VwGH vom 29.01.2014, 2013/17/0116
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2013/17/0117
2013/17/0118
2013/17/0119
2013/17/0120
2013/17/0121
2013/17/0122
2013/17/0129
2013/17/0124
2013/17/0125
2013/17/0126
2013/17/0127
2013/17/0128
2013/17/0123
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und die Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom
1.) , Zl. UVS-06/7/5879/2012-2 und UVS- 06/7/5884/2012 (Zl. 2013/17/0116),
2.) , Zl. UVS-06/7/6194/2012-2 und UVS- 06/7/6196/2012 (Zl. 2013/17/0117),
3.) , Zl. UVS-06/7/5892/2012-1 und UVS- 06/7/5898/2012 (Zl. 2013/17/0118),
4.) , Zl. UVS-06/7/5907/2012-1 und UVS- 06/7/5910/2012 (Zl. 2013/17/0119),
5.) , Zl. UVS-06/7/6202/2012-3 und UVS- 06/7/6206/2012 (Zl. 2013/17/0120),
6.) , Zl. UVS-06/7/5876/2012-1 und UVS- 06/7/5880/2012 (Zl. 2013/17/0121),
7.) , Zl. UVS-06/7/5890/2012-2 und UVS- 06/7/5904/2012 (Zl. 2013/17/0122),
8.) , Zl. UVS-06/7/5868/2012-2 und UVS- 06/7/5888/2012 (Zl. 2013/17/0123),
9.) , Zl. UVS-06/7/5897/2012-2 und UVS- 06/7/6203/2012 (Zl. 2013/17/0124),
10.) , Zl. UVS-06/7/5877/2012-2 und UVS- 06/7/5882/2012 (Zl. 2013/17/0125),
11.) , Zl. UVS-06/7/6000/2012-2 und UVS- 06/7/6002/2012 (Zl. 2013/17/0126),
12.) , Zl. UVS-06/7/5874/2012-2 und UVS- 06/7/5875/2012 (Zl. 2013/17/0127),
13.) , Zl. UVS-06/7/6205/2012-2 und UVS- 06/7/6207/2012 (Zl. 2012/17/0128),
14.) , Zl. UVS-06/7/5866/2012-2 und UVS- 06/7/5867/2012 (Zl. 2013/17/0129),
jeweils betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (mitbeteiligte Partei: jeweils M H in Wien, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde jeweils zwei Berufungen des Mitbeteiligten gegen jeweils zwei Straferkenntnisse der Bundespolizeidirektion Wien, mit welchen der Mitbeteiligte jeweils als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH, somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) einer Übertretung der §§ 2 Abs. 4, 52 Abs. 1 Z. 1 vierter Fall Glücksspielgesetz (GSpG) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG schuldig erkannt und eine Geldstrafe, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt worden war, Folge, hob die angefochtenen Straferkenntnisse auf und stellte die Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG ein.
In diesen Straferkenntnissen sei dem Mitbeteiligten zur Last gelegt worden, er habe verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass die X GmbH an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 52 Abs. 1 Z. 1 vierter Fall GSpG unternehmerisch beteiligt gewesen sei. Dies indem eine jeweils näher genannte Zahl von Glücksspielgeräten an die Y GmbH vermietet worden sei, welche die Geräte am um 08:00 Uhr in einem im Spruch der angefochtenen Straferkenntnisse näher bezeichneten Lokal voll funktionsfähig und in betriebsbereitem Zustand aufgestellt habe, um Glücksspiele in Form von Ausspielungen an diesen Geräten durchzuführen.
Der Mitbeteiligte sei zur Tatzeit nicht nur handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH, sondern auch der Y GmbH gewesen. In dieser Eigenschaft sei er wegen der Veranstaltung der spruchgegenständlichen, verbotenen Ausspielungen mit Straferkenntnissen der Bundpolizeidirektion Wien rechtskräftig bestraft worden. In diesen bereits abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren, in welchen der Mitbeteiligte als zur Vertretung nach außen Berufener der Y GmbH Beschuldigter gewesen sei, seien bereits eine Reihe von Berufungsentscheidungen ergangen, in deren Begründungen insbesondere darauf verwiesen worden sei, dass ein fortgesetztes Delikt vorliege und, dass mit dem rechtskräftigen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien alle deliktischen Einzelhandlungen bis zum Datum dieser Straferkenntnisse abgegolten seien.
Die belangte Behörde gehe davon aus, dass durch die rechtskräftige Bestrafung des Mitbeteiligten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Y GmbH gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 erstes Tatbild GSpG in Verbindung mit § 9 VStG der Deliktstatbestand nach dem vierten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG in Verbindung mit § 9 VStG, wie er dem Mitbeteiligten nunmehr in den Verfahren vor der belangten Behörde als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH vorgeworfen werde, bereits konsumiert sei.
Im Übrigen sei bezüglich des Beginns des Tatzeitraumes bereits Verfolgungsverjährung gemäß § 52 Abs. 5 GSpG eingetreten.
Die vorliegende Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Finanzen richtet sich gegen die angefochtenen Bescheide. In ihr wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete Gegenschriften, in welchen sie die Abweisung der Amtsbeschwerde beantragte.
Der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in welcher er die Abweisung oder die Ablehnung der Amtsbeschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0249, der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 422/2013, zugrunde liegenden Rechtansicht angeschlossen, wonach eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 Strafgesetzbuch (StGB) dann besteht, wenn an einem Glücksspielgerät ein EUR 10,-- übersteigender Einsatz möglich war beziehungsweise wenn Serienspiele veranlasst werden konnten. Die Verwaltungsstrafbehörde trifft daher die Verpflichtung stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden konnte (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden konnten), um beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG bestand.
Die vorliegenden Beschwerdefälle gleichen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den wesentlichen Punkten jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0249, entschieden hat. Auch in den Beschwerdefällen enthalten die angefochtenen Bescheide keine Feststellungen, welche Höchsteinsätze an den Glücksspielgeräten möglich waren (beziehungsweise ob Serienspiele veranlasst werden konnten).
Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Aus den darin genannten Gründen waren auch die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit ihres Inhalts belastet und waren daher schon deshalb gemäß § 43 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Im Übrigen ist zu den Zlen. 2013/17/0116 bis 0120 und 0122 bis 0129 auszuführen:
Die Beschwerdefälle gleichen hinsichtlich der Frage der Konsumtion des § 52 Abs. 1 Z. 1 viertes Tatbild GSpG in Verbindung mit § 9 VStG (Bestrafung des Mitbeteiligten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH wegen unternehmerischer Beteiligung) durch eine Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 erstes Tatbild GSpG in Verbindung mit § 9 VStG (Bestrafung des Mitbeteiligten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Y GmbH wegen Veranstaltens verbotener Ausspielungen) sowie hinsichtlich der Beurteilung des Eintritts der Verfolgungsverjährung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den wesentlichen Punkten jenen, über die mit dem hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2013/17/0138 bis 143 unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0386, entschieden wurde, weshalb gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen wird. Auch aus den darin genannten Gründen waren die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet.
Zur Zl. 2013/17/0121:
Der Mitbeteiligte wurde mit dem im angefochtenen Bescheid erstgenannten Straferkenntnis vom als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der X GmbH der unternehmerischen Beteiligung an verbotenen Ausspielungen gemäß §§ 2 Abs. 4, 52 Abs. 1 Z. 1 vierter Fall Glücksspielgesetz (GSpG) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG schuldig erkannt und es wurde eine Geldstrafe, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Die belangte Behörde stellte auch dieses Verfahren mit der oben angeführten Begründung gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG ein.
Der Beschwerdefall gleicht insoweit ebenfalls in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht jenen Beschwerdefällen, welche mit hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2013/17/0138 bis 0143, entscheiden wurden. In diesem Umfang war daher der angefochtene Bescheid auch aus den in dem genannten Erkenntnis angeführten Gründen mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Mit dem im angefochtenen Bescheid zweitgenannten Straferkenntnis vom wurde der Mitbeteiligte allerdings nicht - wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt - wegen der unternehmerischen Beteiligung an verbotenen Ausspielungen als gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ der X GmbH gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 viertes Tatbild GSpG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG, sondern wegen der Veranstaltung verbotener Ausspielungen als gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ der Y GmbH gemäß §§ 2 Abs. 4, 52 Abs. 1 Z. 1 erstes Tatbild GSpG in Verbindung mit § 9 VStG bestraft. Die belangte Behörde traf die unbestritten gebliebene Feststellung, dass der Mitbeteiligte bereits als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Y GmbH wegen der Veranstaltung derselben verbotenen Ausspielungen gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 erstes Tatbild bestraft worden war. Es liegt daher res iudicata vor, was von der belangten Behörde hätte aufgegriffen werden müssen. Die belangte Behörde hätte den angefochtenen Bescheid in diesem Umfang wegen entschiedener Sache aufheben müssen. Sie hat den angefochtenen Bescheid daher auch diesbezüglich mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.
Aus den dargelegten Gründen waren die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Sie waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-86049