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VwGH vom 19.10.2011, 2011/08/0095

VwGH vom 19.10.2011, 2011/08/0095

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der Y A in New York, USA, vertreten durch Dr. Ingrid Weiss, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Florianigasse 7/9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 40 - SR 3250/11, betreffend begünstigte Erwerbung von Anwartschaften und Ansprüchen gemäß § 502 Abs. 6 zweiter Satz ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu erstatten.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Begünstigung der am in Paris, Frankreich, geborenen Beschwerdeführerin in der Pensionsversicherung nach dem ASVG gemäß § 502 Abs. 4 in Verbindung mit § 502 Abs. 6 ASVG abgelehnt. Die belangte Behörde stellte unter anderem fest, dass die Eltern der Beschwerdeführerin Ende März 1938 aus Gründen der Abstammung aus Österreich ausgewandert und im Juli 1939 mit der Beschwerdeführerin in die USA weitergereist sind.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, der gemäß § 22 VwGG anstelle der belangten Behörde in das Verfahren eingetreten ist, erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der gegenständliche Beschwerdefall gleicht in allen entscheidungswesentlichen Sach- und Rechtsfragen jenem, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2011/08/0090, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zugrunde lag.

Die Beschwerdeführerin macht weiters Verfahrensmängel geltend, die sich insbesondere darauf beziehen, dass die belangte Behörde keine Feststellungen über die Situation "der Beschwerdeführerin und ihrer Familie" auf der Flucht in Frankreich und in den USA getroffen habe. Sie legt dar, welcher Verfolgung ihre Familie in Österreich ausgesetzt gewesen ist und dass ohne Flucht aus Österreich die Ermordung im Konzentrationslager gedroht hätte. Die Beschwerdeführerin rügt auch, dass die belangte Behörde ihr kein Parteiengehör zu dem im Bescheid festgestellten Umstand gewährt habe, dass sie in Frankreich und den USA nicht unter Verfolgung gelitten habe. Bei mängelfreiem Verfahren hätte sich ergeben, dass die Beschwerdeführerin auch im Ausland durch das NS-Regime verfolgt worden sei.

Die Beschwerdeführerin zeigt mit ihrem Vorbringen auf, dass ihre Eltern aus Gründen der Abstammung verfolgt wurden und auswandern mussten. Diese Verfolgung - die auch von der belangten Behörde in keiner Weise in Zweifel gezogen wurde - ist aber im Beschwerdefall, in dem die persönliche Verfolgung der Beschwerdeführerin durch das NS-Regime in Österreich oder in einem Land, in dem die Familie der Beschwerdeführerin mit ihr durch die Verfolgung "eingeholt" wurde ("missglückte Emigration", vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/08/0059), zu beurteilen ist, nicht maßgebend. Soweit sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 89/05, bezieht, ist ihr entgegenzuhalten, dass in dem diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Sachverhalt die Auswanderung der dortigen Beschwerdeführerin wegen der ihr drohenden Verfolgung zu beurteilen war, während im vorliegenden Beschwerdefall die Auswanderung der Eltern aus dem Gebiet der Republik Österreich zum Zeitpunkt der Geburt der Beschwerdeführerin bereits erfolgt war und ungeachtet der Folgewirkungen der Flucht der Eltern der Beschwerdeführerin die Beschwerdeführerin selbst in Frankreich - wo sie sich nach den unbekämpften Feststellungen der belangten Behörde bis Juli 1939 aufgehalten hat - in dieser Zeit keiner konkreten Gefahr einer Verfolgung durch das NS-Regime ausgesetzt war.

Die Beschwerde war daher - aus den im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2011/08/0090, genannten Gründen - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
YAAAE-86195