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VwGH vom 19.12.2012, 2011/08/0036

VwGH vom 19.12.2012, 2011/08/0036

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der K KEG in Wien, vertreten durch Dr. Georg Uitz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Doblhoffgasse 5/12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 40 - SR 10481/10, betreffend Rückforderung von Dienstnehmerbeiträgen (mitbeteiligte Partei: Wiener Gebietskrankenkasse in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse fest, dass K. D. im Zeitraum bis in keinem die Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG und die Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG begründenden Beschäftigungsverhältnis zur beschwerdeführenden Gesellschaft gestanden sei.

Begründend führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse im Wesentlichen aus, dass sie am auf Ersuchen des zuständigen Finanzamtes Erhebungen zur Feststellung der Versicherungspflicht eingeleitet habe. Am sei eine Niederschrift mit K. D. aufgenommen worden. K. D. habe erklärt, dass er mit K. K., dem unbeschränkt haftenden Gesellschafter der beschwerdeführenden Gesellschaft, im Jahr 2002 eine Unternehmensneugründung besprochen hätte, wobei er seinen Gewerbeschein "zur Verfügung stellen" hätte sollen. Die Gewerbepapiere wären auch tatsächlich übergeben worden. Im Anschluss daran wäre K. D. nur ein oder zwei Mal im "geplanten Betrieb" gewesen, hätte aber weder von einer Eröffnung des Betriebes noch von der Anmeldung seiner Person erfahren. Er hätte jedenfalls nie im Unternehmen gearbeitet und auch nie einen Lohn erhalten.

K. K. habe bei einer mündlichen Befragung angegeben, dass K. D. tatsächlich kein Entgelt erhalten hätte, da dieses mit angelaufenen Schulden gegenverrechnet worden wäre.

Die ermittelten Umstände ergäben, so die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse weiter, mangels Nachweises eines tatsächlichen Tätigwerdens des K. D., dass dieser offenbar seine Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft zur Verfügung gestellt habe. Er sei jedenfalls nicht gemäß den Bestimmungen der Gewerbeordnung zumindest 20 Wochenstunden im Betrieb gegen Entgelt beschäftigt gewesen. Da weder der Dienstgeber noch dessen Steuerberater entsprechende Lohnaufzeichnungen vorlegen hätten können, gehe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse von einem Scheindienstverhältnis zur Erlangung einer Gewerbeberechtigung durch die beschwerdeführende Gesellschaft aus. Der Umstand, dass K. D. im bescheidgegenständlichen Zeitraum selbst "Inhaber und Gewerbeberechtigter eines vergleichbaren Gewerbes" gewesen sei, lasse den Schluss zu, dass er nicht einen erheblichen Anteil seiner Arbeitszeit für einen Fremdbetrieb aufgewendet habe.

In der Folge stellte die beschwerdeführende Gesellschaft mit Schreiben vom den Antrag an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse, ihr die im Zeitraum bis rechtsgrundlos für K. D. berichtigten Versicherungsbeiträge zurückzuzahlen.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete der beschwerdeführenden Gesellschaft die entrichteten Dienstgeberbeiträge, soweit das Recht auf Rückforderung noch nicht verjährt war, in der Höhe von EUR 9.388,67.

Hinsichtlich der Dienstnehmerbeiträge wies sie den Rückforderungsantrag mit Bescheid vom gemäß § 69 Abs. 6 ASVG ab. Begründend führte sie nach der Darstellung des Sachverhalts und des bisherigen Verfahrensgangs im Wesentlichen aus, dass nach § 51 Abs. 3 ASVG die Beiträge nach Abs. 1 dieser Bestimmung mit Ausnahme des Beitrages zur Unfallversicherung vom Versicherten und seinem Dienstgeber anteilig zu tragen seien. Gemäß § 69 Abs. 6 ASVG gebührten die vom Versicherten getragenen Beiträge dem Versicherten. Wenn auch gemäß dem Spruch des rechtskräftigen Bescheides vom kein nach dem ASVG versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis festgestellt worden sei, sei bei einer Beitragsentrichtungsdauer von "annähernd fünf Jahren" davon auszugehen, dass der Dienstgeber im Interesse des K. D. Beiträge entrichtet habe und sohin dem vermeintlichen Dienstnehmer gebührende Anteile darin enthalten seien. Diese Anteile könnten nur auf Antrag des K. D. oder auf Grund einer Bevollmächtigung durch ihn erstattet werden. Es lägen aber weder ein Antrag noch eine Vollmachtsbescheinigung vor.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführenden Gesellschaft Einspruch an die belangte Behörde. Sie machte darin Folgendes geltend:

"Es ist davon auszugehen, dass nach § 69 Abs. 6 ASVG, der Versicherte selbst einen Antrag auf Rückerstattung stellen kann; im Übrigen der Arbeitgeber. Ich bin Arbeitgeber des Versicherten. Es wäre daher grundsätzlich auch möglich, dass ich als Arbeitgeber zwei getrennte Anträge stelle, einen für mich selbst und einen in Namen des Versicherten, oder dass ich als Arbeitgeber einen Antrag stelle, mit welchem ich die gesamten Beiträge zurückfordere. Im Falle von zwei getrennten Anträgen, wären meines Erachtens zwei getrennte Überweisungen durch die belangte Behörde durchzuführen gewesen und der Versicherungsträger müsste einen Jahreslohnzettel an die Finanzverwaltung übermitteln, welche die überwiesenen Beiträge an die Versicherung überweisen. Für den Fall, dass lediglich ein Antrag gestellt würde - wie dies gegenständlich der Fall war - womit die gesamten Beiträge zurückgefordert werden, müsste ich als Arbeitgeber für die Weiterleitung der Beiträge an den Versicherten (Herrn D.) Sorge tragen. Dazu habe ich mich bereit erklärt. Auch wäre diese Nachzahlung dann der Versteuerung zu unterwerfen (Lohnsteuerrichtlinien Anzahl 16)."

Es widerspreche der gängigen Rechtsprechung, dass ein Dienstgeber nicht für seinen Arbeitnehmer als Versicherten die entsprechenden Beiträge zurückverlangen könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag vom "auf Rückerstattung der für (K. D.) im Zeitraum vom bis entrichteten Dienstnehmerbeiträge in Höhe von 7.669 EUR" als unzulässig zurück.

In der Begründung erklärte sie nach der Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und des Einspruchsvorbringens, es sei unbestritten, dass im gegenständlichen Zeitraum Sozialversicherungsbeiträge zu Ungebühr entrichtet worden seien; strittig sei nur, ob die beschwerdeführende Gesellschaft berechtigt sei, auch die Dienstnehmeranteile zurückzufordern.

Aus § 69 Abs. 6 ASVG folge, dass hinsichtlich der Rückforderung zu Ungebühr entrichteter Beiträge, die der - vermeintlich - Versicherte selbst getragen habe, ein Verwaltungsrechtsverhältnis unmittelbar zwischen dem Versicherten und dem Sozialversicherungsträger bestehe, wobei unter dem Begriff der "entrichteten" Beiträge, soweit sie der Versicherte selbst getragen habe, nicht nur jene Beiträge zu verstehen seien, die der Versicherte selbst entrichtet (im Sinne von bezahlt) habe, sondern auch jene Anteile an den vom Dienstgeber entrichteten Beiträgen, die als Dienstnehmeranteile infolge Ausübung des Abzugsrechtes des Dienstgebers gemäß § 60 Abs. 1 ASVG vom Dienstnehmer selbst getragen, nämlich von seinem Entgelt abgezogen worden seien. Solche Sozialversicherungsbeiträge könnten daher nur vom Dienstnehmer zurückgefordert werden, sodass insoweit eine Kondiktion des Dienstgebers nur gegen den Dienstnehmer in Frage komme, der dann seinerseits bei Vorliegen der Voraussetzungen die Rückerstattung der Beiträge beim Sozialversicherungsträger begehren könne.

Die beschwerdeführende Gesellschaft sei daher nicht zur Antragstellung hinsichtlich der gegenständlichen Dienstnehmerbeiträge legitimiert gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 69 Abs. 6 ASVG steht die Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge dem Versicherten zu, soweit er die Beiträge selbst getragen hat, im Übrigen dem Dienstgeber. Aus dieser Bestimmung folgt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ungeachtet des Umstandes, dass der Dienstgeber Schuldner der Beitragsschuld auch hinsichtlich der Dienstnehmeranteile ist (§ 58 Abs. 2 ASVG) -, dass hinsichtlich der Rückforderung zu Ungebühr entrichteter Beiträge, die der (vermeintlich) Versicherte selbst getragen hat, ein Verwaltungsrechtsverhältnis unmittelbar zwischen dem Versicherten und dem Sozialversicherungsträger besteht, wobei über den geltend gemachten Rückforderungsanspruch im Verwaltungsrechtsweg zu entscheiden ist. Unter dem Begriff der "entrichteten" Beiträge, soweit sie der Versicherte "selbst getragen" hat, sind nicht nur jene Beiträge zu verstehen, die der Versicherte selbst entrichtet (im Sinne von "bezahlt") hat, sondern auch jene Anteile an den vom Dienstgeber entrichteten Beiträgen, die als Dienstnehmeranteile infolge Ausübung des Abzugsrechtes des Dienstgebers gemäß § 60 Abs. 1 ASVG vom Dienstnehmer selbst getragen, nämlich von seinem Entgelt abgezogen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/08/0086, VwSlg. 13.604 A; ebenso die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 8 ObA 69/05p).

2. Die Beschwerde macht geltend, dass die beschwerdeführende Gesellschaft als Dienstgeber zur Rückforderung der Dienstnehmeranteile berechtigt gewesen sei, weil sie vom Dienstgeber selbst endgültig wirtschaftlich getragen worden seien, was von der belangten Behörde allenfalls auf Grund weiterer Erhebungen festzustellen gewesen wäre.

Die beschwerdeführende Partei ist aber im Verwaltungsverfahren der Feststellung im erstinstanzlichen Bescheid, dass sie im Interesse des K. D. Beiträge entrichtet habe und sohin dem vermeintlichen Dienstnehmer gebührende Anteile darin enthalten seien, nicht entgegen getreten, sondern hat vorgebracht, als Arbeitgeber für die Weiterleitung der (vom Entgelt abgezogenen) Beiträge an den Versicherten Sorge tragen zu wollen. Die belangte Behörde durfte daher ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen, dass die Dienstnehmeranteile im Sinn des § 69 Abs. 6 ASVG von K. D. getragen worden waren, weshalb der beschwerdeführenden Gesellschaft die Rückforderung dieser Beiträge nicht zustand.

3. Da die beschwerdeführende Gesellschaft somit durch den angefochtenen Bescheid nicht in Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am