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VwGH vom 02.05.2006, 2006/17/0004

VwGH vom 02.05.2006, 2006/17/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der MH in Linz, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Dr. Wolfram Proksch, Dr. Thomas Fritzsche, LL.M., Rechtsanwälte in 1130 Wien, Auhofstraße 1/DG, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-013546/1-2005- Kr/Ein, betreffend Aufschließungsbeitrag nach § 25 Oö ROG 1994 (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, 4041 Linz, Altes Rathaus, Hauptplatz 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom , mit dem der Beschwerdeführerin im Instanzenzug Aufschließungsbeitrag gemäß § 25 Oö ROG 1994 für das Grundstück Nr. 1183, KG P, für die Aufschließung durch eine gemeindeeigene Kanalisations- und Wasserversorgungsanlage vorgeschrieben wurde, abgewiesen.

Die Abgabenvorschreibung durch die Behörden der mitbeteiligten Landeshauptstadt war für eine Teilfläche des genannten Grundstücks erfolgt. Der Rest des Grundstücks war als Verkehrsfläche (offenbar als Promenade entlang einer Straßenbahn- oder Eisenbahnlinie) gewidmet. In der Berufung hatte die Beschwerdeführerin u.a vorgebracht, dass das Grundstück nicht selbständig bebaubar sei, weil es keine eigene Zufahrt besitze.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Umstand, dass das Grundstück nicht durch eine öffentliche Verkehrsfläche aufgeschlossen sei, die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrags für die Aufschließung durch eine gemeindeeigene Kanalisations- und Wasserversorgungsanlage nicht hindere. Die selbständige Bebaubarkeit könne nicht verneint werden, weil etwa noch keine öffentliche Verkehrsfläche als Zufahrt sicher gestellt sei. § 25 Abs. 4 Oö ROG 1994 sehe die "selbständige Bebaubarkeit" und das "Vorhandensein der Aufschließungsvoraussetzungen" als getrennte Tatbestandsmerkmale vor. Es müssten sowohl die selbständige Bebaubarkeit als auch eines oder mehrere der in Z 1 bis 3 genannten Merkmale vorliegen. Wäre die selbständige Bebaubarkeit eines Grundstücks erst gegeben, wenn es durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde aufgeschlossen sei, dann wäre die Anordnung in § 25 Abs. 4 Z 3 Oö ROG 1994 hinsichtlich der Kumulation von selbständiger Bebaubarkeit und Aufschließung durch eine öffentliche Verkehrsfläche sinnlos.

Die Einwände der Beschwerdeführerin, dass eine Teilfläche des Grundstückes als Verkehrsfläche gewidmet sei, auf dem Grundstück kein Haus errichtet werde, keine Bauteilung möglich sei bzw. auch keine Bauplatzschaffung erfolge, seien für die Abgabenvorschreibung irrelevant.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung dieser mit Beschluss vom , B 3501/05, ablehnte und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 25 Oö Raumordnungsgesetz 1994 (Oö ROG 1994), LGBl. Nr. 114/1993 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 32/1999, lautete auszugsweise:

"§ 25

Aufschließungsbeitrag im Bauland

(1) Die Gemeinde hat dem Eigentümer eines Grundstücks oder Grundstücksteils, das im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet, jedoch nicht bebaut ist, je nach Aufschließung des Grundstücks durch eine gemeindeeigene Abwasserentsorgungsanlage, eine gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage (§ 1 Abs. 1 O.ö. Interessentenbeiträge-Gesetz 1958) oder eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde einen Aufschließungsbeitrag vorzuschreiben.

(2) Die Verpflichtung, einen Aufschließungsbeitrag zu entrichten, besteht bis zur Vorschreibung jeweils

1. des Beitrags zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Kanalisationsanlage (§ 1 Abs. 1 lit. a Interessentenbeiträge-Gesetz 1958) oder

2. des Beitrags zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage (§ 1 Abs. 1 lit. b Interessentenbeiträge-Gesetz 1958) oder

3. des Beitrags zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde (§§ 19 und 20 O.ö. Bauordnung 1994)

für das Grundstück oder den Grundstücksteil oder bis zur Entrichtung der privatrechtlichen Anschlussgebühr und nur insoweit, als das jeweilige Grundstück durch eine gemeindeeigene Abwasserentsorgungsanlage, eine gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage oder eine öffentliche Verkehrsfläche tatsächlich aufgeschlossen ist.

(3) Als bebaut gilt ein Grundstück,

1. auf dem ein Hauptgebäude im Sinn der Bauvorschriften errichtet ist oder

2. auf dem mit dem Bau eines solchen Gebäudes im Sinn der O.ö. Bauordnung 1994 tatsächlich begonnen wurde oder

3. das mit einem Grundstück gemäß Z. 1 und 2 eine untrennbare wirtschaftliche Einheit bildet und an dieses unmittelbar angrenzt.

(4) Als aufgeschlossen gilt ein Grundstück, wenn es selbständig bebaubar ist und

1. von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 50 m entfernt liegt oder

2. von der für den Anschluss in Betracht kommenden Wasserversorgungsanlage nicht mehr als 50 m entfernt liegt oder

3. durch eine öffentliche Verkehrsfläche im Sinn der O.ö. Bauordnung 1994 aufgeschlossen ist."

Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen der Oö Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998, lauten:

"II. HAUPTSTÜCK

Bodenordnung

1. Abschnitt

Bauplätze

§ 3

Allgemeines

(1) Der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden darf nur auf Grundflächen bewilligt werden, für die eine Bauplatzbewilligung nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 4 bis 7 vorliegt oder gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt wird.

...

§ 6

Größe und Gestalt von Bauplätzen

...

(3) Bauplätze müssen unmittelbar durch eine geeignete öffentliche Verkehrsfläche oder durch eine der zu erwartenden Beanspruchung genügende, mindestens drei Meter breite und durch Eintragung im Grundbuch sichergestellte Verbindung zum öffentlichen Straßennetz aufgeschlossen sein; erforderlichenfalls ist dies durch Auflagen oder Bedingungen gemäß § 5 Abs. 2 sicherzustellen.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass für die Zulässigkeit der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages lediglich das Vorliegen der Baulandwidmung festzustellen sei. Die Widmungsfrage sei allein an Hand des rechtswirksamen Flächenwidmungsplanes zu beurteilen. Da das in Rede stehende Grundstück die Mindestgröße für einen Bauplatz aufweise, sei die Bebaubarkeit gegeben. Die selbständige Bebaubarkeit könne nicht verneint werden, weil etwa noch keine öffentliche Verkehrsfläche als Zufahrt sicher gestellt sei. Dies ergebe sich daraus, dass in § 25 Abs. 4 Oö ROG 1994 die selbständige Bebaubarkeit und die "Aufschließungsvoraussetzungen" nach Z 1 bis 3, zu welchen auch die Aufschließung durch eine öffentliche Verkehrsfläche zähle, kumulativ genannt seien.

Die belangte Behörde hat damit die Rechtslage verkannt.

Es ist der belangten Behörde dahin gehend zu folgen, dass § 25 Abs. 4 Oö ROG 1994 die selbständige Bebaubarkeit und die "Aufschließungsvoraussetzungen" nach Z 1 bis 3 kumulativ voraussetzt. Die belangte Behörde übersieht aber - obwohl sie an anderer Stelle des angefochtenen Bescheides, auf Seite 6, den normativen Zusammenhang zwischen je verschiedener Aufschließung und der Möglichkeit, einen der drei Aufschließungsbeiträge vorzuschreiben, zutreffend anspricht -, dass § 25 Abs. 4 Oö ROG 1994 die in der zweiten Tatbestandsvoraussetzung geregelten Aufschließungsvoraussetzungen (konsequenterweise) deshalb alternativ vorsieht, weil der Aufschließungsbeitrag für drei verschiedene Sachverhalte, nämlich Kanalanschluss, Wasserversorgung und Aufschließung durch eine öffentliche Verkehrsfläche vorgeschrieben werden kann. § 25 Abs. 4 Z 3 Oö ROG 1994 ist für die Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages für den Kanalanschluss oder die Wasserversorgung (nur diese sind beschwerdegegenständlich) nicht maßgeblich.

Entgegen der in diesem Zusammenhang vertretenen Auffassung der belangten Behörde (vgl. aber die schon zitierte Passage auf Seite 6) genügt es für die Vorschreibung "des" Aufschließungsbeitrages nicht, dass eines der drei alternativen Sachverhaltselemente gegeben ist, sondern es kommt darauf an, dass das für den "jeweiligen" Aufschließungsbeitrag, nämlich als Vorauszahlung für den Beitrag zum Kanalanschluss, für den Beitrag zur Wasserversorgung oder für den Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen, "passende" Sachverhaltselement gegeben ist.

Das vermeintliche systematische Argument der belangten Behörde geht schon aus diesem Grund ins Leere. Bei der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung könnte der Aufschließungsbeitrag für den Kanalanschluss auch vorgeschrieben werden, wenn lediglich eine räumlich ausreichend nahe Wasserversorgungsanlage vorhanden wäre oder der Aufschließungsbeitrag für die Wasserversorgung, wenn der Kanalanschluss vorhanden wäre. Dass diese Auslegung nicht den Intentionen des Gesetzgebers entspricht, liegt auf der Hand, wird doch (worauf auch die belangte Behörde hingewiesen hat) der Aufschließungsbeitrag als Vorauszahlung auf den jeweiligen Beitrag nach dem Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 bzw. der Bauordnung 1994 verstanden.

Dazu kommt, dass die belangte Behörde übersieht, dass auch auf dem Boden ihrer Auffassung das Vorliegen der selbständigen Bebaubarkeit "getrennt" zu prüfen ist.

Das Oö ROG 1994 umschreibt die Wendung "selbständig bebaubar" nicht näher.

Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, trifft die systematische Überlegung der belangten Behörde hinsichtlich des Verhältnisses des ersten Tatbestandselements in § 25 Abs. 4 zu § 25 Abs. 4 Z 3 Oö ROG 1994 (als Teil des zweiten Tatbestandselements) nicht zu. Es liegen somit keine Gründe vor, die Eigenschaft der "Bebaubarkeit" nach § 25 Abs. 4 Oö ROG 1994 nicht im Sinne des oberösterreichischen Bau- und Raumordnungsrechts auszulegen.

Aus dem Zusammenhang kann nur geschlossen werden, dass das Grundstück nach den übrigen landesrechtlichen Bestimmungen, also insbesondere nach dem Baurecht, bebaubar sein muss (die Bebaubarkeit nach dem Raumordnungsrecht ist durch das grundsätzlich auf Grund der Tatbestandsvoraussetzung "Widmung als Bauland" vorausgesetzt; sofern sich jedoch aus dem Raumordnungsrecht auch für das Bauland Beschränkungen wie temporäre Bausperren ergeben könnten, käme auch der Ausschluss der Bebaubarkeit auf Grund raumordnungsrechtlicher Bestimmungen in Betracht). Stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften einer Bebauung entgegen, kann nicht angenommen werden, dass eine Erhebung einer Abgabe in der Form einer Vorauszahlung auf eine Abgabe zulässig wäre, obwohl ohne eine Änderung der Verhältnisse der Abgabentatbestand nie eintreten kann. Für die hier erörterte Problematik liefert auch § 26 Abs. 7 Oö ROG 1994 keine Lösung. Dieser sieht für den Fall der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages eine Rückforderungsmöglichkeit vor, wenn sich nach der Vorschreibung die Verhältnisse so ändern, dass eine Verpflichtung zur Leistung eines Aufschließungsbeitrages nicht mehr oder nur mehr in einem geringeren Ausmaß gegeben ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 719/03, Slg. 17.221). Würde der Aufschließungsbeitrag in einem Fall, in dem die Bebaubarkeit im Zeitpunkt der Vorschreibung nicht gegeben ist, dennoch vorgeschrieben, ergäbe sich mangels nachfolgender Änderung des Sachverhalts auch dann keine Rückzahlungsmöglichkeit, wenn sich gerade mangels einer Änderung der Verhältnisse der Abgabentatbestand selbst (auf den die Vorauszahlung eingehoben wurde) nie verwirklicht. § 26 Abs. 7 Oö ROG 1994 ist daher in derartigen Fällen nicht anwendbar. Die "Vorauszahlung" würde vielmehr zu einer endgültigen Abgabenzahlung, ohne dass der Tatbestand jener Abgabe, für die die "Vorauszahlung" eingehoben wurde, jemals verwirklicht würde.

Das Fehlen einer Vorschrift für diesen Fall ist auch insofern weder verwunderlich noch eine (echte) Lücke, als für den Fall, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht alle Voraussetzungen für die Erhebung der Vorauszahlung vorliegen, nicht vorgesorgt werden muss. Treten die Voraussetzungen später ein, kann die Erhebung des Aufschließungsbeitrages als Vorauszahlung auf den jeweiligen Beitrag erfolgen, ohne dass es hiefür einer speziellen Regelung bedürfte.

Im Gegensatz zum Begriff "bebaut" hat der oberösterreichische Landesgesetzgeber davon Abstand genommen, eine eigene Begriffsbestimmung für die "selbständige Bebaubarkeit" in das Gesetz aufzunehmen. Auch daraus muss geschlossen werden, dass der Gesetzgeber den Begriff in der auch sonst in der Landesrechtsordnung verwendeten Bedeutung angewendet wissen will (vgl. § 25 Abs. 3 Oö ROG 1994 und § 2 Oö BauO 1994 bezüglich des Begriffes "bebaut").

Gemäß § 3 Abs. 1 Oö BauO 1994 setzt der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden das Vorliegen einer Bauplatzbewilligung voraus.

Die Bebaubarkeit eines Grundstücks ist daher - sofern nicht bereits eine Bauplatzbewilligung vorliegt - ungeachtet der Baulandwidmung im Flächenwidmungsplan jedenfalls nur dann gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, die Bauplatzbewilligung zu erlangen (will man nicht die noch strengere Auslegung vertreten, dass die Bebaubarkeit nur bei Vorliegen der Bauplatzbewilligung vorliegt; da jedoch die Erlangung der Bauplatzbewilligung, sofern alle übrigen Voraussetzungen vorliegen, von der Disposition des Eigentümers abhängt, ergibt eine Auslegung unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung - entgegen den diesbezüglichen Überlegungen in der Beschwerde -, dass es nicht auf das konkrete Vorliegen, sondern auf die Möglichkeit der Erlangung der Bauplatzbewilligung ankommen kann).

Mangels einer ausdrücklichen Regelung im Oö ROG 1994 ist dabei für den Zweck der Auslegung des § 25 Oö ROG 1994 aber schließlich die Frage zu klären, ob - auch wenn man in diesem Sinne lediglich auf die "Möglichkeit" der Erteilung der Bauplatzbewilligung abstellt - die Voraussetzungen für die Erteilung der Bauplatzbewilligung bereits zum Zeitpunkt der Abgabenvorschreibung vorliegen müssen oder ob es - wie die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift zu Grunde legt - lediglich nicht ausgeschlossen sein darf, dass in Zukunft einmal die Voraussetzungen für die Bauplatzbewilligung vorliegen könnten.

Mit anderen Worten: ob die "Möglichkeit der Erteilung der Bauplatzbewilligung" nur dann vorliegt, wenn alle vom Eigentümer nicht beeinflussbaren Faktoren für ihre Erteilung vorliegen und es lediglich der Antragstellung bedürfte, um die Erteilung auch konkret zu erwirken.

Dies ist im Beschwerdefall insofern von Bedeutung, als die belangte Behörde auf die Einwände der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Bauplatzeigenschaft des Grundstücks ausgehend von ihrer verfehlten Rechtsansicht nicht näher eingegangen ist. Die selbständige Bebaubarkeit könne nicht verneint werden, weil etwa noch keine öffentliche Verkehrsfläche als Zufahrt sicher gestellt sei. Die belangte Behörde hat lediglich festgestellt, dass die als Bauland gewidmete Teilfläche des Grundstücks die für Bauplätze erforderliche Größe aufweise. Ob eine Bauplatzbewilligung vorliegt bzw. ob die Voraussetzungen für ihre Erteilung gegeben wären, hat die belangte Behörde nicht festgestellt.

Im Hinblick auf den mit der Regelung verfolgten Zweck, Druck auf die Eigentümer von Baugrundstücken auszuüben, auch tatsächlich eine Bebauung vorzunehmen, und die oben dargelegte Unmöglichkeit, einen einmal entrichteten Aufschließungsbeitrag erstattet zu erhalten, wenn keine Änderung des Sachverhalts eintritt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass es bei der Beurteilung der Möglichkeit einer Bauplatzerklärung nicht auf die aktuellen, sondern auf allenfalls in der Zukunft eintretende Umstände, die nicht vom Willen des Eigentümers allein abhängen, ankommen sollte. Da die Schaffung einer Verbindung mit der Verkehrsfläche von verschiedensten Faktoren abhängen kann, die nicht vom Eigentümer allein beeinflusst werden können (Disposition allfälliger Vertragspartner, über deren Grund die Zufahrt erfolgen könnte), kann § 25 Oö ROG 1994 nicht dahin gehend verstanden werden, dass schon die vage Möglichkeit, allenfalls eine Bauplatzerklärung erwirken zu können, die Tatbestandsvoraussetzung der selbständigen Bebaubarkeit erfüllt. Im Beschwerdefall kommt hinzu, dass die Behörden die von der mitbeteiligten Partei in der Gegenschrift ins Treffen geführte Möglichkeit der Einräumung eines Notwegerechts weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht geprüft haben. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob im Falle einer gesicherten Prognose einer Erfolgsaussicht einer Antragstellung betreffend ein solches Notwegerecht von einer sicher gestellten Verbindung mit der öffentlichen Verkehrsfläche gesprochen werden könnte (dies wäre zunächst eine baurechtliche Frage, ob in dieser Situation die Bauplatzbewilligung erteilt werden könnte) bzw. ob dann, wenn die eben dargestellte baurechtliche Frage zu verneinen wäre, § 25 Oö ROG 1994 über den oben angenommenen Gehalt hinaus auch zu entnehmen wäre, dass auch das Erfordernis, gegebenenfalls um die Einräumung eines Notwegerechts einzukommen, die Abgabenvorschreibung nicht hindere. Eine ausreichende Bescheidbegründung setzte jedenfalls ausreichende Sachverhaltsfeststellungen dahin gehend voraus, ob ein - hier nur in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei unbestimmt angesprochener - Antrag auf Einräumung eines Notwegerechts tatsächlich ernsthafte Erfolgsaussichten hätte.

Diese Auslegung belastet auch den Abgabengläubiger nicht über Gebühr, zumal bei Änderung der Verhältnisse die Vorschreibung mit dem Eintritt einer dann gegebenen Bebaubarkeit jedenfalls gegeben wäre.

Damit hat die belangte Behörde jedoch ihre Vorstellungsentscheidung ausgehend von ihrer verfehlten Rechtsansicht ohne Vorliegen der erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen in dem bei ihr bekämpften Gemeindebescheid bzw. ohne diese Feststellungen selbst vorgenommen zu haben, getroffen. Sie hat dadurch den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den geltend gemachten Beschwerdeaufwand für die Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof und die für die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu entrichtende Eingabegebühr, für welche im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof kein Ersatz vorgesehen ist.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , Zlen. 1902, 1903/78).

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen. Wien, am