VwGH vom 17.03.2011, 2009/01/0055
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde 1. des AÖ, 2. des DÖ, 3. des EÖ und 4. des SÖ, alle in W, alle vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 35/IV - O 222/2008, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 iVm § 10 Abs. 5 Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG) abgewiesen (Spruchpunkt 1.) sowie die Ansuchen der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer auf Erstreckung der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 18 StbG abgewiesen (Spruchpunkt 2.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Erstbeschwerdeführer sei türkischer Staatsangehöriger, verheiratet, halte sich laut Meldelage seit Juli 1989 im Bundesgebiet auf und sei laut derzeitiger Aktenlage zuletzt ohne Beschäftigung. Laut Mitteilung der Magistratsabteilung 40 vom habe der Erstbeschwerdeführer von Mai 2007 bis Sozialhilfeleistungen (Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes) bezogen. Da dem Erstbeschwerdeführer somit laut Aktenlage eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaft innerhalb der letzten drei Jahre nicht möglich gewesen sei, sei sein Ansuchen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 iVm § 10 Abs. 5 StbG abzuweisen gewesen. Daher seien auch die Erstreckungsanträge der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer (den Kindern des Erstbeschwerdeführers) abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, der Erstbeschwerdeführer habe Lohnabzüge zu Gunsten der Sozialversicherung gehabt, wodurch er nunmehr Anspruch auf die darauf gestützten Leistungen habe. Diese Leistungen seien dem Erstbeschwerdeführer seit einiger Zeit auch gewährt worden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Erstbeschwerdeführer mit seinen leiblichen Kindern im Bundesgebiet "geduldet" werde, obwohl er derzeit "keine nachhaltige Einkommenssicherung" besitze. Eine Unterstellung einer auch zukünftigen "Belastung" der öffentlichen Hand sei im Gesetz nicht gedeckt. Die Beschwerdeführer hätten Anspruch auf Leistungen "aus der öffentlichen Hand" unabhängig davon "ob Österreicher oder Nichtösterreicher", daran ändere die Erteilung der Staatsbürgerschaft nichts.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG in der (vorliegend maßgeblichen) Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006, darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgebiet nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.
Gemäß § 10 Abs. 5 StbG ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitraum für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen.
2. Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes im Sinne der vorgenannten Bestimmungen kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/01/0604, mit Verweisen auf die Vorjudikatur).
3. Im Beschwerdefall stützte die belangte Behörde die Abweisung des Verleihungsantrages des Erstbeschwerdeführers auf die Feststellung, dieser habe im Zeitraum von Mai 2007 bis Sozialhilfeleistungen und zwar Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes bezogen. Gegen diese - im Übrigen durch die Aktenlage bestätigte - Feststellung bringen die Beschwerdeführer nichts vor, vielmehr bezieht sich ihr Vorbringen - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist - ausschließlich auf im angefochtenen Bescheid gar nicht angesprochene Leistungen der Sozialversicherung.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführer, die Erteilung der Staatsbürgerschaft ändere nichts daran, dass sie Anspruch auf Leistungen "aus der öffentlichen Hand" hätten und eine Differenzierung nach der jeweiligen Staatsbürgerschaft sowie die "Unterstellung einer auch zukünftigen 'Belastung' der öffentlichen Hand" sei durch das Gesetz nicht gedeckt, genügt es auf die oben angeführte Rechtsprechung und die dabei angeführten Motive des Gesetzgebers zu verweisen.
4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-86173