VwGH vom 14.02.2013, 2011/08/0061
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Strohmayer und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien, vertreten durch Mag. Daniel Kornfeind, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 27/28, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK-422053/0001-II/A/3/2009, betreffend Pflichtversicherung nach dem B-PVG und BSVG (mitbeteiligte Partei: J R in M), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt vom wurde ausgesprochen, dass der 1962 geborene Mitbeteiligte vom bis nicht in der Pensionsversicherung der Bauern pflichtversichert sei (Spruchpunkt 1). Dem Antrag des Mitbeteiligten vom auf Nachentrichtung verjährter Beiträge zur Pensionsversicherung wurde nicht entsprochen (Spruchpunkt 2).
Begründend führte die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt im Wesentlichen aus, laut den Angaben des Mitbeteiligten in seinem Antrag vom sei er vom bis hauptberuflich im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern beschäftigt gewesen.
Aus dem Beitragsakt der Mutter des Mitbeteiligten gehe jedoch hervor, dass er erst ab dem als hauptberuflich in der elterlichen Landwirtschaft beschäftigtes Kind zur Pflichtversicherung angemeldet worden sei; diese Anmeldung sei von seiner Mutter am erstattet worden. Vom Gemeindeamt sei am ebenfalls schriftlich bestätigt worden, dass der Mitbeteiligte im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb hauptberuflich am (Ende des Schulbesuches) die Beschäftigung aufgenommen habe. Dieser Bestätigung sei auch eine Bestätigung der landwirtschaftlichen Landeslehranstalt vom beigelegt gewesen, wonach der Mitbeteiligte vom bis die landwirtschaftliche Berufsschule besucht habe.
Am sei ein Schreiben an die Mutter des Mitbeteiligten ergangen, in dem diese unter Verweis auf die Meldebestimmungen um Mitteilung ersucht worden sei, wo der Mitbeteiligte ab Pflichtschulende hauptberuflich beschäftigt bzw. pflichtversichert gewesen sei. Darauf habe der Vater des Mitbeteiligten telefonisch bekannt gegeben, dass der Mitbeteiligte ab Pflichtschulende im Juli 1978 bis zum zwar zu Hause gewesen sei, da er keine Lehrstelle gefunden habe, jedoch nicht hauptberuflich in der Landwirtschaft beschäftigt gewesen sei. Am habe die Mutter des Mitbeteiligten überdies schriftlich mitgeteilt, dass der Mitbeteiligte ab Ende der Pflichtschule auf Lehrstellensuche gewesen und bis einer hauptberuflichen Beschäftigung nicht nachgegangen sei. Laut diesem Schreiben habe der Mitbeteiligte erst ab die hauptberufliche Tätigkeit in der Landwirtschaft vorläufig aufgenommen, da er nach einer weiteren Schulausbildung keinen Arbeitsplatz bzw. keine Lehrstelle gefunden habe.
Da somit eine Pflichtversicherung im Zeitraum vom bis nicht habe festgestellt werden können, sei auch eine Nachentrichtung von Pensionsversicherungsbeiträgen nicht möglich.
Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Einspruch.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes vom wurde der Einspruch als unbegründet abgewiesen.
Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Berufung.
Die belangte Behörde führte - im Wege des Landeshauptmannes - die Vernehmung von drei Zeugen durch.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und stellte fest, dass der Mitbeteiligte in der Zeit vom bis gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 B-PVG und in der Zeit vom 1. Jänner bis gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 BSVG der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterlegen sei.
Begründend führte die belangte Behörde - nach Schilderung des Verfahrensganges - aus, die Mutter des Mitbeteiligten sei im zu prüfenden Zeitraum Betriebsführerin eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes gewesen. Mit Schreiben vom habe sie erstmals eine Anmeldung des Mitbeteiligten zur Kranken- und Pensionsversicherung der Bauern wegen Aufnahme der Tätigkeit in der elterlichen Landwirtschaft erstattet; als Beginn der Tätigkeit sei der genannt worden. Weiter sei angegeben worden, dass der Angemeldete zuletzt als Schüler beschäftigt gewesen sei.
Laut Bestätigung des Gemeindeamtes vom habe der Mitbeteiligte am (Ende des Schulbesuches) hauptberuflich die Beschäftigung im elterlichen Betrieb aufgenommen.
Laut Bestätigung der landwirtschaftlichen Landeslehranstalt vom habe der Mitbeteiligte vom bis die landwirtschaftliche Berufsschule besucht.
Mit Schreiben vom sei der Mutter des Mitbeteiligten von der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt mitgeteilt worden, dass der Mitbeteiligte ab der Pflichtversicherung nach dem BSVG unterliege. Weiter sei sie ersucht worden, mitzuteilen, ob der Mitbeteiligte ab Pflichtschulende hauptberuflich beschäftigt gewesen sei. Am habe der Vater des Mitbeteiligten telefonisch bekannt gegeben, dass der Mitbeteiligte ab Pflichtschulende im Juli 1978 bis zum (Beginn der landwirtschaftlichen Berufsschule) zwar zu Hause gewesen sei, da er keine Lehrstelle gefunden habe, jedoch nicht hauptberuflich in der elterlichen Landwirtschaft beschäftigt gewesen sei.
Mit Schreiben vom habe die Mutter des Mitbeteiligten mitgeteilt, dass der Mitbeteiligte ab Ende der Pflichtschule auf Lehrstellensuche gewesen sei. Einer hauptberuflichen Beschäftigung sei er bis nicht nachgegangen. Er sei in dieser Zeit auch nicht pflichtversichert gewesen. Da er nach einer weiteren Schulausbildung keinen Arbeitsplatz bzw. keine Lehrstelle gefunden habe, habe er die hauptberufliche Tätigkeit vorläufig in der Landwirtschaft aufgenommen.
Der Mitbeteiligte habe im zu prüfenden Zeitraum keine andere Beschäftigung (außer Lehrstellensuche) ausgeübt.
Die belangte Behörde gelange zur Auffassung, dass der Mitbeteiligte am Hof gearbeitet habe. Laut eidesstattlicher Erklärung vom bestätige der Mitbeteiligte, dass er in der Zeit von Juli 1977 bis am elterlichen Bauernhof hauptberuflich beschäftigt gewesen sei. Dies sei durch die Eltern als Zeugen bestätigt worden. Dieser Erklärung komme geringe Beweiskraft zu.
Im Antrag auf Nachentrichtung von Pensionsversicherungs-Beiträgen werde ausgeführt, dass die im Beitragsakt gemachten Angaben, dass er nicht hauptberuflich im landwirtschaftlichen Betrieb beschäftigt gewesen sei, seinerzeit irrtümlich erfolgt seien. Die Erklärung der Mutter vom sei abgegeben worden, weil seine Familie damals kein Geld gehabt habe, um die Pflichtbeiträge für den Mitbeteiligten abzuführen und ihn zur Sozialversicherung zu melden. Diese Erklärung erscheine der belangten Behörde plausibel, da nach dem allgemeinem Erfahrungsgut und Wissen bei kleinen landwirtschaftlichen Betrieben wie dem hier zu beurteilenden Geldmittel knapp gewesen seien.
Der Mitbeteiligte gebe selbst an, dass er nach Ende der Pflichtschule beabsichtigt habe, eine Lehre anzutreten. Da aber die Eltern seine Arbeitskraft am Hof benötigt hätten, sei er in dieser Zeit am elterlichen Hof beschäftigt gewesen.
Der Zeuge R habe angegeben, dass er im zu beurteilenden Zeitraum Nachbar des Mitbeteiligten gewesen sei; sie hätten die Freizeit miteinander verbracht. Der Mitbeteiligte sei, bevor er die landwirtschaftliche Schule besucht habe, keiner anderen Beschäftigung als der am Hof nachgegangen; er sei in diesem Zeitraum immer daheim im Betrieb seiner Eltern beschäftigt gewesen. Der Zeuge habe den Mitbeteiligten jedenfalls bei der Feldarbeit gesehen (Mähen, Heuen, Düngen).
Der Zeuge L habe angeführt, dass er zwei Bauernhöfe weiter gewohnt habe und mit dem Mitbeteiligten in die Schule gegangen sei. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mitbeteiligte eine Beschäftigung bei einer Brauerei angetreten habe, sei er immer am Hof seiner Eltern beschäftigt gewesen. Der Mitbeteiligte habe die Tiere versorgt und die Heuernte gemacht. Er habe alle Tätigkeiten ausgeübt, die am Hof zu verrichten seien.
Die Zeugin R (Schwester des Mitbeteiligten) habe ebenfalls bestätigt, dass der Mitbeteiligte in diesem Zeitraum zu Hause beschäftigt gewesen sei. Beim Hof habe es sich um einen Bergbauernhof gehandelt; die Arbeitskraft des Mitbeteiligten sei benötigt worden. Nachdem der Mitbeteiligte die Beschäftigung bei der Brauerei begonnen habe, seien die jüngeren Geschwister verstärkt zur Arbeit herangezogen worden. Sie sei bis zu ihrem 21. Lebensjahr benötigt worden, da der Vater auf Grund einer Krankheit in Frühpension gewesen sei. Laut ihrer Aussage habe der Mitbeteiligte sämtliche Tätigkeiten ausgeübt, die auf der elterlichen Landwirtschaft notwendig gewesen seien. Die Zeugin sei in der Zeit vom bis hauptberuflich im elterlichen Betrieb gemeldet und beschäftigt gewesen.
Aus den Zeugenaussagen gehe übereinstimmend hervor, dass der Mitbeteiligte im streitgegenständlichen Zeitraum am Hof seiner Eltern beschäftigt bzw. tätig gewesen sei und keiner anderen Beschäftigung nachgegangen sei. Aus der Tatsache, dass seine Schwester ab 1983 hauptberuflich auch im elterlichen Betrieb tätig gewesen sei, gehe zudem hervor, dass seine Arbeit am Hof somit auch benötigt worden sei. Dies werde weiters durch die Aussagen des Vaters, wonach der Mitbeteiligte ab Pflichtschulende bis zum zu Hause gewesen sei, da er keine Lehrstelle gefunden habe, und der Mutter bestätigt, die angegeben habe, dass der Mitbeteiligte bis keiner hauptberuflichen Beschäftigung nachgegangen sei. Auch die Tatsache, dass er eine landwirtschaftliche Schule besucht habe, spreche für eine Beschäftigung im bäuerlichen Bereich.
Der Mitbeteiligte habe zwar Berufung gegen den gesamten Bescheid des Landeshauptmannes erhoben, im Berufungsantrag sei die Anfechtung aber auf die Pflichtversicherung beschränkt; es sei daher davon auszugehen, dass nur die Frage der Pflichtversicherung Gegenstand des Berufungsverfahrens sei.
Der Mitbeteiligte sei im streitgegenständlichen Zeitraum ausschließlich im elterlichen Betrieb beschäftigt gewesen, damit sei diese Tätigkeit als hauptberuflich zu beurteilen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. § 2 Bauern-Pensionsversicherungsgesetz (B-PVG, BGBl. 28/1970) lautete in der Fassung der 2. Novelle BGBl. 33/1973 (auszugsweise):
"(1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt und nicht eine Ausnahme nach § 3 gegeben ist, pflichtversichert:
1. Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)-wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes vom , BGBl. Nr. 140, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird;
2. die Kinder, Enkel, Wahl- und Stiefkinder sowie die Schwiegerkinder einer in Z. 1 genannten Person, alle diese, wenn sie hauptberuflich in diesem Betrieb beschäftigt sind;
(…)
(3) Die Pflichtversicherung besteht für die im Abs. 1 bezeichneten Personen nur, wenn sie das 15. Lebensjahr vollendet haben. (…)".
§ 2 BSVG (idF BGBl. Nr. 559/1978) lautet (auszugsweise):
(1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:
1. Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes vom , BGBl. Nr. 140, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird;
2. die Kinder, Enkel, Wahl- und Stiefkinder sowie die Schwiegerkinder einer in Z. 1 genannten Person, alle diese, wenn sie hauptberuflich in diesem Betrieb beschäftigt sind.
(…)
(4) Die Pflichtversicherung besteht
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a) | in der Krankenversicherung für die im Abs. 1 Z. 2, |
b) | in der Pensionsversicherung für die im Abs. 1 Z. 1 und 2 |
genannten Personen nur, wenn sie das 15. Lebensjahr vollendet haben. | |
(…)" | |
2. | Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt macht geltend, der Zeuge R sei fünf Jahre jünger als der Mitbeteiligte; im zu prüfenden Zeitraum sei der Zeuge sohin bloß zehn bis zwölf Jahre alt gewesen. Dass ein zehnjähriges Kind einen anderen Beschäftigungsbegriff und ein anderes Erinnerungsvermögen als es zur Dartuung unzweifelhafter Fakten erforderlich wäre, sei evident. Ein Zehnjähriger könne nicht angeben, in welchem Ausmaß der benachbarte Freund in der Landwirtschaft der Eltern tatsächlich beschäftigt gewesen sei; dies schon deswegen, weil er nahezu den ganzen Tag in der Schule zugebracht habe. Dass er den Mitbeteiligten fallweise bei der Mithilfe der Feldarbeit gesehen habe, schade an sich einer Mithilfe nicht; für eine hauptberufliche Beschäftigung sei dies aber nicht ausreichend. Auch die Aussage des Zeugen L über Sachverhalte, die sich vor 30 Jahren ereignet hätten und zu deren Zeitpunkt der Zeuge etwa 15 Jahre alt gewesen sei, seien wohl von geringer Beweiskraft, weil dem gegenüber Aussagen in einem wesentlich zeitnäheren Ausmaß vorlägen. Auch könne der Zeuge wohl nicht beurteilen, in welchem Ausmaß tatsächlich Leistungen erbracht worden seien. Dass die Schwester dem Mitbeteiligten helfen möchte, sei klar; sie sei im fraglichen Zeitraum neun bis maximal elf Jahre alt gewesen. Demgegenüber habe die Bestätigung der Gemeinde als öffentliche Urkunde hohe Beweiskraft. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die ursprünglich getätigten Angaben wohl den tatsächlichen Gegebenheiten am nächsten kämen. Der Vater des Mitbeteiligten habe im Jahr 1980 angegeben, dass der Mitbeteiligte ab Pflichtschulende (Juli 1978 ) zwar zu Hause gewesen sei, aber nicht hauptberuflich in der elterlichen Landwirtschaft beschäftigt gewesen sei. Damit zeige sich aber, dass der Mitbeteiligte jedenfalls vom Juli 1977 bis Juli 1978 gar nicht hauptberuflich am Hof hätte tätig sein können, weil er noch die Pflichtschule absolviert habe. Dass neben einem Schulbesuch eine hauptberufliche Mitarbeit am Hof nicht möglich sei, sei evident. Daraus ergebe sich auch, dass die Aussagen der Zeugen - jedenfalls diesen Zeitraum betreffend - unrichtig seien. Auch sei aus den Aussagen nicht ableitbar, dass eine hauptberufliche Tätigkeit erbracht worden sei. Bloßes Mithelfen im Familienverband begründe aber keine Tätigkeit, die der Pflichtversicherung unterliege. Auch die Eltern hätten seinerzeit die Mithilfe nicht als hauptberufliche Tätigkeit qualifiziert. |
3. | Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0064, mwN). |
4. | Der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt gelingt es mit ihren Ausführungen nicht, eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat sich mit sämtlichen relevanten Beweisergebnissen auseinandergesetzt; sie hat dabei nicht gegen Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen: |
Zutreffend ist zwar, dass laut dem - von einem Mitarbeiter der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt angelegten - Aktenvermerk über das Telefonat mit dem Vater des Mitbeteiligten im Mai 1980 festgehalten wurde, dass der Mitbeteiligte "ab Pflichtschulende Juli 78" zu Hause gewesen sei, aber nicht hauptberuflich in der elterlichen Landwirtschaft beschäftigt gewesen sei. In den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich unter anderem das Jahres- und Abschlusszeugnis des polytechnischen Lehrganges für den Mitbeteiligten vom . Darin wird auch ausgeführt, dass der Mitbeteiligte mit Ende des Schuljahres 1976/77 die allgemeine Schulpflicht beendet hat. Das im Telefonat angesprochene "Pflichtschulende" war sohin mit Juli 1977 eingetreten. Bei der im Aktenvermerk angegebenen Jahreszahl ("78") handelt es sich daher offenkundig um einen Irrtum (entweder des Vaters des Mitbeteiligten oder des Mitarbeiters, der den Aktenvermerk aufgenommen hat); dieser offenkundige Irrtum steht aber der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht entgegen. Sollte es sich hingegen - wovon freilich bei einem derartigen, jederzeit objektivierbaren Umstand nicht auszugehen ist - um eine bewusst unrichtige Angabe des Vaters des Mitbeteiligten gehandelt haben, so würde dies erst recht die Beweiswürdigung der belangten Behörde stützen, wäre doch dann die gesamte telefonische Erklärung des Vaters des Mitbeteiligten (samt dessen Behauptung, der Mitbeteiligte sei in diesem Zeitraum nicht hauptberuflich tätig gewesen) als bedenklich anzusehen. | |
Ausgehend von dem sohin feststehenden Ende der Pflichtschule mit Juli 1977 kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Feststellungen zur Tätigkeit des Mitbeteiligten auf die übereinstimmenden Aussagen der vernommenen Zeugen stützte. Bei der Schilderung dieser Zeugen wird zwar zutreffend auch das Alter der Zeugen, als sie die geschilderten Wahrnehmungen machten, zu berücksichtigen sein. Dass aber diese Zeugen (auch unter Berücksichtigung ihres damaligen Alters) keine Wahrnehmungen über alltägliche, den Zeugen bekannte Verrichtungen (etwa Versorgung der Tiere, Heuernte, Arbeiten im Stall und am Feld) schildern könnten, ist nicht ersichtlich. | |
Wenn die beschwerdeführende Partei auf die Bestätigung der Gemeinde vom verweist, so wird darin nur bestätigt, dass der Mitbeteiligte hauptberuflich am (Ende des Schulbesuches, wobei hier der Besuch der landwirtschaftlichen Berufsschule vom bis gemeint ist) die Beschäftigung aufgenommen hat. Dass es sich dabei um die erstmalige Aufnahme (und nicht etwa um die Wiederaufnahme nach Unterbrechung durch den Schulbesuch) gehandelt habe, geht aus dieser Bestätigung nicht hervor; damit ist daraus aber auch nicht ableitbar, dass der Mitbeteiligte vor dem Besuch der landwirtschaftlichen Berufsschule nicht hauptberuflich im Betrieb seiner Eltern tätig gewesen sei. | |
Die ursprünglichen Angaben der Eltern des Mitbeteiligten mögen - wie im Einspruch und in der Berufung behauptet - auf einem Irrtum über den Begriff der "Hauptberuflichkeit" oder auch auf dem Motiv der Beitragsvermeidung beruht haben, was die belangte Behörde in ihre Beweiswürdigung einbezogen hat. | |
5. | Ausgehend von den sohin auf einer unbedenklichen Beweiswürdigung gründenden Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde ist auch der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde nicht entgegenzutreten. |
Unter "hauptberuflich" iSd § 2 Abs. 1 Z 2 B-PVG und § 2 Abs. 1 Z 2 BSVG ist nichts anderes zu verstehen, als "hauptberuflich keiner anderen Beschäftigung nachzugehen". Das Anknüpfen des Gesetzgebers an die Praxis bäuerlichen Lebens und das Bemühen um die Ermöglichung einer praxisgerechten Vollziehung deutet auf ein Vorverständnis des Gesetzgebers hin, nach welchem ein Kind, das keiner anderen Beschäftigung als der Mitarbeit im elterlichen Betrieb nachgeht, in aller Regel in einem solchen Ausmaß zur Arbeit herangezogen wird, dass von hauptberuflicher Beschäftigung gesprochen werden kann, sodass eine nähere Prüfung des Beschäftigungsausmaßes bei Fehlen einer anderen Beschäftigung nicht erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0064, mwN). | |
Da der Mitbeteiligte im hier zu prüfenden Zeitraum nur in der Landwirtschaft seiner Eltern tätig war, ist diese Tätigkeit als "hauptberuflich" zu beurteilen. | |
6. | Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. |
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. | |
Wien, am |
Fundstelle(n):
SAAAE-86038