VwGH vom 26.09.2006, 2006/16/0066

VwGH vom 26.09.2006, 2006/16/0066

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Miteigentümergemeinschaft I in S, vertreten durch die Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 4910 Ried im Innkreis, Claudistraße 5, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom , Zl. Jv 1408 - 33/2006 - 5, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die durch die Beschwerdevertreter vertretene Beschwerdeführerin erhob mit Schriftsatz vom gegen eine beklagte Partei beim Bezirksgericht Salzburg Klage auf Räumung und Zahlung von EUR 1.671,51. Die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG in der Höhe von EUR 127,-- wurde durch Gebühreneinzug entrichtet.

Mit dem beim Bezirksgericht Salzburg am eingelangten Schriftsatz dehnte die Beschwerdeführerin das Zahlungsbegehren auf den Betrag von EUR 3.910,72 aus. Ein Vermerk über den Gebühreneinzug war auf diesem Schriftsatz nicht angebracht und die Pauschalgebühr wurde nicht überwiesen.

Mit Zahlungsauftrag vom schrieb der Kostenbeamte der Beschwerdeführerin die restliche Pauschalgebühr nach TP 1 GGG von EUR 106,-- den Mehrbetrag von EUR 53,-- sowie die Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG von EUR 7,-- zur Zahlung vor.

In dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag brachte die Beschwerdeführerin vor, der auf der Klage angebrachte Einzugsvermerk beziehe sich auch auf die durch die Klagsausdehnung bewirkte Gebührenerhöhung. Durch die auf der Klage abgedruckte Einzugsermächtigung sei auch die Ermächtigung erteilt worden, die infolge der Klagsausdehnung entstandene Mehrgebühr einzuziehen. Im Übrigen hätte vor Erlassung eines Zahlungsauftrages eine Zahlungsaufforderung ergehen müssen. Das Ermessen des Kostenbeamten sei insofern gebunden als ein Zahlungsauftrag ohne vorangehende Zahlungsaufforderung nur dann zu erlassen sei, wenn der Gebührenschuldner erkennbar zahlungsunfähig oder -unwillig sei. Dass derartige Gründe vorlägen, sei im Zahlungsauftrag nicht festgestellt worden und es gäbe dafür auch keinerlei Anhaltspunkte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, im Ermittlungsverfahren sei aus dem angeschlossenen Prozessakt festgestellt worden, dass die die Klagsausdehnung bewirkende Eingabe vom keinen Hinweis auf einen Gebühreneinzug enthalte. Weiters sei festgestellt worden, dass der Gebühreneinzug für die Klage mit EUR 127,-- beschränkt und das betreffende Verwaltungsverfahren mit dem Einzug der Gebühr beendet worden sei. Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht und ihr Gelegenheit gegeben worden, innerhalb der Frist von acht Tagen Stellung zu nehmen und alle das Berichtigungsbegehren begründeten Mitteilungen zu erstatten. Hätte der Kostenbeamte über den Betrag von EUR 127,--

einen weiteren Gebühreneinzug vorgenommen, hätte er rechtswidrig gehandelt. Im Beschwerdefall sei der Gebührenanspruch mit der Eingabe des Ausdehnungsschriftsatzes entstanden und die Gebühr sei nicht entrichtet worden, sodass zu diesem Zeitpunkt der Anspruch des Bundes auf den Mehrbetrag dem Rechtsbestand angehöre. Wenn nun das Gerichtsgebührengesetz festlege, dass der Mehrbetrag nur mittels Zahlungsauftrages vorzuschreiben sei, dann könne der Kostenbeamte nur einen Zahlungsauftrag erlassen. Würde er eine Zahlungsaufforderung ausfertigen, in die der Mehrbetrag nicht aufzunehmen sei, würde der Kostenbeamte durch sein Vorgehen auf einen bereits dem Rechtsbestand angehörenden Anspruch des Bundes verzichten und der Mehrbetrag nach § 31 GGG ginge dann verloren. Diese von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht stehe mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Widerspruch.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Unterlassung der Einhebung des Mehrbetrages von EUR 53,-- sowie der Einhebungsgebühr von EUR 7,-- verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird gemäß § 2 Z 1 lit. b GGG, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, für das zivilgerichtliche Verfahren begründet, wenn das Klagebegehren erweitert wird, mit dem Zeitpunkt der Überreichung des Schriftsatzes.

Wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühren mit der Überreichung der Eingabe begründet, so können gemäß § 4 Abs. 1 GGG die Gebühren durch Verwendung von Bankkarten mit Bankomatfunktion oder Kreditkarten, durch Einzahlung auf das Postscheck(Sonder)konto des Gerichtes, bei dem die Eingabe eingebracht wird oder durch Bareinzahlung bei diesem Gericht entrichtet werden.

Gebühren können gemäß § 4 Abs. 4 GGG auch durch Abbuchung und Einziehung entrichtet werden, wenn die kontoführende Stelle (Kreditinstitut, Postsparkasse) zur Abbuchung der Gebühren auf das dafür bestimmte Justizkonto ermächtigt ist und die Eingabe einen Hinweis auf die erteilte Abbuchungsermächtigung, die Angabe des Kontos, von dem die Gebühren einzuziehen sind, und allenfalls den höchstens abzubuchenden Betrag enthält.

Wird der Anspruch auf die Gebühr mit der Überreichung der Eingabe begründet und ist die Gebühr nicht oder nicht vollständig beigebracht worden oder die Einziehung erfolglos geblieben, so ist gemäß § 31 Abs. 1 GGG von den zur Zahlung verpflichteten Personen neben der fehlenden Gebühr ein Mehrbetrag in Höhe von 50 % des ausstehenden Betrages zu erheben; der Mehrbetrag darf jedoch EUR 290,-- nicht übersteigen.

Der Kostenbeamte kann gemäß der auch durch die Novelle BGBl. I Nr. 104/2006 unveränderten Fassung des § 14 Abs. 1 GEG vor Erlassung des Zahlungsauftrages (§ 6 Abs. 1) den Zahlungspflichtigen auffordern, fällig gewordene Gerichtsgebühren oder Kosten binnen 14 Tagen zu entrichten (Zahlungsaufforderung). Eine Zahlungsaufforderung soll insbesondere dann ergehen, wenn mit der Entrichtung des Betrages gerechnet werden kann.

Ein Mehrbetrag entsteht nur dann, wenn eine Gerichtsgebühr bis zum Zeitpunkt der Erlassung eines Zahlungsauftrages nicht beigebracht worden ist. Wurde die Gebühr vor diesem Zeitpunkt entrichtet, ist eine Erhöhung auch dann unzulässig, wenn die Gebühr verspätet oder auf Grund einer Zahlungsaufforderung entrichtet wurde. Die Erlassung einer Zahlungsaufforderung ist, wenn mit der Entrichtung des Betrages gerechnet werden kann, auch dann zulässig, wenn die Gerichtsgebühr mit der Überreichung der Eingabe begründet und nicht beigebracht worden ist. Ein Mehrbetrag wäre dann nicht vorzuschreiben, wenn der Gebührenpflichtige auf Grund einer solchen Zahlungsaufforderung die Gerichtsgebühr entrichtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/16/0091).

Die belangte Behörde verkennt somit nach der dargestellten Rechtsprechung die Rechtslage, wenn sie die Ansicht vertritt, werde eine mit der Überreichung der Klage entstandene Gebühr nicht entrichtet, dann entstehe damit auch schon in diesem Zeitpunkt der Anspruch des Bundes auf den Mehrbetrag, der nur mittels Zahlungsauftrages und zwingend vorgeschrieben werden müsse. § 14 Abs. 1 zweiter Satz GEG regelt nämlich ausdrücklich den Fall, dass auch dann eine Zahlungsaufforderung zu ergehen hat, wenn eine mit der Überreichung der Klage entstandene Gerichtsgebühr nicht sofort am Fälligkeitstag entrichtet wurde.

Der angefochtene Bescheid erweist sich aus diesem Grunde mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Die Erlassung einer Zahlungsaufforderung vor Ergehen eines Zahlungsauftrages ist allerdings nicht zwingend angeordnet, sondern steht im Ermessen der Behörde. Solche Ermessensentscheidungen sind nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/16/0091).

Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung-Kommentar3, Rz 7 zu § 20 BAO).

Wird ein Zahlungsauftrag erlassen, ohne dass diesem eine Zahlungsaufforderung vorangegangen ist, dann ist diese Ermessensentscheidung, bei der die Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründe darzustellen und abzuwägen sind, zu begründen. Dies ist mit dem angefochtenen Bescheid nicht erfolgt.

Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am