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VwGH vom 18.12.2006, 2006/16/0124

VwGH vom 18.12.2006, 2006/16/0124

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 22-24/4/9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0130- W/06, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erklärte in der Abgabenerklärung vom , seinem gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten EUR 1.000,-- geschenkt zu haben.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien dem Beschwerdeführer ausgehend von der Steuerklasse V und unter Berücksichtigung des Freibetrages gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG Erbschaftssteuer in der Höhe von EUR 141,96 vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer die Anwendung der Steuerklasse V.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, für die Einordnung in die jeweilige Steuerklasse im Sinne des § 7 Abs. 1 ErbStG und damit für die Höhe des Steuersatzes seien die persönlichen Verhältnisse des Erwerbers gegenüber dem Erblasser bzw. Geschenkgeber im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgebend. Bei der Einreihung in die abgabenrechtlich bevorzugten Steuerklassen des § 7 Abs. 1 ErbStG sei allein ein nach bürgerlichem Recht bestehendes Abstammungsverhältnis, Verwandtschaftsverhältnis oder familienrechtliches Naheverhältnis zwischen Schenkendem und Beschenktem maßgebend. Unter Ehegatten im Sinne der Z 1 der Steuerklasse I fielen nur Personen, deren Ehe nach staatlichem Recht aufrecht sei. Alle Erwerber, denen eine für die Einordnung in eine der begünstigten Steuerklassen I bis IV maßgebliche persönliche Eigenschaft fehle, fielen als "übrige Erwerber" in die Steuerklasse V. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass nach § 25 Abs. 1 Z 5 BAO, in der ab anzuwendenden Fassung des Art. II AbgRmRefG, BGBl. I 2002/97, Angehörige im Sinne der Abgabenvorschriften (auch) Personen seien, die miteinander in Lebensgemeinschaft lebten. Mit "Ehegatten" seien nur die Partner einer Ehe im Sinne des bürgerlichen Rechts, nicht aber die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeint. Eine verfassungskonforme Auslegung komme überdies nur dann in Betracht, wenn der Wortlaut der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmung mehrere Deutungen zulasse. Wie der Verfassungsgerichtshof zum Fremdengesetz ausgesprochen habe, könne von einer Unbestimmtheit des Begriffs "Ehegatte" angesichts des geltenden § 44 ABGB keine Rede sein. Selbst ein Wandel in den gesellschaftlichen Anschauungen könnte ihn deshalb nicht unbestimmt machen. Es sei daher auch für die Auslegung des Begriffs "Ehegatte" in der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 1 ErbStG auf die in § 44 ABGB enthaltene Legaldefinition zurückzugreifen, wonach in einem Ehevertrag zwei Personen verschiedenen Geschlechts gesetzmäßig ihren Willen erklärten, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitig Beistand zu leisten. Auf Grund des eindeutigen Wortlautes des Begriffes "Ehegatte" komme daher eine Auslegung, wonach darunter bei Vorliegen bestimmter Bedingungen auch gleichgeschlechtliche Lebensgefährten zu verstehen seien, nicht in Betracht. Auf Grund der Systematik der Bestimmung des § 7 ErbStG, alle begünstigten Personen taxativ aufzuzählen und "alle übrigen Erwerber" der Steuerklasse V zuzuordnen, existiere hier auch keine Regelungslücke, die durch verfassungskonforme Auslegung zu schließen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtvorschreibung der Schenkungssteuer nach der Steuerklasse V und "in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

"Gemäß § 7 Abs. 1 ErbStG werden nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser die folgenden fünf

Steuerklassen unterschieden:

I.

Steuerklasse I.

1. Der Ehegatte, ...

...

V.

Steuerklasse V.

Alle übrigen Erwerber und die Zweckzuwendungen."

Der Beschwerdeführer hat seinem gleichgeschlechtlichen Lebensgefährten EUR 1.000,-- geschenkt. Es liegt keine Schenkung unter "Ehegatten" vor, sodass nicht die Steuerklasse I., sondern die Steuerklasse V. anzuwenden ist. Der Wortlaut dieser Bestimmung lässt eine vom Beschwerdeführer begehrte Auslegung, dass darunter auch Lebensgemeinschaften zu verstehen seien, ebenso wenig zu, wie die Übung von Analogie, weil mit Rücksicht auf das Nebeneinander von Ehe und Lebensgemeinschaft das Vorliegen einer planwidrigen Unvollständigkeit im Gesetz nicht angenommen werden kann.

Soweit in der Beschwerde die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung geltend gemacht werden, wird zunächst darauf hingewiesen, dass insofern keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Entscheidung gegeben ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , B 771/06 - 6, eine an ihn erhobene Beschwerde gegen den Bescheid des UVS, Außenstelle Salzburg, vom abgewiesen. Mit diesem Bescheid wurde bei der Vorschreibung der Schenkungssteuer auf Grund einer Schenkung an einen heterosexuellen Lebensgefährten die Steuerklasse V. angewendet.

In der Begründung dieses Erkenntnisses heißt es:

"1. Bereits im Erkenntnis VfSlg. 10.064/1984 hat der Gerichtshof (auch damals im Zusammenhang mit den Steuerklassen des Erbschaftssteuergesetzes) die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber sei im Hinblick auf die wesentlichen Unterschiede zwischen Lebensgemeinschaften und Ehen keineswegs genötigt, die beiden Gemeinschaften in jeder Hinsicht gleichzustellen. Die eheliche Gemeinschaft beruhe auf einer rechtlichen Institution, die ein wesentliches Element der rechtlichen Ordnung menschlicher Beziehungen bilde, während für nichteheliche Lebensgemeinschaften eine vergleichbare rechtliche Ordnung des Gemeinschaftsverhältnisses nicht bestehe.

Der Gerichtshof bleibt im Ergebnis bei dieser Auffassung:

Wenn der Gesetzgeber bei der Tarifgestaltung der Erbschaftssteuer Ehegatten in die Steuerklasse I einordnet, Partner einer Lebensgemeinschaft hingegen in diesem Zusammenhang nicht explizit erwähnt (so dass sie in die Steuerklasse V fallen), so berücksichtigt er damit in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise die nach wie vor vielfältigen Unterschiede, die zwischen diesen beiden Formen der Partnerschaft bestehen. Das Eingehen einer Ehe begründet eine umfassende eheliche Lebensgemeinschaft, die nur unter besonderen Voraussetzungen wieder aufgelöst werden kann, und zieht eine Reihe von persönlichen Rechtswirkungen nach sich. Die Partner einer Ehe treffen insbesondere verschiedene Verpflichtungen, denen jeweils Rechtsansprüche des anderen Partners korrespondieren (§§ 90, 94 ff. ABGB). Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind derartigen Pflichten nach der derzeitigen Rechtslage nicht unterworfen; insbesondere sind sie einander nicht zu Unterhaltsleistungen verpflichtet; es steht ihnen überdies frei, die Gemeinschaft jederzeit aufzulösen (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I 13, 2006, S. 446).

Auch erbrechtliche Konsequenzen (in Form eines gesetzlichen Erbrechtes) werden vom bürgerlichen Recht nur mit der Ehe, nicht mit anderen Formen der Partnerschaft verknüpft (§ 757 ABGB). Überhaupt spiegeln die Steuerklassen des § 7 ErbStG weitgehend die Grundsätze der zivilrechtlichen Erbfolge wider (vgl. auch Meincke, ErbStG 14, 2004, § 15, Rz. 2). Dem Gesetzgeber des ErbStG kann aber aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn er bei der Abstufung des Tarifes den Wertentscheidungen des Erbrechtes folgt.

Vor allem aber ist zu berücksichtigen, dass das Erbschaftssteuerrecht offenbar auch aus Gründen der Praktikabilität bei der Umschreibung und Abgrenzung der Steuerklassen in § 7 ErbStG an formale Kriterien des Familienstandes, der Verwandtschaft und Schwägerschaft anknüpft und die im Einzelfall gegebene persönliche Beziehung zwischen den Beteiligten in jeder Hinsicht außer Betracht lässt. Angesichts dessen besteht aber keine Veranlassung, die Steuerklasseneinteilung des § 7 ErbStG einer Prüfung zu unterziehen oder gar die Steuerklasse I auf nichteheliche Lebensgemeinschaften anzuwenden.

Der Gerichtshof übersieht dabei weder, dass nichteheliche Lebensgemeinschaften in verschiedenen Formen im Vordringen begriffen sind, noch, dass der Gesetzgeber in bestimmten Belangen (so etwa auch in § 15 Abs. 1 Z 16 ErbStG) heute auf diese Gemeinschaften Bedacht nimmt. Derartiges ist ihm von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht verwehrt. Es mag auch sein, dass in Teilbereichen der Rechtsordnung eine Differenzierung zwischen der Ehe und nichtehelichen Partnerschaften sachlich nicht (mehr) zu rechtfertigen ist. Dies hängt von Art und Inhalt der Regelung und dem jeweiligen Sachzusammenhang ab. Im Erbschaftssteuerrecht, bei dem es um die steuerliche Belastung von Vermögenstransfers zu einem bestimmten Zeitpunkt geht, handelt der Gesetzgeber jedenfalls nicht unsachlich, wenn er - auch im Hinblick auf andernfalls gegebene Missbrauchsmöglichkeiten oder Schwierigkeiten der Sachverhaltsermittlung - an formale familienrechtliche Kategorien (Ehe, Verwandtschaft, Schwägerschaft) anknüpft und darauf verzichtet, Vermögenstransfers zwischen den Partnern nicht formalisierter Gemeinschaften, mögen diese auch wesentlich größere Bedeutung haben als früher, jenen zwischen Ehepartnern gleichzustellen."

Nach diesem Erkenntnis bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, im Fall einer Schenkung an einen Lebensgefährten bei der Vorschreibung der Schenkungssteuer die Steuerklasse V. anzuwenden; dies gilt ausdrücklich im Fall einer Schenkung an einen heterosexuellen Lebenspartner und kann bei verfassungskonformer Auslegung im Fall der Schenkung an einen homosexuellen Lebenspartner nicht anders gelten; von einer Diskriminierung gegenüber heterosexuellen Lebenspartnern kann dabei keine Rede sein.

Die belangte Behörde hat bei der Vorschreibung der Schenkungssteuer die Steuerbefreiung nach § 14 Abs. 1 Z 3 von EUR 110,-- berücksichtigt, sodass auch insofern keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorliegt.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am