VwGH vom 28.02.2007, 2006/16/0151
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
2006/16/0152
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde
1. der NB Privatstiftung in L, und 2. der RB Privatstiftung in L, beide vertreten durch die Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, zu
1. vom , Zl. RV/1139-L/02, und zu 2. vom , Zl. RV/1138-L/02, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Abtretungsverträgen vom traten Andreas B der erstbeschwerdeführenden Partei und Mag. Thomas B der zweitbeschwerdeführenden Partei jeweils einen Geschäftsanteil an der B GmbH um den Abtretungspreis von S 35 Mio. ab.
Mit den Börsenumsatzsteuerbescheiden vom schrieb das Finanzamt Linz-Urfahr den beschwerdeführenden Parteien ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 35 Mio. Börsenumsatzsteuer von je S 875.000,-- vor.
In den dagegen erhobenen Berufungen brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, die Börsenumsatzsteuer sei mit Ablauf des außer Kraft getreten. Für Sachverhalte, bei denen die Steuerschuld vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhänge, entfalle die Börsenumsatzsteuerpflicht, wenn die Bedingung oder Genehmigung erst nach dem eintrete. In den Beschwerdefällen sei der Vorgang von der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde abhängig gewesen. Damit sei die Börsenumsatzsteuerpflicht entfallen, weil die Steuerschuld erst zu einem Zeitpunkt eingetreten sei, in dem die Börsenumsatzsteuer aufgehoben war.
Mit Berufungsvorentscheidungen vom wies das Finanzamt Urfahr die Berufungen als unbegründet ab.
In den dagegen eingebrachten Vorlageanträgen verwiesen die beschwerdeführenden Parteien auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 26/99 u.a., und vertraten die Ansicht, dass durch den Wegfall des Wortes "bedingt" nach § 18 Abs. 2 Z 3 KVG Rechtsgeschäfte, welche die Genehmigung bzw. Bestätigung einer Behörde benötigten, erst dann der Börsenumsatzsteuer unterlägen, wenn diese Bestätigung vorliege.
Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. In der Begründung dieser Bescheide wurde gleichlautend ausgeführt, in Reaktion auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom habe der Gesetzgeber dem § 25 KVG einen neuen Absatz 2 angefügt, wodurch auflösend bedingt abgeschlossene Anschaffungsgeschäfte weiterhin im Zeitpunkt des Abschlusses des Anschaffungsgeschäftes der Börsenumsatzsteuer unterlägen. Nach § 25 Abs. 2 KVG werde das Entstehen der Steuerschuld nur dann hinausgeschoben, wenn die Wirksamkeit des Anschaffungsgeschäftes vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung oder der Genehmigung einer Behörde abhänge. Die Abtretungsverträge vom seien unbedingt abgeschlossen worden. Der Übergang aller mit den Geschäftsanteilen verbundenen Rechte und Pflichten auf die übernehmenden Privatstiftungen sei mit der Unterfertigung der Verträge erfolgt. Aus den Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes (TGVG) gehe hervor, dass die Abtretungsverträge von Anfang an jedoch unter der auflösenden Bedingung der Anzeige nach § 23 TGVG und der Bestätigung der Anzeige durch die Grundverkehrsbehörde wirksam gewesen seien. Der Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Vertrages sei durch die Erstattung der Anzeige und die Bestätigung der Grundverkehrsbehörde nicht verschoben worden. Auflösend bedingte Anschaffungsgeschäfte unterlägen im Unterschied zu aufschiebend bedingten Anschaffungsgeschäften weiterhin im Zeitpunkt des Abschlusses des Anschaffungsgeschäftes der Börsenumsatzsteuer. Die Bestätigung der Anzeige durch die Grundverkehrsbehörde sei keine Genehmigung einer Behörde und könne ihr auch nicht gleichgehalten werden, weil sich der Gesetzgeber anders als in § 16 Abs. 4 GebG eben nicht dazu entschlossen habe, das Entstehen der Steuerschuld auf den Zeitpunkt einer erteilten Bestätigung zu verschieben. Die Steuerschuldigkeiten seien daher bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Abtretungsverträge am entstanden und die Rechtserwerbe börsenumsatzsteuerpflichtig.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die zunächst bei ihm erhobene Beschwerde mit Beschluss vom , B 562/06-8 und B 563/05-8, ab und trat die Beschwerde mit weiterem Beschluss vom , B 562/05, B 563/05-13, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die beschwerdeführenden Parteien in ihrem Recht, keine Börsenumsatzsteuer bezahlen zu müssen, hilfsweise im Recht, dass eine anfallende Börsenumsatzsteuer in richtiger Höhe festgesetzt werde, verletzt, und machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 38 Abs. 3a KVG treten mit Ablauf des Teil III (Börsenumsatzsteuer) sowie die Durchführungsbestimmungen zum Kapitalverkehrsteuergesetz vom , RMBl. S 839, außer Kraft. Diese Vorschriften sind letztmalig auf Anschaffungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Steuerschuld vor dem entsteht.
§ 25 Abs. 2 zweiter Satz ist gemäß § 38 Abs. 3b KVG auf Anschaffungsgeschäfte anzuwenden, die nach dem verwirklicht werden.
Gemäß § 25 Abs. 2 KVG entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiges Anschaffungsgeschäft verwirklicht ist. Hängt die Wirksamkeit des Anschaffungsgeschäftes vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde ab, so entsteht die Steuerschuld mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.
Die Abtretungsverträge sind im Beschwerdefall am und somit noch vor Ablauf des Außerkrafttretens des Teiles III des KVG (Börsenumsatzsteuer) am abgeschlossen worden. Damit entstand die Börsenumsatzsteuerschuld nach den Bestimmungen des KVG am , falls die Wirksamkeit der Anschaffungsgeschäfte nicht vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde, die nach dem eintrat bzw. erteilt wurde, abhing.
Die belangte Behörde vertrat im angefochtenen Bescheid die Ansicht, es liege eine "auflösende" Bedingung vor und deshalb sei die Steuerpflicht bereits mit Abschluss der Abtretungsverträge entstanden. Davon ging die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift unter Hinweis auf Steiner, Grundverkehrsbehördliche Genehmigung und Bedingungslehre, JBl 1996, 413, ab und vertritt nunmehr die Ansicht, dass im Fall von genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften - nicht aber bei solchen, bei denen bloß eine Bestätigung zu erteilen ist - von aufschiebend bedingten Anschaffungsgeschäften auszugehen sei.
Die Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl. 61/1996, lauten auszugsweise:
"§ 9
Erklärungspflicht
(1) Rechtsgeschäfte, die den Erwerb eines der folgenden Rechte an Baugrundstücken zum Gegenstand haben, bedürfen einer Erklärung nach § 11 Abs. 1 oder 2:
...
g) den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, eingetragenen Erwerbsgesellschaften und Personengesellschaften des Handelsrechtes, wenn im Eigentum der Gesellschaft Baugrundstücke stehen oder die Gesellschaft einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an solchen Grundstücken hat.
...
§ 11
Inhalt der Erklärung, Frist für die Bebauung
(1) Beim Rechtserwerb an einem bebauten Baugrundstück hat der Rechtserwerber zu erklären, dass durch den beabsichtigten Rechtserwerb kein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll.
...
§ 23
Anzeigepflicht
(1) Jedes Rechtsgeschäft und jeder Rechtsvorgang, das (der) nach den §§ 4, 9 und 12 Abs. 1 der Genehmigungspflicht bzw. der Erklärungspflicht unterliegt, ist vom Rechtserwerber binnen acht Wochen nach Abschluss des betreffenden Rechtsgeschäftes oder Rechtsvorganges der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel das betreffende Grundstück liegt, schriftlich anzuzeigen; dies gilt nicht im Falle des § 15 erster Satz. Die Anzeige kann auch durch den Veräußerer erfolgen. Bei Rechtserwerben, die eines Notariatsaktes bedürfen, obliegt die Anzeigepflicht dem Notar.
(2) Der Anzeige sind die zur Beurteilung des Vorliegens der Genehmigungsvoraussetzungen oder einer Ausnahme von der Genehmigungspflicht bzw. die zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Bestätigung der Anzeige eines erklärungspflichtigen Rechtserwerbes oder die Bestätigung, dass ein Rechtserwerb nicht der Erklärungspflicht unterliegt, erforderlichen Angaben sowie die zum Nachweis der Richtigkeit dieser Angaben erforderlichen Unterlagen anzuschließen. Insbesondere sind anzuschließen:..
...
§ 25a
Bestätigung über Ausnahmen von der Erklärungspflicht,
Bestätigung der Anzeige
...
(2) Erfüllt die Anzeige über einen Rechtserwerb an einem Baugrundstück die Erfordernisse nach § 23, so hat die Grundverkehrsbehörde eine Bestätigung über die erfolgte Anzeige auszustellen.
...
§ 31
Zivilrechtliche Wirkung der Verkehrsbeschränkung
(1) Solange der entsprechende rechtskräftige Bescheid nach § 24 Abs. 1 oder § 25 Abs. 1 oder die entsprechende Bestätigung nach § 25a Abs. 1 oder 2 nicht vorliegt, darf das zugrunde liegende Rechtsgeschäft bzw. der zugrunde liegende Rechtsvorgang nicht durchgeführt werden, insbesondere darf das Recht nicht in das Grundbuch eingetragen werden. Die Parteien sind jedoch an das Rechtsgeschäft gebunden.
(2) Wird für einen Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung oder Bestätigung versagt oder wird nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Ablauf der im § 23 Abs. 1 festgelegten Frist das Rechtsgeschäft oder der Rechtsvorgang der Grundverkehrsbehörde nach § 23 angezeigt, so wird das Rechtsgeschäft bzw. der Rechtsvorgang rückwirkend rechtsunwirksam.
(3) Wird für einen Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung oder Bestätigung versagt, so hat die Grundverkehrsbehörde auf dem Original der Urkunde über das Rechtsgeschäft oder den Rechtsvorgang dies mit der Feststellung zu vermerken, dass das Rechtsgeschäft bzw. der Rechtsvorgang rückwirkend rechtsunwirksam geworden ist."
Die Anschaffungsgeschäfte unterlagen im Beschwerdefall der Erklärungspflicht gemäß § 9 TGVG und diese Rechtsgeschäfte waren gemäß § 23 TGVG anzeigepflichtig.
Nach § 31 Abs. 1 TGVG darf, solange die Bestätigung nach § 25a Abs. 2 TGVG nicht vorliegt, das Rechtsgeschäft nicht durchgeführt werden und das Rechtsgeschäft wird rückwirkend rechtsunwirksam, wenn die Bestätigung versagt wird.
Im Beschwerdefall war demnach die Durchführung und die Wirksamkeit der Rechtsgeschäfte von den erteilten Bestätigungen nach § 25a Abs. 2 TGVG abhängig. Somit lagen im Beschwerdefall aufschiebend bedingte Anschaffungsgeschäfte vor (vgl. nochmals Steiner, Grundverkehrsbehördliche Genehmigung und Bedingungslehre, JBl 1996, 413).
Die Börsenumsatzsteuer ist daher im Beschwerdefall nicht schon mit dem Abschluss der Abtretungsverträge am entstanden. Der Steuertatbestand wurde nicht vor dem verwirklicht, weil die Bestätigungen der Grundverkehrsbehörde nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten nicht vor diesem Datum erteilt wurden. Die Börsenumsatzsteuerschuld ist daher nicht entstanden, weil die Vorschriften des KVG über die Erhebung der Börsenumsatzsteuer letztmalig auf Anschaffungsgeschäfte anzuwenden sind, bei denen die Steuerschuld vor dem entstand.
Aus diesen Gründen waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben. Ein weiteres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen erübrigt sich somit.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am