VwGH vom 26.05.2011, 2008/23/1350
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Händschke sowie den Hofrat Dr. Hofbauer und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des J A, geboren 1988, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 268.273/0/9E-VIII/23/06, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit die Berufung gegen Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers nach Georgien) abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, beantragte am Asyl.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab, erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 Fremdenpolizeigesetz 2005 für zulässig und wies diesen gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien aus.
Begründend führte die belangte Behörde zur Ausweisung aus, der Beschwerdeführer habe in Österreich keine relevanten familiären Anknüpfungspunkte, weshalb eine Ausweisung keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährte Recht auf Privat- und Familienleben darstellen würde.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zu I.:
Hinsichtlich der Ausweisungsentscheidung rügt die Beschwerde die fehlende Berücksichtigung der familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich. Die namentlich genannte Lebensgefährtin des Beschwerdeführers sei Asylwerberin, ihr Verfahren sei in 2. Instanz anhängig. Weder die Lebensgefährtin noch der zwischenzeitig geborene gemeinsame Sohn könnten aus näher ausgeführten Gründen den Beschwerdeführer im Fall seiner Ausweisung begleiten.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde einen relevanten Verfahrensmangel auf.
Im Hinblick auf den seit der (letzten) Vernehmung des Beschwerdeführers
im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde am bis zur Erlassung der angefochtenen Entscheidung vergangenen Zeitraum von eineinhalb Jahren konnte die belangte Behörde nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass sich die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers mittlerweile nicht verändert haben. Es wäre daher geboten gewesen, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur allfälligen Geltendmachung von unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK relevanten Umständen zu geben. Da die belangte Behörde dies unterließ, unterliegt das (neue) Vorbringen in der Beschwerde nicht dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/23/0114, mwH).
Es ist nicht auszuschließen, dass die belangte Behörde bei Berücksichtigung der neu vorgebrachten Umstände zu einer anderen - für den Beschwerdeführer günstigeren - Entscheidung hätte gelangen können. Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich der verfügten Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet nach Georgien wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Zu II.:
Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG in Verbindung mit Art. 129c Abs. 1 B-VG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beschwerde wirft - soweit sie sich nicht auf die Ausweisung bezieht - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde im Übrigen abzulehnen.
Wien, am
Fundstelle(n):
QAAAE-86030