VwGH vom 20.09.2011, 2009/01/0069

VwGH vom 20.09.2011, 2009/01/0069

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der M S S in W, vertreten durch Dr. Gerhard Koller, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Friedrich Schmidt-Platz 7, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung, vom , Zl. MA 35/IV - S 623/2006, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer iranischen Staatsangehörigen, vom auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit § 10 Abs. 5 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311, in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei verwitwet, sie lebe seit Juni 1998 rechtmäßig im Bundesgebiet und sei niedergelassen.

Der zu erreichende monatliche ASVG-Richtsatz betrage für das Jahr 2006 EUR 690,--, für 2007 EUR 726,-- und für 2008 EUR 772,40. Nachweise über regelmäßige Einkünfte habe die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt; sie habe nur punktuell (einzelne) Unterlagen aus dem Iran beigebracht. Eine Sicherung ihres Lebensunterhaltes durch das Einkommen ihrer beiden Söhne sei nicht gegeben; bei Berücksichtigung des monatlichen durchschnittlichen Einkommens der Söhne und des monatlichen Existenzminimums (§ 291a EO) würden die Richtsätze für zwei erwachsene Personen (monatlich EUR 1.544,80) nicht erreicht.

Hinsichtlich ihres Witwenpensionsbezuges im Iran habe die Beschwerdeführerin nur zwei Bestätigungen aus dem Iran (vom und ) vorgelegt; daraus seien Pensionsbezüge, die "zwischen umgerechnet rund EUR 222,-- und EUR 310,-- variieren", ersichtlich; im Februar 2008 seien offenbar auch die näher bezeichneten "Sonderzahlungen" zu berücksichtigen. Selbst unter Zugrundelegung der "höheren Bestätigung vom Februar 2008 und Berücksichtigung von Kursschwankungen von ca. EUR 268,-- bis EUR 322,-- nur im Zeitraum Februar 2008 bis Oktober 2009" würden eindeutige Nachweise darüber nicht vorliegen, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum 2006 bis 2009 den angegebenen Betrag von EUR 310,-- monatlich erhalten hätte. Mit Stellungnahme vom habe sie auch einen eigenen Pensionsbezug in Höhe von EUR 336,-- (November/Dezember 2008) erstmals behauptet; hingegen habe sie bisher angegeben, sie sei Hausfrau und Mutter gewesen und keiner Beschäftigung nachgegangen, sie habe ihren Lebensunterhalt von der Witwenpension und dem Einkommen des Sohnes bestritten.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass über die nach Umrechnung der Geldmittel im Iran in österreichische Währung für die letzten drei Jahre der Beschwerdeführerin tatsächlich zur Verfügung stehenden Geldbeträge in Euro keine ausreichenden Nachweise vorgelegt worden seien. Auch bei den angegebenen Einnahmen aus Mietverhältnissen sei nicht eindeutig feststellbar, welche Beträge (nach Abzug der Erhaltungskosten und Versteuerung der Einnahmen) der Beschwerdeführerin in Österreich tatsächlich zukämen; ein objektiver Geldfluss nach Österreich sei für keine der im Iran bestätigten Geldbeträge belegbar. Auch durch die einmalige Einzahlung von EUR 10.000,-- auf ein Sparbuch im Jahr 2008 sei kein regelmäßiges Einkommen für die letzten drei Jahre im Sinne des § 10 Abs. 5 StbG belegt worden. Durch die vorgelegten (nur) punktuellen Bestätigungen habe die Beschwerdeführerin (auch) nicht nachgewiesen, dass sie über eine kontinuierliche, nachhaltige Sicherung des Lebensunterhaltes in Österreich in Höhe der Richtsätze des § 293 ASVG verfüge. Eine Inanspruchnahme des behaupteten Einkommens im Iran erscheine in Österreich rechtlich nicht durchsetzbar. Die Beschwerdeführerin erfülle daher die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit Abs. 5 StbG nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.

Gemäß § 10 Abs. 5 StbG (in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 37/2006) ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten dessen pfändungsfreies Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, nicht zu berücksichtigen.

Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes im Sinne der vorgenannten Bestimmungen kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/01/0494, mwN).

Zur Vermeidung einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft hat der Gesetzgeber die Höhe der nachzuweisenden Einkünfte an die Richtsätze des § 293 ASVG angeknüpft. Für eine Unterschreitung der vom Gesetzgeber herangezogenen Richtsätze besteht nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 5 StbG keine Grundlage (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/01/0295).

Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe Unterlagen über den Bezug einer eigenen Pension, einer Witwenpension und Einkommen aus Vermietung vorgelegt. Dieses Einkommen sei durch näher bezeichnete Bestätigungen nachgewiesen worden; dieses Einkommen werde nicht bloß punktuell sondern "auf Dauer erzielt". Ihr Einkommen sei ausreichend und erreiche ohne Unterstützungserklärung des Sohnes den ASVG-Richtsatz. Einkommen aus ausländischen Erwerbsquellen sei nicht ausgeschlossen. Das Ermittlungsverfahren sei mangelhaft geblieben; die Behörde hätte "insbesondere im Iran zur Feststellung zumindest der Pensionsleistungen" ermitteln müssen.

Damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Beschwerdeführerin hat sich darauf gestützt, ihr Lebensunterhalt sei durch ihr zustehende hinreichende Einkünfte in der Islamischen Republik Iran (im Folgenden: Iran) hinreichend gesichert.

Unbestritten ist, dass diese Einkünfte der Beschwerdeführerin - nämlich Pensionen und Mieterträge - zwar bestehen bzw. ihr im Iran zustehen, aber an die Beschwerdeführerin in Iranischer Währung (Iranische Rial-IRR) und nur im Iran ausbezahlt werden. Den Transfer der Einkünfte vom Iran nach Österreich konnte die Beschwerdeführerin nicht nachweisen. Sie gab in ihrer Stellungnahme vom an, "dass Banküberweisungen aus dem Iran nach Österreich nicht möglich sind und daher die Mieterträge von ihr persönlich im Iran in Empfang genommen wurden bzw. von Freunden und Bekannten nach Österreich überbracht wurden". In ihrer Stellungnahme vom wiederholte sie, dass "Überweisungen aus dem Iran nach Österreich nicht möglich sind und sie ihre Pensionsbeträge entweder durch Überbringung durch ihre Söhne oder dritte Personen erhält", bzw. dass sie "da sie zumindest 1x jährlich in den Iran reist, auch selbst mehrere monatliche Pensionsbezüge als auch ihre Mieterträge nach Österreich mitnimmt". Nachweise über diese behaupteten Reisen der Geldboten bzw. der Beschwerdeführerin wurden nicht erbracht.

Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen über das Fehlen von Nachweisen darüber, welche Geldmittel ihr für die letzten drei Jahre in Österreich (in Euro) tatsächlich zur Verfügung standen, zieht die Beschwerdeführerin nicht in Zweifel. In der Beschwerde wurde dazu nichts vorgebracht.

Dass die Beschwerdeführerin im Iran Ansprüche auf monatliche Geldleistungen in iranischer Landeswährung (IRR) zustehen, ist allein nicht ausreichend, ihren Lebensunterhalt in Österreich hinreichend zu sichern, wenn nicht auch nachgewiesen werden kann, dass und in welcher Höhe für die Beschwerdeführerin (Verleihungswerberin) dadurch in Österreich ein Nettoeinkommen in Euro zur Verfügung steht.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Rat der Europäischen Union in einem Gemeinsamen Standpunkt 2007/140/GASP vom das Iran-Embargo der Vereinten Nationen umsetzte und wiederholt noch deutlich verschärfte. Für den Zahlungsverkehr hat dies die Auswirkungen, dass die meisten iranischen Banken und Finanzinstitutionen gesperrt sind und inländische Banken (faktisch) keinen Zahlungsverkehr mit dem Iran durchführen; von der Beschwerdeführerin wurde das nicht in Zweifel gezogen. Demnach fehlt der Nachweis, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer iranischen Ansprüche in Österreich ein Nettoeinkommen erzielt.

Daran ändert auch die Aussage im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/01/0295 (sowie auch im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/01/0466), nichts, wonach das Erfordernis nach § 10 Abs. 5 StbG erfüllt sei, wenn der Verleihungswerber nachweisen kann, dass die Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausgleichszulage (nach § 296 Abs. 2 ASVG) vorgelegen sind. Denn diese Ausgleichszulage - die als Versicherungsleistung im Sinne des § 10 Abs. 5 StbG zu berücksichtigen ist, wenn ein gesetzlicher Anspruch auf sie besteht und nicht allein dann, wenn sie tatsächlich bezogen wurde -

ist in Österreich in Euro auszubezahlen und diese Leistung unterliegt auch keinen Beschränkungen oder Sanktionen im Auslandszahlungsverkehr. Dass sie innerhalb des Beobachtungszeitraumes von drei Jahren vor der Entscheidung tatsächlich ein Nettoeinkommen (in Euro) zur Verfügung hatte, das die Höhe der entsprechenden Richtsätze erreichte, wurde von der Beschwerdeführerin somit nicht nachgewiesen.

Damit hat die Beschwerdeführerin das gesetzlich gebotene Verleihungserfordernis nicht erfüllt.

Insoweit die Nichtdurchführung von Ermittlungen im Iran gerügt wurde, zeigt die Beschwerde damit keinen Verfahrensfehler auf, weil die belangte Behörde einerseits zu Grunde legte, dass der Beschwerdeführerin die behaupteten Leistungen im Iran zustehen und andererseits auch ausgehend von diesen behaupteten Pensionsleistungen die belangte Behörde im Ergebnis zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am