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VwGH vom 26.09.2006, 2006/16/0067

VwGH vom 26.09.2006, 2006/16/0067

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der R in B, vertreten durch Dr. Friedrich Zaubzer, Rechtsanwalt in 5640 Bad Gastein, Straubingerplatz 5, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom , Zlen. Jv 5624- 33/2005 bis Jv 5626-33/2005, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendung in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund von Anträgen der Beschwerdeführerin vom nahm das Bezirksgericht Gastein die Beglaubigung von Pfandurkunden vor und vollzog die Eintragung von Pfandrechten auf der Liegenschaft EZ, Grundbuch V. Die Beschwerdeführerin vermerkte auf ihren Eingaben "Gebührenfrei gemäß § 53 Abs. 3 Wohnbauförderungsgesetz 1984". Mit drei Zahlungsaufträgen schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau neben der Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG im Betrag von EUR 7,-- die Eingabengebühr nach TP 9 lit. a GGG im Betrag von je EUR 39,--, den Mehrbetrag nach § 31 Abs. 1 GGG von EUR 19,50, die Eintragungsgebühren von EUR 1.928,--, EUR 2.087,-- und EUR 628,-- sowie Beglaubigungsgebühren nach TP 11 GGG im Betrag von EUR 176,60 zur Zahlung vor.

In ihren Berichtungsanträgen gegen diese Zahlungsaufträge brachte die Beschwerdeführerin vor, die gesamte Wohnnutzfläche des Objektes - eines Reihenhauses - betrage wie im Kaufvertrag angeführt 97,75 m2, sohin weniger als 130 m2. Das Dachgeschoss sei überhaupt nicht zu Wohnzwecken ausgebaut. Allerdings sei schon damals im Hinblick auf einen eventuellen Ausbau eine Trennwand errichtet worden, wodurch ein Teil des Dachgeschosses im Ausmaß von 18,55 m2 "abgemauert" worden sei, welcher nicht begehbar sei. Der restliche Teil des Dachbodens im Ausmaß von 31,46 m2 sei allerdings bis heute nicht ausgebaut und diene lediglich als Möbeldepot. Vorgelegt würden ein Detailplan des Dachbodens und Lichtbilder und die gesamten Baupläne der Reihenhäuser.

Mit Erledigung vom hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vor, aus den Grundbuchsakten, der Ablichtung des Einreichplanes, der Niederschrift zum Benützungsbewilligungsbescheid und einer Lichtbildbeilage sei im Ermittlungsverfahren folgender Sachverhalt festgestellt worden: Es sei ein für Wohnzwecke geeigneter Dachboden errichtet worden (Heizungseinbau, Ausstattung mit normalen Fenstern, Boden staubfrei mit Sockelleiste, Rigipsverkleidung); der nachträglich vorgenommene Einbau der Holzpaneelwand wirke nicht gebührenbefreiend. Der Beschwerdeführerin werde Gelegenheit zur Stellungnahme binnen Frist eingeräumt.

In ihrer Eingabe vom brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe beim zuständigen Bauamt einen "Austausch- bzw. Bestandsplan" zur baubehördlichen Genehmigung vorgelegt. Das Bauamt habe die entsprechenden Erhebungen in dieser Angelegenheit bzw. eine baldige Erledigung zugesagt. Bis zum Erhalt des baubehördlich genehmigten Austausch- bzw. Bestandsplanes werde beantragt, die Frist bis zum zu erstrecken.

In ihrer weiteren, am bei der belangten Behörde eingelangten Eingabe ersuchte sie, die Frist zur Vorlage der Austausch- und Bestandspläne bis zu erstrecken, weil sie - so die Begründung - die beantragten Austausch- bzw. Bestandspläne noch nicht vom Bauamt erhalten habe. Dieses Amt habe neuerlich die baldige Erledigung zugesagt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berichtigungsanträge gegen die eingangs genannten Zahlungsaufträge ab. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführerin sei vorgehalten worden, dass ein nachträglich vorgenommener Einbau einer Holzpaneelwand nicht gebührenbefreiend wirke. Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei ihr zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit gegeben worden, innerhalb der Frist von 14 Tagen Stellung zu nehmen, alle das Berichtigungsbegehren begründenden Mitteilungen zu erstatten und allenfalls weitere Nachweise vorzulegen. Innerhalb der offenen Frist habe sie vorgebracht, sie hätte Austauschpläne bei der Baubehörde zur Genehmigung vorgelegt, und habe eine Fristverlängerung bis zur Vorlage dieser Nachweise beantragt. Voraussetzung für die Zuerkennung der Gebührenbefreiung nach § 53 WFG 1984 sei, dass die materiellen Voraussetzungen vorlägen, diese erfüllt und unzweifelhaft nachgewiesen würden. Im vorliegenden Fall habe der Kostenbeamte Zweifel am Vorliegen der materiellen Voraussetzungen gehegt und diese hätten sich im Ergebnis des Ermittlungsverfahrens bestätigt.

"Unbestrittenermaßen" stehe fest, dass entgegen dem ursprünglichen Einreichplan ein ausgebauter und damit zur Wohnnutzfläche zu zählender Dachboden errichtet worden sei. "Unbestritten" sei auch geblieben, dass der Einbau der Paneelwand erst "nachträglich" erfolgt sei. Damit sei aber von der gesamten Dachbodenfläche auszugehen und es ergebe sich eine über 130 m2 liegende Wohnnutzfläche. Auch sei ein unzweifelhafter Nachweis nicht erbracht worden. Die Beschwerdeführerin habe selbst um eine Fristvorlage eines Austauschplanes bis ersucht. Eine Vorlage des angekündigten Austauschplanes sei bis dato nicht erfolgt. Wenn eine Partei trotz der Aufforderung durch die Behörde zur Vorlage weiterer Nachweise und trotz der Ankündigung, solche Nachweise bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorlegen zu wollen, diese Nachweise innerhalb der von ihr selbst gewählten Frist nicht vorlege, könne die Partei auch im Hinblick auf Treu und Glauben davon ausgehen, dass die Partei nicht in der Lage sei, das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen nachzuweisen. Damit seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Gebührenbefreiung in zweierlei Hinsicht nicht erfüllt. Abschließend begründete die belangte Behörde die Vorschreibung des Mehrbetrages nach § 31 Abs. 1 GGG.

In der gegen diesen Bescheid gerichtet Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Gebührenbefreiung nach § 53 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 verletzt. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 53 Abs. 3 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 482, in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 26, sind Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, von den Gerichtsgebühren befreit. Bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt.

Nach § 53 Abs. 4 WFG 1984 in der Fassung der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 131/2001, ist für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach Abs. 3 der Zeitpunkt maßgeblich, in dem gemäß § 2 des Gerichtsgebührengesetzes die Gebührenpflicht begründet würde. Fällt aber eine dieser Voraussetzungen innerhalb von fünf Jahren ab diesem Zeitpunkt weg, so entfällt damit auch die Gebührenbefreiung nach Abs. 3.

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die Nutzfläche im Sinn des § 53 Abs. 3 zweiter Satz WFG 1984 130 m2 übersteigt.

Die belangte Behörde geht von einer 130 m2 übersteigenden Nutzfläche aus. Ihrer Ansicht nach sei "unbestritten", dass entgegen dem ursprünglichen Einreichplan ein ausgebauter und damit zur Wohnnutzfläche zu zählender Dachboden errichtet worden und der Einbau der "Paneelwand" - daher einer den Dachbodenraum unterteilenden Trennwand - "nachträglich" erfolgt sei.

Auch die belangte Behörde geht daher nicht davon aus, dass der durch die Paneelwand abgetrennte, nicht zugängliche Dachbodenraum zur Nutzfläche im Sinn des § 53 Abs. 3 zweiter Satz WFG 1984 zählt (zum Begriff der "Nutzfläche" im Sinn des § 53 Abs. 3 zweiter Satz WFG 1984 vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/16/0208, mwN); sie sieht die Gebührenbefreiung nach dieser Bestimmung dadurch verwirkt, dass die Errichtung der Trennwand erst "nachträglich", d.h. nach dem nach § 53 Abs. 4 WFG 1984 für die Begründung der Gebührenpflicht nach § 2 Z. 4 und 9 GGG maßgebenden Zeitpunkt erfolgte.

Wäre dagegen die Errichtung der Trennwand schon vor dem besagten Zeitpunkt erfolgt, würde dies einer Gebührenbefreiung nach dieser Bestimmung noch nicht entgegenstehen.

Soweit sich der angefochtene Bescheid darauf stützt, dass die einen Teil des Dachbodens abtrennende Paneelwand erst "nachträglich" eingebaut worden sei, ist vorerst nicht nachvollziehbar, auf welchen Zeitpunkt die belangte Behörde damit abstellt.

Die Beschwerde verweist weiters zutreffend darauf, dass die belangte Behörde zu Unrecht von "unbestrittenen" Tatsachenannahmen über den "nachträglichen" Einbau der Paneelwand ausgeht, weil die Beschwerdeführerin schon in ihren eingangs wiedergegebenen Berichtigungsanträgen vorgebracht hatte, die gesamte Wohnnutzfläche betrage wie im Kaufvertrag angeführt weniger als 130 m2. Auch den Vorhalt der belangten Behörde vom , wonach der "nachträglich vorgenommene Einbau der Holzpaneelwand" nicht gebührendbefreiend wirke, ließ die Beschwerdeführerin nicht unwidersprochen, sondern verwies auf einen beim zuständigen Bauamt vorgelegten Austausch- bzw. Bestandsplan.

Soweit die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid schließlich darauf verweist, dass die Beschwerdeführerin die fristgerechte Vorlage des von ihr angebotenen Austauschplanes schuldig geblieben sei, räumt sie in ihrer Gegenschrift die Einbringung eines weiteren Antrages auf Fristverlängerung Ende März 2006 ein, sie sieht darin jedoch mangels substantieller Behauptungen der Beschwerdeführerin keinen relevanten Verfahrensmangel.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind im Verfahren nach § 7 GEG die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens heranzuziehen. Dazu gehört unzweifelhaft auch der Umstand, dass die Verwaltungsbehörde sich mit den vom Berichtigungswerber zur Stützung seines Berichtigungsantrages vorgebrachten Einwänden auseinandersetzen muss (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/16/0036, sowie die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, unter E 2 zu § 6 GEG sowie E 1 zu § 7 GEG referierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Unter Beachtung dessen war die belangte Behörde gehalten, die für die Beurteilung der Gebührenfreiheit nach § 53 Abs. 3 und 4 WFG 1984 maßgeblichen Umstände, daher das Ausmaß der Nutzfläche in dem nach § 53 Abs. 4 WFG 1984 in Verbindung mit § 2 Z. 4 und 9 GGG maßgebenden Zeitpunkt zu ermitteln, nachdem sich die Beschwerdeführerin in hinreichend konkretem Ausmaß auf die Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 berufen hatte. Sofern der belangten Behörde Zweifel daran blieben, zu welchem Zeitpunkt eine das Ausmaß der Nutzfläche im Sinn des § 53 Abs. 3 WFG bestimmende Paneelwand (Trennwand) errichtet wurde, wäre sie wiederum gehalten gewesen, diese Zweifel von Amts wegen auszuräumen. Die weiteren, in der Gegenschrift nachgetragenen Erwägungen der belangten Behörde, weshalb auch eine Berücksichtigung des eingangs genannten Austauschplanes zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte, vermögen fehlende Erörterungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 607 wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am