VwGH vom 17.10.2012, 2011/08/0071
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien, vertreten durch Mag. Daniel Kornfeind, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 27/28, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS5-A-950/062-2010, betreffend Nachentrichtung verjährter Beiträge zur Pensionsversicherung gemäß § 39a BSVG (mitbeteiligte Partei: J S in A), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom stellte die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt fest, dass der Mitbeteiligte vom bis nicht in der Pensionsversicherung der Bauern pflichtversichert sei (Spruchpunkt 1). Dem Antrag des Mitbeteiligten vom auf Nachentrichtung verjährter Beiträge zur Pensionsversicherung werde nicht entsprochen (Spruchpunkt 2).
Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Einspruch.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom wurde der Einspruch abgewiesen.
Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Berufung.
Mit Bescheid vom gab der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz der Berufung betreffend Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung Folge und stellte fest, dass der Mitbeteiligte in der Zeit vom bis der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 B-PVG unterlegen sei (Spruchpunkt 1). Soweit sich die Berufung gegen die Ablehnung des Antrages auf Nachentrichtung von Beiträgen nach § 39a BSVG richte, wurde sie wegen Unzuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt 2).
Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt erhob gegen Spruchpunkt 1 dieses Bescheides Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2011/08/0064, wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid wurde infolge des Bescheides des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom das vom Landeshauptmann für Niederösterreich aufgrund des Einspruchs des Mitbeteiligten vom geführte Verfahren vom Landeshauptmann von Amts wegen wiederaufgenommen und dem Antrag des Mitbeteiligten vom auf Nachentrichtung verjährter Beiträge zur Pensionsversicherung "entsprochen".
Begründend führte die belangte Behörde - nach Schilderung des Verfahrensganges - aus, während der Bundesminister als letzte Instanz über die Frage der Pflichtversicherung zu entscheiden gehabt habe, sei der einspruchsbehördliche Abspruch über die Nachentrichtung von Beiträgen nach § 39a BSVG infolge der Unzulässigkeit einer Berufung dagegen mit Zustellung des Einspruchsbescheides in Rechtskraft erwachsen. Die Frage der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung stelle eine Vorfrage für den Antrag auf Nachentrichtung der Beiträge nach § 39a BSVG dar.
Durch die bezüglich der Pflichtversicherung gegenüber dem einspruchsbehördlichen Bescheid gegenteilige Entscheidung des Bundesministers sei es für die Einspruchsbehörde gemäß § 69 Abs. 1 Z 3 AVG geboten, das die Nachentrichtung von Beiträgen betreffende Verfahren unter Zugrundelegung der rechtskräftigen Feststellung der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung von Amts wegen wiederaufzunehmen.
Da nunmehr rechtskräftig festgestellt sei, dass der Mitbeteiligte nach § 2 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 B-PVG in der Zeit vom bis der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliege, sei dem Antrag des Mitbeteiligten vom auf Nachentrichtung verjährter Beiträge zur Pensionsversicherung zu entsprechen gewesen.
Hingewiesen wurde darauf, dass die konkrete Berechnung der nachzuentrichtenden Beiträge durch die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt als Erstinstanz erfolgen werde.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern mit dem Begehren, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie der Mitbeteiligte - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 39a Abs. 1 BSVG können - mit hier nicht relevanten Ausnahmen - Beiträge zur Pensionsversicherung, die nach § 39 BSVG bereits verjährt sind, auf Antrag der versicherten Person von dieser nachentrichtet werden. Der Antrag ist bis längstens zum Stichtag beim Versicherungsträger zu stellen, der das Vorliegen der Zeiten der Pflichtversicherung festzustellen und die nachzuentrichtenden Beiträge vorzuschreiben hat.
§ 39a BSVG wurde mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2005, BGBl. I Nr. 132/2005, eingefügt. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1111 BlgNR 22. GP, 7 f) wird darauf verwiesen, es solle die leistungswirksame Entrichtung auch verspäteter Beiträge sichergestellt und die Möglichkeit der (nachträglichen) Entrichtung verjährter Beiträge eröffnet werden, um den negativen Folgen der verspäteten bzw. unterbliebenen Beitragsleistung (trotz Bestehens einer Pflichtversicherung) entgegenzuwirken.
Gemäß § 106 Abs. 1 BSVG sind als Beitragszeiten insbesondere auch Zeiten einer die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Bauern-Pensionsversicherungsgesetz (B-PVG) begründenden selbständigen Erwerbstätigkeit anzusehen. Auch wenn § 39a BSVG nur auf eine Verjährung nach § 39 BSVG verweist, ist im Hinblick auf den Zweck dieser Bestimmung, die Möglichkeit der leistungswirksamen nachträglichen Entrichtung verjährter Beiträge zu eröffnen, davon auszugehen, dass auch nach den Bestimmungen des B-PVG verjährte Beiträge (§ 13 Abs. 3 B-PVG iVm § 26 Bauern-Krankenversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 219/1965) gemäß § 39a BSVG nachentrichtet werden können.
2. In den Beschwerdegründen wendet sich die Beschwerdeführerin ausschließlich gegen die behördliche Beurteilung, dass eine Pflichtversicherung bestanden habe.
Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt aber auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2011/08/0064, zu verweisen.
3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am