VwGH vom 08.11.2013, 2013/17/0185
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2013/17/0187
2013/17/0186
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Schwarz als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerden der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 1.) , Zl. VwSen-360024/10/AL/ER,
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2.) | , Zl. VwSen-360025/12/AL/ER, |
3.) | , Zl. VwSen-360039/11/AL/ER, betreffend Übertretung des GSpG (mitbeteiligte Parteien: 1. AW, 2. FS, 3. NA, alle vertreten durch Prof. Dr. Fritz Wennig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schauflergasse 6,), zu Recht erkannt: |
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden jeweils wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1. Mit Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom , und , wurden die Mitbeteiligten jeweils der Übertretung des § 52 Abs. 2 Z 1 des Glücksspielgesetzes (GSpG) für schuldig erkannt und über sie jeweils Geldstrafen von EUR 2.000 Euro verhängt.
Mit den angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde den Berufungen der Mitbeteiligten Folge, behob die Straferkenntnisse und stellte die Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein.
In der Begründung führte die belangte Behörde jeweils aus, sie habe gegen die Mitbeteiligten der gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren der zuständigen Staatsanwaltschaft Anzeige "wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet". Mit Schreiben vom bzw. sei die belangte Behörde von der Staatsanwaltschaft davon benachrichtigt worden, dass die Ermittlungsverfahren gegen die Mitbeteiligten jeweils gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt worden seien. Im Ergebnis komme der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltlichen Einstellung aufgrund der mittlerweile eingetretenen Verjährung der Taten jedenfalls die Bedeutung eines Freispruches im Sinne des Art 4 7. ZPEMRK zu, der eine weitere Verfolgung oder Bestrafung der Mitbeteiligten ausschließe. Im Übrigen führe aber auch eine von der belangten Behörde selbstständig vorgenommene Beurteilung zum Vorliegen eines gerichtlich zu ahndenden Tatbestandes. Und zwar liege "aufgrund der - im Verwaltungsakt eindeutig belegten - Ausgestaltung sämtlicher Geräte mit Automatik-Start-Tasten" der "strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor". Im Hinblick auf die in den vorliegenden Fällen daher grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts könne im Ergebnis jedenfalls keine Verwaltungsübertretung mehr vorliegen.
Gegen diese Entscheidungen richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde mit dem Antrag, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, ebenso wie die Mitbeteiligten, in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass nach einer Verfahrenseinstellung oder einem freisprechenden Urteil durch die Gerichte die Verwaltungsbehörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen habe (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/17/0134, und vom , Zl. 2012/17/0576). Aus der Einstellung ergibt sich nicht, dass die Staatsanwaltschaft vom Vorliegen gerichtlich strafbarer Tatbestände ausgegangen wäre, sodass hier - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend - die belangte Behörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0533). Dabei gleichen die vorliegenden Beschwerdefälle vom entscheidungswesentlichen Sachverhalt und von der maßgeblichen Rechtslage her demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zlen. 2013/17/0210 und 0211, entschieden hat. Auch in den gegenständlichen Fällen wurden keine Feststellungen zur genauen Funktionsweise der "Automatik-Start-Taste" und ob die Rahmenbedingungen einen Spieler dazu verleiten, dass die Summe der von ihm im Verlaufe einer ganzen Spielveranstaltung eingesetzten Vermögenswerte nicht mehr gering ist bzw. ob Spieler vorsätzlich zu "Serienspielen" veranlasst werden sollten, getroffen. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Aus den dort näher dargelegten Gründen waren auch die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
Fundstelle(n):
OAAAE-86155