VwGH vom 29.06.2006, 2006/16/0048

VwGH vom 29.06.2006, 2006/16/0048

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des U in W, vertreten durch Dr. Manfred Dimmy, Rechtsanwalt in 2000 Stockerau, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1883-W/05, betreffend Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dem Vorbringen in der Beschwerde, dem Akteninhalt des Beschwerdefalles mit der hg. Zl. 2004/06/0055, sowie der im verwaltungsbehördlichen Verfahren eingebrachten Berufung und dem Vorlageantrag hat der UVS im Land Niederösterreich mit Bescheid vom eine Berufung des Beschwerdeführers gegen die Aufforderung zum Haftantritt seitens der BH Korneuburg vom als unzulässig zurückgewiesen. Dieser Bescheid enthält den Hinweis:

"Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von 6 Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Die Amtsgebühr beträgt EUR 180,--."

Die Eingabe des Beschwerdeführers an den UVS im Land Niederösterreich vom enthält den "Betreff:

Beschwerde gegen den Bescheid des 'UVS' ...". In dieser Eingabe erklärte der Beschwerdeführer: "... Ich fühle mich in höchsten Maße mit dem Spruch des obgenannten Bescheides ungerecht behandelt". Er brachte vor, er habe das Delikt nicht vorsätzlich, sondern irrtümlich in einer besonderen Notlage begangen. Er sei nicht einschlägig vorbestraft und dieser entlastende Umstand sei in "keinster" Weise gewürdigt worden; auch nicht in Bezug auf die Strafhöhe. Eine Verwarnung hätte ausgereicht (§ 21 Abs. 1 und 2 VStG). Die Verspätung des Einspruches habe nur eine halbe Stunde betragen und die "Abweisung" des Einspruches sei unverhältnismäßig. Die Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt komme sehr wohl zum Tragen. Die Vorführung zum Strafantritt sei nicht zugestellt worden. Diese habe er erst von den beiden Gendarmen bekommen, welche sich einer Übertretung bei der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt schuldig gemacht hätten. Es sei eine Frist von zwei Wochen zur Nachreichung von Attesten zugebilligt worden, denen der Beschwerdeführer auch nachgekommen sei. Von Amts wegen könnten der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden sei, sowohl von der Behörde als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben und abgeändert werden. Der Beschwerdeführer verweise mit allem Nachdruck auf sein Recht auf gesetzmäßige Verwaltungsrechtspflege.

Der UVS im Land Niederösterreich legte die "eingebrachte Beschwerde" mit Schreiben vom dem Verwaltungsgerichtshof "zuständigkeitshalber" vor und teilte dies dem Beschwerdeführer mit.

Der Verwaltungsgerichtshof protokollierte diese vorgelegte Beschwerde als Beschwerde und stellte diese mit Verfügung vom , Zl. 2004/06/0055-3, zunächst zur Behebung von Mängeln zurück.

Mit Beschluss vom , Zl. 2004/06/0055-6, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren ein, weil der Beschwerdeführer der Aufforderung, die Mängel der gegen den vorbezeichneten Verwaltungsakt eingebrachten Beschwerde zu beheben, nicht nachgekommen sei.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern dem Beschwerdeführer für die beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 2004/06/0055, eingebrachte Beschwerde vom "" die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG von EUR 180,-- sowie die Gebührenerhöhung von EUR 90,-- vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, es habe sich bei dieser Eingabe um einen Antrag auf Verfahrenshilfe gehandelt, der nicht gebührenpflichtig sei. Dieser Verfahrenshilfeantrag sei wegen Fristversäumung des Mängelbehebungsauftrages abgabenbefreit abgewiesen worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern die Berufung als unbegründet ab.

Im Vorlageantrag brachte der Beschwerdeführer vor, entgegen der in der Berufungsvorentscheidung ausgeführten Begründung handle es sich um einen Verfahrenshilfeantrag beim Verwaltungsgerichtshof. Gegen den abweisenden Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates habe er beim Verwaltungsgerichtshof unter der Zl. 2004/06/0055 Verfahrenshilfe im vollen Umfang beantragt. Dieser Antrag sei mit Beschluss vom abgewiesen worden. Die Vergebührung vom Finanzamt sei daher irrtümlich ergangen. Vielleicht auch deshalb, weil der Beschluss unglückseligerweise das Wort Beschwerde erwähne. Gemeint sei aber nachweislich ein Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gewesen. Es sei kaum anzunehmen, dass der Beschwerdeführer mit einem monatlichen Nettoeinkommen von EUR 489,--und der Sorgepflicht für ein Kind EUR 180,-- für eine Beschwerde bezahlen könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid ersetzte die belangte Behörde die Wortfolge "Beschwerde vom eingebracht beim Verwaltungsgerichtshof z. Zl. 2004/06/0055" im Spruch des angefochtenen Bescheides durch die Wortfolge "Beschwerde vom gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Senat-KO-03-0039, eingelangt beim Verwaltungsgerichtshof am zu Zl. 2004/06/0055" und wies die Berufung im Übrigen als unbegründet ab.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer stütze sein Berufungsvorbringen vor allem auf die Behauptung, bei der Eingabe vom handle es sich nicht um eine der Eingabengebühr unterliegende Beschwerde, sondern um einen Antrag auf Verfahrenshilfe. Weder aus der Bezeichnung noch aus dem Inhalt der Eingabe ergebe sich jedoch, dass der Beschwerdeführer damit Verfahrenshilfe beantragt habe. Er habe das Schreiben vielmehr ausdrücklich als Beschwerde bezeichnet und mit keinem Wort erkennen lassen, dass er außer Stande gewesen sei, die Kosten des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten. Beim Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes handle es sich nicht, wie vom Beschwerdeführer behauptet, um die abgabenbefreite Abweisung eines Verfahrenshilfeantrages, sondern zweifellos um eine Einstellung des Beschwerdeverfahrens gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG. Der Ansicht des Beschwerdeführers, dass es in der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofes zu einer irrtümlichen Verwechslung zwischen Verfahrenshilfeantrag und Beschwerde gekommen sein könne, könne nicht gefolgt werden. Die Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofes habe vielmehr nach dem Inhalt des erwähnten Beschlusses, in dem die Eingabe des Beschwerdeführers mehrmals als Beschwerde bezeichnet werde, zu Recht davon ausgehen können, dass tatsächlich eine der Eingabengebühr unterliegende Beschwerde vorliege. Die Ausführungen des Beschwerdeführers stünden im eklatanten Widerspruch mit der Aktenlage und seien daher in keiner Weise nachvollziehbar.

Die belangte Behörde erachte es somit als erwiesen, dass es sich bei der Eingabe des Beschwerdeführers vom um eine Beschwerde im Sinne des § 24 Abs. 3 Z 1 lit. a VwGG gehandelt habe. Für diese Beschwerde sei gemäß § 24 Abs. 3 Z 2 VwGG eine Eingabengebühr in der Höhe von EUR 180,-- festzusetzen. Gemäß § 9 Abs. 1 GebG sei eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die Gebührenvorschreibung "finanziell belastet" und damit in seinen "Rechten verletzt."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 3 Z 1 lit. a VwGG ist für Eingaben (beim Verwaltungsgerichtshof) einschließlich der Beilagen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Eingabengebühr zu entrichten. Die Gebührenpflicht besteht für Beschwerden, Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens und Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Gemäß § 24 Abs. 3 Z 2 VwGG beträgt die Gebühr EUR 180,--.

Die Eingabe des Beschwerdeführers vom war nicht an den Verwaltungsgerichtshof adressiert, sondern an den UVS im Land Niederösterreich. Der Beschwerdeführer bekämpfte darin die Entscheidung des UVS im Land Niederösterreich vom und bezeichnete seine Eingabe ausdrücklich als "Beschwerde". Auf das Recht der Einbringung einer "Beschwerde" an den Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof war im Bescheid des UVS im Land Niederösterreich vom hingewiesen worden. Der Beschwerdeführer begehrte mit seiner Beschwerde vom ausdrücklich eine Überprüfung der Entscheidung des UVS vom .

Eine Entscheidung über diese Beschwerde durch den UVS wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt; ein solcher Antrag wäre nicht zulässig und von vornherein aussichtslos gewesen. Wenn die als Beschwerde bezeichnete Eingabe das Ziel hatte, Rechtsschutz zu erhalten, was auf Grund des Inhalts der Eingabe anzunehmen war, dann konnte ein solcher Rechtsschutz durch eine Überprüfung dieses Falles beim Verwaltungsgerichtshof erreicht werden, der über Beschwerden gegen Bescheide letzter Instanzen zu entscheiden hat.

Es war daher vertretbar, dass der UVS im Land Niederösterreich die Eingabe des Beschwerdeführers vom als eine Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden habe, wertete und diese Beschwerde zur Wahrung der Beschwerdefrist ohne vorherige Anfrage beim Beschwerdeführer dem Verwaltungsgerichtshof übermittelte. Der Beschwerdeführer wurde darüber in Kenntnis gesetzt und hat dagegen keine Einwände erhoben. Es wäre aber schon in diesem Verfahrensabschnitt Sache des Beschwerdeführers gewesen, gegen die Ansicht des UVS im Land Niederösterreich, die Eingabe vom sei eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, begründete Einwände zu erheben und Erklärungen darüber abzugeben, was nach Ansicht des Beschwerdeführers der tatsächliche Inhalt der Eingabe sei. Solche Einwände wurden nicht erhoben, sodass der Verwaltungsgerichtshof auf Grund des Inhalts der Eingabe und auch der ausdrücklichen Bezeichnung als Beschwerde mit Verfügung vom , Zl. 2004/06/0055-3, ein Mängelbehebungsverfahren einleitete. Der Mängelbehebungsauftrag blieb unbeantwortet. Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher mit Beschluss vom , Zl. 2004/06/0055-6, das Verfahren gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG ein.

Die Beurteilung, ob die Eingabe des Beschwerdeführers an den UVS im Land Niederösterreich vom eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war, oblag letztlich nicht dem UVS im Land Niederösterreich, sondern dem Verwaltungsgerichtshof, der gemäß § 32 VwGG seine Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof ging davon aus, dass es sich bei der Eingabe vom um eine, wenn auch mit Mängeln behaftete, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof handelte und hat nach dem Mängelbehebungsverfahren in dieser Beschwerdesache einen Beschluss über die Einstellung des Verfahrens gefasst. Mit diesem Beschluss bejahte der Verwaltungsgerichtshof auch, dass eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden ist.

Mit der Überreichung der Eingabe war daher die Gebührenpflicht nach § 24 Abs. 3 Z 1 lit. a VwGG entstanden.

Bei der Vorschreibung der Gebühr samt Gebührenerhöhung hatte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hat.

Im verwaltungsbehördlichen Verfahren brachte der Beschwerdeführer vor, die Eingabe vom sei keine Beschwerde, sondern ein Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gewesen. Die belangte Behörde hat jedoch mit Recht erkannt, dass weder aus der Bezeichnung noch dem Inhalt der Eingabe ein solcher Antrag abgeleitet werden könne.

Erstmals in der Beschwerde und somit entgegen dem Neuerungsverbot brachte der Beschwerdeführer vor, die Eingabe vom sei ohne sein Wissen vom UVS eigenmächtig weitergeleitet worden und er habe den Verwaltungsgerichtshof gar nicht befassen wollen. Abgesehen von der Unbeachtlichkeit dieses Vorbringens auf Grund des Neuerungsverbotes, brachte der Beschwerdeführer damit inhaltlich nichts gegen die Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofes vor, es habe sich bei der Eingabe vom um eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gehandelt.

Soweit gerügt wird, der UVS im Land Niederösterreich habe seine Manuduktionspflicht verletzt und keine Nachfrage an den Beschwerdeführer veranlasst, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nicht die Beurteilung des UVS im Land Niederösterreich entscheidend war, ob es sich bei der Eingabe vom um eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof handelt oder nicht. Der Beschwerdeführer hatte überdies zweimal, nämlich nach der Verständigung über die Weiterleitung der Beschwerde vom UVS im Land Niederösterreich und im Mängelbehebungsverfahren die Möglichkeit, seinen Standpunkt über den Inhalt und den Zweck seiner Eingabe darzulegen. Dies unterblieb allerdings.

Auf die Behauptung, der Beschwerdeführer hätte einen Verfahrenshilfeantrag stellen können, ist nicht weiter einzugehen, weil ein solcher Antrag nicht gestellt wurde und es sich hier bloß um eine hypothetische Überlegung des Beschwerdeführers handelt.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Mit der Entscheidung über die Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am