VwGH vom 20.03.2014, 2013/17/0130
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2013/17/0131
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerden der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, jeweils vom , 1.) Zl. UVS-06/7/5887/2012-3 und UVS- 06/7/5996/2012 (hg. Zl. 2013/17/0130), und 2.) Zl. UVS- 06/7/6007/2012-2 und UVS-06/7/6013/2012 (hg. Zl. 2013/17/0131), betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (mitbeteiligte Partei: M H in Wien, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden jeweils wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde den Berufungen des Mitbeteiligten gegen näher angeführte Straferkenntnisse der Bundespolizeidirektion Wien, mit welchen der Mitbeteiligte jeweils als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Be GmbH (im Folgenden X GmbH), somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) einer Übertretung der §§ 2 Abs. 4, 52 Abs. 1 Z. 1 4. Fall Glücksspielgesetz (GSpG) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt worden war, Folge, hob die angefochtenen Straferkenntnisse auf und stellte die Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG ein.
In diesen Straferkennissen sei dem Mitbeteiligten zur Last gelegt worden, er habe verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass die X GmbH an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 52 Abs. 1 Z. 1 vierter Fall GSpG unternehmerisch beteiligt gewesen sei. Dies indem eine jeweils näher genannte Zahl von Glücksspielgeräten an die Bi GmbH (im Folgenden Y GmbH) vermietet worden sei, welche die Geräte am um 08:00 Uhr in einem im Spruch der angefochtenen Straferkenntnisse näher bezeichneten Lokal voll funktionsfähig und in betriebsbereitem Zustand aufgestellt habe, um Glücksspiele in Form von Ausspielungen an diesen Geräten durchzuführen.
Der Mitbeteiligte sei zur Tatzeit nicht nur handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH, sondern auch der Y GmbH gewesen. In dieser Eigenschaft sei er wegen der Veranstaltung der spruchgegenständlichen, verbotenen Ausspielungen mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien rechtskräftig bestraft worden. In diesem bereits abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren, in welchem der Mitbeteiligte als zur Vertretung nach außen Berufener der Y GmbH Beschuldigter gewesen sei, seien bereits eine Reihe von Berufungsentscheidungen ergangen, in deren Begründung insbesondere darauf verwiesen worden sei, dass ein fortgesetztes Delikt vorliege und, dass mit dem rechtskräftigen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien alle deliktischen Einzelhandlungen bis zum Datum dieses Straferkenntnisses abgegolten seien.
Die belangte Behörde gehe davon aus, dass durch die rechtskräftige Bestrafung des Mitbeteiligten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Y GmbH gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 erstes Tatbild GSpG der Deliktstatbestand nach dem vierten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, wie er dem Mitbeteiligten nunmehr in den Verfahren vor der belangten Behörde als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH vorgeworfen werde, bereits konsumiert sei.
Im Übrigen sei bezüglich des Beginns des Tatzeitraumes bereits Verfolgungsverjährung gemäß § 52 Abs. 5 GSpG eingetreten.
Die vorliegende Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Finanzen richtet sich gegen die angefochtenen Bescheide. In ihr wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte Verwaltungsakten vor und erstattete Gegenschriften, in welchen sie die Abweisung der Amtsbeschwerde beantragte.
Der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in welcher er die Abweisung oder Ablehnung der Amtsbeschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0249, der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 422/2013, zugrunde liegenden Rechtsansicht angeschlossen, wonach eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 Strafgesetzbuch (StGB) dann besteht, wenn an einem Glücksspielgerät ein EUR 10,-- übersteigender Einsatz möglich war bzw. wenn Serienspiele veranlasst werden konnten. Die Verwaltungsstrafbehörde trifft daher die Verpflichtung stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden konnte (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden konnten), um beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG bestand.
Die vorliegenden Beschwerdefälle gleichen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den wesentlichen Punkten jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0249, entschieden hat. Auch in den Beschwerdefällen enthalten die angefochtenen Bescheide keine Feststellungen, welche Höchsteinsätze an den Glücksspielgeräten möglich waren (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden konnten).
Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Aus den darin enthaltenen Gründen waren auch die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet und daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Im Übrigen gleichen die Beschwerdefälle hinsichtlich der Frage der Konsumtion des § 52 Abs. 1 Z. 1 viertes Tatbild GSpG in Verbindung mit § 9 VStG (Bestrafung des Mitbeteiligten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH wegen unternehmerischer Beteiligung) durch eine Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 erstes Tatbild GSpG in Verbindung mit § 9 VStG (Bestrafung des Mitbeteiligten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Y GmbH wegen Veranstaltens verbotener Ausspielungen) sowie hinsichtlich der Beurteilung des Eintritts der Verfolgungsverjährung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den wesentlichen Punkten jenen, über die mit dem hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2013/17/0138 bis 143, unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0386, entschieden wurde, weshalb gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen wird. Auch aus den darin genannten Gründen waren die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet.
Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-86053