VwGH vom 26.03.2015, 2013/17/0076

VwGH vom 26.03.2015, 2013/17/0076

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag Dr Zehetner und Maga Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag Straßegger und Hofrätin Dr Leonhartsberger als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Maga Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der Ö GmbH in Wien, vertreten durch Dr Walter Platzer, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, in 1200 Wien, Handelskai 92, Gate 2, 7A, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates vom , Zl RV/2727-W/09, betreffend Werbeabgabe für die Jahre 2004 bis 2007, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid schrieb die belangte Behörde der beschwerdeführenden Gesellschaft im Instanzenzug die Werbeabgabe für die Jahre 2004 bis 2007 vor. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, dass die beschwerdeführende Gesellschaft mit einer Auflage von 15.000 bis 1,4 Mio. Exemplaren drei verschiedene periodische Druckwerke produziert habe, deren Herstellungskosten fast ausschließlich durch Erlöse aus Inseraten gedeckt worden seien. Alleinige Gesellschafterin der beschwerdeführende Gesellschaft sei die B-GmbH, mit der ein Organschaftsverhältnis für den Bereich der Umsatzsteuer im Sinne des § 2 Abs 2 Z 2 UStG 1994 bestehe und der gegenüber sie Werbeleistungen verrechnet habe ohne diese der Werbeabgabe zu unterziehen.

Rechtlich erachtete die belangte Behörde, dass der Tatbestand des § 1 Abs 2 Z 2 (offenbar gemeint: Z 1) des Werbeabgabegesetzes 2000, BGBl I Nr 29 (in der Folge: WerbeAbgG) erfüllt sei, weil im Inland Werbeeinschaltungen in Druckwerken im Sinne des Mediengesetzes veröffentlicht worden seien. Diese Werbeleistungen seien gegen ein Entgelt gemäß § 917 ABGB erbracht worden. Der Verweis in § 2 Abs 1 WerbeAbgG auf das Entgelt im Sinne des § 4 UStG 1994, das der Übernehmer des Auftrages dem Auftraggeber in Rechnung stelle, betreffe die Bemessungsgrundlage und erfasse nicht den ersten Satz des § 4 Abs 1 UStG 1994, wonach der Umsatz im Falle des § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 nach dem Entgelt bemessen werde, weil über die Frage, ob steuerbare Leistungen vorlägen, nach § 1 Abs 1 WerbeAbgG zu entscheiden sei. Somit sei auch die Anwendung des § 2 Abs 2 Z 2 UStG 1994 über die Organschaft für den Bereich der Werbeabgabe ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Werbeabgabegesetzes 2000, BGBl I Nr 29, lauten auszugsweise samt Überschriften:

"Steuergegenstand

§ 1. (1) Der Werbeabgabe unterliegen Werbeleistungen, soweit sie im Inland gegen Entgelt erbracht werden. ...

(2) Als Werbeleistung gilt:

1. Die Veröffentlichung von Werbeeinschaltungen in Druckwerken im Sinne des Mediengesetzes.

2. Die Veröffentlichung von Werbeeinschaltungen in Hörfunk und Fernsehen.

3. ...

Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe

§ 2. (1) Bemessungsgrundlage der Werbeabgabe ist das Entgelt im Sinne des § 4 UStG 1994, das der Übernehmer des Auftrages dem Auftraggeber in Rechnung stellt, wobei die Werbeabgabe nicht Teil der Bemessungsgrundlage ist.

(2) …

Abgabenschuldner, Entstehung des Abgabenanspruches, Haftung

§ 3. (1) Abgabenschuldner ist derjenige, der Anspruch auf ein Entgelt für die Durchführung einer Werbeleistung im Sinne des § 1 hat. Ist der Auftragnehmer ein Unternehmer, der weder Sitz, Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte im Inland hat, so haftet der inländische Auftraggeber für die Abfuhr der Abgabe. Ist auch kein inländischer Auftraggeber vorhanden, so haftet derjenige, in dessen Interesse der Auftrag durchgeführt wird, für die Abfuhr der Abgabe.

(2) ..."

§ 1 Abs 1 Z 1, § 2 Abs 1 und Abs 2 Z 2 und § 4 Abs 1 UStG 1994 lauten in der noch maßgeblichen Stammfassung BGBl Nr 819/1994 samt Überschriften:

" Steuerbare Umsätze

§ 1. (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1. Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt;

2. ...

Unternehmer, Unternehmen

§ 2. (1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. ...

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,


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1.
...
2.
wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, daß sie keinen eigenen Willen hat. Eine juristische, Person ist dem Willen eines Unternehmers dann derart untergeordnet, daß sie keinen eigenen Willen hat (Organschaft), wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist.
Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als Unternehmer.
...
Bemessungsgrundlage für die Lieferungen, sonstigen
Leistungen und den Eigenverbrauch

§ 4. (1) Der Umsatz wird im Falle des § 1 Abs. 1 Z. 1 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (Solleinnahme); dazu gehören insbesondere auch Gebühren für Rechtsgeschäfte und andere mit der Errichtung von Verträgen über Lieferungen oder sonstige Leistungen verbundene Kosten, die der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung dem Unternehmer zu ersetzen hat."

Unstrittig veröffentlichte die beschwerdeführende Gesellschaft im Inland Werbeeinschaltungen der B-GmbH in Druckwerken im Sinne des Mediengesetzes. Ebenso besteht Einigkeit über die dafür verrechneten Beträge.

Die beschwerdeführende Gesellschaft vertritt den Standpunkt, dass eine nicht dem WerbeAbgG unterliegende Eigenwerbung vorliege. Es fehle an einer Werbeleistung gegen Entgelt, weil § 2 Abs 1 WerbeAbgG auf § 4 UStG 1994 verweise, der seinerseits seinen Anwendungsbereich auf die im § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 normierten Voraussetzungen beschränke. Dort und in § 3 Abs 1 WerbeAbgG werde auf Unternehmer abgestellt, deren Tätigkeit aber nach § 2 Abs 2 Z 2 UStG 1994 im Fall der hier vorliegenden Organschaft nicht selbständig ausgeübt werde, sodass nicht steuerbare Innenleistungen erbracht worden seien. Es könne für eine Verkehrsteuer, wie die Werbeabgabe, keinen Unterschied machen, ob die beiden Gesellschaften fusioniert würden oder rechtlich selbständig weiter bestünden. Analog zur umsatzsteuerlichen Organschaft sei auch hier von einer Innenbeziehung auszugehen, bei der das Tatbestandsmerkmal der entgeltlichen Leistung gegenüber einem Dritten nicht erfüllt werde und die keinen steuerbaren Vorgang verwirkliche.

Nach § 1 Abs 1 WerbeAbgG unterliegen der Werbeabgabe Werbeleistungen, soweit sie im Inland gegen Entgelt erbracht werden. Bemessungsgrundlage ist gemäß § 2 Abs 1 leg cit das Entgelt im Sinne des § 4 UStG 1994, das der Übernehmer des Auftrages dem Auftraggeber in Rechnung stellt, wobei die Werbeabgabe nicht Teil der Bemessungsgrundlage ist.

In § 4 Abs 1 UStG 1994 wird im ersten Satz angeordnet, dass der Umsatz im Falle des § 1 Abs 1 Z 1 leg cit nach dem Entgelt bemessen wird. In dem danach folgenden zweiten Satz wird bestimmt, dass Entgelt alles ist, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Erst ab dieser Stelle des § 4 UStG 1994 wird also das Entgelt erklärt.

Damit umfasst der in § 2 Abs 1 WerbeAbgG für die Bemessungsgrundlage der Werbeabgabe enthaltene Verweis auf das Entgelt im Sinne des § 4 UStG 1994 nicht auch dessen ersten Satz im Abs 1, der ebenso wie die verweisende Norm als Bemessungsgrundlage - hier: für bestimmte Umsätze - das Entgelt heranzieht, welches erst danach (ab dem zweiten Satz dieser Bestimmung) definiert wird.

Hinzu kommt, dass der Steuergegenstand des WerbeAbgG in dessen § 1 umschrieben wird und davon Werbeleistungen gegen Entgelt erfasst sind. Wenn nun § 2 leg cit zur Bemessungsgrundlage auf das Entgelt im Sinne des § 4 UStG 1994 abstellt, darf daraus, nämlich aus der Definition der Bemessungsgrundlage nicht auf den Steuergegenstand geschlossen werden (vgl , und ). Daher ist die von der beschwerdeführenden Gesellschaft über den Verweis auf die Bemessungsgrundlage herangezogene, in § 2 Abs 2 Z 2 UStG 1994 geregelte Organschaft, nach der nicht steuerbare Innenumsätze vorlägen, nicht auf das WerbeAbgG anzuwenden (so im Ergebnis - und zwar nach gesellschaftsrechtlicher Selbständigkeit differenzierend - auch Harb , SWK 2000, S 494, Das neue Werbeabgabegesetz 2000).

Soweit die beschwerdeführende Gesellschaft auf das schon oben zitierte Erkenntnis vom verweist, wonach bei der Auslegung des Entgeltbegriffes auf § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1972 Bedacht zu nehmen sei, ist daraus für die Lösung des hier zu beurteilenden Falles nichts gewonnen, weil dieser Entscheidung das Wiener Anzeigenabgabegesetz 1983, LGBl Nr 22 idF LGBl Nr 29/1984, zu Grunde lag und zur Interpretation des in Rede stehenden Entgeltbegriffs nur auf die schon genannte Bestimmung des UStG 1972 zurückgegriffen wurde und nicht - wie in der Beschwerde für den gegenständlichen Fall daraus abgeleitet - die gesamten Regelungen der §§ 1 und 2 leg cit herangezogen wurden. In dem genannten Erkenntnis vom wurde ebenso wie in dem darin zitierten Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/17/0444, bloß auf einen wirtschaftlichen Leistungsaustausch, das heißt eine innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne des sogenannten "do-ut-des"- Prinzipes abgestellt. Darüber hinausgehende Bestimmungen des UStG 1972 wurden nicht angewandt.

Das von der beschwerdeführenden Gesellschaft für ihre Begründung einer nicht steuerbaren Eigenwerbung genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 81/17/0066, VwSlg 5.612 F, erging zum Wiener Anzeigenabgabegesetz vom , LGBl 14 idF LGBl 20/1978, und zog zur Lösung der Frage, ob eine Anzeigenabgabe auch dann zu entrichten sei, wenn der Erbringer der Leistung ein erhebliches eigenes Interesse an der Förderung des Verkaufes habe, die Interpretation des Tatbestandselementes der "Anzeige" im Sinne des genannten Gesetzes heran. Für das WerbeAbgG wurde diese Rechtsprechung wegen der nunmehr anderen Definition der Werbeleistung jedoch nicht übernommen. Nach dem WerbeAbgG sind (nur) Werbeleistungen, für die der Werbeinteressent nichts aufwenden muss und solche, die der Werbeinteressent ohne Einschaltung Dritter für sich selbst macht, als Eigenwerbung zu qualifizieren und unterliegen keiner Abgabepflicht (vgl , 0054). Damit wird bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Lösung der Frage, ob die B-GmbH der beschwerdeführenden Gesellschaf ein Entgelt leistete und ob zwischen diesen Rechtssubjekten zu unterscheiden sei, nicht das umsatzsteuerrechtliche Institut der Organschaft herangezogen.

Die von der Beschwerde schließlich gewünschte Analogie zur Organschaft des UStG 1994 bedürfte zunächst einer planwidrigen Lücke des WerbeAbgG. Bereits daran fehlt es, weil die Bemessungsgrundlage des WerbeAbgG mit dem Entgelt im Sinne des § 4 UStG 1994 zu einer Lösung führt, der keine planwidrige Lücke anhaftet. Die Materialien zu § 2 Abs 1 WerbeAbgG besagen lediglich, dass als Bemessungsgrundlage der Wert der Werbeleistung heranzuziehen sei; er werde in Höhe des Entgeltes, das der Übernehmer des Auftrages für die Durchführung des Auftrages in Rechnung stelle, angenommen; Bemessungsgrundlage sei das Nettoentgelt ohne die Werbeabgabe (ErläutRV, 87 BlgNR 21. GP). Daraus ist nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber eine Anwendung der Bestimmungen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft aus einem Versehen nicht im WerbeAbgG angeordnet hätte. Schließlich spricht auch der wesentlich unterschiedliche Effekt der Anerkennung der Organschaft, nämlich grundsätzlich aufkommensneutral im UStG 1994 einerseits und abgabenmindernd im WerbeAbgG andererseits gegen eine analoge Anwendung dieser Regelung.

Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455/2008 (§ 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014).

Wien, am