VwGH vom 27.04.2006, 2006/17/0008
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der GN in K, vertreten durch Mag. Herbert Nigl, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 15, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-290/001-2005, betreffend Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Senftenberg, Neuer Markt 1, 3541 Senftenberg), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vom Verfassungsgerichtshof abgetretenen und über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde sowie der mit der Beschwerde vorgelegten Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit Bescheid vom erklärte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde das im Eigentum der Beschwerdeführerin stehende Grundstück Nr. 319, KG P, antragsgemäß zum Bauplatz. Mit Abgabenbescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde der Beschwerdeführerin gemäß § 38 Abs. 1 Z 2 NÖ BauO 1996 eine Aufschließungsabgabe in der Höhe von EUR 17.436,-- vor. Der Berechnung lag eine Berechnungslänge von 43,59 m als Quadratwurzel eines mit dem Bauplatz flächengleichen Quadrates im Ausmaß von
1.900 m2, der Bauklassenkoeffizient von 1,25 und der vom Gemeinderat verordnete Einheitssatz von EUR 320,-- zu Grunde.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und begründete diese damit, dass der Bauplatz zwar 1.900 m2 groß sei, die bebaubare Fläche aber im Hinblick auf eine vordere und eine hintere Baufluchtlinie auf ca. 736 m2 reduziert würde. Unter Anwendung des § 38 Abs. 1 Z 2 NÖ BauO 1996 sei daher nur ein Betrag von EUR 10.852,-- vorzuschreiben gewesen. Nach Abweisung der Berufung und Einbringung einer Vorstellung durch die Beschwerdeführerin erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen wird (Spruchteil I) sowie eine Vorstellung gegen die Abweisung des Antrages auf zinsenfreie Stundung der Einhebung des Betrages von EUR 6.584,-- wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges als unzulässig zurückgewiesen wird (Spruchteil II).
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Inhalts des § 38 Abs. 1 und des § 11 NÖ BauO 1996 aus, dass die genannten Bestimmungen ausschließlich von "Grundstücken" sprächen. Sie stellten nicht auf eine verbaubare Fläche ab, sondern bezögen sich auf das gesamte Baugrundstück als Einheit. Teile von Grundstücken seien nur in den Fällen des § 11 Abs. 4 und Abs. 6 NÖ BauO 1996 angesprochen. Schon der Wortlaut der Bestimmungen stelle somit klar, dass bei der Bauplatzerklärung und in der Folge bei der Vorschreibung der Abgabe immer die gesamte Baulandfläche eines Grundstückes einzubeziehen sei. Ausgenommen die Anrechnung von bereits früher erbrachten Eigenleistungen in § 38 Abs. 7 NÖ BauO 1996 sehe die Bauordnung keine Verringerung einer vorzuschreibenden Abgabe auf Grund von Einschränkungen der tatsächlichen Bebaubarkeit eines Grundstücks durch Festlegungen im Bebauungsplan (wie z.B. Baufluchtlinien, Bebauungsdichten, Freiflächen) oder anderen gesetzlichen Abstandsbestimmungen vor. Setze man die mit Ausnahme der Berechnungslänge unbestrittenen Berechnungsfaktoren in die Formel des § 38 Abs. 3 NÖ BauO 1996 ein, so zeige sich, dass der vorgeschriebene Abgabenbetrag rechnerisch richtig ermittelt worden sei.
Zur Zurückweisung der Vorstellung betreffend die Abweisung des Antrags auf zinsenfreie Stundung des Betrages von EUR 6.584,-- wird ausgeführt, dass in diesem Zusammenhang der Instanzenzug nicht erschöpft sei, sodass die Vorstellung zurückzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und im Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art. 5 Staatsgrundgesetz und Art. 1 des ersten Zusatzprotokolles zur MRK geltend gemacht wurde.
Mit Beschluss vom , B 3151/05-4, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde setzt sich die Beschwerdeführerin eingehend mit den Hinweisen des Verfassungsgerichtshofes in der Begründung der Ablehnung der Behandlung der Beschwerde auseinander. Unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kommt die Beschwerdeführerin zum Schluss, dass bei der Festsetzung von Interessentenbeiträgen auf das Sachlichkeitsgebot Bedacht zu nehmen sei. Es sei unsachlich, den Eigentümer eines Grundstückes zu einer Aufschließungsabgabe in einem zu mehr als 50 % überhöhten Ausmaß der bebaubaren Fläche zu verpflichten. Ihr Bauplatz sei nicht 1.900 m2, sondern de facto nur 736 m2. Durch die Festsetzung des Einheitssatzes mit EUR 320,-- sei dem Interesse der Behörde Genüge getan. Die Ansicht der belangten Behörde würde bedeuten, dass die Abgabe völlig losgelöst von einer etwaigen Bebaubarkeit festgesetzt werden könnte, was einer Willkür gleichkäme, die dem Gesetz nicht zu unterstellen sei. Der Terminus "Bauplatz" setze schon begrifflich die Bebaubarkeit voraus. Richtigerweise hätte daher die Aufschließungsabgabe in der von der Beschwerdeführerin beantragten Höhe festgesetzt werden müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die vorliegende Beschwerde enthält keine Einschränkung dahingehend, dass nur Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides bekämpft werde.
Beschwerdeausführungen enthält die Beschwerde jedoch lediglich hinsichtlich der Vorschreibung der Aufschließungsabgabe, also im Hinblick auf Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides.
Zu diesen Ausführungen ist darauf hinzuweisen, dass sich das Vorbringen gegen die Sachlichkeit der Berechnung der Abgabenhöhe gemäß § 38 NÖ BauO 1996 überwiegend neuerlich gegen die Verfassungsmäßigkeit der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden gesetzlichen Bestimmung wendet. Soweit in diesem Vorbringen der Vorwurf der verfehlten Anwendung des § 38 NÖ BauO 1996 erblickt werden kann, weil dieser allenfalls verfassungskonform (einschränkend) zu interpretieren gewesen wäre, ist zunächst auf den eindeutigen Wortlaut des § 38 Abs. 1 NÖ BauO 1996 zu verweisen, der - wie die belangte Behörde zutreffend dargestellt hat - im Zusammenhalt mit den übrigen Bestimmungen der Bauordnung (vgl. insbesondere § 11 Abs. 1 NÖ BauO 1996) dahin gehend zu verstehen ist, dass die Abgabe für das zum Bauplatz erklärte Grundstück oder den zum Bauplatz erklärten Grundstücksteil vorzuschreiben ist. Dementsprechend beziehen sich auch die Berechnungsvorschriften des § 38 Abs. 3 und 4 NÖ BauO 1996 auf das zum Bauplatz erklärte Grundstück oder den zum Bauplatz erklärten Grundstücksteil. Die von der Beschwerdeführerin geforderte - allenfalls im Wege einer verfassungskonformen Interpretation zu erzielende - Berücksichtigung bau- oder raumordnungsrechtlicher Beschränkungen der Bebaubarkeit ist angesichts der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss geäußerten Rechtsauffassung auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten.
Anhaltspunkte dafür, dass den Gemeindebehörden bei der Berechnung der Abgabe ein Fehler unterlaufen sei oder dass die Berechnung der Abgabe mit dem Gesetz sonst nicht im Einklang stünde, werden in der Beschwerde nicht gegeben.
Es sind auch für den Verwaltungsgerichtshof keine Gründe ersichtlich, aus welchen der angefochtene Bescheid im Hinblick auf die Bestätigung der Abgabenvorschreibung gemäß § 38 NÖ BauO 1996 rechtswidrig sein sollte.
Da die Beschwerde keine Ausführungen hinsichtlich des Spruchpunktes II (Zurückweisung der Vorstellung betreffend den Antrag auf Stundung wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges) enthält und auch in diesem Zusammenhang der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen vermag, erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am