VwGH vom 17.11.2014, 2013/17/0113
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des A K in R, vertreten durch Greiml Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft in 8010 Graz, Conrad-von-Hötzendorf-Straße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-LE./0021- I/7/2013, betreffend einheitliche Betriebsprämie und zusätzlichen Beihilfebetrag, zu Recht erkannt:
Spruch
I. Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides richtet, zurückgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
III. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde den Berufungen des Beschwerdeführers gegen im Einzelnen näher angeführte erstinstanzliche Bescheide des Vorstands für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA), mit denen die Bescheide über die Zuerkennung der einheitlichen Betriebsprämie für die Jahre 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009 gemäß § 19 Abs. 2 Marktordnungsgesetz (MOG) abgeändert und die sich aus der Abänderung ergebenden Differenzbeträge zur Rückzahlung vorgeschrieben worden waren, hinsichtlich des Jahres 2005 Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben (Spruchpunkt 1.), hinsichtlich der Jahre 2006, 2007 und 2008 insoweit stattgegeben, als festgestellt wurde, dass gemäß Art 68 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 keine Flächensanktion zu verhängen sei (Spruchpunkt 2.) und hinsichtlich des Jahres 2009 mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Berechnung der Zahlungsansprüche von der Berufungsbehörde vorgenommen wurde (Spruchpunkt 3). Im Hinblick auf den Ausspruch zu Spruchpunkt 2. wurde mit Spruchpunkt 4. auch den Berufungen gegen näher genannte Bescheide, mit denen zusätzliche Beihilfebeträge für die Jahre 2006, 2007 und 2008 festgesetzt und der sich aus der (teilweise) zu Unrecht überwiesenen Direktzahlung ergebende Differenzbetrag zur Rückzahlung vorgeschrieben worden waren, wegen der Unzulässigkeit der Verhängung von Flächensanktionen teilweise Folge gegeben. Die Berechnung der sich durch die Abänderung der Bescheide in Spruchpunkt 2. und 4. ergebenden neuen Beträge wurde gemäß § 19 Abs. 3 MOG an die Behörde erster Instanz verwiesen.
Mit der Abweisung der Berufung hinsichtlich des Bescheides über die Kürzung der einheitlichen Betriebsprämie für das Jahr 2009 wurde auch die darin enthaltene Verhängung einer Sanktion gemäß Art. 51 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe bestätigt.
1.2. Begründend führt die Berufungsbehörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und Anführung der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, dass der in Spruchpunkt 1. angeführte Bescheid infolge Verjährung ersatzlos aufzuheben wäre, da die die Rückforderung auslösende Vor-Ort-Kontrolle wie auch der angefochtene Bescheid erst nach Ablauf von 4 Jahren erfolgt bzw. erlassen worden seien und der Beschwerdeführer im guten Glauben gehandelt habe. Mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheides trete der durch diesen abgeänderte Bescheid wieder in Kraft.
In Bezug auf die übrigen Spruchpunkte führt die Berufungsbehörde aus, der Beschwerdeführer sei durch seine generell gehaltene Kritik seiner Obliegenheit, bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken, nicht genügend nachgekommen. Die Berufungsbehörde sei nicht ohne nähere Angaben dazu gehalten, das Ergebnis des Kontrollors vor Ort in Zweifel zu ziehen und ohne weitere konkrete Anhaltspunkte eine neuerliche Überprüfung durchzuführen. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ausmaß der vom Kontrollor bei der Vor-Ort-Kontrolle 2010 festgestellten beihilfefähigen Futterfläche auf der gegenständlichen Alm Stellung zu nehmen. Der Kontrollor habe die tatsächliche Nutzung der Almfutterfläche zweifelsfrei ermitteln können. Der Beschwerdeführer lege nicht dar, warum der vom sachverständigen Prüfer der AMA auf die berufungsgegenständlichen Beitragsjahre rückgerechnete Überschirmungsgrad unrichtig gewesen sein sollte. Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht konkret dargelegt worden, bei welchen Teilstücken die bei der Vor-Ort-Kontrolle 2010 festgestellte Almfutterfläche nicht den tatsächlichen Verhältnissen in der Natur entspräche und auch die vom Kontrollor vorgenommene Schlageinteilung und die dabei angenommenen Außengrenzen der Alm seien nicht konkret in Zweifel gezogen worden.
Hinsichtlich des Berufungsvorbringens, den Beschwerdeführer treffe kein Verschulden an den von der Berufungsbehörde festgestellten unrichtigen Flächenberechnungen, führt diese aus, dass für die Jahre 2006, 2007 und 2008 den Beschwerdeführer insoweit tatsächlich kein Verschulden treffe, da sich dieser zu Recht auf das bei der Vor-Ort-Kontrolle 2004 ermittelte Futterflächenergebnis verlassen habe dürfen. Die angefochtenen Bescheide wären sohin dahingehend zu ändern, dass keine Flächensanktionen auferlegt würden (Spruchpunkt 2.).
Im Unterschied dazu habe sich der Beschwerdeführer beim Antrag auf einheitliche Betriebsprämie für das Jahr 2009 nicht mehr an der Vor-Ort-Kontrolle 2004 orientiert, sondern habe eine geringere Futterfläche beantragt. Daraus ließen sich konkrete Zweifel des Beschwerdeführers an den Ergebnissen der Kontrolle 2004 erkennen. In Zweifelsfällen läge es am Antragsteller, den Überschirmungsgrad und die Almfutterfläche selbst oder durch Beauftragte zu ermitteln. Da der Beschwerdeführer nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht nach bestem Wissen und Gewissen alle erforderlichen Maßnahmen zur Ermittlung der beihilfefähigen Flächen gesetzt habe, sei nicht von einem fehlenden Verschulden auszugehen. Die Flächensanktion für das Jahr 2009 sei daher zutreffend verhängt worden (Spruchpunkt 3.).
Zum Berufungsvorbringen hinsichtlich einer fehlenden Verhältnismäßigkeit der Sanktionsbestimmungen verweist die belangte Behörde auf Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, wonach es nicht unverhältnismäßig sei, einem landwirtschaftlichen Betriebsinhaber, dem, wenn auch im guten Glauben und ohne Betrugsabsicht, ein Irrtum unterlaufen ist, eine abschreckende und wirksame Sanktion aufzuerlegen.
Hinsichtlich des Spruchpunktes 4. begründet die Berufungsbehörde die durch die Behörde erster Instanz durchzuführende Neuberechnung der zusätzlichen Beihilfebeträge 2006, 2007 und 2008 mit den geänderten einheitlichen Betriebsprämien für diese Jahre und den sich dadurch ändernden Modulationsabzügen.
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
1.4. Die Berufungsbehörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
2.2. Prozessvoraussetzung für die Behandlung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof ist das Vorliegen der formellen Beschwer (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/03/0168).
Der angefochtene Bescheid gibt in seinem Spruchpunkt 1. der Berufung vollinhaltlich statt und hebt den angefochtenen Abänderungsbescheid betreffend die einheitliche Betriebsprämie 2005 "ersatzlos" auf. Damit lebt der abgeänderte Bescheid - hier:
jener über die antragsgemäße Gewährung einer einheitlichen Betriebsprämie für das Jahr 2005 - wieder auf (vgl. Thienel/Schulev-Steindl , Verwaltungsverfahrensrecht5, 301; Hengstschläger/Leeb , AVG § 68 Rz 74).
Damit fehlte es beim Beschwerdeführer schon zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Beschwerde an der Möglichkeit, dass er durch den angefochtenen Bescheid in Bezug auf dessen Spruchpunkt 1. in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde. Die Beschwerde ist daher insoweit, als sie sich gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides richtet, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
2.3. Im Übrigen gleicht die Rechtssache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den wesentlichen Punkten derjenigen, die dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2013/17/0111, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Aus den dort dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten, noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde ist daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am