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VwGH vom 18.03.2022, Ra 2020/02/0268

VwGH vom 18.03.2022, Ra 2020/02/0268

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des B in W, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-S-417/001-2019, betreffend Übertretungen des Tiertransportgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mistelbach):

Spruch

1.) zu Recht erkannt:

Der Revision wird, soweit sie sich gegen die Vorschreibung der Kosten des Beschwerdeverfahrens richtet, teilweise Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis im Spruchpunkt 3. dahingehend abgeändert, dass der vom Revisionswerber zu leistende Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens € 100,-- beträgt.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2.) den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach wurde dem Revisionswerber mit Spruchpunkt 1. zur Last gelegt, er habe als Lenker eines näher genannten LKW samt Anhänger am um 21:44 Uhr an einem näher genannten Ort eine Tierbeförderung durchgeführt und dabei den Tieren unnötige Leiden zugefügt, weil 1.000 Puten in 120 Boxen à 142 x 120 cm befördert worden seien. Die Außentemperatur habe 28 Grad Celsius betragen, die Tiere hätten nach Luft gehechelt und eine Pute sei bereits verendet gewesen. Mit Spruchpunkt 2. wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe als Lenker des genannten Fahrzeugs eine Tierbeförderung durchgeführt, ohne dass die Tiere entsprechend ihrer Größe und der geplanten Beförderung über ausreichend Bodenfläche und Standhöhe verfügt hätten, weil 1.000 Puten in den schon beschriebenen Boxen befördert worden seien. Das Zuladegewicht des LKW-Zuges habe 26.470 kg betragen. Es hätten bei 105 cm² Fläche je kg Lebendgewicht max. 19.474 kg geladen werden dürfen. Der Revisionswerber habe dadurch zu Spruchpunkt 1. § 21 Abs. 1 Z 1 Tiertransportgesetz 2007 (TTG) iVm Art. 3 VO (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97, und zu Spruchpunkt 2. § 21 Abs. 1 Z 4 TTG und Art. 3 lit. g VO (EG) Nr. 1/2005 verletzt, weshalb über ihn gemäß § 21 Abs. 1 Schlusssatz TTG zu Spruchpunkt 1. eine Geldstrafe von € 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden) und zu Spruchpunkt 2. eine Geldstrafe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) verhängt und ihm gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von € 80,-- vorgeschrieben wurde.

2Mit gegenständlich angefochtenem Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit Spruchpunkt 1. der Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses keine Folge. Mit Spruchpunkt 2. gab es der Beschwerde gegen Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses dahingehend Folge, dass nach der Wortfolge „1000 Puten“ die Wortfolge „mit einem Gewicht von ca. 20.439 kg“ eingefügt wurde und die Sätze „Das Zuladegewicht des LKW-Zuges betrug 26.470 kg. Es hätten bei 105 cm² je kg Lebendgewicht max. 19.474 kg geladen werden dürfen.“ ersetzt werden durch den Satz „anstatt der erforderlichen Mindestbodenfläche von 2.146.095 cm² stand lediglich eine Bodenfläche von 2.044.800 cm² zur Verfügung“. Auch wurde dem Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren iHv. € 160,-- vorgeschrieben. Eine ordentliche Revision erklärte es für unzulässig.

3Das Verwaltungsgericht stellte - soweit für die Revision von Relevanz - fest, dass sich im LKW sowie im Anhänger in jeweils 60 Boxen mit einer Größe von jeweils 142 x 120 x 40 cm 1000 Truthähne befunden hätten und diesen ein Flächenausmaß von 2.044.800 cm² zur Verfügung gestanden sei. Das Gewicht der Tiere habe etwa 20.439 kg ausgemacht. Die Außentemperatur habe 28 Grad Celsius betragen, bei der Anhaltung hätten die Tiere eine vertiefte, verstärkte Atmung aufgewiesen und hätten die Flügel ausgebreitet gehabt. Die Tiere hätten sich aufgrund der Boxenhöhe nicht aufrichten können. Ein Tier sei verendet aufgefunden worden.

4Der Sachverhalt würde sich aus den glaubwürdigen Angaben des Meldungslegers in Zusammenhalt mit den bei der Beförderung vorgelegten Dokumenten ergeben. Hierbei stehe nicht mit ausreichender Sicherheit fest, ob das durch den Meldungsleger ermittelte Zuladegewicht nur das Gewicht des Geflügels oder auch das Gewicht der Boxen mitumfasst habe. Daher sei der Spruch des Straferkenntnisses dahingehend zu korrigieren gewesen. Das Verwaltungsgericht ermittelte aufgrund der vorgelegten Lieferprotokolle ein Gewicht der Lebendtiere von 20.439 kg bei der verfahrensgegenständlichen Fahrt. Diese Gewichtsermittlung stehe auch mit dem vom Revisionswerber vorgebrachten Durchschnittsgewicht eines Truthahnes mit 20,57 kg im Einklang.

5In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, dass sich aus den Angaben des Zeugen, den Lichtbildern und den Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ergebe, dass den Truthähnen durch den gegenständlichen Transport dadurch unnötige Leiden zugefügt worden seien, dass eine zu große Zahl auf zu kleinem Raum - nämlich zu kleiner Fläche und zu geringer Höhe - transportiert worden seien. Es hätten extreme Witterungsbedingungen (28 Grad Celsius) geherrscht und deshalb hätte die Mindestbodenfläche von 105 cm²/kg Geflügel überschritten werden müssen. Indem aufgrund des als erwiesen anzusehenden Gewichtes der Truthähne von 20.439 kg nicht einmal die Mindestbodenfläche von 2.146.095 cm², sondern lediglich 2.044.800 cm² zu Verfügung gestanden seien, welche Mindestbodenfläche aufgrund der hohen Außentemperatur entsprechend der Sachverständigenbeurteilung sogar noch zu gering gewesen wäre, sei der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen jedenfalls erfüllt. Die Tiere hätten entsprechend der Sachverständigenbeurteilung durch die geringe zur Verfügung stehende Standhöhe nicht die Möglichkeit gehabt, einigermaßen ihre Flügel auszubreiten und dadurch für Abkühlung zu sorgen. Dies habe dazu geführt, dass die Tiere eine vermehrte Atmung über Stunden hinweg gehabt hätten, was jedenfalls zu Leiden durch eine starke Verminderung des Wohlbefindens der Tiere über längere Zeit geführt habe. Den sachverständigen Ausführungen des Amtstierarztes, dass die Mindestbodenfläche von 105 cm² je kg Geflügel aufgrund der Witterungsbedingungen nicht ausreichend gewesen sei und den Tieren durch den gegenständlichen Transport unnötige Leiden zugefügt worden seien, sei nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten worden. Das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach sich sein Dienstgeber bei den verwendeten Transportcontainern an der deutschen Tierschutztransportverordnung oientiere, welche bei einem Lebendgewicht von über 15 kg Tier eine Fläche von 105 cm² pro kg und eine Mindesthöhe des Transportbehältnisses von 40 cm vorsehe, weshalb die verwendeten Transportcontainer verordnungskonform seien, werde übersehen, dass nach den hier zur Anwendung gelangenden Rechtsvorschriften eine Mindestbodenfläche von 105 cm² je kg Geflügel, wobei bei der Ladedichte unter bestimmten Umständen (Gewicht und Größe der Tiere, körperliche Verfassung, Witterungsbedingungen, voraussichtliche Beförderungsdauer) Abweichungen möglich seien und eine ausreichende Standhöhe erforderlich sei. Die vorliegende Standhöhe von 40 cm sei nicht ausreichend gewesen, weil sich aus den Lichtbildern und aus den sachverständigen Ausführungen ergebe, dass die Tiere nicht in der Lage gewesen seien sich aufzurichten und sich durch Ausbreiten der Flügel Kühlung zu verschaffen. Die „Spruchkonkretisierung“ zu Übertretungspunkt 2. habe deshalb erfolgen können, weil lediglich eine Einschränkung des Tatvorwurfs durch Verminderung des Gewichts der transportierten Truthähne erfolgt sei.

6Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit , ablehnte und sie über nachträglichen Antrag des Revisionswerbers gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abtrat ().

7Daraufhin erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision.

8Die Bezirkshauptmannschaft erstattete keine Revisionsbeantwortung.

9Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10Die Revision erweist sich als teilweise zulässig und begründet.

11Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. ).

12Soweit sich die Revision gegen die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, ist auszuführen:

13Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

15Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16Der Revisionswerber sieht in Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses einen Verstoß gegen § 44a Z 1 VStG und damit eine Abweichung von näher dargelegter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf ; ; ;  bis 0191, und , RS2). Zur Umschreibung des Tatvorwurfs genüge es nicht die verba legalia zu verwenden und sie müsse so präzise sein, dass der Beschuldigte einerseits seine Verteidigungsrechte wahren könne und er andererseits nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt sei. Er vermisse die Angabe, durch welche konkrete Handlungsweise er gegen § 21 Abs. 1 Z 1 TGG verstoßen hätte.

17Nach § 44a Z 1 VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (§ 44a Z 2 VStG), in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird (vgl. , mwN).

18Nach der ständigen hg. Judikatur zu § 44a Z 1 VStG hat die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist; sie darf keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden ist. Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat haben nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt werden. Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hat sich am jeweils in Betracht kommenden Tatbild zu orientieren (vgl. , mwN). Das an die Tatumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen ein verschiedenes, weil an den dargestellten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes, Erfordernis sein (vgl. , mwN).

19Dass im vorliegenden Fall das Verwaltungsgericht den Spruchpunkt 1. des bekämpften Straferkenntnisses - wie die Revision es vermeint - noch näher hätte konkretisieren müssen, ist nicht ersichtlich. Die Tatbestandsmerkmale des § 21 Abs. 1 Z 1 TTG sind dort konkret und ausreichend umschrieben worden. Der Revisionswerber sei Lenker eines Kraftfahrzeugs mit 1.000 Puten gewesen (Tatbestandsmerkmal der Tierbeförderung) und habe aufgrund der Witterungsbedingungen (Außentemperatur 28 Grad Celsius, die Tiere hechelten nach Luft und eine Pute war bereits verendet) den Tieren unnötige Leiden (zweites Tatbestandsmerkmal) zugefügt. Es ist nicht erkennbar, dass der Revisionswerber im Verfahren hinsichtlich des ihm vorgeworfenen Verhaltens im Unklaren gewesen wäre oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre. Die Revision zeigt auch nicht - bezogen auf den konkreten Sachverhalt - auf, inwiefern das hier angefochtene Erkenntnis von der zur Zulässigkeit zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweiche. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird damit nicht dargetan.

20Auch sieht der Revisionswerber einen Verstoß gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 und Z 3 VStG, weil die Fundstelle der angewendeten Übertretungs- sowie der Strafnorm nicht angegeben worden sei und es daher verabsäumt worden sei, die Fundstelle zu individualisieren, zumal das TTG bereits mehrfach novelliert worden sei.

21Diesem Vorbringen steht entgegen, dass zwar das Tiertransportgesetz 2007, BGBl. I. Nr. 54/2007, seit seinem Inkrafttreten einmal mit BGBl. I Nr. 37/2018, geändert wurde. Davon betroffen waren allerdings lediglich das Inhaltsverzeichnis, § 22a TTG mit einer datenschutzrechtlichen Ergänzung und die dazu erlassene Inkrafttretensbestimmung des § 24 Abs. 9 TTG, nicht hingegen die im Spruch des Straferkenntnisses genannten Übertretungs- und Strafsanktionsnormen.

22Grundgedanke der hg. Rechtsprechung zu § 44a Z 2 VStG ist es, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift so präzise zu sein hat, dass in Verbindung mit der Tatumschreibung nach § 44a Z 1 VStG eine eindeutige Zuordnung der vorgeworfenen Tat zu einem bestimmten Straftatbestand möglich ist (vgl. , mwN). Entsprechendes gilt auch für die Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung nach § 44a Z 3 VStG, zumal darunter jene Strafsanktionsnorm (Strafnorm) zu verstehen ist, welche die Strafdrohung enthält, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung findet und derart bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. , mwN).

23Dem Revisionswerber ist insofern zuzustimmen, als die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift in einem Straferkenntnis präzise unter Angabe der Fundstelle jener Novelle zu erfolgen hat, durch welche die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhielt (vgl. , und , jeweils mwN). Da jedoch die in der Revision angegebene Novelle des TTG, BGBl. I Nr. 37/2018, weder die im Spruch des Straferkenntnisses genannte Übertretungs- noch die dort angegebene Strafsanktionsnormen betraf, war deren Nennung nicht erforderlich und wird kein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgezeigt.

24Die Revision sieht weiters die Zulässigkeit darin begründet, dass das Verwaltungsgericht eine unzulässige Doppelbestrafung vorgenommen habe, weil es zwei Strafen wegen ein und desselben Verhaltens mit identem Unrechtsgehalt verhängt habe (Hinweis auf ). Der Vorwurf zu Spruchpunkt 2., Transportboxen mit zu geringer Bodenfläche und Höhe zu verwenden, sei gänzlich vom Unrechtsgehalt der zu Spruchpunkt 1. angelasteten Verwaltungsübertretung, den Tieren unnötiges Leid zuzufügen, mitumfasst.

25Eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppel- und Mehrfachbestrafung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 7. ZPMRK liegt dann vor, wenn eine Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war und dabei der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt des Täterverhaltens vollständig erschöpft. Ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt in dieser Konstellation, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst. Strafverfolgungen bzw. Bestrafungen wegen mehrerer Delikte, deren Straftatbestände einander wegen Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn dadurch ein und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird (vgl. , mwN).

26Die hier erfolgte Tatanlastung zu Spruchpunkt 1. erfolgte wegen der Witterungsbedingungen (28 Grad Celsius) und der damit den Tieren zugefügten unnötigen Leiden, während dem Revisionswerber zu Spruchpunkt 2. die den Tieren zur Verfügung stehende unzureichende Bodenfläche und im Ergebnis die damit im Zusammenhang stehende Überschreitung des Zuladegewichtes vorgeworfen wurde. Dass die zu geringe Mindestbodenfläche den Tieren unnötige Leiden zugefügt hätte, wurde dem Revisionswerber zu Spruchpunkt 2. nicht zur Last gelegt. Daher liegt keine unzulässige Doppelbestrafung vor.

27Darüber hinaus wird unter Berufung auf , eine unzulässige Doppelbestrafung zu Spruchpunkt 2. vorgebracht, weil dem Revisionswerber wegen des Transports einerseits eine zu hohe Zuladung und andererseits eine Unterschreitung der Mindestbodenfläche vorgeworfen werde.

28Dem steht entgegen, dass über den Revisionswerber zu Spruchpunkt 2. ohnedies nicht zwei Strafen verhängt wurden und Kapitel VII des Anhangs I der VO (EG) Nr. 1/2005 die Mindestbodenfläche für Geflügel - ausgenommen Eintagsküken - in cm² je kg der Tiere angibt, sodass im Fall eines Verstoßes gegen diese Regelung naturgemäß einerseits eine zu hohe Zuladung und andererseits eine Unterschreitung der Mindestbodenfläche vorliegen. Das Verwaltungsgericht wich sohin nicht von dem dazu bereits zitierten hg. Erkenntnis vom ab, dem im Übrigen ein insofern nicht vergleichbarer Sachverhalt der schweren Körperverletzung und des Lenkens eines Kraftfahrzeugs in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu Grunde lag.

29Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers hat das Verwaltungsgericht auch nicht gegen das Kumulationsprinzip verstoßen. Der Revisionswerber behauptet in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf  und 0104, das Verwaltungsgericht hätte zu Spruchpunkt 2. statt der verhängten Gesamtstrafe zwei Einzelstrafen verhängen müssen, weil ihm neben der zu kleinen Bodenfläche auch eine zu geringe Standhöhe für die beförderten Tiere zur Last gelegt werde.

30Der Tatbestand des § 21 Abs. 1 Z 4 TTG stellt auf die Benützung eines nicht den Anforderungen des Art. 3 lit. g der VO (EG) Nr. 1/2005 entsprechenden Transportmittels ab. Demnach kommt es nicht auf die Anzahl der Abweichungen von den Anforderungen an die Größe des Transportmittels an und es waren - entgegen der in der Revision vertretenen Meinung - auch nicht zwei Einzelstrafen für die zu kleine Bodenfläche und die zu geringe Standhöhe zu verhängen.

31Auch das Zulässigkeitsvorbringen zur behaupteten unzulässigen Änderung des Tatvorwurfes sowie der in dem Zusammenhang auch eingetretenen Verfolgungsverjährung zeigt keine Abweichung von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf.

32Nach der hg. Rechtsprechung ist eine Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung (Angabe der verletzten Verwaltungsbestimmung und angewendeten Strafnorm) zulässig, wenn es nicht zu einem „Austausch der Tat“ durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts kommt (vgl.  mwN; vgl. auch ).

33Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen, weil gegenständlich dieselbe Tat vorliegt und die Strafbestimmung - wie bereits oben in Rn 28 ausgeführt - durch Anknüpfen an die erforderlichen cm² je kg Tiergewicht sowohl das Unterschreiten der Bodenfläche als auch die Überladung erfasst.

34Die Revision stellt weiters in Frage, ob der Revisionswerber als Lenker überhaupt Normadressat des § 21 TTG sein könne. Hierzu ist Folgendes auszuführen:

35Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer dieser maßgeblichen Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ergangen wäre (vgl. ).

36Die gegenständlich relevanten Bestimmungen des § 21 Tiertransportgesetz 2007 (TTG 2007), BGBl. I. Nr 54/2007, lauten wie folgt:

„(1) Wer

1.eine Tierbeförderung durchführt, veranlasst oder organisiert, obwohl dem Tier dadurch Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden oder

...

4.entgegen Art. 3 lit. c, d oder g der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 zum Transport von Tieren Transportmittel, Ver- und Entladevorrichtungen benützt, die nicht den dort genannten Anforderungen entsprechen oder

...“

37Aus § 21 TTG ist klar ableitbar, dass die Verantwortung für das Wohlergehen der Tiere sämtlichen Personen, die am Transportgeschehen, einschließlich Be- und Entladevorgänge, beteiligt sind, unterliegt. All diese Personen müssen während der Vorgänge, für die sie zuständig sind, auf die Einhaltung der Rechtsvorschriften achten.

38§ 21 Abs. 1 Z 1 TTG bezieht sich nur darauf, in welcher Funktion jemand am Transport beteiligt ist. Der Lenker eines LKW ist am Transport beteiligt, indem der nach der Z 1 leg. cit. eine „Tierbeförderung durchführt“. Dasselbe gilt für § 21 Abs. 1 Z 4 TTG, weil der Lenker die Transportmittel zum Transport von Tieren benützt. Der Lenker ist daher vom Wortlaut der genannten Vorschrift erfasst. Hinzu kommt, dass sich Z. 4 leg. cit. auf Art. 3 lit. g VO (EG) Nr. 1/2005 bezieht. Diese unionsrechtliche Bestimmung sieht vor, dass die Tiere entsprechend ihrer Größe und der geplanten Beförderung über ausreichend Bodenfläche und Standhöhe verfügen müssen. Hierbei wird ebenso auf die Beförderung abgestellt, welche vom Lenker durchgeführt werden kann. Insofern sprechen auch Art. 6 Abs. 5 und 30 Abs. 4 der zitierten Verordnung vom Fahrer, und Art. 26 Abs. 5 leg. cit. sogar ausdrücklich davon, dass der Fahrer gegen die Vorschriften dieser Verordnung verstößt. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass das zur innerstaatlichen Durchsetzung dieser Verordnung geschaffene TTG (vgl. ErläutRV 142 BlgNR 23. GP 3) den Lenker eines LKW nicht als Normadressaten ansehe, obwohl er klar vom Wortlaut des § 21 TTG erfasst ist.

39Die Begründung des Revisionswerbers, wonach sich § 21 TTG nur auf den Transportunternehmer beziehe, vermag daher nicht zu überzeugen und keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu begründen.

40Zur geltend gemachten Verletzung der Begründungspflicht ist auszuführen, dass bei Verfahrensmängeln in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss, der behauptete Verfahrensmangel also geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. , mwN.). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Zulässigkeitsbegründung nicht. Die bloße, nicht näher substantiierte Behauptung, das Verwaltungsgericht hätte bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels festgestellt, dass den Revisionswerber kein Verschulden treffe, dass sich das TTG nicht an den Lenker wende, dass die Höhe der Transportboxen ausreiche und dass eine unzulässige Inländerdiskriminierung vorliege, betrifft reine Rechtsfragen, ohne dass aufgezeigt wird, welchen konkreten Sachverhalt das Verwaltungsgericht zu deren Beantwortung festzustellen gehabt hätte.

41In der Revision werden zu den Spruchpunkten 1. und 2. des angefochtenen Erkenntnisses keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher insoweit zurückzuweisen.

42Soweit sich die Revision gegen Spruchpunkt 3. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, ist auszuführen:

43Hinsichtlich des vorgeschriebenen Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens bringt der Revisionswerber vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach ihm dieser nicht oder nur in der Höhe von € 100,-- vorzuschreiben gewesen wäre, weil das Verwaltungsgericht den Tatvorwurf durch Verminderung des angelasteten Gewichts von 26.470 kg auf 20.439 kg erheblich eingeschränkt habe (Hinweis auf und ).

44Nach der ständigen hg. Judikatur ist es unzulässig, dem Beschuldigten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wenn das Verwaltungsgericht eine Änderung zu dessen Gunsten (§ 52 Abs. 8 VwGVG) vorgenommen hat (vgl. , mwN).

45Das Verwaltungsgericht nahm keine bloße Klarstellung des im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses genannten Zuladegewichts von 26.470 kg dahingehend vor, dass darin - worauf die Beweiswürdigung im angefochtenen Erkenntnis hindeuten könnte (ES 6) - das Gewicht der Transportboxen enthalten wäre, sondern es begründete die „Spruchkonkretisierung“ ausdrücklich mit der Verminderung des Gewichts der transportierten Truthähne (ES 11). Damit schränkte es aber den im Straferkenntnis angenommenen strafbaren Tatbestand ein, indem es die angelastete Überladung herabsetzte und sohin den Unrechtsgehalt zu Gunsten des Revisionswerbers verringerte. Dem Verwaltungsgericht war es daher versagt, dem Revisionswerber den Ersatz der Kosten des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich des in Rede stehenden Spruchpunktes 2. aufzuerlegen. Das trifft jedoch nicht auf die Kosten des Beschwerdeverfahrens betreffend Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses zu, weil der Erfolg einer Beschwerde hinsichtlich einer von mehreren in einem Straferkenntnis geahndeten Verwaltungsübertretungen nicht zur Anwendung des § 52 Abs. 8 VwGVG auch hinsichtlich der übrigen Verwaltungsübertretungen führt (vgl. , mwN). Es belastete insoweit das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

46Dies eröffnet es dem Verwaltungsgerichtshof, gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst zu entscheiden und die Zahlungspflicht des Revisionswerbers auf den Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens betreffend Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses zu beschränken.

47Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020020268.L00

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