VwGH vom 20.09.2011, 2009/01/0030
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde 1. des S B,
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2. | der Z B, 3. der E B, 4. des A B, 5. der A B, 6. des A B und |
7. | der N B, alle in W, alle vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Hamerlingplatz 7/14, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IKD(Stb)-420.358/20-2009-Pri, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt: |
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Erstbeschwerdeführers, eines serbischen Staatsangehörigen aus dem Kosovo, vom auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft unter gleichzeitiger Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft auf die übrigen Beschwerdeführer (Ehegattin und fünf minderjährige Kinder) "gemäß §§ 10 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 5 sowie §§ 16, 17 und 18 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 4/2008" ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Erstbeschwerdeführer habe seit Mai 1998 seinen ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich. Der Erstbeschwerdeführer und seine Ehegattin (die Zweitbeschwerdeführerin) hätten - laut Erhebungsbericht des Magistrats der Stadt Wels - im Jahr 2007 Sozialhilfe in Höhe von insgesamt EUR 2.652,-- (im Jänner und Februar jeweils EUR 660,--, im März EUR 960,-- und im Juni EUR 372,--) bezogen.
Mit Stellungnahme vom habe der Erstbeschwerdeführer einen Bankbeleg über die am erfolgte Zurückzahlung der gesamten bezogenen Sozialhilfe (von EUR 2.652,--) vorgelegt und vorgebracht, der Sozialhilfebezug sei auf die im Einzelnen näher dargelegten "außergewöhnlichen Umstände" zurückzuführen gewesen.
Dem vom Verleihungswerber vorgebrachten Argument, der Sozialhilfebezug im Jahr 2007 stelle kein Verleihungshindernis dar, könne die belangte Behörde nicht folgen. Eine entscheidungswesentliche Auswirkung der Rückzahlung bezogener Sozialhilfe könne "nicht erblickt werden". Insoweit die Berücksichtigung "außergewöhnlicher Umstände" geltend gemacht wurde, sei dem entgegenzuhalten, dass diese Umstände den Sozialhilfebezug nicht rechtfertigen könnten. Der Erstbeschwerdeführer hätte nämlich für sich und seine Familie finanzielle Rücklagen (Ersparnisse) bilden können, um so für die Zeit des geltend gemachten "mehrmonatigen finanziellen Notstandes" ohne Sozialhilfebezug für die Sicherung des Lebensunterhaltes aufzukommen. Die Abweisung der Erstreckungsanträge ergebe sich zwingend aus jener des Hauptantrages.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.
Gemäß § 10 Abs. 5 StbG (in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 37/2006) ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten dessen pfändungsfreies Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, nicht zu berücksichtigen.
Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes im Sinne der vorgenannten Bestimmung kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang. Zur Vermeidung einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft hat der Gesetzgeber die Höhe der nachzuweisenden Einkünfte an die Richtsätze des § 293 ASVG angeknüpft.
Die Staatsbürgerschaftsbehörde hat die Verleihungserfordernisse im Zeitpunkt ihrer Entscheidung zu beurteilen. § 10 Abs. 5 StbG stellt klar, dass in Bezug auf das Erfordernis des hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes des Einbürgerungswerbers nicht nur auf sein Einkommen im Entscheidungszeitpunkt abgestellt werden soll. Vielmehr erfordert die Annahme eines "hinreichend gesicherten Unterhalts" eine Nachhaltigkeit der Einkommenssicherung, die nach den gesetzlichen Vorgaben nur dann gegeben ist, wenn vom Verleihungswerber zum Entscheidungszeitpunkt feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und eine im Gesetz näher umschriebene Mindesthöhe erreichen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/01/0592, mwN).
Unbestritten ist, dass die von den erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien im Zeitraum Jänner bis Juni 2007 bezogene Sozialhilfe im Dezember 2007 vom Erstbeschwerdeführer zurückbezahlt wurde.
Zu diesem Sozialhilfebezug bringt die Beschwerde vor, der Erstbeschwerdeführer habe sich für die Erlangung einer Niederlassungsbewilligung in Mazedonien bzw. im Kosovo einen Reisepass besorgen müssen; deshalb sei er am aus dem Bundesgebiet ausgereist. Überraschend und unvorhergesehen habe die Botschaft in Skopje die Ausstellung eines Einreisevisums für ihn verweigert. Erst am sei ihm das Einreisevisum erteilt worden; am sei er nach Österreich zurückgekehrt. Durch diesen unerwartet langen Auslandsaufenthalt habe er seinen Arbeitsplatz verloren und kein Einkommen bezogen; weiters seien seit Juni 2006 weder Familienbeihilfe noch Kinderbetreuungsgeld ausgezahlt worden. Diese Leistungen seien erst im Juni 2007 rückwirkend ausbezahlt worden. Der vorübergehende Sozialhilfebezug im Jahr 2007 sei auf diese außergewöhnlichen und nicht vorhersehbaren Ereignisse sowie die vorübergehend ungeklärte Aufenthaltssituation des Erstbeschwerdeführers zurückzuführen. Im Beschwerdefall liege eine besondere Fallkonstellation vor, die mit jener im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/01/0459, vergleichbar sei.
Die belangte Behörde stützte die Abweisung des Verleihungsantrages auf den Bezug von Sozialhilfeleistungen. Die festgestellten Sozialhilfebezüge bestreiten die Beschwerdeführer nicht. Durch diesen Bezug von Sozialhilfe war die Annahme eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes ausgeschlossen.
§ 10 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 5 StbG müssen unter dem Blickwinkel des damit verfolgten Zwecks gesehen werden, nämlich die Staatsbürgerschaft nur an Fremde zu verleihen, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/01/0459).
Die im Beschwerdefall gegebene Fallkonstellation gleicht allerdings - entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien - nicht jener, die den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2007/01/0459, und vom , Zl. 2007/01/0944, zu Grunde gelegen ist.
Anders als in den genannten Fallkonstellationen haben Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin Sozialhilfe nicht bloß einmalig in Anspruch genommen sondern viermal über einen Zeitraum mehrerer Monate (von Jänner bis Juni 2007). Zu diesem Sozialhilfebezug haben sie nicht von vornherein eine Rückzahlungszusage bei Inanspruchnahme der Sozialhilfe abgegeben. Auch kann - anders als in den genannten Fallkonstellationen - der vorliegend bezogene Betrag in Höhe von EUR 2.652,-- nicht als gering angesehen werden. Dass während der Inanspruchnahme der Sozialhilfe von einem ausreichenden Haushaltseinkommen auszugehen gewesen wäre, kann im Beschwerdefall nicht gesagt werden.
Der belangten Behörde kann insgesamt betrachtet daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis kam, dass der Erstbeschwerdeführer die gesetzlichen Verleihungsvoraussetzungen nicht erfülle, weil das Verleihungshindernis des § 10 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit Abs. 5 StbG vorgelegen ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
YAAAE-86117