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VwGH 29.01.2009, 2006/16/0134

VwGH 29.01.2009, 2006/16/0134

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art5;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art6 Abs1;
61994CJ0231 Faaborg-Gelting Linien A/S VORAB;
RS 1
Nach dem , sind Restaurationsumsätze, die in der Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr bestehen, keine Lieferungen von Gegenständen im Sinne von Art. 5 der 6. Richtlinie (77/388/EWG), sondern Dienstleistungen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie. Die Abgabe von Getränken zum sofortigen Verzehr in einem Selbstbedienungsrestaurant erfolgt in der Regel im Sinne des zitierten Urteils des EuGH im Rahmen einer Dienstleistung. Es liegen damit "Restaurationsumsätze" vor, auf die nach den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts Getränkesteuer erhoben werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/16/0138).

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2006/16/0135

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerden der I Gesellschaft m.b.H. in Salzburg, vertreten durch die Dr. Hock Treuhand und Wirtschaftsberatungs Ges. m. b. H., Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1220 Wien, Wagramer Straße 19, gegen die Bescheide des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten jeweils vom , jeweils GZ 00/37/3/102- 2006/Mag.Rie/Pl, betreffend Getränkesteuer 1. der Jahre 1995 bis 1997 (hg. Zl. 2006/16/0135) und 2. des Jahres 1998 (hg. Zl. 2006/16/0134), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Landeshauptstadt St. Pölten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.572,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom den Antrag, für ihr Selbstbedienungsrestaurant die Getränke- und Speiseeissteuer der Jahre 1995 bis 1997 "wegen unrichtiger Selbstbemessung mit Null festzusetzen, und unser Guthaben aus den zu Unrecht geleisteten Zahlungen unverzüglich" auf ein näher genanntes Bankkonto der Beschwerdeführerin zu überweisen.

Mit dem an die Beschwerdeführerin ergangenen Bescheid vom setzte der Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten für dieses Selbstbedienungsrestaurant die Getränkesteuer für die entgeltlich getätigten Lieferungen von Getränken und Speiseeis der Kalenderjahre 1995 bis 1997 mit insgesamt ATS 1,354.675,-- fest.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, die Vorschreibung der Getränkesteuer verstoße gegen Gemeinschaftsrecht.

Die Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom den Antrag, für ihr Selbstbedienungsrestaurant die Getränke- und Speiseeissteuer des Jahres 1998 "wegen unrichtiger Selbstbemessung mit Null festzusetzen und unser Guthaben aus den zu Unrecht geleisteten Zahlungen unverzüglich" auf ein näher genanntes Bankkonto der Beschwerdeführerin zu überweisen.

Mit dem an die Beschwerdeführerin ergangenen Bescheid vom setzte der Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten für dieses Selbstbedienungsrestaurant die Getränkesteuer für die entgeltlich getätigten Lieferungen von Getränken und Speiseeis des Kalenderjahres 1998 mit insgesamt ATS 432.388,-- fest.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin neuerlich die Ansicht, die Vorschreibung der Getränkesteuer verstoße gegen Gemeinschaftsrecht.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid erster Instanz "betreffend die Rückerstattung der Getränke und Speiseeissteuer für den Zeitraum von bis " gemäß § 213 Abs. 2 NÖ AO als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, die der Abgabenberechnung zu Grunde gelegten Bemessungsgrundlagen ergäben sich aus den eingereichten Abgabenerklärungen. Die Veräußerung von Getränken an Letztverbraucher sei im Beschwerdefall im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit erfolgt. Es handle sich daher um "Restaurationsumsätze", auf welche die im Verfahren vorgebrachte Gemeinschaftsrechtswidrigkeit nicht zutreffe. Da somit die alkoholischen Getränke bei der Getränkesteuerbemessung einzubeziehen gewesen seien, habe auch kein rückzahlbares Guthaben entstehen können.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid erster Instanz "betreffend die Rückerstattung der Getränke und Speiseeissteuer für den Zeitraum von bis " gemäß § 213 Abs. 2 NÖ AO als unbegründet ab. Die Begründung dieses Bescheides entspricht wörtlich jener des erstangefochtenen Bescheides.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, mit denen sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide in ihrem Recht auf Festsetzung der Getränkesteuer auf alkoholhältige Getränke in Höhe von Null oder, in eventu, in Höhe eines entsprechend herabgeminderten Betrages verletzt. Darüber hinaus erachtet sich die Beschwerdeführerin "in ihrem Recht auf Einleitung bzw. Fortsetzung eines Rückerstattungsverfahrens hinsichtlich der gemeinschaftsrechtswidrig erhobenen Beträge an Getränkesteuer" gem. § 186a NÖ AO verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Verbindung der Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Mit den erstinstanzlichen Bescheiden vom und hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten über die Festsetzung der Getränkesteuer für die Kalenderjahre 1995 bis 1997 und 1998, nicht aber auch über die Anträge auf Rückerstattung der Getränke- und Speiseeissteuer abgesprochen.

Mit den angefochtenen Bescheiden hat die belangte Behörde über die Berufungen der Beschwerdeführerin und dabei - in Verkennung der Sache der Entscheidung der Abgabenbehörde erster Instanz - über die Rückerstattung der Getränke- und Speiseeissteuer für die Jahre 1995 bis 1998 entschieden. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Spruch, sondern auch aus der Begründung der angefochtenen Bescheide.

Damit hat die belangte Behörde aber ohne vorangegangene Entscheidungen der Behörde erster Instanz unzuständigerweise über die Rückerstattung der Getränke- und Speiseeissteuer entschieden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/16/0138, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Unzuständigkeit der belangten Behörde auch dann wahrzunehmen, wenn dies von der Partei nicht geltend gemacht wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/16/0066).

Die angefochtenen Bescheide waren daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren wird auf die , und , Rs. C-231/94, hingewiesen.

Nach dem zuletzt zitierten Urteil sind Restaurationsumsätze, die in der Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr bestehen, keine Lieferungen von Gegenständen im Sinne von Art. 5 der 6. Richtlinie (77/388/EWG), sondern Dienstleistungen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie.

Die Abgaben von Getränken zum sofortigen Verzehr in einem Selbstbedienungsrestaurant erfolgt in der Regel im Sinne des zitierten Urteils im Rahmen einer Dienstleistung. Es liegen damit "Restaurationsumsätze" vor, auf die nach den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts Getränkesteuer erhoben werden darf (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/16/0138).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art5;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art6 Abs1;
61994CJ0231 Faaborg-Gelting Linien A/S VORAB;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2009:2006160134.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAE-86041