VwGH vom 26.09.2006, 2006/16/0047

VwGH vom 26.09.2006, 2006/16/0047

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Verlassenschaft nach der am verstorbenen Mag. R in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Lenneis, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1651-W/03, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Eine Pflichtteilsberechtigte erhielt zur Abgeltung ihres Pflichtteilsanspruches nach dem Tod ihres Ehegatten auf Grund von Pflichtteilsübereinkommen mit ihren beiden bedingt erbserklärten Kindern aus dem endbesteuerten Verlassenschaftsvermögen (von Konten und Sparbüchern sowie einer Überschreibung eines Depots in der Höhe von EUR 14.701,71) EUR 70.000,--. Nach den Feststellungen des Finanzamtes betrug der Reinnachlass der Verlassenschaft EUR 175.433,79 (davon endbesteuertes Vermögen EUR 131.151,01), davon entfiel auf den Erbenanteil EUR 105.433,79 und auf den Pflichtteil EUR 70.000,--.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der Pflichtteilsberechtigten ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von EUR 58.692,-- Erbschaftssteuer mit EUR 2.628,-- vor. Die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftssteuer setzte sich aus Lebensversicherungsbeträgen in der Höhe von EUR 16.609,80 und dem Pflichtteil von EUR 70.000,-- sowie den Freibeträgen gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG von EUR 2.200,-- und gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG (endbesteuertes Vermögen) von EUR 25.717,22 zusammen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die Pflichtteilsberechtigte die Ansicht, der Pflichtteil sei aus endbesteuertem Verlassenschaftsvermögen aufgebracht worden. Weiters seien abzugsfähige Vertretungskosten von EUR 4.283,10 angefallen, sodass bei der Berechnung der Erbschaftssteuer von einer Bemessungsgrundlage von EUR 12.326,70 auszugehen sei.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und setzte die Erbschaftssteuer mit EUR 2.036,36 fest. Dieser Vorschreibung wurde folgende Berechnung zugrunde gelegt:

Von den Aktiva in der Höhe von EUR 198.280,85 wurden die berichtigten Passiva mit EUR 21.659,76, die Kosten der Regelung des Nachlasses mit EUR 4.687,30 sowie der Pflichtteil in der Höhe von EUR 70.000,-- abgezogen und dies ergab einen Erbanteil von EUR 101.933,79. Das endbesteuerte Vermögen (ohne überschriebenes Depot) beträgt EUR 116.449,51 und dies ergibt einen "überschießenden Steuervorteil" von EUR 14.515,51. Als Bemessungsgrundlagen für die Vorschreibung der Erbschaftssteuer wurden die Versicherungserlöse in der Höhe von EUR 16.609,80 und der Pflichtteil in der Höhe von EUR 70.000,-- angesetzt. Dies ergibt einen Erwerb von insgesamt EUR 86.609,80. Davon wurden die Vertretungskosten in der Höhe von EUR 4.283,10, nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG das überschriebene Depot in der Höhe von EUR 14.701,71 und der "überschießende Steuervorteil" in der Höhe von EUR 14.515,51 sowie ein Freibetrag nach § 14 Abs. 1 ErbStG von EUR 2.200,-- abgezogen. Dies ergibt den steuerpflichtigen Erwerb von EUR 50.919,48 und Erbschaftssteuer in der Höhe von EUR 2.036,36.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, aus der Formulierung der Pflichtteilsübereinkommen sei zu entnehmen, dass der Pflichtteil zu einem Teil mit endbesteuertem Vermögen ("Überschreibung des Depots") und zum anderen Teil nicht mit endbesteuertem Vermögen ("Vom Konto ...", "Vom Sparbuch ...") beglichen worden sei. Mit der Überschreibung des Depots habe die Pflichtteilsberechtigte dieses endbesteuerte Vermögen erworben. Für dieses Vermögen gehe die Begünstigung des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG von den Erben auf die Pflichtteilsberechtigte über. Das Guthaben auf diesem Depot habe zum Todestag EUR 14.701,71 betragen. Dieser Betrag sei gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG von der Erbschaftssteuer befreit. Der restliche Pflichtteil sei nicht mit endbesteuertem Vermögen beglichen worden. Durch die Formulierung im Pflichtteilsübereinkommen sei zum Ausdruck gebracht worden, dass nicht diese Konten oder Sparbücher an die Pflichtteilsberechtigte, sondern Realisate aus diesen Konten bzw. Sparbüchern übergeben worden seien. Da diese Konten und Sparbücher nicht direkt an die Pflichtteilsberechtigte übergegangen seien, verbleibe die Begünstigung für diese Vermögenswerte bei den Erben. Die Begünstigung bleibe den Erben erhalten, wenn sie zwecks Entrichtung des Pflichtteils endbesteuertes Vermögen verwerteten. Die Erbschaftssteuerfreiheit endbesteuerten Vermögens dürfe nur einmal zum Tragen kommen, sie müsse aber auch ganz zum Tragen kommen. Dies bedeute, dass der Nachlass in jenem Umfang steuerfrei bleiben müsse, in welchem er aus endbesteuertem Vermögen bestehe. Im Beschwerdefall übersteige das im Nachlass - auch nach Abzug des der Pflichtteilsberechtigten zuzurechnenden Depots - verbleibende endbesteuerte Vermögen den Wert dessen, was den Erben verbleibe. Die Pflichtteilsberechtigte könne den überschießenden Steuervorteil für sich in Anspruch nehmen.

Die Pflichtteilsberechtigte verstarb am und ihre Verlassenschaft erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom , B 644/05 - 6, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Erbschaftssteuer aus endbesteuertem Vermögen verletzt und macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 erster Anstrich erster Satzteil ErbStG bleiben außer dem Erwerbe von Todes wegen vom Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz sowie § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz des Einkommensteuergesetzes 1988 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 12/1993, unterliegen, steuerfrei.

Die Erbschaftssteuer ist insoweit abgegolten, als ein (Geld-) Vermächtnis mittels endbesteuerten Nachlassvermögens erfüllt wird. Die Steuerfreiheit hängt freilich davon ab, dass dem Steuerpflichtigen tatsächlich endbesteuertes Vermögen zugewendet wird (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , B 128/97, und vom , B 3026/97, B 3027/97).

Übersteigt das im Nachlass enthaltene endbesteuerte Vermögen den Wert dessen, was dem Erben (gemeinsam mit anderen Empfängern derartigen Vermögens) verbleibt, dann steht es der Steuerbefreiung nicht entgegen, wenn der Erbschaftssteuerpflichtige zwar nicht selbst endbesteuertes Vermögen erwirbt, sein Erwerb sich aber von endbesteuertem Vermögen ableitet, an seine Stelle tritt und die Leistung endbesteuerten Vermögens ersetzt; denn im Ergebnis muss der Nachlass in jenem Umfang steuerfrei bleiben, in dem er aus endbesteuertem Vermögen besteht (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , B 128/97, und vom , B 318/97 bis B 36/98).

Die belangte Behörde hat, der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes folgend, den durch die Überschreibung des Depots der Pflichtteilsberechtigten zugekommenen Betrag zur Gänze und darüber hinaus den Erwerb, der sich vom endbesteuerten Vermögen ableitete, nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG steuerfrei belassen.

In der Beschwerde schilderte die Beschwerdeführerin drei "wirtschaftlich völlig gleichwertige Vorgänge", die "zu radikal unterschiedlichen steuerlichen Folgen führen".

Mit diesem Vorbringen übersieht sie zunächst, dass Vorgänge, die "wirtschaftlich" zu gleichen Ergebnissen führen, die aber auf unterschiedlichen rechtlichen Wegen zustande gekommen sind, unterschiedliche steuerliche Folgen haben können. Überdies wird mit diesem Vorbringen die Verletzung des Gleichheitssatzes wegen verfassungswidriger Auslegung einer Befreiungsbestimmung behauptet. Eine Entscheidung darüber fällt jedoch nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes.

Der Verfassungsgerichtshof hat zur Auslegung des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG bereits mehrfach Entscheidungen getroffen (vgl. die bereits zitierten Erkenntnisse sowie das weitere Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1349/04) und die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gefolgt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher durch das Beschwerdevorbringen nicht veranlasst, einen Antrag auf Normprüfung zu stellen, zumal der Verfassungsgerichtshof in der vorliegenden Rechtssache die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 644/05-6, bereits abgelehnt hat. Dieser Beschwerdefall unterscheidet sich ferner schon im Gegenstand der Prüfung (§ 19 Abs. 2 und 3 ErbStG - Bemessung der Erbschaftssteuer nach dem Verkehrswert oder dem Dreifachen des Einheitswertes) wesentlich von dem Fall, den der Verfassungsgerichtshof zum Anlass des mit Beschluss vom , B 3391/05-10, eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahrens nahm, so dass auch aus Anlass dieses Gesetzesprüfungsverfahrens kein Grund für einen Antrag auf Normprüfung besteht.

Die Abgabenbehörde hat entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht die Sparguthaben des Erblassers bei der Vorschreibung der Erbschaftssteuer nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG von der Erbschaftssteuer befreit. Diese Befreiung kam zu einem größeren Teil den Erben und zu einem geringeren Teil der Pflichtteilsberechtigten zu, wobei aber das der Pflichtteilsberechtigten "direkt übertragene" und endbesteuerte Vermögen zur Gänze nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG steuerfrei blieb.

Da die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen vermochte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am