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VwGH vom 08.10.2020, Ra 2020/02/0178

VwGH vom 08.10.2020, Ra 2020/02/0178

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des M R in G, vertreten durch Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10 (4. OG), gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , VGW-002/053/935/2019-15, betreffend Übertretung des Wiener Wettengesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Das Verwaltungsgericht hat über den Revisionswerber wegen einer Übertretung nach dem Wiener Wettengesetz nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine Geldstrafe von € 3.300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sechs Tage und sieben Stunden) verhängt. Zudem sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, zu der die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

3Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4Als zulässig erachtet der Revisionswerber die Revision, weil das Verwaltungsgericht entgegen der Rechtsprechung (Verweis auf ) das Erkenntnis nach Schluss der Verhandlung nicht mündlich verkündet hat.

5Die Revision ist aus diesem Grunde zulässig und berechtigt.

6Nach § 47 Abs. 4 letzter Satz VwGVG sind in Verfahren in Verwaltungsstrafsachen nach dem Schluss der Verhandlung der Spruch des Erkenntnisses und seine wesentliche Begründung nach Möglichkeit sofort zu beschließen und zu verkünden.

7Die Verkündung der Entscheidung direkt nach der Verhandlung stellt den gesetzlichen, wenn auch in der Praxis nicht immer umsetzbaren, Regelfall dar. Ist eine anschließende Verkündung nicht möglich, etwa wegen der Komplexität der Sach- oder Rechtslage, hat die Entscheidung schriftlich zu ergehen. Bedarf die Fällung des Erkenntnisses (etwa die Beweiswürdigung) reiflicher Überlegung, so kann das Verwaltungsgericht von der sofortigen Verkündung Abstand nehmen, andernfalls belastet die rechtswidrige Unterlassung der Verkündung durch das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit ().

8Im Revisionsfall hat das Verwaltungsgericht weder in der mündlichen Verhandlung noch im schriftlichen Erkenntnis begründet, warum es ihm nicht möglich (gewesen) sei, das Erkenntnis nach Schluss der Verhandlung sofort zu beschließen und zu verkünden. Eine solche Begründung wäre - infolge ihrer Einzelfallbezogenheit - im Regelfall, wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze erfolgt, nicht revisibel. Im Revisionsfall ist auch nicht offensichtlich, dass die Verkündung des Spruches des Erkenntnisses und seiner wesentlichen Begründung nach dem Schluss der Verhandlung nicht möglich gewesen wäre (vgl. , mwN).

9Die Verpflichtung zur Verkündung hängt auch nicht - anders als die belangte Behörde in der Revisionsbeantwortung meint - davon ab, dass die Parteien des Verfahrens bei der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwesend sind (, mwN).

10Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht durch das unbegründete Unterlassen der Verkündung des Erkenntnisses nach Schluss der mündlichen Verhandlung in einer Verwaltungsstrafsache das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

11Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG Abstand genommen werden.

12Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020178.L00

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