VwGH vom 26.04.2012, 2011/07/0266
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. | des Ing. GA, 2. der BA, 3. des GS, 4. des JS, 5. der MS, |
6. | des EM, 7. der KM, 8. des GM, 9. der WM, alle in M, |
10. | des OZ in W, 11. der SZ, 12. des JT, 13. der AT, 14. des HS, alle in M, 15. des GR in A, 16. des JF in G und 17. des GF in M, alle vertreten durch Dr. Clemens Schnelzer, Rechtsanwalt in 3910 Zwettl, Dr.-Franz-Weismann-Straße 19, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. LF1-LAS-311/001-2011, betreffend Antrag auf Einstellung eines Zusammenlegungsverfahrens, zu Recht erkannt: |
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der NÖ Agrarbezirksbehörde vom wurde der Antrag mehrerer Parteien auf Einstellung des mit Verordnung vom eingeleiteten Zusammenlegungsverfahrens M gemäß § 2 Abs. 2 und § 5 des NÖ Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975 (FLG) zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien Berufungen, die mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom abgewiesen wurden.
In ihren Erwägungen hielt die belangte Behörde im Wesentlichen fest, Adressaten des § 5 Abs. 1 FLG seien die Agrarbehörden, die bei Vorliegen der dort angeführten Umstände ein Zusammenlegungsverfahren einstellen müssten. Deshalb könne der Antrag der betroffenen Grundeigentümer nur als Anregung gewertet werden, durch die die gewünschte Behördentätigkeit ausgelöst werden könne. Diese Regelung sei als Gegenstück zur Verfahrenseinleitung zu sehen, die ebenfalls bei Zutreffen der gesetzlich normierten Einleitungsvoraussetzungen (§§ 1, 2 FLG) mit Verordnung von Amts wegen zu veranlassen sei.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer sei für eine Einleitung des Verfahrens aus rechtlicher Sicht keine wie immer geartete und somit auch keine 50 %-Mehrheit der betroffenen Grundeigentümer erforderlich. Bei der Praxis, Verfahren nur bei Zustimmung der Hälfte aller Grundeigentümer durchzuführen, handle es sich um einen zeitlich allerdings schon länger zurückliegenden "politischen Wunsch".
Auch die von den beschwerdeführenden Parteien angesprochene Bewertung der einbezogenen Grundstücke durch die Gemeinde bzw. den Gemeinderat entbehre jeder gesetzlichen Grundlage. Mangels gesetzlicher Deckung könne ferner die persönliche finanzielle Situation einzelner Parteien kein Entscheidungsparameter sein.
Ferner verwies die belangte Behörde darauf, dass im Zuge der weiteren Verfahrensabwicklung auch derzeit einbezogene Grundstücke aus dem Verfahren wieder ausgeschieden werden könnten, sofern diese für die Erreichung der Verfahrensziele entbehrlich geworden seien. Eine Vielzahl der aufgeworfenen Fragen sei einerseits in einem Mangel an Information über den technischen und rechtlichen Verfahrensablauf begründet, andererseits sei eine Klärung bestimmter Fragen erst der weiteren Abwicklung des Zusammenlegungsverfahrens vorbehalten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage zu prüfen, ob die beschwerdeführenden Parteien durch die mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde im Instanzenzug erfolgte Zurückweisung ihres Antrages auf Einstellung des Zusammenlegungsverfahrens in Rechten verletzt wurden.
§ 1 Abs. 1 und 2, § 2 Abs. 1 und 2 und § 5 Abs. 1 FLG, LGBl. 6650-8, lauten:
"§ 1
Ziele und Aufgaben der Zusammenlegung
(1) Im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen und umweltverträglichen Landwirtschaft sind die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe nach zeitgemäßen volks- und betriebswirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten im Wege eines Zusammenlegungsverfahrens nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu verbessern oder neu zu gestalten.
(2) Zur Erreichung dieser Ziele sind in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht werden durch
1. Mängel der Agrarstruktur (wie zum Beispiel zersplitterter Grundbesitz, ganz oder teilweise eingeschlossene Grundstücke, ungünstige Grundstücksformen, unwirtschaftliche Betriebsgrößen, beengte Orts- oder Hoflage, unzulängliche Verkehrserschließung, ungünstige Geländeform, ungünstige Wasserverhältnisse, unzureichende naturräumliche Ausstattung) oder
2. Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse (wie zum Beispiel Errichtung, Änderung oder Auflassung von Eisenbahnen, Straßen und Wegen, Wasserläufen, Wasserversorgungs-, Energieversorgungs- oder Abwasseranlagen, Hochwasser-, Wildbach- oder Lawinenschutzbauten).
…
§ 2
Zusammenlegungsgebiet; Einleitung des Verfahrens
(1) Die Behörde hat das Zusammenlegungsgebiet so zu bestimmen, dass die Ziele der Zusammenlegung (§ 1) möglichst zweckmäßig und wirtschaftlich erreicht werden können und den davon betroffenen Gemeinden Gelegenheit zur Stellungnahme dazu zu geben.
(2) Die Behörde hat das Verfahren von Amts wegen mit Verordnung durch Aufzählung aller Grundstücke einzuleiten (Einleitungsverordnung), wenn
o das Ziel der Zusammenlegung (§ 1) erreicht werden kann und o der zu erwartende Erfolg dem Aufwand an Arbeit und Kosten
voraussichtlich entspricht.
…
§ 5
Einstellung des Verfahrens
(1) Die Behörde muss das Verfahren mit Verordnung einstellen, wenn sich nachträglich ergibt, dass die in § 2 Abs. 2 genannten Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder Umstände hervorkommen, die eine dem Gesetz entsprechende Zusammenlegung verhindern.
…"
Wie sich aus § 5 Abs. 1 FLG, der sich an die Agrarbehörde richtet, ergibt, sieht das Gesetz bei Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen die Einstellung des Zusammenlegungsverfahrens im Wege der Erlassung einer Verordnung vor. Auf die Erlassung einer solchen Verordnung hat aber niemand einen Rechtsanspruch (vgl. das zur Bestimmung des § 5 des OÖ Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979, LGBl. Nr. 73, ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/07/0212).
Mangels eines derartigen Rechtsanspruches konnten die beschwerdeführenden Parteien durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Bestätigung der erstinstanzlich erfolgten Zurückweisung ihres Antrages auf Einstellung des Zusammenlegungsverfahrens nicht in Rechten verletzt werden.
Schon deshalb erübrigt es sich, im Einzelnen auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen, mit dem eine Irreführung bzw. ein Willensmangel der beschwerdeführenden Parteien bei der Unterzeichnung der die Einleitung eines Zusammenlegungsverfahrens befürwortenden Unterschriftenliste, Mängel des "Landwirtschaftlichen Einleitungsgutachtens" und die nicht erfolgte Zustellung desselben an die beschwerdeführenden Parteien, negative betriebswirtschaftliche Folgen einer Zusammenlegung, Einkommenseinbußen im Hinblick auf bestehende Förderungsprogramme sowie Risiken und allfällige Kosten auf Grund einer im Zusammenlegungsgebiet liegenden Deponie geltend gemacht werden. Auch der Beschwerdehinweis auf das Nichtvorliegen einer 50%igen Zustimmung der betroffenen Grundstückseigentümer führt mangels gesetzlicher Grundlage für eine derartige Voraussetzung zu keinem anderen Ergebnis, mag in der Praxis im Regelfall eine Zustimmung in der genannten Größenordnung für die Einleitung eines Zusammenlegungsverfahrens auch verlangt werden.
Zutreffend hat bereits die belangte Behörde dargelegt, dass die Klärung einer Reihe von aufgeworfenen Fragen dem weiteren, stufenförmig aufgebauten Verfahren vorbehalten sein werde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass den von der Zusammenlegung betroffenen Grundeigentümern in einem späteren Verfahrensstadium die Möglichkeit offen steht, im Rahmen einer Anfechtung des Bescheides über den Besitzstandsausweis (vgl. § 10 Abs. 2 FLG) auch die Gesetzmäßigkeit der Verordnung auf Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens und die Einbeziehung ihrer Grundstücke in das Zusammenlegungsverfahren zu bekämpfen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/07/0042, vom , Zl. 98/07/0151, und vom , Zl. 2008/07/0037, sowie die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 9317/1982 und 9981/1984). Darüber hinaus sieht § 2 Abs. 5 FLG bei Vorliegen näher genannter Voraussetzungen die Möglichkeit der Ausscheidung von Grundstücken aus dem Zusammenlegungsverfahren auch auf Antrag vor (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 9317).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
SAAAE-85844