VwGH vom 23.10.2008, 2006/16/0179

VwGH vom 23.10.2008, 2006/16/0179

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der UM M in G, vertreten durch Dr. Helwig Keber, Rechtsanwalt in 8011 Graz, Marburger Kai 47/II, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Graz vom , Zl. Jv 1374-33/06, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin begehrte mit der am beim BG Deutschlandsberg gegen ihren damaligen Ehemann eingebrachten, unter der AZ 29 C 218/05m protokollierten Klage die Scheidung ihrer Ehe und entrichtete dafür Gerichtsgebühr gem. Anm. 9 zu TP 1 GGG im (damals erforderlichen) Ausmaß von EUR 191,--.

In der am vor dem BG Graz (an welches die Streitsache mit Beschluss des BG Deutschlandsberg vom überwiesen worden war) stattgefundenen mündlichen Verhandlung schlossen die Prozessparteien für den Fall der nachfolgenden Scheidung einen Vergleich, dessen (für das verwaltungsgerichtliche Verfahren allein maßgeblicher) Punkt 3.) lautet wie folgt:

"Die Klägerin verpflichtet sich, die Forderungsansprüche der im Lastenblatt der Liegenschaft EZ 215 GB K ausgewiesenen Gläubiger in Entsprechung des seinerzeitigen Schenkungsvertrages in ihre alleinige Haftung zu übernehmen und den Beklagten im Falle seiner Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten."

Unmittelbar darauf wurde vom Gericht das Ehescheidungsurteil gefällt, welches zufolge Rechtsmittelverzichtes der Prozessparteien in Rechtskraft erwuchs.

Am richtete die Kostenbeamtin des BG Graz an die Beschwerdeführerin eine Zahlungsaufforderung, worin sie unter anderem unter Hinweis auf den Vergleichspunkt 3.) des Scheidungsvergleiches und das Lastenblatt der EZ 215 GB K von einer maßgeblichen Bemessungsgrundlage für die übernommene Zahlungsverpflichtung in Höhe von EUR 298.817,98 ausging und restliche Pauschalgebühr anforderte.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom Einwendungen, worin sie (insoweit dies für das Beschwerdeverfahren noch von Relevanz ist) geltend machte, sie und ihr Ehemann seien bis zur Ehescheidung Solidarschuldner der in Punkt 3.) des Scheidungsvergleiches angeführten Kreditverbindlichkeiten gewesen. Sie habe daher allenfalls nur 50 % dieser Verbindlichkeiten übernommen, sodass Vergleichsgegenstand nicht die Gesamtsumme von EUR 298.817,98 sondern nur die Hälfte davon, also EUR 149.408,99 gewesen sei; nur dieser Betrag hätte daher als Bemessungsgrundlage herangezogen werden dürfen.

Daraufhin erließ die Kostenbeamtin des BG Graz am einen Zahlungsauftrag, womit sie unter anderem für den Vergleichspunkt 3.) ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 298.817,98 restliche Pauschalgebühr zuzüglich Einhebungsgebühr anforderte.

Dagegen stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Berichtigungsantrag, worin sie ihren schon in den Einwendungen gegen die Zahlungsaufforderung vertretenen Standpunkt wiederholte.

Die belangte Behörde gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid dem Berichtigungsantrag nicht statt. Begründet wurde dies unter Hinweis auf zahlreiche Belegstellen aus der veröffentlichten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem damit, dass ein gebührenpflichtiger streitwerterhöhender Vergleich auch dann vorliege, wenn sich einer von zwei Solidarschuldnern im Vergleich verpflichtet, die gesamte Schuld allein zu tragen und für die Entlassung des anderen Solidarschuldners aus der Haftung zu sorgen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin bekämpft den angefochtenen Bescheid ausdrücklich nur insoweit er den Punkt 3.) des in Rede stehenden Scheidungsvergleiches betrifft und erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass keine Erhöhung der Pauschalgebühr vorgenommen wird.

Die belangte Behörde legte den Prozessakt und den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 18 GGG lautet auszugsweise:

"(1) Die Bemessungsgrundlage bleibt für das ganze Verfahren gleich.

(2) Hievon treten folgende Ausnahmen ein:


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1.
...
2.
Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.
3. ..."
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. insbesondere das ebenfalls einen Ehescheidungsvergleich betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0395 und die weitere z.B. in Stabentheiner, Gerichtsgebühren8, unter E 40 zu § 18 GGG referierte hg. Judikatur) die Auffassung, dass ein gebührenpflichtiger Vergleich auch dann vorliegt, wenn einer von zwei Solidarschuldnern sich verpflichtet, die gesamte Schuld allein abzutragen und für die Entlassung des anderen aus der Haftung zu sorgen. Dazu kommt, dass ein gebührenpflichtiger Vergleich stets auch dann gegeben ist, wenn eine bereits bestehende Verpflichtung im Vergleich neuerlich übernommen wird (siehe dazu die bei Stabentheiner a.a.O. unter E 32 zu § 18 GGG referierte hg. Rechtsprechung).
Insoweit hat also die Beschwerdeführerin im Wege des Punktes
3.) des Scheidungsvergleiches die gesamte davon erfasste Verbindlichkeit ungeachtet des Umstandes, dass sie schon vorher dafür solidarisch gehaftet hat mit der Wirkung übernommen, dass dadurch der Streitwert, der ursprünglich nur auf Ehescheidung gerichteten Klage um die Summe der übernommenen Verbindlichkeiten erhöht wurde. Die Beschwerdeführerin vermag daher mit ihrem Argument, es sei im Wege des strittigen Vergleichspunktes eine Werterhöhung "bestenfalls im Ausmaß der Hälfte der Verbindlichkeit" erfolgt, keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
In Ausführung des Beschwerdegrundes der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die Beschwerde erstmals vor, der Vergleichspunkt 3.) habe es offen gelassen, in welcher Höhe die dort genannten Verbindlichkeiten tatsächlich zur Zeit des Vergleichsabschlusses bestanden. Eine konkrete Bewertung dieser Verbindlichkeiten sei im Vergleich nicht erfolgt, weshalb die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/16/0346, geltend macht, dass die Kostenbeamtin durch geeignete Erhebungen den Betrag ermitteln hätte müssen, der aus den im Vergleich genannten Krediten zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch tatsächlich ausgehaftet habe.
Ganz abgesehen davon, dass nicht einmal die Beschwerde selbst jetzt diesbezüglich einen konkreten Betrag nennt, ist zu beachten, dass es die Beschwerdeführerin verabsäumt hat, diese Frage schon im Verwaltungsverfahren zu relevieren.
Diesbezüglich ist die Beschwerdeführerin nämlich daran zu erinnern, dass bereits in der Zahlungsaufforderung der Kostenbeamtin vom die dem Lastenblatt der EZ 215 GB K entnommene Summe von EUR 298.817,98 genannt war und dass die Beschwerdeführerin weder in den gegen die Zahlungsaufforderung erstatteten Einwendungen noch in ihrem gegen den darauf erlassenen Zahlungsauftrag erhobenen Berichtigungsantrag diese Summe in Frage stellte bzw. behauptete, die tatsächliche Summe der zur Zeit des Vergleichsabschlusses aushaftenden Verbindlichkeiten wäre geringer gewesen. Ganz im Gegenteil: Schon in den Einwendungen gegen die Zahlungsaufforderung wie auch dann im Berichtigungsantrag findet sich jeweils wörtlich folgendes Vorbringen der nunmehrigen Beschwerdeführerin: "Somit war Gegenstand des Vergleiches aber nicht die Gesamtsumme von EUR 298.817,98, sondern EUR 149.408,99. Für die Beschwerdeführerin bestand die Werterhöhung nur im Ausmaß der Hälfte der Verbindlichkeiten und nicht im Ausmaß der Gesamtsumme, welche jedoch als Bemessungsgrundlage herangezogen wurde" (siehe die Einwendungen Seite 3 Abs. 2 bzw. den Berichtigungsantrag Seite 3 Abs. 2).
Damit hat aber die Beschwerdeführerin selbst im Verwaltungsverfahren in ihren Eingaben die Höhe der "Gesamtsumme" der Verbindlichkeiten mit EUR 298.817,98 niemals in Frage gestellt. Bei der jetzt erstmals in der Beschwerde erhobenen Behauptung, die grundbücherlich sichergestellte Verbindlichkeit, für die die Beschwerdeführerin im Wege des Vergleichspunktes 3.) die alleinige Haftung übernommen habe, habe zur Zeit des Vergleichsabschlusses nicht mehr die aus dem Grundbuch ersichtlichen Beträge erreicht, handelt es sich somit um eine unzulässige und gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerung, auf die daher nicht weiter eingegangen werden muss.
Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch ohne das Neuerungsverbot aus dem von der Beschwerde zitierten hg. Erkenntnis Zl. 99/16/0346, für den Beschwerdestandpunkt nichts zu gewinnen gewesen wäre. In dem dort entschiedenen Fall hatte der dort maßgebliche Vergleichstext die Höhe der übernommenen Verbindlichkeiten nach der Nennung einer konkreten Summe im Wege des Zusatzes "aushaftend mit ... mehr oder weniger" ausdrücklich offen gelassen, sodass für den Kostenbeamten ein entsprechender Ermittlungsbedarf gegeben war. Derartiges ist dem hier maßgeblichen Vergleichstext aber nicht zu entnehmen.
Dem angefochtenen Bescheid haftet daher auch der behauptete Verfahrensfehler nicht an, weshalb die Beschwerde insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am