VwGH 13.12.2010, 2008/23/0873
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | AVG §69 Abs4; |
RS 1 | Gemäß § 69 Abs. 4 AVG steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem. Wird eine Berufung jedoch zurückgezogen, dann hat die Behörde erster Instanz in der Sache selbst zugleich in letzter Instanz entschieden. Für die Entscheidung über einen Wiederaufnahmeantrag in derselben Sache ist daher die Behörde erster Instanz zuständig (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 299/06; sowie - für den Fall der Zurückweisung einer Berufung als verspätet - das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/19/0520, sowie etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0260). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Dr. Wurdinger, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des S E, geboren 1982, vertreten durch Dr. Daniel Charim, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Wasagasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 252.200/7-III/07/06, betreffend Wiederaufnahme eines Asylverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Asylantrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Nigeria, vom wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen. Unter einem wurde ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei und dieser gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" ausgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung zog der Beschwerdeführer in der mündlichen Berufungsverhandlung vom vor der belangten Behörde zurück.
Mit der an das Bundesasylamt gerichteten Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme seines Asylverfahrens wegen eines ihm erst am zugegangenen Schreibens, das sein Vorbringen stütze und welches er zugleich übermittelte.
Das Bundesasylamt legte diesen Antrag der belangten Behörde vor, die ihn mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG abwies. Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der Asylantrag nach Berufungsrückziehung am mit Bescheid des Bundesasylamtes vom rechtskräftig abgewiesen worden sei. Bei dem vorgelegten, mit datierten Schreiben handle es sich daher um kein neu hervorgekommenes, sondern um ein erst nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens entstandenes Beweismittel.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, welche Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheids beantragt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG in die inhaltliche Prüfung eines Bescheids nur dann einzutreten hat, wenn er nicht schon die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde gegeben findet, erübrigt sich im Beschwerdefall ein Eingehen auf das Sachvorbringen des Beschwerdeführers. Die Unzuständigkeit ist dabei in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen, auch wenn sie vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1637/69, mwN).
Gemäß § 69 Abs. 4 AVG steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem. Wird eine Berufung jedoch zurückgezogen, dann hat die Behörde erster Instanz in der Sache selbst zugleich in letzter Instanz entschieden. Für die Entscheidung über einen Wiederaufnahmeantrag in derselben Sache ist daher die Behörde erster Instanz zuständig (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 299/06; sowie - für den Fall der Zurückweisung einer Berufung als verspätet - das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/19/0520, sowie etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0260).
Da im konkreten Fall, wie auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausführt, über den Asylantrag des Beschwerdeführers nach dessen Berufungszurückziehung mit Bescheid des Bundesasylamtes vom in erster und zugleich in letzter Instanz entschieden wurde, wäre das Bundesasylamt auch für die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag zuständig gewesen. Mangels Zuständigkeit des unabhängigen Bundesasylsenates zur Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | AVG §69 Abs4; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:2008230873.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAE-85891