VwGH vom 18.05.2016, 2013/17/0166
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Beschwerde des B F in S an der S, vertreten durch Mag. Margit Metz, Rechtsanwältin in 3843 Dobersberg, Schellings 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , BMLFUW-LE./1117- I/7/2012, betreffend einheitliche Betriebsprämie 2011 (Anerkennung als Neubeginner), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Anerkennung als Neubeginner für die einheitliche Betriebsprämie 2011 ab.
2 Nach Darlegung des Verfahrensganges und der als relevant erachteten Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag angegeben, die Bewirtschaftung sei am aufgenommen worden, in den letzten fünf Jahren vor der Aufnahme der Bewirtschaftung sei keine landwirtschaftliche Tätigkeit auf eigenen Namen und Rechnung ausgeübt worden, die Aufnahme der Bewirtschaftung sei vor Vollendung des 40. Lebensjahres erfolgt und die berufliche Ausbildung sei abgeschlossen. Dem Antrag seien ein Betriebskonzept sowie ein Zeugnis über die Abschlussprüfung der Teilqualifikation im Lehrberuf Landwirtschaft beigelegt worden. Die in § 8 Abs 3 Z 5 MOG 2007 genannten Voraussetzungen seien insofern erfüllt, als die zweijährige Frist für die Nachreichung der beruflichen Mindestqualifikation noch nicht abgelaufen sei. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass im Fall des Beschwerdeführers ein höherwertiger Schulabschluss nicht möglich sei, weil nach einem Schlaganfall im Alter von drei Jahren Einschränkungen, insbesondere im schulischen Bereich, vorhanden seien. Daher sei auch kein regulärer Lehrabschluss zum landwirtschaftlichen Facharbeiter, sondern ein Abschluss in Form einer Teilqualifikation im Lehrberuf Landwirtschaft erfolgt. Jedoch stünden dem Beschwerdeführer bei der Betriebsführung seine Eltern zur Seite, welche aufgrund deren eigenen Betriebsführereigenschaft über die nötigen Fachkenntnisse verfügten. Der Fortbestand und die Entwicklung des neuen Betriebs erschienen aus diesem Grund nicht gefährdet. Das Beharren auf der Erfüllung des Erfordernisses der beruflichen Mindestqualifikation komme einer mittelbaren Diskriminierung gleich. Es erschienen daher im vorliegenden Fall die Nachweise im Hinblick auf die berufliche Mindestqualifikation für eine Anerkennung als Sonderfall Neubeginner als ausreichend.
3 Darüber hinaus sei allerdings zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für den Erhalt von Zahlungen gemäß Art 30 der Verordnung (EG) Nr 73/2009 künstlich geschaffen worden seien. Die Feststellung eines Missbrauchs setze vorerst voraus, dass eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergebe, dass trotz formaler Einhaltung der unionsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht worden sei.
4 Diesbezüglich verwies die belangte Behörde auf die im Antrag 2011 beantragten Flächen. Der Betrieb sei mit Wirksamkeitsbeginn als Neuanlage gemeldet worden. Die von diesem Betrieb beantragten Grundstücke im Gesamtausmaß von 22,79 ha seien zu einem weitaus überwiegenden Teil im Familienkreis weitergegeben worden. Diesbezüglich stützte sich die belangte Behörde auf eine im angefochtenen Bescheid dargestellte Tabelle. Es seien im Zuge der am im Betrieb durchgeführten Vorortkontrolle zwei Pachtvereinbarungen vom vorgelegt worden, wovon eine zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Eltern über eine Fläche von 21,47 ha Ackerland und eine zwischen dem Beschwerdeführer und Herrn F J (möglicherweise dem Onkel des Beschwerdeführers) über eine Fläche von 1,32 ha Ackerland abgeschlossen worden sei. Die vorgelegten Pachtvereinbarungen entsprächen nicht den unter Fremden üblichen Pachtverträgen. Weder seien die konkret verpachteten Flächen durch die Angabe der Katastralgemeinde und Grundstücksnummer identifiziert, noch enthielten die Pachtvereinbarungen Regelungen zum Pachtzins sowie Kündigungsbestimmungen. Darüber hinaus fehle jeder Hinweis auf die Gebührenselbstberechnung für das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern. Zu dem mit den Eltern des Beschwerdeführers abgeschlossenen Pachtvertrag sei weiters festzuhalten, dass sich dieser pauschal auf eine Ackerfläche im Ausmaß von 21,47 ha beziehe. Da der Beschwerdeführer im Antragsjahr 2011 eine Ackerfläche im Ausmaß von 22,79 ha beantragt habe, errechne sich das Flächenausmaß von 21,47 ha als Differenz nach Abzug der 1,32 ha Ackerland, welches von F J gepachtet worden sei. Eine Überprüfung der einzelnen beantragten Flächen habe jedoch ergeben, dass es sich bei den errechneten 21,47 ha nicht ausschließlich um Flächen handle, die im Eigentum der Eltern des Beschwerdeführers stünden. Dass der Beschwerdeführer dennoch mit seinen Eltern für Flächen, die weder im Eigentum der Eltern noch im Jahr 2010 in deren Bewirtschaftung gestanden seien, eine Pachtvereinbarung abgeschlossen hätte, erscheine nicht nachvollziehbar. Die Erklärung des Beschwerdeführers, wonach die Flächen per Pachtvereinbarung gepachtet und im Subpachtweg an den Beschwerdeführer weitergegeben worden seien, sei für jene Grundstücke, welche in der angeführten Tabelle im Fettdruck dargestellt seien (Anmerkung: Dabei handelt es sich um 8 von 29 Grundstücken.), jedenfalls nicht schlüssig.
5 Mit der im Familienkreis erfolgten Flächenweitergabe seien keine Ansprüche der einheitlichen Betriebsprämie (Zahlungsansprüche) mitübertragen worden. Zudem falle auf, dass der Beschwerdeführer zwar einen Teil der Flächen (5,16 ha) des Betriebs M M übernommen habe, dass aber sämtliche Zahlungsansprüche dieses Betriebs seinen Eltern übertragen worden seien, sodass diese im Ergebnis mehr Zahlungsansprüche als Fläche vom Betrieb M M übernommen hätten.
6 Das vom Betrieb des Beschwerdeführers genutzte Wirtschaftsgebäude werde von ihm aufgrund einer Pachtvereinbarung mit seinen Eltern genutzt. Der entsprechende Vertrag betreffend die Maschinenscheune entspreche nicht den unter Fremden üblichen Pachtverträgen, da keine Regelungen zum Pachtzins und auch keine Kündigungsbestimmungen enthalten seien. Weiters fehle auch hier jeder Hinweis auf die Vergebührung beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern. Die Aussage des Beschwerdeführers, wonach die Pachtung als "Starthilfe" unentgeltlich erfolgt sei, mache deutlich, dass es sich dabei nicht um einen unter Fremden üblichen Geschäftsvorgang handle. Der weiters vom Beschwerdeführer vorgelegte Mietvertrag vom betreffend eine Lager- und Verpackungshalle sowie für die Benützung der Verpackungsmaschinen ohne Verpackungsmaterial zeige ebenso die enge Verknüpfung des neuen Betriebes mit jenem der Eltern des Beschwerdeführers.
7 Laut den vorgelegten Rechnungen habe der Beschwerdeführer die Betriebsmittel für seinen Betrieb von seinen Eltern bezogen. Die Maschinenausstattung habe er ebenfalls von seinen Eltern erworben. Dazu seien vier Kassaeingangsbelege vom als Nachweis der erfolgten Bezahlung vorgelegt worden. Die Belege bezögen sich jeweils auf Rechnungen, die mit den Nummern 01/300411 bis 04/300411 fortlaufend nummeriert seien. Diese Rechnungen enthielten jeweils den handschriftlichen Vermerk "Bezahlung erfolgt nach Ernte". Die nunmehr vorgelegten Kassaeingangsbelege dokumentierten hingegen einen Zahlungseingang am , somit eine Bezahlung noch vor dem Rechnungsdatum, auf den sie sich jeweils bezögen. Die vorgelegten Beweismittel erschienen der Berufungsbehörde somit nicht schlüssig.
8 Weiters falle auf, dass der Beschwerdeführer mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt wohne. Die Eltern des Beschwerdeführers arbeiteten in seinem Betrieb mit. Ob und in welcher Form dafür eine Verrechnung wie unter Fremden vorgenommen werde, sei aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich.
9 Die Feststellung, ob ein Missbrauch vorliege, setze weiters ein subjektives Element voraus, nämlich die Absicht, sich einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen würden. Die Schaffung des neuen Betriebs in der vorliegenden Art und Weise durch den Beschwerdeführer sei angesichts der engen Verflechtung mit dem Betrieb seiner Eltern unter Außerachtlassung der Neubeginnerregelung nicht plausibel erklärbar. Dabei werde nicht in Abrede gestellt, dass mit der Betriebsgründung ein eigenständiger Betrieb entstanden sei, den der Beschwerdeführer auf eigenen Namen und Rechnung führe. Jedoch sei die Berufungsbehörde davon überzeugt, dass das vorrangige Ziel der gegenständlichen Betriebsgründung in der kostenfreien Erlangung zusätzlicher Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve liege. Ließe man die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Neubeginnerregelung außer Acht, erscheine die vorgenommene Betriebsgründung vor dem dargelegten Hintergrund betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll. Die Flächenweitergabe (ohne Weitergabe von Zahlungsansprüchen) habe im Familienkreis stattgefunden. Auch wenn der bisherige Bewirtschafter der Flächen nicht verpflichtet sei, Zahlungsansprüche weiterzugeben, sei unter den gegebenen Umständen von einer bewussten, akkordierten Vorgangsweise auszugehen. Unter Zugrundelegung des Verhaltens eines umsichtigen Wirtschaftsteilnehmers, der seine Geschäfte unter Beachtung der einschlägigen Rechtsregeln und entsprechend den im betreffenden Sektor bestehenden wirtschaftlichen und kaufmännischen Gepflogenheiten führe, könne die Berufungsbehörde in der Betriebsspaltung und in der im vorliegenden Fall nicht erfolgten Weitergabe von Zahlungsansprüchen keine rationelle wirtschaftliche Begründung erkennen.
10 Die Berufungsbehörde gehe somit davon aus, dass trotz formaler Erfüllung der Voraussetzungen für die Anerkennung als Sonderfall Neubeginner eine künstliche Schaffung der Voraussetzungen für den Erhalt der Begünstigung vorliege und damit auch ein den Zielen der Neubeginnerregelung zuwiderlaufender Vorteil erwirkt werden solle. Es liege somit ein Anwendungsfall des Art 30 der Verordnung (EG) Nr 73/2009 vor.
11 Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
12 Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
13 Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
14 Nach Art 41 Abs 2 der Verordnung (EG) Nr 73/2009 des Rates vom mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr 1290/2005, (EG) Nr 247/2006, (EG) Nr 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr 1782/2003, ABl Nr L 030 vom , Seite 16, können die Mitgliedstaaten die nationale Reserve verwenden, um nach objektiven Kriterien unter Gewährleistung der Gleichbehandlung der Betriebsinhaber und unter Vermeidung von Markt- und Wettbewerbsverzerrungen vorrangig Zahlungsansprüche an Betriebsinhaber zuzuteilen, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen.
15 Art 20 und 22 der Verordnung (EG) Nr 1698/2005 des Rates vom über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) lauten (auszugsweise):
"Artikel 20
Maßnahmen
Interventionen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft betreffen
a) Maßnahmen zur Förderung der Kenntnisse und zur Stärkung des Humanpotenzials:
i) (...),
ii) Niederlassung von Junglandwirten,
iii) (...)
Artikel 22
Niederlassung von Junglandwirten
(1) Die Beihilfe nach Artikel 20 Buchstabe a Ziffer ii wird Personen gewährt, die
a) weniger als 40 Jahre alt sind und sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsinhaber niederlassen,
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b) | über eine ausreichende berufliche Qualifikation verfügen, |
c) | einen Betriebsverbesserungsplan für die Entwicklung ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit vorlegen. |
(2) Die Unterstützung wird bis zu dem im Anhang I festgesetzten Höchstbetrag gewährt."
16 Erwägungsgrund 16 zur Verordnung (EG) Nr 1698/2005 lautet:
"Für Junglandwirte können die Erstniederlassung und die spätere strukturelle Anpassung ihrer Betriebe durch eine spezielle Förderung erleichtert werden. Die Niederlassungsbeihilfe sollte an die Bedingung geknüpft werden, dass ein Betriebsverbesserungsplan erstellt wird, der die Gewähr dafür bietet, dass nach und nach eine Entwicklung in der Tätigkeit des neuen landwirtschaftlichen Betriebs erfolgt."
17 § 8 Abs 3 Z 5 des Marktordnungsgesetzes 2007, BGBl I Nr 55/2007, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl I Nr 86/2009, lautet:
"Direktzahlungen
§ 8 (1) (...)
(3) Bei der Durchführung der Betriebsprämienregelung gemäß Titel III der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 ist nach folgender Maßgabe vorzugehen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | (...) |
5. | In Anwendung des Art. 41 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 werden Betriebsinhabern, die |
a) | seit 15. Mai des der Antragstellung vorangehenden Jahres begonnen haben, einen landwirtschaftlichen Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu führen und keine Zahlungsansprüche für diesen Betrieb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übertragen erhalten haben und |
b) | die Voraussetzungen für die Niederlassungsbeihilfe gemäß Art. 22 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, ABl. Nr. L 277 vom S 1 erfüllen, |
Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve zugewiesen. Der Wert der Zahlungsansprüche entspricht dem regionalen Durchschnittswert gemäß Z 9. Die Anzahl der zuzuteilenden Zahlungsansprüche ergibt sich aus dem verfügbaren Ausmaß an beihilfefähigen Flächen, für die bislang keine Zahlungsansprüche zugeteilt wurden, wobei mindestens 4 ha beihilfefähige Flächen vorhanden sein müssen. Flächen, für die Zahlungsansprüche mitübertragen worden sind, sind nicht einzubeziehen. | |
(...) | |
9. | Der regionale Durchschnittswert des Zahlungsanspruchs beträgt für das gesamte Bundesgebiet 220 Euro. |
(...)" | |
18 Art 30 der Verordnung (EG) Nr 73/2009, der die Überschrift | |
"Anti-Umgehungsklausel" trägt, lautet: | |
"Unbeschadet besonderer Bestimmungen in einzelnen Stützungsregelungen erhalten Betriebsinhaber keine Zahlungen, wenn feststeht, dass sie die Voraussetzungen für den Erhalt solcher Zahlungen künstlich geschaffen haben, um einen den Zielen der betreffenden Stützungsregelung zuwiderlaufenden Vorteil zu erwirken." | |
19 Erwägungsgrund 23 und 25 zur Verordnung (EG) Nr 73/2009 lauten: |
"(23) Die Erfahrung bei der Anwendung der Betriebsprämienregelung hat gezeigt, dass eine entkoppelte Einkommensstützung in mehreren Fällen Begünstigten gewährt wurde, deren landwirtschaftliche Tätigkeiten nur einen unwesentlichen Teil ihrer gesamten wirtschaftlichen Tätigkeiten ausmachten oder deren Geschäftszweck nicht oder nur marginal darin bestand, eine landwirtschaftliche Tätigkeit auszuüben. Um zu vermeiden, dass solche Empfänger eine landwirtschaftliche Einkommensstützung erhalten, und um zu gewährleisten, dass die Gemeinschaftsstützung ausschließlich dazu verwendet wird, der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu sichern, sollten die Mitgliedstaaten, in denen solche Beihilfen gezahlt werden, ermächtigt werden, solchen natürlichen und juristischen Personen keine Direktzahlungen im Rahmen dieser Verordnung zu gewähren.
(25) Die Stützungsregelungen im Rahmen der GAP sehen direkte Einkommensbeihilfen vor allem vor, um der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten. Dieses Ziel ist eng verknüpft mit der Erhaltung der ländlichen Gebiete. Um eine Fehlleitung von Gemeinschaftsmitteln zu verhindern, sollten Betriebsinhaber, die die Voraussetzungen für den Bezug dieser Zahlungen künstlich geschaffen haben, keine Stützungszahlungen erhalten."
20 Die belangte Behörde führt entscheidungswesentlich in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, dass zwar die in § 8 Abs 3 Z 5 MOG genannten Voraussetzungen für die Anerkennung als "Sonderfall Neubeginner" gegeben seien, die Voraussetzungen für den Erhalt der Zahlungen jedoch künstlich geschaffen worden seien und damit auch ein den Zielen der Neubeginner-Regelung zuwiderlaufender Vorteil erwirkt werden sollte.
21 Der Verwaltungsgerichtshof war bereits verschiedentlich mit Beschwerdefällen befasst, in denen die Frage zu beurteilen war, ob eine künstliche Schaffung der Voraussetzungen für den Bezug von Zahlungen im Sinne der oben dargestellten Rechtsvorschriften vorgelegen sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat dabei beispielsweise im Erkenntnis vom , 2011/17/0013, der Beurteilung der belangten Behörde, es liege eine künstliche Schaffung der Voraussetzungen im Sinne des auch im Beschwerdefall anzuwendenden Art 30 der Verordnung (EG) Nr 73/2009 vor, beigepflichtet, da in jenem Fall sämtliche für den Beschwerdefall maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Vorgänge im familiären Umfeld der im Zeitpunkt der Schaffung des Betriebes minderjährigen Betriebsinhaberin abgewickelt worden waren (ähnlich auch ).
22 Im hier vorliegenden Beschwerdefall war der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Betriebsschaffung nicht mehr minderjährig. Allerdings geht die belangte Behörde - wie in den vorgenannten Beschwerdefällen - davon aus, die maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Vorgänge hätten im familiären Umfeld des Beschwerdeführers stattgefunden. So seien die vom Beschwerdeführer angegebenen Grundstücksflächen "zu einem weitaus überwiegenden Teil im Familienkreis weitergegeben" worden. Dazu, in welchem Ausmaß Flächen einerseits im Familienkreis weitergegeben und andererseits außerhalb der Familie erlangt wurden, trifft die belangte Behörde jedoch keine Feststellungen.
23 Wenngleich auch dann, wenn ein neu geschaffener Betrieb zu einem Teil aus Flächen, die bis zur Schaffung des Betriebs von nahen Angehörigen bewirtschaftet wurden, und zu einem anderen Teil aus sonstigen Flächen gebildet wird, die Vermutung einer künstlichen Schaffung der Voraussetzungen der Anspruchsgrundlagen als Neubeginner insofern nahe liegen könnte, als Zweifel entstehen könnten, ob und inwieweit tatsächlich ein eigenständiger neuer Betrieb entstanden ist, können die hier nicht näher festgestellten Flächen, die nicht im Familienkreis weitergegeben wurden (zumal den Ausführungen der belangten Behörde zur Nichtübertragung von Zahlungsansprüchen zu entnehmen ist, dass schon die vom Betrieb M M übernommene Fläche 5,16 ha betrug und daher für sich allein die im Unionsrecht vorgesehene Mindestgröße eines Neubeginner-Betriebes überschreitet), und deren Bewirtschaftung bei der Begründung der Annahme, es seien die Voraussetzungen künstlich geschaffen worden, nicht außer Betracht gelassen werden (vgl ). Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu ermitteln, ob nicht die Eltern des Beschwerdeführers diese Flächen vom Betrieb M M übernommen haben. In diese Richtung weist der Umstand, dass nach den Feststellungen der belangten Behörde sämtliche Zahlungsansprüche dieses Betriebes den Eltern des Beschwerdeführers übertragen wurden. Es könnte auch ein Umgehungsgeschäft (wahre Geschäftspartner der Flächenübertragung waren die Eltern des Beschwerdeführers) vorliegen. Eine entsprechende Auseinandersetzung damit hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall mangels aussagekräftiger Feststellungen hierzu unterlassen.
24 Darüber hinaus hat die belangte Behörde nicht näher begründet, inwiefern die Übernahme von Flächen durch den Beschwerdeführer, die vordem durch Familienangehörige bewirtschaftet worden wären, für die Annahme spricht, dass die Führung des neuen Betriebes den Zielen der Verordnung (EG) 73/2009 widerspräche. Insbesondere wurden keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Beschwerdeführer den Betrieb tatsächlich selbst bewirtschaftet und ob er zu dem im 23. Erwägungsgrund der genannten Verordnung genannten Personenkreis zu zählen ist (vgl ). In diesem Zusammenhang kann auch von Bedeutung sein, welcher Tätigkeit der Beschwerdeführer im Rahmen wessen Betriebes vor Begründung eines eigenen Betriebes nachgegangen ist.
25 Gemäß dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr 73/2009 ist es auch ein Ziel der Regeln für Direktzahlungen, zu verhindern, dass landwirtschaftliche Flächen aufgegeben werden. Gemäß dem oben wiedergegebenen 25. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) 73/2009 ist das Ziel der Stützungsregelungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik, der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten. Dieses Ziel ist ausweislich desselben Erwägungsgrundes eng verknüpft mit der Erhaltung ländlicher Gebiete. Aus dem Zusammenhang mit dem unmittelbar an diese Feststellung folgenden Hinweis auf das Bestreben, eine Fehlleitung von Gemeinschaftsmitteln zu verhindern und daher keine Stützungszahlungen zu leisten, wenn die Voraussetzungen für die Zahlungen künstlich geschaffen werden, ist zu erschließen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber eine künstliche Schaffung der Voraussetzungen im Sinne des Art 30 der Verordnung (EG) 73/2009 insbesondere dann als gegeben ansieht, wenn die Zahlung nicht dazu dienen würde, der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten bzw zur Erhaltung ländlicher Gebiete beizutragen.
26 Gemäß dem 23. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr 73/2009 ist sicherzustellen, dass die Gemeinschaftsstützung ausschließlich dazu verwendet wird, der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu sichern (und die Förderung nicht Begünstigten gewährt wird, deren landwirtschaftliche Tätigkeiten nur einen unwesentlichen Teil ihrer gesamten wirtschaftlichen Tätigkeiten ausmachen). Auch diese Überlegungen sind bei der Auslegung, ob eine den Zielen der Verordnung (EG) Nr 73/2009 widersprechende Gestaltung vorliegt, zu berücksichtigen (vgl zu alledem wiederum ).
27 Die belangte Behörde hat jedoch in Verkennung der Rechtslage keine Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung zuließen, ob die Führung des neuen Betriebes den Zielen der Neubeginner-Beihilfe widerspräche. Ob und inwieweit der Beschwerdeführer auf Grund objektiver Umstände nicht zum Kreis der Adressaten der Stützungsregelung zu zählen wäre, hat die belangte Behörde nicht näher dargetan.
28 Auf der Grundlage der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen lässt sich somit nicht beurteilen, ob die rechtliche Qualifikation der belangten Behörde, die Voraussetzungen für den Erhalt der Neubeginner-Beihilfe seien künstlich geschaffen worden, um einen den Zielen dieser Beihilfe zuwiderlaufenden Vorteil zu erwirken, zutreffend ist.
29 Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
30 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil nur die Pauschalgebühr zusteht, in der auch bereits die Umsatzsteuer enthalten ist.
Wien, am