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VwGH vom 09.09.2013, 2013/17/0063

VwGH vom 09.09.2013, 2013/17/0063

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2013/17/0064

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der Stadtgemeinde T, vertreten durch Mag. Dietmar Huemer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 6, gegen die Bescheide der Oberösterreichischen Landesregierung jeweils vom , 1. GZ. IKD(Gem)-525122/1-2012-Wb/Wm, betreffend Ergänzungs-Kanalanschlussgebühr und 2. GZ. IKD(Gem)-525123/1-2012- Wb/Wm, betreffend Ergänzungs-Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei jeweils: S GmbH in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Stadtgemeinde hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Der zweitangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der beschwerdeführenden Stadtgemeinde der mitbeteiligten Partei für einen auf einer näher genannten Liegenschaft errichteten Zubau (in Form einer Lagerhalle samt Vordach) mit einer Fläche von 978 m2 an ein bereits bestehendes Büro- und Lagergebäude (mit einer bisherigen gebührenpflichtigen Fläche von 2.205 m2) eine Ergänzungs-Kanalanschlussgebühr in Höhe von EUR 15.653,-- vor.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die mitbeteiligte Partei vor, dass das örtliche Kanalsystem durch den Zubau nicht belastet werde. Entsprechend den Auflagen im Baubescheid würden auch sämtliche Oberflächenwässer auf eigenem Grund zur Versickerung gebracht.

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der beschwerdeführenden Stadtgemeinde der mitbeteiligten Partei für den genannten Zubau für den Zeitraum bis eine ergänzende Kanalbenützungsgebühr in Höhe von EUR 748,99 vor. Begründend führte die Behörde aus, dass sich durch die Errichtung einer Lagerhalle und eines Vordaches auf der genannten Liegenschaft die gebührenpflichtige Fläche um 978 m2 erhöht habe.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung wiederholte die mitbeteiligte Partei im Wesentlichen ihr bereits wiedergegebenes Vorbringen.

Mit Bescheiden vom wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde die beiden Berufungen ab und führte dabei übereinstimmend aus, dass es für die Vorschreibung einer Ergänzungs-Kanalanschlussgebühr bzw. der ergänzenden Kanalbenützungsgebühr nicht relevant sei, ob sich im Zubau ein eigener Kanalanschluss befinde bzw. ob dadurch zusätzlich Schmutzwasser anfalle.

Die mitbeteiligte Partei erhob dagegen jeweils Vorstellung.

Mit den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden hob die belangte Behörde die genannten Berufungsentscheidungen auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde zurück. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen übereinstimmend aus, im Beschwerdefall handle es sich bei der Errichtung der gegenständlichen Lagerhalle mit Vordach um eine Änderung eines an das Kanalnetz angeschlossenen Bauwerkes durch einen Zubau. Es sei unstrittig, dass sich weder im Bereich der neu errichteten Lagerhalle noch im Bereich des Vordaches ein eigener Kanalanschluss befinde.

Aus den von der Vorstellungsbehörde angeforderten Plänen ergebe sich, dass das (eigenständige) Mauerwerk der neuen Lagerhalle unmittelbar an das (ebenfalls eigenständige) Mauerwerk der schon bestehenden Büro- und Lagerfläche anschließe. Diese Gebäudeteile seien durch eine Öffnung verbunden. Auf Grund der vorliegenden Pläne handle es sich somit um einen Zubau iSd § 2 Z 46 Oberösterreichisches Bautechnikgesetz (OÖ BauTG). Daher käme grundsätzlich eine ergänzende Kanalanschlussgebühr bzw. Kanalbenützungsgebühr in Betracht. § 1 Abs. 3 zweiter Satz Oberösterreichisches Interessentenbeiträge-Gesetz (OÖ IBG) enthalte allerdings auch eine für den Einzelfall geltende Begrenzung der Interessentenbeiträge. Diese Bestimmung stelle auf den Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und auf den für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen ab. Es komme daher nicht auf den Wert des Zubaus oder auf dessen Nutzen an. Um der Vorschrift des § 1 Abs. 3 zweiter Satz IBG Genüge zu tun, sei die Summe sämtlicher auf die Liegenschaft entfallenden Interessentenbeiträge dem Wert der Liegenschaft und dem "Nutzen", beides nach Errichtung des Zubaus, gegenüberzustellen. Dabei werde rechnerisch der Betrag, der in der Vergangenheit allenfalls geleisteten Interessentenbeiträge durch entsprechende Valorisierung auf den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches für den Zubau aufzuwerten und dieser Betrag dem nunmehrigen Wert der gesamten Liegenschaft einerseits und den fiktiven Kosten der Errichtung einer Abwasserbeseitigungsanlage andererseits für die gesamte Liegenschaft im selben Zeitpunkt gegenüberzustellen sein.

Im vorliegenden Fall sei unbestritten, dass im Bereich der Lagerhalle bzw. im Bereich des Vordaches kein Kanalanschluss vorhanden sei und die Oberflächenwässer der gegenständlichen Lagerfläche und des Vordaches in einem Sickerungsschacht in der Grünfläche im Westen des Grundstücks zur Versickerung gebracht würden. Aus dem gesamten hier zu beurteilenden Zubau erfolge daher keine Einleitung in den Ortskanal. Daher sei es aus Sicht der Vorstellungsbehörde offenkundig, dass bei Vorschreibung des gesamten - sich aus der Kanalgebührenordnung ergebenden - Betrages ein derartiges Missverhältnis vorliege, da sich aus dem hier zu beurteilenden Zubau keine Belastungen des Ortskanals der beschwerdeführenden Stadtgemeinde ergeben würden und "somit jedenfalls ein geringerer Nutzen des vorliegenden Gebäudeteils im Vergleich zu den zu entrichtenden Gebühren" vorliege.

Die Erstbehörde habe jedoch keine Beurteilung vorgenommen, ob bzw. in welchem Ausmaß im gegenständlichen Fall ein Missverhältnis iSd § 1 Abs. 3 OÖ IBG gegeben sei. Sie habe somit einen Begründungsmangel zu verantworten und ihre Bescheide mit Rechtswidrigkeit behaftet. Die Berufungsbehörde habe diesen Mangel nicht behoben und die erstinstanzlichen Bescheide zu Unrecht bestätigt. Dadurch sei die mitbeteiligte Partei in ihren subjektiven Rechten verletzt worden, sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Aus verfahrensökonomischen Gründen werde über diesen tragenden Aufhebungsgrund hinaus darauf hingewiesen (obiter dicta), dass die Beurteilung, ab wann ein Missverhältnis gegeben sei bzw. welches Ausmaß der Ermäßigung dafür zu berücksichtigen sei, jeweils nur im Einzelfall erfolgen könne und dafür in der Regel ein (bautechnischer) Sachverständiger beizuziehen sei. Aus der Sicht der Vorstellungsbehörde erscheine auf Grund des vorliegenden Sachverhalts eine Ermäßigung der Anschlussgebühr jedenfalls geboten. Es werde angeregt, in diesem besonderen Fall die Prüfung einer allfälligen privatrechtlichen Vereinbarung für die ergänzenden Gebühren vorzunehmen und nur für den Fall, dass eine derartige Vereinbarung nicht zustande komme, das aufwändige Verfahren der Werteermittlung der Liegenschaft, der Anstellung eines Kosten-Nutzen-Vergleichs und der Errechnung einer verhältnismäßigen ergänzenden Kanalanschlussgebühr bzw. Kanalbenützungsgebühr durchzuführen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen die beschwerdeführende Stadtgemeinde ausschließlich inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift verbunden mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls Gegenschriften, in welchen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der beiden Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:

Strittig ist in den Beschwerdefällen, ob die belangte Behörde zu Recht die im Instanzenzug ergangenen Vorschreibungen an Ergänzungs-Kanalanschlussgebühr und Ergänzungs-Kanalbenützungsgebühr der beschwerdeführenden Stadtgemeinde mit der (tragenden) Begründung aufgehoben hat, dass diese keine ausreichenden Feststellungen zum Missverhältnis iSd § 1 Abs. 3 OÖ. Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958 (in der Folge: OÖ IBG) getroffen hat.

§ 1 OÖ IBG, LGBl. Nr. 28/1958, lautet:

"§ 1

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung folgende Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern (derzeit § 13 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1973, BGBl. Nr. 445/1972) zu erheben:

a) den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer

gemeindeeigenen Kanalisationsanlage - Kanal-Anschlussgebühr;

b) den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer

gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage - Wasserleitungs-

Anschlussgebühr;

c) den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer

gemeindeeigenen Einrichtung zur Abfuhr oder Beseitigung von - Müllabfuhr(Müllbeseitigungs)-Anschlussgebühr.

Als gemeindeeigen im Sinne dieses Gesetzes gilt eine Anlage (Einrichtung), deren sich die Gemeinde zur Erfüllung der ihr obliegenden öffentlichen Aufgaben bedient, auch dann, wenn die Anlage (Einrichtung) nicht oder nicht zur Gänze im Eigentum der Gemeinde steht.

(2) Die Interessentenbeiträge sind auf die einzelnen leistungspflichtigen Grundstückseigentümer oder Anrainer jeweils nach einem einheitlichen objektiven Teilungsschlüssel aufzuteilen.

Als Teilungsschlüssel kommen insbesondere in Betracht: der Einheitswert, die Grundstücksgröße, die Länge des anrainenden Grundstückes, der Anteil des Nutzens an der den Beitrag begründenden Gemeindeeinrichtung oder -anlage oder der Anteil des durch diese beseitigten Nachteils.

(3) An Interessentenbeiträgen darf jeweils nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder voranschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen entspricht. Die Höhe der Interessentenbeiträge darf ferner nicht in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Missverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und überdies zu dem für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen stehen.

(4) Die Interessentenbeiträge werden mit dem Anschluss an die gemeindeeigene Anlage (Einrichtung) gemäß Abs. 1 lit. a, b oder c fällig.

…"

Die Kanalgebührenordnung für die Stadtgemeinde T (in der Folge: KanalgebührenO) enthält in ihrem Abschnitt I. (§§ 1 bis 4) Bestimmungen über die Kanalanschlussgebühr, in ihrem Abschnitt II. (§ 5) über die Kanalbenützungsgebühr und in ihrem Abschnitt III. Allgemeine Bestimmungen (§§ 6 bis 9).

Nach § 2 Z 2 leg. cit. fallen unter die Kanalanschlussgebührenpflicht sämtliche, an das öffentliche Kanalnetz angeschlossene Bauwerke und befestigte Plätze, wie Tankstellen-Verkehrsflächen und gewerbliche Autowaschplätze. § 2 Z 3 leg. cit. enthält Bestimmungen zur Ermittlung der gebührenpflichtigen Fläche für die Bemessung der Kanalanschlussgebühr. Diese sind nach § 5 Z 1 leg. cit. auch bei der Bemessung der Kanalbenützungsgebühr heranzuziehen.

Nach § 6 Z 1 leg. cit. ist die Kanalanschlussgebühr mit dem Zeitpunkt des Anschlusses eines gebührenpflichtigen Bauwerkes an das öffentliche Kanalnetz fällig. Bei Neu-, Zu-, Auf- oder Umbauten von Gebäuden tritt die Fälligkeit der Kanalanschlussgebühr bzw. der Ergänzungsgebühr zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Rohbaues ein.

Gem. § 6 Z 2 leg. cit. ist die Kanalbenützungsgebühr bei den zum Zeitpunkt des Anschlusses bereits benützten Baulichkeiten mit dem auf den Kanalanschluss folgenden Monatsersten fällig. Bei Neu- , Zu-, Auf-, Umbauten und Umwidmungen ist die Kanalbenützungsgebühr ab dem auf die erstmalige Benützung folgenden Monatsersten zu entrichten, spätestens jedoch zum Zeitpunkt der polizeilichen Anmeldung der Bewohner.

1. Vorschreibung der Ergänzungs-Kanalanschlussgebühr (erstangefochtener Bescheid)

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgeführt hat, handelt es sich bei § 1 Abs. 3 zweiter Satz OÖ. IBG um einen Gesetzesbefehl, der an die Abgabenbehörden gerichtet ist, die in Anwendung des in der Beitragsordnung des Gemeinderates festgelegten objektiven Teilungsschlüssels dafür zu sorgen haben, dass durch dessen Modifikation im Einzelfall die durch die unbestimmten Rechtsbegriffe "wirtschaftliches Missverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft" einerseits und "aus der Anlage oder Einrichtung für die Liegenschaft entstehenden Nutzen" andererseits gezogenen Grenzen nicht überschritten werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/17/0122, mwN).

Es kommt auch nicht auf den Wert des im Beschwerdefall errichteten Zubaus oder auf den Nutzen an, der aus dem Zubau gezogen werden kann, sondern es ist der Wert der gesamten Liegenschaft und der für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehende Gesamtnutzen jeweils der Summe aller für die Liegenschaft geleisteten Anschlussgebühren (einschließlich der zu entrichtenden Ergänzungsgebühr) gegenüberzustellen (vgl. das im Zusammenhang mit der Vorschreibung einer Wasserleitungsergänzungsgebühr ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0157, auf das bereits die belangte Behörde hingewiesen hat).

Die beschwerdeführende Stadtgemeinde rügt, entgegen der Ansicht der belangten Behörde liege "kein relevanter Anhaltspunkt für das Bestehen eines von § 1 Abs 3 Oö IB-G erfassten Missverhältnisses" vor. Das Vorbringen der mitbeteiligten Partei über das Fehlen einer Mehrbelastung des Ortskanals sei in diesem Zusammenhang "irrelevant".

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die mitbeteiligte Partei einen Zubau (Lagerhalle) an das bereits bestehende Büro- und Lagergebäude (2.205 m2) mit einer für die Gebührenberechnung relevanten Fläche von 978 m2 errichtet hat. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend auch davon aus, dass von diesem Zubau keine Abwässer in die öffentliche Kanalanlage eingeleitet werden. Auf diesen Umstand hatte bereits die mitbeteiligte Partei nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid in ihren Stellungnahmen und Berufungen hingewiesen. Bei einem Zubau, der selbst nicht an den öffentlichen Kanal angeschlossen ist, der aber zu einer Erhöhung der Interessentenbeiträge führt, ist es aber nicht von vorherein auszuschließen, dass die durch diesen Zubau entstehende Höhe des Interessentenbeitrages zu einem ungerechtfertigten Missverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und zu dem für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen steht. Es ist nämlich durchaus denkbar, dass der zunächst zu entrichtende Interessentenbeitrag noch in einem wirtschaftlich gerechtfertigten Verhältnis zum Wert der Liegenschaft und zum Nutzen stand, derselbe Interessentenbeitrag zuzüglich des Ergänzungsbeitrages (auf Grund des Zubaus) jedoch in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Missverhältnis zu den genannten Werten geraten ist. Daher ist der belangten Behörde darin zuzustimmen, dass das diesbezügliche Vorbringen der mitbeteiligten Partei als Einwand iSd § 1 Abs. 3 zweiter Satz OÖ IBG anzusehen ist, den die Abgabenbehörden zu behandeln gehabt hätten.

Dass sich die Abgabenbehörden der beschwerdeführenden Stadtgemeinde mit dem Vorbringen der mitbeteiligten Partei iSd § 1 Abs. 3 OÖ IBG inhaltlich auseinandergesetzt hätten, behauptet die Beschwerde nicht. Der bloße Hinweis, dass es für die Abgabenvorschreibung nicht relevant sei, ob sich im Zubau ein eigener Kanalanschluss befinde, vermag eine Prüfung des Vorbringens im Lichte des § 1 Abs. 3 OÖ IBG nicht zu ersetzen. Es ist daher davon auszugehen, dass die belangte Behörde wegen dieses Begründungsmangels der Abgabenbehörden der beschwerdeführenden Stadtgemeinde den vor ihr bekämpften Berufungsbescheid zu Recht aufgehoben hat.

Die beschwerdeführende Stadtgemeinde rügt überdies, dass die belangte Behörde den Abgabenbehörden insofern eine unrichtige Rechtsansicht überbunden hätte, als es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die konkrete Belastung des Ortskanals und den Nutzen des Ortskanals für einen bestimmten Gebäudeteil ankomme.

Der Beschwerde ist dahingehend zuzustimmen, dass es bei der Prüfung der durch § 1 Abs. 3 zweiter Satz OÖ IBG vorgesehenen Beschränkungen der Vorschreibung von Interessentenbeiträgen nicht allein auf den Nutzen, der aus dem Zubau gezogen werden kann, im Vergleich zu den zu entrichtenden Gebühren ankommt (vgl. das bereits genannte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0157). Insofern könnte dem Wortlaut eines von der Beschwerde gerügten konkreten Satzes des erstangefochtenen Bescheides bei isolierter Betrachtungsweise die gegenteilige Auffassung unterstellt werden. Allerdings ergibt sich aus den weiteren Ausführungen der belangten Behörde, insbesondere aus der richtig wiedergegebenen hg. Rechtsprechung, dass dem erstangefochtenen Bescheid die zutreffende Rechtsansicht zugrunde liegt, dass - um der Vorschrift des § 1 Abs. 3 zweiter Satz IBG Genüge zu tun - die Summe sämtlicher auf die Liegenschaft entfallenden (allenfalls valorisierten) Interessentenbeiträge dem Wert der (gesamten) Liegenschaft und dem Nutzen (das sind die fiktiven Kosten der Errichtung einer Abwasserbeseitigungsanlage) jeweils nach Errichtung des Zubaus gegenüberzustellen ist.

Damit erweist sich aber das Beschwerdevorbringen, wonach den Abgabenbehörden der beschwerdeführenden Stadtgemeinde durch die Begründung des erstangefochtenen Bescheides eine rechtswidrige Rechtsansicht überbunden worden sei, als unzutreffend.

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

2. Ergänzungs-Kanalbenützungsgebühr (zweitangefochtener Bescheid)

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfalten Vorstellungsbescheide, mit denen ein letztinstanzlicher Gemeindebescheid aufgehoben wird, sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der für die Aufhebung tragenden Gründe Bindungswirkung (vgl. § 102 Abs. 5 OÖ Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 91/1990 in der Fassung LGBl. Nr. 152/2001). Diese Bindungswirkung erstreckt sich auf jenes Verfahren, in dem der Vorstellungsbescheid ergangen ist, und ist sowohl von den Gemeindebehörden als auch von der Vorstellungsbehörde und von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu beachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0327, mwN).

Die belangte Behörde hat im Beschwerdefall der beschwerdeführenden Stadtgemeinde die Ansicht überbunden, es sei auch in Bezug auf die Ergänzungs-Kanalbenützungsgebühr das Bestehen eines Missverhältnisses iSd § 1 Abs. 3 OÖ IBG zu prüfen. Dabei übersieht die belangte Behörde jedoch, dass das OÖ IBG keineswegs die Vorschreibung dieser Gebühr regelt. Regelungsinhalt des OÖ IBG ist nach dessen § 1 Abs. 1 ausschließlich die Vorschreibung von Anschlussgebühren betreffend den Kanal, die Wasserleitung und die Müllabfuhr (Müllbeseitigung).

Mit ihrer Rechtsansicht, es sei auch hinsichtlich der Ergänzungs-Kanalbenützungsgebühr die Regelung des § 1 Abs. 3 OÖ IBG anzuwenden, hat die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt, sodass der zweitangefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil gemäß § 48 Abs. 3 Z 2 VwGG ein Schriftsatzaufwand nur bei Einbringung der Gegenschrift durch einen Rechtsanwalt zusteht. Wien, am

Fundstelle(n):
SAAAE-85964