VwGH vom 21.12.2011, 2011/08/0100

VwGH vom 21.12.2011, 2011/08/0100

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der C T in S, vertreten durch Mag. Georg Karl Burger, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom , Zl. LGS NÖ/RAG/05661/2010, betreffend Feststellung der Höhe der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid hat die belangte Behörde - in teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung - die Höhe der der Beschwerdeführerin gebührenden Notstandshilfe (seit als Bevorschussung auf die Invaliditätspension) für im einzelnen angeführte Zeiträume vom bis festgestellt.

Die belangte Behörde führte begründend - nach Schilderung des Verfahrensganges - aus, die Beschwerdeführerin stehe nach Erschöpfung des ihr für 273 Tage zuerkannten Arbeitslosengeldes seit - mit Unterbrechungen - im Notstandshilfebezug. Der fiktive tägliche Grundbetrag der Notstandshilfe betrage EUR 30,17, inklusive eines Familienzuschlages EUR 31,14. Seit beziehe sie Notstandshilfe als Bevorschussung auf die Invaliditätspension. Die Obergrenze dieser Leistung betrage gemäß § 23 Abs. 4 AlVG im Jahr 2010 EUR 30,07.

Die Beschwerdeführerin sei verheiratet. Ihr Ehemann habe im zu beurteilenden Zeitraum (außer vom 18. Juni bis ) Notstandshilfe oder Krankengeld, seit Notstandshilfe als Bevorschussung auf Invaliditätspension bezogen. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom sei ihm Invaliditätspension zuerkannt worden; die laufende Zahlung erfolge erst ab Jänner 2010 (wohl gemeint: 2011).

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann seien jeweils mit einem Hälfteanteil Eigentümer einer Landwirtschaft, welche teilweise verpachtet worden sei. Der Jahreszins laut Pachtvertrag betrage S 9.400,--. Abzüglich der Pachtfläche verbleibe dem Ehepaar eine landwirtschaftliche Fläche mit einem Einheitswert von EUR 288,77.

Die Einkommensteuerbescheide der Beschwerdeführerin für die Jahre 2005 und 2006 (für das Jahr 2007 sei kein Einkommensteuerbescheid erlassen worden; die Beschwerdeführerin habe erklärt, kein Einkommen zu erzielen) sowie ihres Ehemanns für die Jahre 2005, 2006 und 2007 wiesen keine bzw. negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf. Laut diesen Einkommensteuerbescheiden habe der Ehemann der Beschwerdeführerin im Jahr 2005 eine Gemeinderatsentschädigung (abzüglich eines jeweiligen Pauschbetrages für Sonderausgaben in der Höhe von EUR 60,--) von EUR 728,40, im Jahr 2006 von EUR 745,92 und im Jahr 2007 von EUR 763,74 (jeweils "netto", also nach Abzug der in den Bescheiden angeführten Werbungskosten) erzielt. Der Feststellungsbescheid des Finanzamtes betreffend Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Ehepaar weise im Jahr 2008 negative Einkünfte aus. Für die Jahre ab 2008 lägen betreffend den Ehemann der Beschwerdeführerin noch keine Einkommensteuerbescheide vor; die Einkommensteuerbescheide der Beschwerdeführerin für die Jahre 2008 und 2009 wiesen kein bzw. ein negatives Einkommen aus Vermietung und Verpachtung auf.

Die monatliche Gemeinderatsentschädigung des Ehemanns der Beschwerdeführerin habe - laut Bestätigungen der Gemeinde - ab EUR 81,60, im März 2009 EUR 142,80 und von April 2009 bis März 2010 EUR 114,24 betragen. Seither beziehe er keine Gemeinderatsentschädigung mehr, weil seine politische Funktion am beendet worden sei.

Bis zum Antrag vom sei von der Beschwerdeführerin ihr Sohn C als mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebend bekannt gegeben worden. Ab dem gebühre kein Familienzuschlag und keine Freigrenze für ihren Sohn mehr, da laut den Angaben der Beschwerdeführerin ihr Sohn im April 2005 in einem Arbeitsverhältnis gestanden sei und ab Mai 2005 den Präsenzdienst abgeleistet habe. Die Beschwerdeführerin habe trotz Aufforderung keinen Nachweis über das Einkommen ihres Sohnes erbracht und führe ihn seit ihrem Antrag vom nicht mehr als "sorgeberechtigten Angehörigen" an.

In ihrem Antrag vom habe die Beschwerdeführerin als freigrenzenerhöhenden Umstand das Vorliegen von Diabetes und inneren Erkrankungen bei ihrem Ehemann geltend gemacht; die Nachweise dazu seien erbracht worden.

Aufwendungen für Privatdarlehen könnten nur dann berücksichtigt werden, wenn ein vergebührter Darlehensvertrag vorliege. Die Vergebührung gegenständlicher Privatdarlehen (aufgenommen beim Sohn und bei der Tochter) liege nicht vor bzw. sei von der Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen worden. Diese könnten daher nicht als freigrenzenerhöhende Umstände gewertet werden.

Für die nachträgliche Anspruchsbeurteilung in der Zeit vom bis sei anhand der vorliegenden Einkommensteuerbescheide und des Feststellungsbescheides betreffend die Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann von keinem Einkommen aus Vermietung und Verpachtung auszugehen. Für die vorläufige Anspruchsbeurteilung ab sei ebenfalls von keinem Einkommen aus Vermietung und Verpachtung auszugehen, da sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihr Ehemann angegeben hätten, dass sie kein Einkommen erzielten und auch die Einkommensteuerbescheide der Beschwerdeführerin für die Jahre 2008 und 2009 negative Einkünfte bzw. keine Einkünfte daraus aufwiesen. Die Höhe der monatlichen Gemeinderatsentschädigung des Ehemanns der Beschwerdeführerin werde hingegen anhand seiner Einkommensteuerbescheide für die Jahre ab 2008 abschließend geprüft werden.

Ungeachtet der sich aus den Einkommensteuerbescheiden ergebenden Verluste aus Vermietung und Verpachtung seien die Gemeinderatsentschädigung des Ehemanns, seine Notstandshilfe (bzw. diese als Bevorschussung auf die Invaliditätspension), das Krankengeld und auch 3 % seines Anteiles am Einheitswert der Landwirtschaft in Anrechnung zu bringen. Das eigene Einkommen der Beschwerdeführerin habe die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten und sei daher nicht in Anrechnung zu bringen. Es sei daher nur das monatliche Ehegatteneinkommen jeweils für die Beurteilung des Anspruches im Folgemonat anzurechnen.

Im angefochtenen Bescheid werden sodann die für die einzelnen Monate zu berücksichtigenden Einkünfte des Ehegatten (Notstandshilfe, Gemeinderatsentschädigung, Landwirtschaft) dargestellt und diesen die jeweiligen Freigrenzen (für den das Einkommen beziehenden Ehepartner sowie - bis einschließlich April 2005 - für eine unterhaltsberechtigte Person; ab Freigrenzenerhöhung wegen Diabetes des Ehemanns der Beschwerdeführerin) gegenübergestellt. Der sich daraus ergebende monatliche Anrechnungsbetrag wird von der fiktiven Notstandshilfe der Beschwerdeführerin in Abzug gebracht.

Am habe die Beschwerdeführerin das 54. Lebensjahr vollendet. Da sie in den letzten 25 Jahren vor Vollendung des 54. Lebensjahres mindestens 180 Monate arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, betrage die Freigrenze nun das Dreifache; deswegen komme es zu keiner Anrechnung von Partnereinkommen mehr.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, es seien die Verluste (aus Vermietung und Verpachtung) zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann würden Zahlungen im Zusammenhang mit den vormals an die T GmbH vermieteten Liegenschaften leisten, weil sie dazu verpflichtet seien. Diese Verbindlichkeiten würden dem Grunde nach noch aus einer Zeit rühren, als von einer Notsituation keine Rede gewesen sei. Es werde also nicht eine Tätigkeit betrieben, die zu einem operativen Verlust führe, sondern die Ausgaben resultierten aus bereits vor der Notlage eingestellten Tätigkeiten.

Weiter macht sie geltend, es sei in keiner Weise ersichtlich, woraus die belangte Behörde ableite, dass ein vergebührter Darlehensvertrag nicht vorgelegen habe. Alle Behörden und Ämter seien nach § 69 Abs. 1 AlVG verpflichtet, den regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice die für diese zur Wahrnehmung der durch das AlVG übertragenen Aufgaben notwendigen Daten mitzuteilen. Die belangte Behörde sei insoweit nicht von Amts wegen tätig geworden und habe bei den Finanzämtern nicht betreffend die Vergebührung der Darlehensverträge angefragt. Aus dem Umstand, dass die Vergebührungsverpflichtung für Darlehensverträge aufgehoben worden sei, sei abzuleiten, dass ein Anknüpfen an Vergebührungen nicht länger zulässig sei. Die Richtlinien hätten überdies lediglich als Orientierungshilfe zu dienen; wenn feststehe, dass tatsächlich Rückzahlungen auf einen Kredit, der zu Zwecken der Wohnraumschaffung vor der Arbeitslosigkeit aufgenommen worden sei, geleistet würden, scheine es angezeigt, im Rahmen der Ermessensübung auf die Rückzahlungsverpflichtung Bedacht zu nehmen. Eine Einschränkung auf vergebührte Darlehensverträge als Voraussetzung für die Berücksichtigung erscheine gesetzwidrig und sachlich nicht gerechtfertigt.

2. Der hier zu beurteilende Fall gleicht somit in Sachverhalt und Rechtslage jenem, der mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2008/08/0196, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird daher auf die Begründung jenes Erkenntnisses verwiesen.

Lediglich ergänzend ist darauf zu verweisen, dass sich - entgegen dem Beschwerdevorbringen - aus dem Akteninhalt nicht ergibt, dass die Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus Ausgaben resultierten, zu denen die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte wegen bereits vor der Notlage eingestellten Tätigkeiten verpflichtet seien. Vielmehr brachten die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte im Verwaltungsverfahren regelmäßig vor, dass "seit geraumer Zeit bzw. mit dem Entfall des Hauptmieters (…) der Erhaltungs- und Instandsetzungsaufwand der Güter erheblich größer als die erzielbaren Erträge" sei (vgl. etwa Schreiben vom , Band IV, OZ 9). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht dazu veranlasst, von seiner ständigen Rechtsprechung abzugehen, wonach Notlage schon insoweit nicht anzunehmen ist, als das anzurechnende Einkommen aus einer unselbständigen Erwerbstätigkeit zur Deckung der notwendigen Lebensbedürfnisse ausreicht; steuerliche Verluste aus anderen Einkunftsarten sind hiebei nicht zu berücksichtigen.

Schließlich sei darauf verwiesen, dass im Zeitraum vom bis sowie seit dem - in der Beschwerde nicht bestritten - keine Anrechnung des Einkommens des Ehemannes der Beschwerdeführerin mehr erfolgte (eigenes Einkommen der Beschwerdeführerin wurde - da es die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten hatte - ohnehin nicht angerechnet).

Dass die belangte Behörde die Höhe der Notstandshilfe im Übrigen unrichtig festgesetzt hätte, zeigt die Beschwerde nicht auf.

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet anzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am