VwGH vom 14.03.2013, 2011/08/0103
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der SP in Wien, vertreten durch Dr. Christoph Neuhuber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 14/2/9, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2010-0566-9-004035, betreffend Zuerkennung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin Notstandshilfe (erst) ab dem zuerkannt, weil sie sich nach Beendigung ihres Krankenstandes erst an diesem Tage wieder bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien (AMS) gemeldet habe.
Die Beschwerdeführerin beziehe seit mit Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes vom sei Dr. B. zur einstweiligen Sachwalterin bestellt worden. Die Beschwerdeführerin habe vom 25. September bis zum Krankengeld bezogen. Sie sei ab dem vom Bezug der Notstandshilfe abgemeldet worden und habe sich erst am persönlich zurückgemeldet.
Werde der Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung unterbrochen oder ruhe der Anspruch, wobei dem AMS das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt ist, so ist der Anspruch auf das Arbeitslosengeld oder auf den Fortbezug neuerlich persönlich geltend zu machen. Dem AMS sei die Dauer des Krankenstandes im Vorhinein nicht bekannt gewesen. Der Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum habe 62 Tage nicht überstiegen. Für die Geltendmachung genüge daher die persönliche Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Erfolge die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach dem Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes, so gebühre das Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung. Eine rückwirkende Geltendmachung sei nicht möglich. Lediglich für den Fall, dass die verspätete Geltendmachung eines Anspruchs auf ein Verschulden des AMS zurückzuführen sei, könne die Leistung ab einem früheren Zeitraum als dem tatsächlichen Geltendmachungszeitpunkt zuerkannt werden. Ein derartiges Verschulden des AMS liege nicht vor.
Es wäre Aufgabe der Sachwalterin der Beschwerdeführerin gewesen, spätestens am neuerlich persönlich beim AMS den Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für die Beschwerdeführerin geltend zu machen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Gemäß § 16 Abs. 1 lit. a AlVG ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld u.a. während des Bezuges von Krankengeld. Ruht der Anspruch oder ist der Bezug des Arbeitslosengeldes unterbrochen, so gebührt gemäß § 17 Abs. 1 letzter Satz AlVG das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Wiedermeldung oder neuerlichen Geltendmachung nach Maßgabe des § 46 Abs. 5 AlVG.
§ 46 AlVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 lautet (auszugsweise):
"(5) Wird der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen oder ruht der Anspruch (§ 16), wobei der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt ist, so ist der Anspruch auf das Arbeitslosengeld oder auf den Fortbezug neuerlich persönlich geltend zu machen. Wenn der Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, so genügt für die Geltendmachung die persönliche Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Die regionale Geschäftsstelle kann die arbeitslose Person vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache entbinden, wenn kein Zweifel an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung besteht und keine persönliche Abklärung zur Wahrung oder Verbesserung der Vermittlungschancen erforderlich ist. Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes, so gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung.
(…)
(7) Ist der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein bekannt und überschreitet die Unterbrechung oder das Ruhen den Zeitraum von 62 Tagen nicht, so ist von der regionalen Geschäftsstelle ohne gesonderte Geltendmachung und ohne Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden. Die arbeitslose Person ist in diesem Fall im Sinne des § 50 Abs. 1 verpflichtet, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis oder sonstige maßgebende Änderungen, die im Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum eintreten, der regionalen Geschäftsstelle zu melden. In allen übrigen Fällen ist der Anspruch neuerlich persönlich geltend zu machen."
Auf das Verfahren in Angelegenheiten der Notstandshilfe sind diese Bestimmungen mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes die Notstandshilfe tritt (§ 58 AlVG).
Die Beschwerde bringt vor, für die Beschwerdeführerin sei Dr. B. zur Sachwalterin bestellt und ihr gemäß § 268 Abs. 3 Z 2 ABGB die Besorgung der Vertretung vor Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern, die Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten sowie die Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen, aufgetragen worden. Die Beschwerdeführerin sei nicht in der Lage gewesen, die erforderliche Wiedermeldung nach Beendigung ihres Krankenstandes vorzunehmen. Die Sachwalterin habe vom Ende des Krankenstandes der Beschwerdeführerin keine Kenntnis erlangt, zumal das Schreiben der Wiener Gebietskrankenkasse vom mit der Mitteilung, dass der Krankenstand der Beschwerdeführerin mit beendet worden sei, der Beschwerdeführerin persönlich an deren Adresse zugestellt worden sei. Die Sachwalterin habe erst am durch persönliche Übergabe des genannten Schreibens der Wiener Gebietskrankenkasse durch die Beschwerdeführerin an die Sachwalterin vom Ende des Krankenstandes erfahren und habe sodann unverzüglich am die Wiedermeldung durchgeführt. Der Beschwerdeführerin "aus ihrer Erkrankung einen pekuniären Nachteil angedeihen zu lassen scheitert am Korrektiv der Zumutbarkeit. Eine schnellere Antragstellung war faktisch nicht möglich".
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener fristgerechter Antragstellungen vornimmt. Diese abschließende Normierung lässt es nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung nachträglich zu sanieren, zumal selbst in jenen Fällen, in denen ein Arbeitsloser auf Grund einer von einem Organ des Arbeitsmarktservice schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, dieser auf die Geltendmachung allerfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist und die Fiktion einer dem Gesetz entsprechenden Antragstellung keine gesetzliche Grundlage findet. Die formalisierte Antragstellung iSd § 46 AlVG, der eine abschließende Regelung enthält, schließt selbst eine Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Antragstellung aus (vgl. - auch zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieser Regelung - die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/08/0245, und vom , Zl. 2010/08/0234). Dieselben Überlegungen gelten auch für die neuerliche Geltendmachung bzw. die Wiedermeldung im Falle einer Unterbrechung oder des Ruhens des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gemäß § 46 Abs. 5 AlVG. Eine Regelungslücke, die durch analoge Anwendung einer anderen Bestimmung des AlVG zu schließen wäre, besteht nicht. Wird die im § 46 Abs. 5 AlVG festgelegte Wochenfrist für die Wiedermeldung versäumt, gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung, ohne dass es auf die Gründe für die verspätete Wiedermeldung ankäme (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/08/0134, und vom , Zl. 2008/08/0138).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am