand des "wesentlichen Einflusses auf die Geschäftsführung" zu verwirklichen. Der Verpächter partizipiere durch den Pachtzins am Ertrag des Betriebes. Die Mitbeteiligte habe auch von der Entwicklung des Betriebes und offenen Forderungen Dritter wissen müssen, weil bereits in den Jahren 2004 und 2005 diverse Exekutionsanträge gegen sie selbst gerichtet worden seien und im Juli 2004 die Konkurseröffnung gegen sie beantragt worden sei. Die Mitbeteiligte habe die Verbindlichkeiten zumindest kennen müssen. Insoweit sei auch die Beweiswürdigung der belangten Behörde krass unrichtig, indem sie den zweifelhaften Schutzbehauptungen der Mitbeteiligten gefolgt sei.

2. § 38 BSVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2005) lautet auszugsweise:

"(4) Geht der Betrieb auf


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
einen Angehörigen des Betriebsvorgängers gemäß Abs. 5,
2.
eine am Betrieb des Vorgängers wesentlich beteiligte Person gemäß Abs. 6 oder
3.
eine Person mit wesentlichem Einfluß auf die Geschäftsführung des Betriebsvorgängers (zB Geschäftsführer, leitender Angestellter, Prokurist),
über, so haftet dieser Betriebsnachfolger ohne Rücksicht auf das dem Betriebsübergang zugrunde liegende Rechtsgeschäft wie ein Erwerber gemäß Abs. 2, solange er nicht nachweist, daß er die Beitragsschulden nicht kannte bzw. trotz seiner Stellung im Betrieb des Vorgängers nicht kennen konnte.

(5) (…)

(6) Eine Person ist an einem Betrieb wesentlich beteiligt, wenn sie zu mehr als einem Viertel Anteil am Betriebskapital hat. Bei der Beurteilung des Anteiles am Betriebskapital ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Die §§ 22 bis 24 der Bundesabgabenordnung sind sinngemäß anzuwenden.

(7) Stehen Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb dienen, nicht im Eigentum des/der Betriebsinhabers/ Betriebsinhaberin, sondern im Eigentum einer der in Abs. 4 Z 2 oder 3 genannten Personen, so haftet der/die Eigentümer/in der Wirtschaftsgüter mit diesen Gütern für die Beiträge, solange er/sie nicht nachweist, dass er/sie die Beitragsschulden nicht kannte bzw. trotz seiner/ihrer Stellung im Betrieb nicht kennen konnte.

(8) (…)"

Eine Haftung nach § 38 Abs. 7 BSVG setzt voraus, dass Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb dienen, im Eigentum einer Person stehen, die nicht Betriebsinhaber ist, die aber entweder am Betrieb wesentlich beteiligt ist oder der ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung zukommt. Diese Person haftet mit diesen Gütern für die Beiträge, solange sie nicht nachweist, dass sie die Beitragsschulden nicht kannte bzw. trotz ihrer Stellung im Betrieb nicht kennen konnte.

Unstrittig dienten Liegenschaften, die im Eigentum der Mitbeteiligten standen, dem Betrieb ihrer Tochter. Rechtsgrundlage hiefür war ein zwischen der Mitbeteiligten und ihrer Tochter abgeschlossener Pachtvertrag. Damit ist also die Voraussetzung erfüllt, dass Wirtschaftsgüter, die im Eigentum der Mitbeteiligten stehen, dem Betrieb ihrer Tochter dienten. Die weitere Voraussetzung, dass eine wesentliche Beteiligung am Betrieb oder ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung ausgeübt wird, ist hingegen nicht erfüllt:

Dass die Mitbeteiligte wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung des Betriebes ihrer Tochter ausgeübt hätte, wurde von der belangten Behörde - nach ausführlicher Auseinandersetzung mit den vorliegenden Verfahrensergebnissen - verneint. Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt rügt zwar die Beweiswürdigung (als krass unrichtig), kann aber eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung nicht aufzeigen. Soweit die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt ausführt, der Mitbeteiligten sei der Nachweis nicht gelungen, dass sie keinen Einfluss auf die Betriebsführung gehabt habe, so besteht aber eine derartige Beweislast - anders als zur Frage des Kennens oder Kennenkönnens der Beitragsschulden - nicht. Aus dem Akteninhalt sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ableitbar, dass die Mitbeteiligte wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung des Betriebes ihrer Tochter ausgeübt habe oder ihr ein solcher auf Grund ihrer Rechtsstellung zugekommen sei.

Eine wesentliche Beteiligung am Betrieb liegt vor, wenn eine Person zu mehr als einem Viertel Anteil am Betriebskapital hat. Während sich die - nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (zur parallelen Bestimmung des § 67 Abs. 8 ASVG idF BGBl. Nr. 111/1986: 774 BlgNR 16. GP, 28) - als Vorbild dienende Bestimmung des § 16 BAO - insoweit nur auf eine Beteiligung an einer Körperschaft bezieht, betrifft § 38 Abs. 6 BSVG ganz allgemein eine Beteiligung am Betriebskapital. Da im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte für eine sonstige Gesellschaft vorliegen, ist hier zu prüfen, ob eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht gegeben ist, an deren Kapital die Mitbeteiligte beteiligt wäre.

Eine (bloße) Verpachtung von Liegenschaften an einen Dritten (hier an die Tochter) bewirkt aber - auch bei Beurteilung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt - (im Allgemeinen) keine Beteiligung am Betriebskapital (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/08/0059). Die Überlassung von Sachen zum Gebrauch kann zwar sowohl im Rahmen einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht als auch (lediglich) im Rahmen eines Bestandvertrages erfolgen (zur Abgrenzung vgl. Jabornegg/Resch in Schwimann, ABGB3, § 1175 Rz 27; Grillberger in Rummel, ABGB3 § 1175 Rz 34; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/08/0197, 4.2.4.3 und 4.2.5). Abzustellen ist dabei darauf, ob die Wesenselemente einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts dem in Frage stehenden Rechtsverhältnis das Gepräge geben. Eine Gesellschaft setzt demnach die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes (nämlich den gemeinschaftlichen Erwerb) sowie eine Gemeinschaftsorganisation voraus ( Jabornegg/Resch , aaO, Rz 3). Es ist aber weder ein derartiger gemeinsamer Zweck (gemeinschaftlicher Erwerb), noch eine Gemeinschaftsorganisation aus dem Sachverhalt ableitbar. Insbesondere sind - wie bereits oben ausgeführt - keinerlei Einwirkungs- bzw. Mitwirkungsrechte der Mitbeteiligten im Betrieb ihrer Tochter ableitbar.

Dass ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts vorliege (§ 22 Abs. 1 BAO iVm § 38 Abs. 6 BSVG), ist aus dem Sachverhalt ebenfalls nicht ableitbar. Es mag zwar im Hinblick auf die Nachfolgeregelung eine ungewöhnliche Gestaltung vorliegen (keine Übertragung der Liegenschaften in das Eigentum der Tochter der Mitbeteiligten, sondern bloße Verpachtung). Es kann aber nicht gesagt werden, dass diese Gestaltung (Verpachtung) unangemessen wäre. Insbesondere bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine Missbrauchsabsicht (etwa gerade im Hinblick auf eine Verkürzung der Beitragszahlung) vorgelegen wäre (vgl. - zu § 22 BAO - näher Ritz, BAO4, § 22 Tz 2). Auch sind aus dem Sachverhalt - wie auch aus dem Akteninhalt - keine Anhaltspunkte dafür ableitbar, dass der Pachtvertrag bloß zum Schein geschlossen worden wäre (§ 23 Abs. 1 BAO), die Mitbeteiligte also weiterhin den Betrieb selbst geführt hätte. Was schließlich die Zurechnung der Wirtschaftsgüter (§ 24 BAO) anbelangt, so ist der zivilrechtliche Eigentümer in der Regel auch der wirtschaftliche Eigentümer; der Pächter hat in der Regel kein wirtschaftliches Eigentum am Pachtgegenstand ( Ritz, aaO § 24 Tz 9).

Wenn die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt auf - nicht näher dargelegte - Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verweist, wonach eine sachliche Rechtfertigung für die Haftung des Verpächters für Abgabenschulden eines früheren Pächters bestehe, so liegt ein derartiger Sachverhalt aber hier nicht vor. Ein Übergang des Betriebes von der Tochter auf die Mitbeteiligte (iSd § 38 Abs. 4 Z 1 BSVG) wird auch von der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt nicht behauptet und ist aus dem Akteninhalt nicht ableitbar.

Dass ein Verpächter regelmäßig daran interessiert sei, wie sich der Betrieb entwickle, insbesondere auch deswegen, weil der Verpächter daran interessiert sei, dass das lebende Unternehmen nach Beendigung des Pachtverhältnisses wieder an ihn retourniert werde, begründet weder eine Beteiligung am Betriebskapital noch einen Einfluss auf die Geschäftsführung des Pächters während des Pachtzeitraumes. Im vorliegenden Fall ist weiter zu berücksichtigen, dass bei Beginn der Verpachtung eine Rückstellung der Gegenstände an die Mitbeteiligte auch nicht beabsichtigt war, sondern die Verpachtung vielmehr aus Anlass der Pensionierung der Mitbeteiligten erfolgte.

Soweit die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt schließlich fehlende Ermittlungen zum Ausmaß der Beteiligung der Mitbeteiligten am Betrieb ihrer Tochter rügt, so wird aber auch in der Beschwerde - abgesehen von den wiederholten Hinweisen auf die Verpachtung der Liegenschaften - kein Vorbringen dazu erstattet, in welcher Weise die Mitbeteiligte am Kapital des Betriebes ihrer Tochter beteiligt gewesen sei.

Da sohin schon diese Voraussetzung für eine Haftung der Mitbeteiligten nicht gegeben ist, ist es nicht entscheidend, ob die Mitbeteiligte die Beitragsschulden kennen konnte, wozu der angefochtene Bescheid keine Ausführungen enthält.

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Die Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet, für die ihr jedoch mangels Einbringung durch einen Rechtsanwalt kein Ersatzanspruch zusteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0346).

Wien, am