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VwGH vom 12.09.2012, 2011/08/0016

VwGH vom 12.09.2012, 2011/08/0016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der M T in E, vertreten durch Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rathausplatz 8/4, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom , Zl. LGS NÖ/RAG/05661/2010, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführerin gemäß § 33 Abs. 2 und § 36 Abs. 3 und 5 AlVG iVm den §§ 2 und 6 der NH-VO ab dem Notstandshilfe in der Höhe von täglich EUR 9,08 gebühre.

Nach der Wiedergabe der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen und Darlegung des Verwaltungsgeschehens stellte die belangte Behörde (im Wesentlichen) folgenden Sachverhalt fest:

Die Beschwerdeführerin sei verheiratet; ihr Ehemann zähle aufgrund des festgestellten Grads der Behinderung von 70% zu dem in § 2 Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz genannten Personenkreis.

Die Beschwerdeführerin habe am die Zuerkennung von Arbeitslosengeld beantragt. Dieses sei ihr aufgrund der beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Beitragsgrundlage von EUR 2.876,31 für 273 Tage in Höhe von EUR 36,74 täglich zuerkannt und bis ausbezahlt worden. Nach einer Unterbrechung wegen eines Dienstverhältnisses und eines Krankenstands habe sie am die Weitergewährung des zuerkannten Arbeitslosengelds beantragt. Am habe sie die Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension beantragt, dieser Antrag sei mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom abgelehnt worden. Sie habe dagegen Klage erhoben. Seit dem erhalte sie Notstandshilfe als Pensionsvorschuss. Am (mit Geltendmachungsdatum ) habe sie die Weitergewährung der Notstandshilfe als Pensionsvorschuss beantragt.

Im Antrag habe die Beschwerdeführerin keine erhöhten Aufwendungen angeführt.

Die Beschwerdeführerin habe eine Mitteilung der Pensionsversicherungsanstalt vom bezüglich der Pension ihres Ehemanns vorgelegt, wonach dieser ab bis eine Pension in Höhe von EUR 1.480,63 netto monatlich erhalte. Der Beschwerdeführerin sei Notstandshilfe als Pensionsvorschuss ab dem in Höhe von EUR 9,08 täglich zuerkannt worden.

Mit Schreiben vom der Arbeiterkammer Niederösterreich an das Arbeitsmarktservice B. habe die Beschwerdeführerin eine Kreditbestätigung der Sparkasse H. zur Berücksichtigung bei der Berechnung ihrer Notstandshilfe vorgelegt. Der Kredit wäre zur Rückzahlung eines Geldbetrags verwendet worden, "den der Gatte der (Beschwerdeführerin) anlässlich der Scheidung seiner geschiedenen Ehefrau für das gemeinsame Haus ablösen habe müssen". Aus der vorgelegten Kreditbestätigung, ausgestellt am , gehe hervor, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin am einen Privatkredit für private Investitionen in Höhe von EUR 69.039,36 aufgenommen habe. Die Rückzahlung erfolge regelmäßig in Höhe von monatlich EUR 251,13.

Mit Schreiben vom habe die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice B. der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass es sich bei diesem Kredit nicht um einen Kredit handle, der laut Richtlinie zur Freigrenzenerhöhung berücksichtigt werden könne. Mit Schreiben vom habe die Beschwerdeführerin um die Ausstellung eines Feststellungsbescheids bezüglich der Höhe der Notstandshilfe ersucht.

Im Verfahren vor der belangten Behörde sei die Beschwerdeführerin ersucht worden, Nachweise bezüglich (der Verwendung) dieses Kredits vorzulegen. Sie habe eine Vergleichsausfertigung ohne Datum vorgelegt, die anlässlich der Scheidung ihres Ehemanns von seiner damaligen Ehefrau getroffen worden sei. Danach habe dieser an die geschiedene Ehefrau einen Betrag von ATS 1.000.000,00 geleistet, dafür habe die geschiedene Ehefrau den ihr gehörigen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ. 1893 der Katastralgemeinde E. an den Ehemann der Beschwerdeführerin übertragen. Weiters habe sie den Beschluss des Bezirksgerichts S. über die Scheidung im Einvernehmen vom , sowie ein rechtsanwaltliches Schreiben vorgelegt, wonach die grundbücherliche Durchführung erfolgt sei und der Ehemann der Beschwerdeführerin nun Alleineigentümer der Liegenschaft EZ. 1893 der Katastralgemeinde E. sei.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass für die Beurteilung der Notlage als Voraussetzung für die Gewährung der Notstandshilfe als Pensionsvorschuss derart vorzugehen sei, dass vom monatlichen Nettoeinkommen (Alterspension) des Ehemanns der Beschwerdeführerin in Höhe von EUR 1.480,63 eine Freigrenze für den Ehegatten in Höhe von EUR 495,-- in Abzug zu bringen sei. Da eine Behinderung von 70% nachgewiesen sei, gebühre ein (weiterer) Pauschalbetrag von EUR 40,--, der in Abzug zu bringen sei. Da der Ehegatte das 50. Lebensjahr vollendet habe und einen Grad der Behinderung von mindestens 50 vH aufweise, sei gemäß § 6 Abs. 6 NH-VO eine Erhöhung der Einkommensgrenzen um 50 vH vorzunehmen. Das bedeute, dass eine Freigrenze in Höhe von EUR 247,50 (50% von EUR 495,-- gebühre).

Gemäß der Richtlinie könnten lediglich Darlehen für Hausstandsgründungen bzw. Wohnraumschaffung als freigrenzenerhöhender Umstand gewertet werden. Die Zahlung an die geschiedene Ehefrau sei "eine Ausgleichszahlung aufgrund eines zivilrechtlichen Vertrages, eine Aufteilung des ehelichen Vermögens im Zuge eines Scheidungsverfahrens". Damit verbunden sei der Eigentumsübergang an den Ehemann der Beschwerdeführerin. Er sei durch Zahlung an die geschiedene Ehefrau Alleineigentümer der Liegenschaft EZ. 1893 der Katastralgemeinde E. geworden. Die belangte Behörde sehe darin allerdings keine neue Hausstandsgründung bzw. Wohnraumschaffung im Sinne der Richtlinie zur Freigrenzenerhöhung, da der Ehemann der Beschwerdeführerin seinen "Wohnsitz" behalten und lediglich den Eigentumsanteil der geschiedenen Ehefrau abgegolten habe.

Sinn dieser Bestimmung sei es, Beziehern von Notstandshilfe bei einer Hausstandsgründung bzw. Sanierung mit einer Freigrenzenerhöhung zu unterstützen, "nicht jedoch um den Standard, der aufgrund eines Scheidungsverfahrens verloren zu gehen droht", zu erhalten.

Es verbleibe somit ein monatlicher Anrechnungsbetrag in Höhe von EUR 698,--. Dieser monatliche Anrechnungsbetrag entspreche einem täglichen Anrechnungsbetrag in Höhe von EUR 22,94. Aufgrund der beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Beitragsgrundlage in Höhe von EUR 2.876,31 errechne sich eine fiktive Notstandshilfe als Bevorschussung einer Leistung aus der Pensionsversicherung in Höhe von EUR 32,02 täglich; das bedeute, dass unter Berücksichtigung des Anrechnungsbetrags von EUR 22,94 täglich eine Notstandshilfe als Pensionsvorschuss in Höhe von EUR 9,08 täglich verbleibe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 33 Abs. 2 AlVG ist Notstandshilfe nur zu gewähren, wenn (unter anderem) Notlage vorliegt. Notlage liegt gemäß § 33 Abs. 3 AlVG vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.

Gemäß § 36 Abs. 1 AlVG erlässt der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Richtlinien über das Ausmaß der Notstandshilfe, in denen das Ausmaß der Notstandshilfe insbesondere nach Familienstand, Sorgepflichten, Alter des Arbeitslosen und Dauer der Arbeitslosigkeit abgestuft werden kann. In diesen Richtlinien sind gemäß § 36 Abs. 2 AlVG auch die näheren Voraussetzungen im Sinne des § 33 Abs. 3 AlVG festzulegen, unter denen Notlage als gegeben anzusehen ist.

Für die Berücksichtigung des Einkommens des Ehepartners sieht § 36 Abs. 3 lit. B sublit. a vor, dass vom Einkommen des Ehepartners bei der Anrechnung ein zur Bestreitung des Lebensunterhaltes notwendiger Betrag (Freibetrag) freizulassen ist, der nach der Größe der Familie verschieden bemessen werden kann.

Gemäß § 36 Abs. 5 AlVG kann eine Erhöhung der im Abs. 3 lit. B sublit. a angeführten Freibeträge in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. Krankheit, Schwangerschaft, Niederkunft, Todesfall, Hausstandsgründung und dgl. im Rahmen der vom Arbeitsmarktservice festgelegten Richtlinien erfolgen.

Die auf Grund des § 36 Abs. 5 AlVG vom Arbeitsmarktservice im Sinne des § 4 Abs. 3 AMSG erlassenen, gemäß § 4 Abs. 4 AMSG am im Internet kundgemachten Richtlinien zur Freigrenzenerhöhung bringen in ihrem Abschnitt I. ("Allgemeines") zunächst zum Ausdruck, dass die Berücksichtigungswürdigkeit freigrenzenerhöhender Umstände keine Ermessensentscheidung gestattet. Liegt Berücksichtigungswürdigkeit vor, so ist die Freigrenze zu erhöhen, wobei es - erst hier - im Ermessen des Arbeitsmarktservice liegt, in welchem Ausmaß die Freigrenze erhöht wird. Das Ausmaß der Erhöhung der Freigrenze darf die Freigrenze gemäß § 6 Abs. 2 bis 4 NH-VO um maximal 50 Prozent übersteigen. Bei Vorliegen mehrerer Freigrenzen erhöhender Tatbestände darf die Summe der berücksichtigten Kosten die vorstehende 50-Prozent-Grenze nicht überschreiten. Die Freigrenzenerhöhung für ältere Arbeitslose gemäß § 36 Abs. 3 lit. B sublit. b AlVG bleibt unberührt.

In Abschnitt II. ("Berücksichtigungswürdige Umstände im Sinne des § 36 Abs. 5 AlVG") ist als Umstand, der zur Freigrenzenerhöhung führen kann, unter anderem angeführt:

"7. Darlehen für Hausstandsgründung bzw. Wohnraumbeschaffung; während des Leistungsbezuges bzw. nach Eintritt der letzten Arbeitslosigkeit aufgenommene Darlehen für Hausstandsgründung bzw. Wohnraumbeschaffung können ausnahmsweise und nur dann berücksichtigt werden, wenn die damit getätigten Anschaffungen (im unbedingt notwendigen Umfang) zur Sicherung einer angemessenen Haushaltsführung im bisherigen Umfang erforderlich sind (z.B. Wohnraumsanierung usw.)."

Diese Richtlinien zur Freigrenzenerhöhung stellen eine Rechtsverordnung dar (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/08/0254 und 2004/08/0166).

2. Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig geblieben, ob der von der Beschwerdeführerin zum Abzug geltend gemachte Kredit ihres Ehemanns in der Höhe der monatlichen Kreditrate als "Darlehen für Hausstandsgründung bzw. Wohnraumbeschaffung" im Sinne des § 36 Abs. 5 AlVG freigrenzenerhöhend zu berücksichtigen gewesen wäre.

3. Die belangte Behörde ging davon aus, dass mit der Ausgleichszahlung des Ehemanns der Beschwerdeführerin an seine geschiedene Frau der Übergang der Liegenschaft in sein alleiniges Eigentum verbunden war. Nach Ansicht der belangten Behörde wurde dadurch allerdings kein freigrenzenerhöhender Tatbestand verwirklicht, da der Ehemann der Beschwerdeführerin seinen bisherigen Wohnsitz behalten und lediglich den Eigentumsanteil der geschiedenen Ehefrau abgegolten habe. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darüber hinaus ausführt, der Scheidungsvergleich habe auch den Hausrat und eine Abgeltung möglicher Unterhaltszahlungen erfasst und die Ausgleichszahlung könne daher nicht alleinig dem Liegenschaftsübergang zugeordnet werden, so finden diese Ausführungen keine Deckung in dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, wo sich zu einer Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens bzw. einer Regelung von Unterhaltsansprüchen durch den gegenständlichen Vergleich keine Feststellungen finden.

Aufgrund der Feststellungen der belangten Behörde ist daher davon auszugehen, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin vor Beginn des gegenständlichen Leistungsbezugs einen Kreditvertrag eingegangen ist, um seiner geschiedenen Ehefrau eine Ausgleichszahlung leisten zu können, aufgrund derer dem Ehemann der Beschwerdeführerin die - bis dahin im Miteigentum mit seiner geschiedenen Frau stehende - Liegenschaft ins Alleineigentum übertragen wurde. Auch wenn dies nicht ausdrücklich festgestellt wurde, so ist die belangte Behörde doch erkennbar weiters davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin - wie diese schon im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat - gemeinsam mit ihrem Ehemann jene Liegenschaft bewohnt, die Gegenstand des Scheidungsvergleichs war. Unstrittig ist zudem, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids monatliche Kreditraten entrichtete.

Es bleibt somit zu klären, ob eine Kreditaufnahme für den genannten Zweck einen berücksichtigungswürdigen Fall im Sinne der Richtlinie darstellt. In Betracht kommt in diesem Zusammenhang Abschnitt II. Punkt 7. der Freigrenzenerhöhungsrichtlinie, wonach "Darlehen für Hausstandsgründung bzw. Wohnraumbeschaffung" einen solchen berücksichtigungswürdigen Umstand darstellen können.

Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung unter anderem ausgeführt, dass auch Kanalanschlussgebühren zu den Kosten der Wohnraumbeschaffung zählen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/08/0307). Übliche Aufwendungen wie etwa Mietkosten oder auch Mietrückstände führen hingegen nicht zu einer Erhöhung der Freigrenze (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/08/0210, mwN). Auch ein zum Ausbau eines weiteren Wohnsitzes aufgenommenes Darlehen zählt nicht zu den berücksichtigungswürdigen Fällen im Sinne des § 36 Abs. 5 AlVG (vgl. dazu das zu dieser Bestimmung in der im Wesentlichen gleichlautenden Fassung BGBl. I Nr. 6/1998 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0010). Allgemein hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass eine geltend gemachte Kreditverbindlichkeit, um sie freigrenzenerhöhend zu berücksichtigen, von einem Darlehen für Hausstandsgründung bzw. Wohnraumbeschaffung - wie in Abschnitt II. Punkt 7. der Freigrenzenerhöhungsrichtlinie angeführt - herrühren muss, da eine Erhöhung der Freigrenze auf Grund sonstiger Darlehenszwecke in der Richtlinie nicht vorgesehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/08/0035).

Im Beschwerdefall wurde nach den Feststellungen der Kredit vom Ehemann der Beschwerdeführerin zu dem Zweck aufgenommen, den Hälfteanteil jener Liegenschaft von seiner geschiedenen Frau zu erwerben, die er schon vor dem Liegenschaftsübergang und später gemeinsam mit der Beschwerdeführerin bewohnte.

In welches zivilrechtliche Kleid - sei es ein Kaufvertrag oder ein Vergleich nach § 55a Ehegesetz - der Titel des Eigentumsübergangs eingebettet wurde, ist in diesem Zusammenhang nicht relevant, da die Freigrenzenerhöhungsrichtlinie nur vom "Darlehen für Hausstandsgründung bzw. Wohnraumbeschaffung" spricht, ohne eine Einschränkung auf eine bestimmte Art des Erwerbsvorgangs vorzunehmen. Es kommt somit entscheidend nur darauf an, dass das mit dem Kreditvertrag (im Sinne des § 988 ABGB in der Fassung des DaKRÄG, BGBl I Nr 28/2010, ein entgeltlicher Darlehensvertrag über Geld) aufgenommene Geld zu dem Zweck verwendet wird, Wohnraum zu beschaffen (bzw. einen Hausstand zu gründen). Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, welcher der Richtlinie im Zweifel zu unterstellen ist, sind unter Aufwendungen zur Wohnraumbeschaffung alle Aufwendungen zu subsumieren, die erforderlich sind, um in den Genuss der Verfügungsgewalt über Wohnraum dergestalt zu kommen, dass das Wohnbedürfnis darin auf Dauer befriedigt werden kann. Der mit "bzw" in der Richtlinie damit verknüpfte Begriff der "Hausstandsgründung" hat mit dem der Wohnraumbeschaffung insoweit eine Schnittmenge, unterscheidet sich von jenem aber dadurch, dass zu den Aufwendungen zur Hausstandsgründung auch die allein oder mit einem Partner vorgenommene erstmalige Beschaffung der Wohnungseinrichtung und des erforderlichen Hausrates zu zählen sind. Unter Wohnraumbeschaffung ist daher nicht nur die Anschaffung einer Miet- oder Genossenschaftswohnung zu verstehen, sondern wie im vorliegenden Fall auch der Erwerb von (Wohnungs )Eigentum an Wohnräumen von einer Person, die nicht der gemeinsam wohnende (Ehe)Partner der erwerbenden Person ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob im Zeitpunkt des Erwerbsvorganges die Wohnräumlichkeiten vom Erwerber bereits genutzt wurden.

Unter den Begriff "Wohnraumbeschaffung" ist somit auch ein Vorgang zu subsumieren, bei dem wie im vorliegenden Fall durch einen Vergleich gemäß § 55a Ehegesetz im Zuge einer Scheidung das alleinige Eigentum an der zuvor im gemeinsamen Eigentum der ehemaligen Ehepartner stehenden (früheren) Ehewohnung gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages auf einen der ehemaligen Ehepartner übergeht, der diese Wohnung (weiter) als Wohnraum nützt. Wird zur Finanzierung dieses Ausgleichsbetrages ein Darlehensvertrag eingegangen, so handelt es sich dabei um ein Darlehen für Wohnraumbeschaffung im Sinne des Abschnitts II. Punkt 7. der Freigrenzenerhöhungsrichtlinie.

4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am