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VwGH 21.07.2020, Ra 2020/02/0092

VwGH 21.07.2020, Ra 2020/02/0092

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg
WettenG Wr 2016 §1 idF 2016/048
WettenG Wr 2016 §2 Z3 idF 2016/048
WettenG Wr 2016 §24 Abs1 idF 2016/048
RS 1
Wie der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt (vgl RIS-Justiz RS0118755), entzieht sich die Vermittlungstätigkeit selbst einer gesetzlichen Definition, weil die an sie zu stellenden Anforderungen je nach Geschäftszweig und Lage des Falls sehr variieren. Selbstverständlich ist jedoch, dass der Begriff "Vermitteln" bedeutet, zwei potenzielle Vertragspartner zusammenzubringen und zum Geschäftsabschluss zu bewegen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2013/17/0415 E RS 3
Normen
VwGG §42 Abs2 Z1
WettenG Wr 2016 §1 idF 2016/048
WettenG Wr 2016 §2 Z3 idF 2016/048
WettenG Wr 2016 §24 Abs1 Z1 idF 2016/048
RS 2
Das Vermitteln von Wettkundinnen und Wettkunden erfordert ein Tätigwerden des Vermittlers zur Zuführung von Wettkundinnen und Wettkunden an Buchmacher oder Totalisateure, das typischerweise durch eine Provision für jede abgeschlossene Wette honoriert wird (vgl. bis 0191). Die Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher und Totalisateure ist eine der Tätigkeit der Buchmacher und Totalisateure vorgeschaltete Tätigkeit. Sie erfolgt mittlerweile vielfach über Wettterminals und das Internet. Der Wettkundenvermittler schließt dabei nicht unmittelbar eine Wette ab oder vermittelt eine solche, sondern vermittelt vielmehr den Wettkunden an den Buchmacher oder den Totalisateur. Der Vermittler nimmt im Namen des Buchmachers oder Totalisateurs die Wetteinsätze ein und zahlt einen allfälligen Gewinn in dessen Namen auch wieder aus (vgl. ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2017/02/0078 E RS 3
Normen
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §1 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg
WettenG Wr 2016 §2 Z3 idF 2016/048
WettenG Wr 2016 §24 Abs1 Z1 idF 2016/048
WettenG Wr 2016 §3
WettenG Wr 2016 §4
RS 3
Das Aufstellen oder der Betrieb von Wettterminals ist zweifellos eine Tätigkeit im Rahmen der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkunden (). Dieses Begriffsverständnis der Tätigkeit als Vermittler von Wettkunden im Zusammenhang mit dem Aufstellen von Wettterminals hat der VwGH auch § 1 Abs. 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens beigemessen (). In der Folge hat der VwGH auch zum Wr WettenG 2016 ausgesprochen, dass von einer Vermittlung von Wettkunden schon dann auszugehen ist, wenn Wettterminals aufgestellt und betrieben werden (, 0032).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des Magistrates der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , 1. VGW-002/042/1976/2019 und 2. VGW-002/042/1979/2019, betreffend Übertretungen des Wiener Wettengesetzes (mitbeteiligte Parteien: 1. K K und 2. Ö K, beide in R, beide vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird insoweit,

1. als damit zu VGW-002/042/1976/2019 zu Spruchpunkt 7.1) (Straferkenntnis) der Beschwerde Folge gegeben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt wurde,

2. als damit zu VGW-002/042/1976/2019 zu Spruchpunkt 7.2) zu Spruchpunkt 3 (Verfallsausspruch) der Beschwerde Folge gegeben und der Verfallsausspruch behoben wurde,

3. als damit zu VGW-002/042/1979/2019 zu Spruchpunkt 8.1) (Straferkenntnis) der Beschwerde Folge gegeben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt wurde,

4. als damit zu VGW-002/042/1979/2019 zu Spruchpunkt 8.2) zu Spruchpunkt 3 (Verfallsausspruch) der Beschwerde Folge gegeben und der Verfallsausspruch behoben wurde,

wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 1.1. Mit Straferkenntnis der Amtsrevisionswerberin vom wurde dem Erstmitbeteiligten Folgendes vorgeworfen:

„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der D GmbH [...] und somit gemäß [§] 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser Gesellschaft zu verantworten, dass diese am um 12:06 Uhr in Wien, Nstraße 6, Wettlokal ‚T‘, die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich als Vermittlerin von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, wie z.B. Fußballspiele [Probewette: Einzelwette Benfica Lissabon gegen Borussia Dortmund; Gesamtquote: 3,30; Max. Ausz.: 6,27 Euro; Einsatz: 1,90 Euro] insofern ausgeübt hat, als sie Wettkundinnen und Wettkunden im Wege von sechs betriebsbereiten Wettterminals (jeweils drei Standterminals mit der Bezeichnung ... und jeweils drei Wandterminals mit der Bezeichnung ...) und mit einem betriebsbereiten Wettannahmeschalter gegen Entrichtung eines Wetteinsatzes zum Abschluss an die Buchmacherin T [...] gewerbsmäßig weitergeleitet hat, obwohl die D GmbH im Tatzeitpunkt über keine erforderliche aufrechte Bewilligung nach § 3 und § 4 des Gesetzes über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten, LGBl für Wien Nr. 26/2016 idgF (Wiener Wettengesetz), verfügte (Überprüfung durch Organwalter des Magistrates der Stadt Wien - Magistratsabteilung 36, am um 12:06 Uhr in Wien, Nstraße 6, Wettlokal ‚T‘).“

2 Wegen Verletzung des § 3 Wiener Wettengesetz iVm. § 9 Abs. 1 VStG verhängte die revisionswerbende Partei über den Erstmitbeteiligten eine Geldstrafe sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 erster Fall Wiener Wettengesetz, verpflichtete ihn zur Zahlung eines Beitrages zu den Verfahrenskosten gemäß § 64 VStG und sprach aus, dass die D GmbH (bzw. nunmehr die H GmbH) für die Geldstrafe sowie die Verfahrenskosten hafte.

3 1.2. Mit Straferkenntnis der Amtsrevisionswerberin vom wurde dem Zweitmitbeteiligten als handelsrechtlichem Geschäftsführer der D GmbH dieselbe Tat vorgeworfen und über ihn wegen Verletzung des § 3 Wiener Wettengesetz iVm. § 9 Abs. 1 VStG ebenfalls eine Geldstrafe sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 erster Fall Wiener Wettengesetz verhängt; die revisionswerbende Partei verpflichtete ihn zur Zahlung eines Beitrages zu den Verfahrenskosten gemäß § 64 VStG und sprach aus, dass die D GmbH (bzw. nunmehr die H GmbH) für die Geldstrafe sowie die Verfahrenskosten hafte. Darüber hinaus wurde in diesem Straferkenntnis mit Spruchpunkt 2. gemäß § 23 Abs. 8 Wiener Wettengesetz der Ersatz der Barauslagen für Schlosserarbeiten vorgeschrieben und mit Spruchpunkt 3. der Verfall von sechs Wettterminals gemäß § 17 Abs. 1 VStG in Verbindung mit § 24 Abs. 2 Wiener Wettengesetz angeordnet.

4 2.1. Das Verwaltungsgericht Wien gab der gegen das erste Straferkenntnis erhobenen Beschwerde des Erstmitbeteiligten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Spruchpunkt 7.1. seines Erkenntnisses vom Folge, behob das Straferkenntnis, stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein und sprach aus, dass der Erstmitbeteiligte keinen Kostenbeitrag gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG zu leisten habe. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig (Spruchpunkt 7.1.II). Mit Spruchpunkt 7.2. gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde gegen den Verfallsausspruch Folge und behob diesen; die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig (Spruchpunkt 7.2.II).

5 2.2. Mit Spruchpunkt 8.1. dieses Erkenntnisses gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde des Zweitmitbeteiligten Folge, behob das Straferkenntnis, stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein und sprach aus, dass der Zweitmitbeteiligte keinen Kostenbeitrag gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG zu leisten habe. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig (Spruchpunkt 8.1.II). Mit Spruchpunkt 8.2. gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde gegen den Verfallsausspruch Folge und behob diesen; die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig (Spruchpunkt 8.2.II).

6 2.3. Das Verwaltungsgericht stellte folgenden Sachverhalt fest: Am sei eine Kontrolle durch Organe der revisionswerbenden Partei im Lokal T in der N-Straße 6 erfolgt. Es seien sechs eigenständige Wettannahmeterminals und ein Wettannahmeschalter „angetroffen“ worden. Für den Lokalstandort habe keine aufrechte Bewilligung nach dem Wiener Wettengesetz vorgelegen. Auf den Wettannahmeterminals seien näher dargestellte Probewetten durchgeführt worden, wobei die Wettannahmescheine bestimmte Inhalte gehabt hätten. Die D GmbH sei die Inhaberin des Lokals.

7 In der Folge führte das Verwaltungsgericht - getrennt nach den beiden Geschäftszahlen, jedoch inhaltlich zu beiden Verfahren gleichlautend - jeweils aus, es sei zu ermitteln, ob es erwiesen werden könne, dass die D GmbH sowohl Wettkundenvermittler als auch Wettenvermittler im Lokal gewesen sei. Hiezu sei das Wiener Wettengesetz auszulegen. Der Gesetzgeber differenziere zwischen beiden Tätigkeiten; diese seien einander ausschließende wettunternehmerische Vermittlertätigkeitsprofile. Erst mit der Novelle LGBl. Nr. 40/2018 seien in § 1 Wiener Wettengesetz die Worte „derartige Wetten und“ sowie in § 2 Z 3 leg. cit. die Worte „Wetten oder“ entfallen. Es werde bei der Unterscheidung zwischen der Vermittlung von Wetten und der Vermittlung von Wettkunden deutlich, dass der Gesetzgeber unter der in § 2 Z 3 Wiener Wettengesetz angesprochenen Vermittlung von Wetten nicht die dem Totalisateur vorbehaltene Tätigkeit der Vermittlung von Wetten zwischen Wettkunden, sondern die der Tätigkeit des Totalisateurs bzw. Buchmachers vorgelagerte Tätigkeit der Vermittlung von Wetten an einen Totalisateur oder Buchmacher angesprochen habe. Der Wettkundenvermittler führe dem Buchmacher einen Wettkunden zu, während der Wettenvermittler dem Buchmacher nur ein Wettanbot eines Wettkunden zuführe. Daraus sei zu folgern, dass im Falle der Wettkundenvermittlung der Wettkunde die Wette direkt mit dem Buchmacher (im Falle der Wettkundenvermittlung an einen Buchmacher) bzw. anderen Wettkunden (im Falle der Wettkundenvermittlung an einen Totalisateur) abschließe, daher beim Abschluss des Wettvertrages der Wettkundenvermittler nicht einer der Vertragspartner des Wettvertrags sei. In diesem Fall liege der Vermittlungstätigkeit daher nur ein Vertrag zwischen dem Wettkundenvermittler und dem Buchmacher bzw. Totalisateur zugrunde. Im Falle der Wettkundenvermittlung habe der Vermittler nicht in irgendeiner Weise (am Monitor oder auf dem Wettticket) aufzuscheinen. Demgegenüber sei der Wettenvermittler im Fall eines Wettabschlusses ein „Vertragspartner des Wettabschlusses“, sei diesem doch vom Kunden der Auftrag zur Wettenvermittlung erteilt worden. In diesem Fall liege der Vermittlungstätigkeit daher nicht nur ein Vertrag zwischen dem Wettkundenvermittler und dem Buchmacher bzw. Totalisateur, sondern auch ein Vertrag zwischen dem Wettenvermittler und dem Wettkunden zugrunde. Folglich müsse im Fall der Wettenvermittlung der Wettenvermittler in irgendwelcher Weise aufscheinen. „Streng genommen“ sei zu folgern, dass im Fall des Nichtaufscheinens des Wettenvermittlers auch keine Wettenvermittlung (daher kein Wettenvermittlungsvertragsabschluss) erfolgt sei; diesfalls erfolge nämlich nur ein Abschluss mit dem Buchmacher oder aber mit dem „Quasi-Wettvermittler“ persönlich, sodass in diesem Fall der Wettenvertrag zwischen dem „Quasi-Wettvermittler“ als Buchmacher und dem Wettkunden abgeschlossen sei. Das zentrale Unterscheidungskriterium, ob der Wettkunde mit einem Wettenvermittler einen Wettvermittlungsvertrag abgeschlossen habe oder nicht, sei daher, ob mit ausreichender Deutlichkeit vor dem Vertragsabschluss dem Wettkunden mitgeteilt worden sei, dass die Wette von einer näher bezeichneten Person (daher dem Wettenvermittler) vermittelt werde. Wenn dies der Fall sei, sei ein zweiter Vertrag abgeschlossen worden, ansonsten kein Wettenvermittlungsvertrag. Da ein Wettenvermittlungsvertrag zwischen einem Wettkunden und einem Wettenvermittler nur dann abgeschlossen werde, wenn dem Wettkunden bekannt gewesen sei, dass er einen Wettenvermittlungsvertrag (und nicht nur einen unmittelbaren Vertrag mit dem Buchmacher) abschließe, sei in all den Fällen, in welchen dem Wettkunden nur bekannt gegeben worden sei, dass am konkreten Ort eine bestimmte Person als vermittelnder Wettunternehmer auftrete, ohne dass auch zum Ausdruck gebracht werde, dass im Fall der Übergabe des Wettgebots ein Wettvermittlungsvertrag abgeschlossen worden sei, kein Wettenvermittlungsvertrag abgeschlossen worden. Sei dem Kunden der Buchmacher bekannt gegeben worden, sei der vermittelnde Wettunternehmer als Wettkundenvermittler anzusehen, weil es hiefür keines Vertragsabschlusses zwischen Wettkunden und Vermittlers bedürfe. Das Verwaltungsgericht müsse hiefür die hervorgekommenen Beweisergebnisse würdigen, wobei gegen diese Auslegung auch nicht die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes spreche. Im vorliegenden Fall sei vorgebracht worden, dass die Wetten mit der Buchmacherin T abgeschlossen worden seien. Dies folge auch aus den Wettscheinen. Den Wettkunden sei mitgeteilt worden, dass von der D GmbH das Wettangebot an die T vermittelt werde, weshalb die D GmbH nicht als Wettkundenvermittler zu qualifizieren sei. Den Mitbeteiligten sei jedoch nicht vorgehalten worden, dass sie Wetten vermittelt hätten, sondern Wettkunden, weshalb die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen seien.

8 Da der Verfallsausspruch gemäß § 17 Abs. 1 VStG eine Nebenstrafe sei, setze die Zulässigkeit des Ausspruches eines Verfalls voraus, dass eine rechtmäßige Bestrafung einer Person erfolgt sei. Eine solche sei hier nicht erfolgt, weil das Strafverfahren eingestellt worden sei.

9 3.1. Gegen die Spruchpunkte 7.1. und 7.2. sowie 8.1. und 8.2. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende Amtsrevision.

10 3.2. Die Mitbeteiligten erstatteten eine Revisionsbeantwortung und beantragten die kostenpflichtige Zurück- in eventu die Abweisung der Revision.

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12 Die Revision erweist sich mit ihrem Vorbringen, das Verwaltungsgericht weiche in seinem Erkenntnis von näher genannter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Definition der Wettunternehmertätigkeit ab, hinsichtlich der angefochtenen Spruchpunkte des Erkenntnisses als zulässig. Sie ist in diesem Umfang auch begründet.

13 Die Bestimmungen des Wiener Wettengesetzes in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 26/2016 idF LGBl. Nr. 48/2016 lauten auszugsweise:

„§ 1. Dieses Landesgesetz regelt den gewerbsmäßigen Abschluss (Buchmacherwette) und die gewerbsmäßige Vermittlung (Totalisateurwette) von Wetten aus dem Anlass sportlicher Veranstaltungen sowie die gewerbsmäßige Vermittlung von derartigen Wetten und Wettkundinnen und Wettkunden.

Begriffsbestimmungen

§ 2. Die in diesem Landesgesetz verwendeten Begriffe sind jeweils im Sinne der nachfolgenden Begriffsdefinitionen zu verstehen:

1. Buchmacherin oder Buchmacher ist, wer Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abschließt.

2. Totalisateurin oder Totalisateur ist, wer Wetten zwischen Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig vermittelt.

3. Vermittlerin oder Vermittler ist, wer Wetten, Wettkundinnen oder Wettkunden persönlich oder durch ihr oder sein Personal oder im Wege von Wettterminals (Z 8) gegen Entrichtung eines Wetteinsatzes zum Abschluss an eine Buchmacherin oder an einen Buchmacher oder andere Personen gewerbsmäßig weiterleitet.

4. Wettunternehmerin oder Wettunternehmer ist, wer die Tätigkeit als Buchmacherin oder Buchmacher und/oder als Totalisateurin oder Totalisateur und/oder als Vermittlerin oder Vermittler gewerbsmäßig ausübt.

5. Wettkundin oder Wettkunde ist jede Person, die eine Leistung der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers in Anspruch nimmt.

6. Wette ist ein Glücksvertrag zwischen der Wettunternehmerin oder dem Wettunternehmer und jenen Personen, die gegen Entrichtung eines gewählten Einsatzbetrages eine Vorhersage über den Ausgang eines zum Zeitpunkt des Wettabschlusses oder der Wettvermittlung in der Zukunft liegenden sportlichen Ereignisses in der Hoffnung rechtsverbindlich bekannt gegeben haben, einen für den Fall des Zutreffens dieser Vorhersage in Aussicht gestellten Gewinn zu erlangen.

7. Betriebsstätte im Sinne dieses Gesetzes ist jede ortsfeste, öffentlich zugängliche Einrichtung, in der Wetten von einer Buchmacherin oder von einem Buchmacher gewerbsmäßig abgeschlossen und/oder in der Wetten von einer Totalisateurin oder einem Totalisateur vermittelt und/oder in der Wetten oder Wettkundinnen und Wettkunden von einer Vermittlerin oder einem Vermittler gewerbsmäßig vermittelt werden.

8. Wettterminal im Sinne dieses Gesetzes ist eine technische Einrichtung in einer Betriebsstätte, die über eine Datenleitung einer Person, gegen Entrichtung eines Wetteinsatzes unmittelbar den Abschluss einer Buchmacherwette mit der Bewilligungsinhaberin als Buchmacherin, mit dem Bewilligungsinhaber als Buchmacher oder einer oder eines vom Wettunternehmen angegebenen Buchmacherin oder Buchmachers zu deren oder dessen Bedingungen und Quoten ermöglicht.

9. Wettreglements sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer.

...

Strafbestimmungen

§ 24. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - von der Behörde mit einer Geldstrafe bis 22.000 € und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer

1. die Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer ohne aufrechte Bewilligung nach § 3 oder § 4 ausübt, unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer daran beteiligt;

2. [...]

[...]“.

14 § 2 Z 3 Wiener Wettengesetz verstand daher zum Tatzeitpunkt unter einem Vermittler, wer Wetten, Wettkundinnen oder Wettkunden persönlich oder durch ihr oder sein Personal oder im Wege von Wettterminals (Z 8) gegen Entrichtung eines Wetteinsatzes zum Abschluss an eine Buchmacherin oder an einen Buchmacher oder andere Personen gewerbsmäßig weiterleitet.

15 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zum Vorarlberger Wettengesetz ausgesprochen hat, entzieht sich die Vermittlungstätigkeit selbst einer gesetzlichen Definition, weil die an sie zu stellenden Anforderungen je nach Geschäftszweig und Lage des Falles sehr variieren; es ist jedoch selbstverständlich, dass der Begriff „Vermitteln“ bedeutet, zwei potentielle Vertragspartner zusammenzubringen und zum Geschäftsabschluss zu bewegen (vgl. , mwN).

16 Das Vermitteln von Wettkunden erfordert dabei ein Tätigwerden des Vermittlers zur Zuführung von Wettkundinnen und Wettkunden an Buchmacher oder Totalisateure, das typischerweise durch eine Provision für jede abgeschlossene Wette honoriert wird (vgl.  bis 0191). Die Vermittlung von Wettkunden an Buchmacher und Totalisateure ist eine der Tätigkeit der Buchmacher und Totalisateure vorgeschaltete Tätigkeit. Sie erfolgt mittlerweile vielfach über Wettterminals und das Internet. Der Wettkundenvermittler schließt dabei nicht unmittelbar eine Wette ab oder vermittelt eine solche, sondern vermittelt vielmehr den Wettkunden an den Buchmacher oder den Totalisateur. Der Vermittler nimmt im Namen des Buchmachers oder Totalisateurs die Wetteinsätze ein und zahlt einen allfälligen Gewinn in dessen Namen auch wieder aus (vgl. ).

17 Das Aufstellen oder der Betrieb von Wettterminals ist dabei zweifellos eine Tätigkeit im Rahmen der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkunden (so erneut ).

18 Dieses Begriffsverständnis der Tätigkeit als Vermittler von Wettkunden im Zusammenhang mit dem Aufstellen von Wettterminals hat der Verwaltungsgerichtshof auch § 1 Abs. 1 des Wiener Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, LGBl. Nr. 388/1919 idF LGBl. Nr. 26/2015, beigemessen ().

19 In der Folge hat der Verwaltungsgerichtshof auch zum Wiener Wettengesetz ausgesprochen, dass von einer Vermittlung von Wettkunden schon dann auszugehen ist, wenn Wettterminals aufgestellt und betrieben werden (, 0032).

20 Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Das Aufstellen oder der Betrieb von Wettterminals bedeutet, dass eine Vermittlung von Wettkunden vorliegt.

21 Den Mitbeteiligten wurde mit den Straferkenntnissen der revisionswerbenden Partei vorgeworfen, es als zur Vertretung nach außen berufene Organe der D GmbH verantworten zu haben, dass diese GmbH bewilligungslos die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich als Vermittlerin von Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen ausgeübt habe, als sie Wettkunden im Wege von sechs betriebsbereiten Wettterminals zum Abschluss an die Buchmacherin gewerbsmäßig weitergeleitet habe.

22 Wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, wurden im Lokal der D GmbH, deren handelsrechtliche Geschäftsführer die Mitbeteiligten sind, Wettterminals betrieben. Waren jedoch (betriebsbereite) Wettterminals aufgestellt, lag eine Vermittlung von Wettkunden vor.

23 Indem das Verwaltungsgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als Vermittlung von Wetten qualifizierte, belastete es sein Erkenntnis im Umfang der Spruchpunkte 7.1. und 8.1. sowie 7.2. und 8.2. mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

24 Aus diesem Grund war das angefochtene Erkenntnis in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

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Normen
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §1 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg
WettenG Wr 2016 §1 idF 2016/048
WettenG Wr 2016 §2 Z3 idF 2016/048
WettenG Wr 2016 §24 Abs1 idF 2016/048
WettenG Wr 2016 §24 Abs1 Z1 idF 2016/048
WettenG Wr 2016 §3
WettenG Wr 2016 §4
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Besondere Rechtsgebiete
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020092.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAE-86145

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