VwGH vom 23.05.2013, 2011/07/0263
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der G Ltd., in W, Großbritannien, vertreten durch Marschall Heinz Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-LE.4.3.2/0037-I/2/2011, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer pflanzenschutzmittelrechtlichen Angelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Eingabe vom beschwerte sich die beschwerdeführende Partei beim Bundesamt für Ernährungssicherheit (im Folgenden: BAES) darüber, dass Beamte im Februar und März 2011 mehrere Hausdurchsuchungen beim Unternehmen A. in Wien durchgeführt hätten. Dieses Unternehmen stelle Finanzdienstleistungen für die beschwerdeführende Partei zur Verfügung, insbesondere das Kaufen und in einigen Fällen das Vorfinanzieren von Käufen von Pestiziden in anderen Staaten der EU. Die Durchsuchungen seien unrechtmäßig gewesen und hätten auch der beschwerdeführenden Partei Schaden zugefügt. Diese habe Hinweise erhalten, dass ihre Geschäftsgeheimnisse, die durch die Durchsuchung erlangt worden seien, preisgegeben worden seien. In dieser Eingabe führte die beschwerdeführende Partei ("IV. Schlussfolgerung") aus, dass sie als unmittelbare Abhilfe gegen die unrechtmäßigen Maßnahmen vom BAES Folgendes verlange:
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- | "Erstens, die Tatsachen bekanntzugeben, die nach Auffassung des Bundesamtes die Durchsuchung rechtfertigt. |
- | Zweitens, die Rechtsgrundlage mitzuteilen, auf deren Grundlage sich das Bundesamt für die Durchsuchung stützt. |
- | Drittens, im Detail (der beschwerdeführenden Partei) bekanntzugeben, welche Dokumente bei (A.) kopiert wurden. |
- | Viertens, (die beschwerdeführende Partei) im Detail zu informieren, welchen privaten oder öffentlichen dritten Personen Informationen oder Dokumente, die aus der Durchsuchung bei (A.) stammen, mitgeteilt worden sind, entweder in mündlicher Form oder jeder anderen Form. |
- | Fünftens, hinreichend Sicherheiten bereitzustellen, dass keine Informationen oder Dokumente, die vertrauliche Informationen oder Geschäftsgeheimnisse beinhalten und die während der Durchsuchung erlangt wurden, an entweder private oder öffentliche Dritte weitergegeben werden. |
- | Sechstens, die Dokumente zurückzugeben oder zu zerstören, die vertrauliche Informationen oder Geschäftsgeheimnisse beinhalten über (die beschwerdeführende Partei), die das Bundesamt anlässlich der Durchsuchung erhalten haben und die sich im Besitz des Bundesamtes befinden; oder alternativ, Sicherheiten zu gewähren, dass die Dokumente und Informationen insgesamt vernichtet werden. |
Schließlich behält sich (die beschwerdeführende Partei) das Recht vor, Schadenersatz vom Bundesamt zu verlangen für Schäden, die (der beschwerdeführenden Partei) durch die Durchsuchung und ihre Folgehandlungen sowie Konsequenzen entstanden sind. | |
Teilen Sie uns bitte Ihre Antwort bis zum | m it, entweder auf Englisch oder Deutsch. |
Mit freundlichen Grüßen | |
(Unterschriften und Namen eines Attorney-at-Law und eines Rechtsanwaltes)" | |
Das BAES richtete daraufhin an die Vertreter der beschwerdeführenden Partei das Schreiben vom mit folgendem Inhalt: | |
"Betrifft: Beschwerde vom | |
Ihre Mandantin Fa. (…) | |
Sehr geehrter Dr. (…), | |
Wir nehmen Bezug auf Ihre Beschwerde vom und bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir Ihrem Ersuchen (Punkt IV, Erstens bis Sechstens) auf Grund der Rechtslage nicht näher treten können. | |
Für den Direktor: | |
(…)" | |
Mit Eingabe vom erklärten die Vertreter der beschwerdeführenden Partei, gegen das Schreiben des BAES vom Berufung zu erheben. | |
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen. | |
Dazu führte die belangte Behörde aus, dass das Schreiben des BAES vom nicht in der Form eines Bescheides verfasst worden sei und zum Inhalt habe, dass das BAES dem Ersuchen (der beschwerdeführende Partei) auf Grund der Rechtslage nicht näher treten könne. Für den Bescheidcharakter einer behördlichen Willenserklärung sei maßgebend, ob nach ihrem Inhalt ein autoritatives Wollen der Behörde anzunehmen sei. "Nähertreten" bedeute nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, "sich mit etwas näher auseinander zu setzen". Aus dem Inhalt dieser Formulierung gehe somit ein autoritatives Wollen der Behörde dahin, dass sie die Anträge der beschwerdeführende Partei abweise, nicht hervor, und das Schreiben des BAES habe keine Bescheidqualität. Mangels Vorliegens eines Bescheides des BAES sei die Berufung daher zurückzuweisen. | |
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. | |
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen. | |
II. |
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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen: |
Nach ständiger hg. Judikatur muss an eine nicht als Bescheid bezeichnete Erledigung hinsichtlich ihrer Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden. Bringt die sprachliche Gestaltung einen normativen Inhalt nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, liegt kein Bescheid vor (vgl. zum Ganzen etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2007/07/0111, mwN). |
Aus der fehlenden Bescheidbezeichnung im genannten Schreiben des BAES vom in Verbindung mit den Formulierungen "bedauern Ihnen mitteilen zu müssen" und "Ihrem Ersuchen (…) nicht näher treten (zu) können" - dies in Beantwortung des Schreibens der beschwerdeführenden Partei vom , in dem diese das BAES ersucht hatte, dessen Antwort bis zum mitzuteilen - ergibt sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass das BAES damit zum Ausdruck bringen wollte, über einen Parteienantrag in bindender, der Rechtskraft fähiger Weise abzusprechen. |
Da somit diesem Schreiben des BAES kein zweifelsfrei zum Ausdruck kommender normativer Inhalt entnommen werden kann, handelt es sich dabei - entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei - um keinen Bescheid. |
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. |
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. |
Wien, am |
Fundstelle(n):
PAAAE-85832