VwGH vom 28.06.2007, 2006/16/0217

VwGH vom 28.06.2007, 2006/16/0217

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der K GmbH in Liquidation, vertreten durch Dr. Johannes Patzak und Dr. Johannes Kraus, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom , Zl. ABK - 409/06, betreffend Getränkesteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid behob die belangte Behörde Spruchpunkt III. des Bescheides erster Instanz vom über die Vorschreibung für überwälzte und bisher nicht entrichtete Getränkesteuer und änderte den bekämpften Bescheid dahingehend, dass sein Spruch wie folgt zu lauten habe:

"I. Der (beschwerdeführenden Partei) wird ...für den Zeitraum 1998 bis 2000 folgende Getränkesteuer vorgeschrieben:

... in Euro

Summe 9.232,22

Die Abgabe war bereits fällig.

II. Die Anträge der (beschwerdeführenden Partei) vom , und auf Rückzahlung der Getränkesteuer für die Jahre 1998 und 1999 sowie den Zeitraum vom 1. Jänner bis werden ... abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen."

In der Begründung dieses Bescheides verwies die belangte Behörde auf die , Evangelischer Krankenhausverein Wien und Wein & Co. GmbH, vom , Rs C-491/03, Hermann, und vom , Rs C-231/94, Faaborg-Gelting Linien, sowie auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/16/0217.

Daraus ergebe sich, dass Restaurationsumsätze mit Getränken, nämlich die entgeltliche Abgabe von Getränken in Restaurants nach den nationalen Wiener Getränkevorschriften ab dem Jahre 1992 bis 1996 unter den Tatbestand der "Lieferung" und ab unter den Tatbestand der "Veräußerung" zu subsumieren gewesen seien. Die Erhebung der Getränkesteuer sei in diesen Fällen zulässig gewesen.

Nach dem , Faaborg-Gelting Linien, sei die Abgabe von Getränken das Ergebnis einer Reihe von Dienstleistungen. Dafür sei ein Gesamtpreis zu zahlen. Welche Teile dieses Gesamtpreises als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Getränkesteuer herangezogen würden, sei eine rechtspolitische Entscheidung des nationalen Gesetzgebers. Die vom nationalen Gesetzgeber normierte Bemessungsgrundlage für die Getränkesteuer lasse jedoch keinen Rückschluss darauf zu, ob eine nach dem Gemeinschaftsrecht zu beurteilende Dienstleistung vorliege. Es sei daher für die gemeinschaftsrechtliche Beurteilung auch nicht entscheidend, ob Bedienungsgeld nach den nationalen Vorschriften Teil der Bemessungsgrundlage der Getränkesteuer sei. Sei allerdings Bedienungsgeld ein Teil des vom Gast zu zahlenden Entgelts, dann sei dies ein besonders starkes Merkmal dafür, dass Dienstleistungen vorlägen.

In der erstinstanzlichen Berufungsvorentscheidung vom sei der beschwerdeführenden Partei die für ihren Betrieb maßgebliche Gewerbeberechtigung und die darauf abgestimmte Beweisaufnahme wie folgt zur Kenntnis gebracht worden:

"Gastgewerbe in der Betriebsart eines Kaffeerestaurants mit den Berechtigungen nach § 142 Abs. 1 GewO 1994; Z 2 Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen; Z 3 Ausschank von alkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen; Z 4 Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen.

Laut Aktenlage wurde im Betrieb der Berufungswerberin das Vorhandensein einer gastgewerblichen Infrastruktur (Gasträume, Toiletten, Verabreichungsplätze) festgestellt. Weiters wurde erhoben, dass Bedienungspersonal (Inhaber oder sonstiges Personal) zum Reinigen des Geschirrs und zum Ausschenken von Getränken und Servieren bzw. Abservieren von Getränken und Speisen vorhanden ist.

Auf Grund des erhobenen Sachverhaltes ist somit von einer Bewirtungstätigkeit im Betrieb der Berufungswerberin auszugehen."

Die beschwerdeführende Partei sei diesen Feststellungen in ihrem Vorlageantrag vom insoweit entgegengetreten, als sie von der Abgabenbehörde eine Darlegung einfordere, nach welchen logisch nachvollziehbaren Argumenten und mit welchen Methoden diese erkennen habe können, dass ein Überwiegen der Dienstleistungskomponente vorliege. Mit diesem Einwand sei die beschwerdeführende Partei der vorgehaltenen Beweisaufnahme jedoch nicht konkret entgegengetreten. Sie habe in ihren Ausführungen nicht einmal behauptet, dass die Feststellungen hinsichtlich der Gewerbeberechtigung, des Vorhandenseins von Bedienungspersonal oder Infrastruktur nicht zutreffend seien. Unbestritten stehe fest, dass die beschwerdeführende Partei ihren Betrieb auf Grundlage der genannten Gewerbeberechtigung als Gastgewerbe in der Art eines Kaffeerestaurants geführt habe. Des Weiteren seien zum Zeitpunkt der Öffnungszeiten im Betrieb der Beschwerdeführerin Vororterhebungen am , und durch Revisionsbeamte hinsichtlich der vorhandenen Infrastruktur (Betriebsform, Erscheinungsbild, Verabreichungsplätze, Bedienungspersonal usw.) durchgeführt worden. Dabei sei festgehalten worden, dass in dem als Kaffeerestaurant geführten Betrieb ca. 50 Verabreichungsplätze in den Gasträumen zur Verfügung gestellt seien. Es seien Erhebungen über das vorhandene Getränkesortiment und deren Verabreichungsform aufgenommen bzw. festgehalten worden, dass bei alkoholischen Getränken keine Gassenverkäufe stattgefunden hätten. Zudem seien weder Wein noch Spirituosen in geschlossenen Gebinden abgegeben und kein Dosenbier veräußert worden; einzig Bier sei auch in Flaschen verkauft worden. Diese Feststellungen seien vom damaligen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Gesellschaft ausdrücklich bestätigt worden.

Die beschwerdeführende Partei habe weiters vorgebracht, dass die Dienstleistungskomponente überwiegend darin bestehen würde, kleine Gerichte zuzubereiten. Sie könne jedoch nicht in der Beratung, welche der drei Biersorten zum Schinken-Käse-Toast bzw. Gulasch passe "erkannt" werden.

Dem sei entgegenzuhalten, dass der Betrieb eines Kaffeerestaurants jedenfalls Personal zur Aufbereitung und Portionierung von Speisen und Getränken und zum Reinigen des Gastraumes, von Tischen, des Geschirrs, von Besteck und Gläsern sowie diverser Geräte und des Theken- und Küchenbereiches erfordere. Zudem sei eine Kassenkraft zur Entgeltverrechnung erforderlich. Unbeachtlich der Art der angebotenen Speisen sowie des Umfangs der allenfalls erforderlichen Zubereitung, setze der Verkauf der in unverschlossenen Gefäßen angebotenen Getränke sowie der Heißgetränke jedenfalls eine entsprechende Thekenkraft zum Ausschenken bzw. zur Zubereitung dieser Getränke und Speisen voraus. Die Dienstleistungskomponente im Rahmen eines Kaffeerestaurants, wie ihn die beschwerdeführende Partei geführt habe, beschränke sich daher nicht allein auf die Beratungstätigkeit, sondern gehe mit einer Reihe von mittelbar und unmittelbar mit der Konsumation zusammenhängenden bzw. diese erst ermöglichenden vor- und nachgelagerten Tätigkeiten des Personals im Sinne der obigen Ausführungen einher. Auch das Argument, dass der Gast an der Zurverfügungstellung der Dienstleistung des Lokals nicht interessiert gewesen sei, vermöge den Tatbestand der Bewirtungstätigkeit nicht zu entkräften.

Die im Verfahren getroffenen Feststellungen, insbesondere über die Gewerbeberechtigung, das Vorhandensein einer gastronomischen Infrastruktur (Gasträume, Toiletten, Verabreichungsplätze, Bedienungspersonal) sowie die daraus abzuleitende Bewirtungstätigkeit ergäben daher aus der Gesamtbetrachtung heraus, dass sich der Betrieb der beschwerdeführenden Partei nicht von vergleichbaren Gastronomiebetrieben, welche üblicherweise auf die Bewirtung von Gästen ausgerichtet seien, unterscheide und daher die Dienstleistungen im gegenständlichen Betrieb bei weitem überwiegend seien.

Im Übrigen sei noch darauf hinzuweisen, dass nach der Aktenlage Bedienungsgeld im Ausmaß von 15 % in Rechnung gestellt worden sei, welches nach der zitierten Rechtsprechung ein besonderes starkes Merkmal für das Vorhandensein von Dienstleistungen darstelle. Die Festsetzung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke sei daher zulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, "dass Getränkesteuern vorgeschrieben werden, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür vorliegen", verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird im Wesentlichen dahingehend argumentiert, dass im kleinen Espressobetrieb der beschwerdeführenden Partei die Dienstleistungselemente von untergeordneter Bedeutung seien und somit keine Erhebung der Getränkesteuer auf Dienstleistungen erfolge, sodass die Vorschreibung der Getränkesteuer rechtswidrig sei.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid dargestellt, aus welchen Gründen die Erhebung der Getränkesteuer zulässig sei.

Die beschwerdeführende Partei vertritt in der Beschwerde die Ansicht, dass das unterschiedliche Ergebnis der Entscheidungen des EuGH in der Rs C-437/97 einerseits und C-491/03 andererseits sich dadurch rechtfertigen lasse, dass im erstgenannten Fall bloß eine Cafeteria in einem Krankenhaus betrieben worden sei, bei welcher die einzelnen Dienstleistungskomponenten schon der Natur nach deutlich hinter der Lieferung der Waren zurückgeblieben seien, während im zweitgenannten Fall eine Gaststätte betrieben worden sei, bei welcher das Hauptmerkmal das Servieren von Speisen begleitet von Getränken sei. Im Beschwerdefall betreibe die beschwerdeführende Partei bloß einen kleinen Espressobetrieb, in welchem die Auswahl an angebotenen Getränken und noch viel mehr an angebotenen Speisen sehr gering sei. Auf Grund der einfachen Speise- und Getränkekarte bleibe der Aufwand an Dienstleistungen im Sinne der Beratung und Information der Kunden, Darbietung der Getränke, Bedienung etc. deutlich hinter den in der Rs C-491/03 festgestellten Dienstleistungen zurück und stelle im Verhältnis zur Lieferung der Waren einen minimalen Anteil dar. Der Betrieb eines solchen Espressos nähere sich deutlich dem Betrieb einer Cafeteria in einem Krankenhaus und nicht dem Betrieb einer echten Gaststätte an. Sobald aber die Lieferung der Waren deutlich im Vordergrund stehe und nur mehr minimale Dienstleistungen im Sinne der Vermarktung des Gegenstandes vorlägen, könne von einer Dienstleistung im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12/EWG nicht mehr gesprochen werden.

Dem ist entgegen zu halten, dass der EuGH mit seinem Urteil vom , Rs C-437/97, nicht über den im Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofes dargestellten Sachverhalt und somit nicht über die Beurteilung der Umsätze eines Restaurationsbetriebes oder einer Cafeteria in einem Krankenhaus als Lieferungen oder Dienstleistungen entschieden, sondern Gemeinschaftsrecht insoweit ausgelegt hat, ob die Erhebung einer Getränkesteuer auf "Lieferungen" zulässig sei. Ob die Umsätze in dieser Cafeteria als Lieferungen oder Dienstleistungen nach dem Gemeinschaftsrecht anzusehen sind, obliegt der Beurteilung der zuständigen nationalen Vollziehung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/16/0217).

Nach dem , Hermann, verstößt eine auf Dienstleistungen - und nicht auf Waren - erhobene Getränkesteuer, die keine umsatzbezogene Steuer ist, auch dann nicht gegen die Bestimmungen der Richtlinie 92/12/EWG des Rates und das Gemeinschaftsrecht, wenn bei dieser Dienstleistung alkoholhaltige Getränke entgeltlich abgegeben werden.

In seinem Urteil vom , Rs C-231/94, hat der EuGH entschieden, dass Restaurationsumsätze, die in der Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr bestehen, keine Lieferungen von Gegenständen im Sinne von Artikel 5 der

6. Richtlinie 77/388 darstellten, sondern als Dienstleistungen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie anzusehen seien. Solche Umsätze seien nämlich durch eine Reihe von Vorgängen gekennzeichnet, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln bestehe, während die Dienstleistungen bei weitem überwiegend seien.

Nach den von der beschwerdeführenden Partei nicht konkret bestrittenen Darstellungen des Betriebes oder der Betriebsführung konnte die belangte Behörde unter Berücksichtigung des genannten , davon ausgehen, dass der Espressobetrieb im Zusammenhang mit der Verabreichung von Getränken Restaurationsumsätze tätigt. Es werden Getränke und Speisen angeboten, Bedienungspersonal ist zum Reinigen des Geschirrs und zum Ausschenken von Getränken und Servieren bzw. Abservieren von Getränken und Speisen vorhanden. Es wird Bedienungsentgelt in Rechnung gestellt. Es ist weder die Größe des Betriebes noch die große oder kleine Auswahl von Getränken dafür entscheidend, ob Restaurationsumsätze vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/16/0138, zu einem "spartanisch eingerichteten" Selbstbedienungsrestaurant).

Die Beschwerde behauptet auch, die Begründung des angefochtenen Bescheides sei nicht nur oberflächlich, sondern auch insofern unpräzise, als einerseits von einer ebenfalls nicht konkret festgestellten Infrastruktur offenbar auf eine gewisse Bewirtungstätigkeit geschlossen werde und von dieser präsumtiven Bewirtungstätigkeit wiederum darauf, dass sich der Betrieb der beschwerdeführenden Partei nicht von vergleichbaren Gastronomiebetrieben unterscheide, wobei auch nicht näher definiert werde, was nun ein vergleichbarer Gastronomiebetrieb sei. Die belangte Behörde hätte daher anstelle der hypothetischen Überlegungen vielmehr die Argumente der beschwerdeführenden Partei aufgreifen und weitere Erhebungen zu der Frage anstellen sollen, welche Dienstleistungen konkret im Rahmen des Betriebes erbracht worden seien und diese dann letztendlich gegen die Lieferung der Waren abzuwägen.

Die Abgabenbehörde hat den Inhalt der Gewerbeberechtigung wiedergegeben und überdies Kontrollen vor Ort vorgenommen und ihre Feststellungen über die Führung des Betriebes dargelegt. Dem hat die beschwerdeführende Partei nicht widersprochen. Die von den Prüfern getroffenen Feststellungen reichen jedoch aus, um davon ausgehen zu können, dass im Betrieb der beschwerdeführenden Partei Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Verabreichung von Getränken erbracht wurden. Die Feststellungen sind schlüssig und nachvollziehbar.

Da die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen vermochte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am