VwGH vom 06.07.2011, 2011/08/0106

VwGH vom 06.07.2011, 2011/08/0106

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des F G in Wien, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 40 - SR 2696/11, betreffend Zustimmung zur Übertragung "und Verpfändung" eines Pensionsanspruches gemäß § 98 Abs. 2 ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Schreiben vom teilte Frau S der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt mit, sie habe dem Beschwerdeführer gemäß Schuldschein vom und Pfandbestellungsurkunde vom über den Zeitraum von 1990 bis 2008 einen Betrag von EUR 60.480,-- als Darlehen bar zugezählt und übergeben. Der Beschwerdeführer habe ihr zur Sicherstellung der Darlehensrückzahlung unter anderem seine Pensionsansprüche verpfändet; sie ersuche daher, das Pfandrecht zu berücksichtigen und Abzüge zu ihren Gunsten vorzunehmen.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Zustimmung zur Übertragung und Verpfändung der Pensionsansprüche gegenüber der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt in Bezug auf die pfändbaren Pensionsteile einschließlich der Sonderzahlungen zu Gunsten von Frau S gemäß § 98 Abs. 2 ASVG.

Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt wies diesen Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom ab.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Einspruch und wandte ein, Frau S sei seine Lebensgefährtin; die Übertragung bzw. Verpfändung sei jedenfalls in seinem Interesse oder in jenem seiner nahen Angehörigen. Sinn und Zweck der Verpfändung bzw. Übertragung sei nicht nur die Entlastung von der Darlehensverbindlichkeit, es bestehe darüber hinaus ein zivilrechtlicher Anspruch, welcher notfalls mit gerichtlicher Hilfe durchsetzbar sei. Dabei würden dem Beschwerdeführer erhebliche Gerichtskosten in Form von Prozess- und Exekutionskosten drohen, deren Vermeidung eine Verbesserung der Rechtsposition des Beschwerdeführers darstelle. Auch habe der Beschwerdeführer ein menschlich verständliches Interesse daran, dass die Lebensgefährtin mit ihrer Forderung vorrangig gegenüber sonstigen Gläubigern behandelt werde, weil sie dem Beschwerdeführer ihre sämtlichen Ersparnisse für einen wirtschaftlichen Neubeginn zur Verfügung gestellt habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch als unbegründet ab. Mit der Pfandbestellungsurkunde vom seien die Pensionsbezüge des Beschwerdeführers zur Sicherstellung der Darlehensrückzahlung ausdrücklich verpfändet worden; da § 98 Abs. 2 ASVG aber eine Übertragung von Pensionsansprüchen voraussetze, scheide eine Anwendung dieser Bestimmung schon deshalb aus. Eine Zustimmung zur Übertragung der Pensionsansprüche dürfe nur dann erteilt werden, wenn der Berechtigte oder dessen nahe Angehörige durch die Übertragung in den Genuss eines Vorteils gelangten, auf den sie sonst nicht Anspruch hätten. Soweit es um Pensionsansprüche gehe, bedürfe es eines konkreten, nicht anders erzielbaren Vorteils, um die Anspruchsübertragung zu rechtfertigen. Ein allfälliges Interesse daran, durch die Anspruchsübertragung der Exekutionsführung durch Dritte zuvorzukommen, sei nicht schutzwürdig. Der angestrebte Zweck der Schuldentilgung sei auch durch laufende Zahlungen aus den Pensionsleistungen ohne Anspruchsabtretung erreichbar. Insgesamt lägen keine schutzwürdigen objektivierten Interessen iSd § 98 Abs. 2 ASVG vor.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 98 ASVG lautet:

"(1) Die Ansprüche auf Geldleistungen nach diesem Bundesgesetz können unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3 rechtswirksam nur in folgenden Fällen übertragen oder verpfändet werden:

1. zur Deckung von Vorschüssen, die dem Anspruchsberechtigten von Sozialversicherungsträgern, vom Dienstgeber oder von einem Träger der Sozialhilfe auf Rechnung der Versicherungsleistung nach deren Anfall, jedoch vor deren Flüssigmachung gewährt wurden;

2. zur Deckung von gesetzlichen Unterhaltsansprüchen gegen den Anspruchsberechtigten mit der Maßgabe, daß § 291b EO sinngemäß anzuwenden ist.

(2) Der Anspruchsberechtigte kann mit Zustimmung des Versicherungsträgers seine Ansprüche auf Geldleistungen auch in anderen als den im Abs. 1 angeführten Fällen ganz oder teilweise rechtswirksam übertragen; der Versicherungsträger darf die Zustimmung nur erteilen, wenn die Übertragung im Interesse des Anspruchsberechtigten oder seiner nahen Angehörigen gelegen ist.

(3) Die nicht auf Geldleistungen gerichteten Ansprüche sowie die Anwartschaften nach diesem Bundesgesetz können weder übertragen noch verpfändet werden. Der Teilersatz der Bestattungskosten (§ 173 Z 2 lit. a) kann nur in den in Abs. 1 Z 1 angeführten Fällen übertragen oder verpfändet werden."

Der Beschwerdeführer wendet - wie bereits im Verwaltungsverfahren - ein, Frau S sei seine Lebensgefährtin. Sinn und Zweck der "Verpfändung bzw. Übertragung" sei nicht nur die Entlastung der Darlehensverbindlichkeit; es bestehe darüber hinaus auch ein zivilrechtlich durchsetzbarer Rechtsanspruch, sodass die Verpfändung bzw. Übertragung im Interesse des Anspruchsberechtigten sei, da dieser Anspruch notfalls mit gerichtlicher Hilfe durchsetzbar sei. Bei Inanspruchnahme der gerichtlichen Hilfe würden dem Beschwerdeführer erhebliche Gerichtskosten drohen, deren Vermeidung jedenfalls eine Verbesserung der Rechtsposition des Anspruchsberechtigten sei. Der Beschwerdeführer habe auch ein billigenswertes Interesse daran, dass seine Lebensgefährtin mit ihrer Forderung vorrangig gegenüber sonstigen Gläubigern behandelt werde, weil sie dem Beschwerdeführer ihre sämtlichen Ersparnisse für einen wirtschaftlichen Neubeginn zur Verfügung gestellt habe.

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass sich § 98 Abs. 2 ASVG ausschließlich auf die Übertragung von Geldleistungsansprüchen bezieht, welcher ausnahmsweise auch in anderen als in den in Abs. 1 geregelten Fällen zugestimmt werden kann. Für die Verpfändung ist diese Möglichkeit nicht vorgesehen (vgl. - zur gleich lautenden Bestimmung des § 65 Abs. 2 GSVG - das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0012).

Einer Übertragung von Geldleistungsansprüchen kann nur dann zugestimmt werden, wenn die Übertragung im Interesse des Anspruchsberechtigten oder seiner nahen Angehörigen gelegen ist. Dieses erforderliche Interesse kann begrifflich nicht mit jenem Interesse ident sein, das der Zedent als Vertragspartner des Zessionars an der Rechtswirksamkeit des privatautonom zustande gekommenen Vertragsinhaltes hat, sondern setzt ein objektiviertes, von der Behörde festzustellendes Interesse voraus, das in einer Verbesserung der rechtlichen Situation des Geldleistungsberechtigten gelegen ist und ihn keinem Risiko dabei aussetzt, dass ihm der wirtschaftliche Gegenwert der Versicherungsleistung tatsächlich zufließt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/08/0111, mwN).

Das in der Abwehr seiner Privatgläubiger gelegene Interesse des Beschwerdeführers (Interesse daran, dass seine Lebensgefährtin mit ihrer Forderung vorrangig gegenüber sonstigen Gläubigern behandelt werde) an der Zustimmung zur Zession stellt kein schutzwürdiges Interesse nach § 98 Abs. 2 ASVG dar (vgl. das - ebenfalls eine Abtretung an eine Lebensgefährtin, welche ihre Ersparnisse dem Beschwerdeführer für einen wirtschaftlichen Neubeginn zur Verfügung gestellt habe und ein menschlich verständliches Interesse daran habe, mit ihren Forderungen vorrangig zum Zug zu kommen, betreffende - Erkenntnis vom , Zl. 93/08/0124).

Aus der Entlastung von der Darlehensverbindlichkeit an sich ist ein Interesse iSd § 98 Abs. 2 ASVG nicht abzuleiten, da der Beschwerdeführer auf die Darlehensverbindlichkeit freiwillige Zahlungen aus der ihm zufließenden Pension leisten kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/08/0031, mwN). Der Umstand, dass mit der Zession Prozess- und Exekutionskosten (samt den damit verbundenen Unannehmlichkeiten) vermieden werden, betrifft lediglich das unbeachtliche Motiv des Leistungsbeziehers für die Forderungsabtretung. Die Schuldentilgung im Wege der Anspruchsabtretung stellt für den Anspruchsberechtigten - gegenüber der laufenden Zahlung aus den Pensionsleistungen - wegen der der Abtretung immanenten Einschränkung der Verfügungsmacht über Teile der Pensionsbezüge eher eine Verschlechterung der rechtlichen Lage dar. In der bloßen Entlastung von einer offenen Darlehensverbindlichkeit kann überdies auch kein Zufließen des wirtschaftlichen Gegenwertes der Versicherungsleistung erblickt werden (vgl. erneut das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/08/0111, mwN).

Als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer die Unterlassung der Einvernahme einer Zeugin (Frau S) und des Beschwerdeführers, einen Verstoß gegen den Grundsatz der materiellen Wahrheitsfindung und die Unterlassung der amtswegigen Sachverhaltsermittlung. Hiezu macht der Beschwerdeführer geltend, bei Aufnahme der (beantragten oder amtswegig aufzunehmenden) Beweise wäre die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen, dass die Zeugin ihre sämtlichen Ersparnisse dem Beschwerdeführer für einen wirtschaftlichen Neubeginn zur Verfügung gestellt habe, dass sie damit ein menschlich verständliches Interesse habe, sie die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers sei, und ein zivilrechtlich durchsetzbarer Anspruch gegenüber dem Beschwerdeführer bestehe, der im Falle einer gerichtlichen Inanspruchnahme Kosten verursache. Da es für die rechtliche Beurteilung auf dieses Vorbringen - wie bereits dargelegt - nicht ankommt, wird damit ein Verfahrensfehler nicht dargetan.

Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, der angefochtene Bescheid sei nicht ausreichend begründet. Ein relevanter Verfahrensmangel kann damit aber nicht aufgezeigt werden, da bereits aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers der geltend gemachte Anspruch nicht ableitbar ist.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am