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VwGH vom 17.09.2019, Ra 2019/22/0115

VwGH vom 17.09.2019, Ra 2019/22/0115

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision 1. des O N, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11 (protokolliert zu Ra 2019/22/0115) und

2. des Bundesministers für Inneres (protokolliert zu Ra 2019/22/0132), gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , VGW-151/089/5155/2019-2, betreffend Aufenthaltstitel (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Landeshauptmann von Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Erstrevisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das über Säumnisbeschwerde des Erstrevisionswerbers zuständig gewordene Verwaltungsgericht Wien den Antrag des Erstrevisionswerbers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom auf Ausstellung einer "Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers" - unter Berufung auf seine am geschlossene Ehe mit einer ungarischen Staatsangehörigen - gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 1 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) als unzulässig zurück. Weiters sprach das VwG aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

2 Das VwG stellte im Wesentlichen fest, dass der Erstrevisionswerber am einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Das Asylverfahren sei nach wie vor - vor dem Bundesverwaltungsgericht - anhängig. 3 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 NAG gelte das NAG u.a. nicht für Fremde, die nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) zum Aufenthalt berechtigt sind oder faktischen Abschiebeschutz genießen. Gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 sei ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Das NAG finde somit im gegenständlichen Fall keine Anwendung.

4 Dagegen richten sich die Revision des Antragstellers und die Amtsrevision des Bundesministers für Inneres.

5 Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Revisionen aufgrund ihres sachlichen und inhaltlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

6 Beide Revisionen bringen in ihren Zulässigkeitsbegründungen vor, dass die Zurückweisung des gegenständlichen Antrages unter Verweis auf die Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 1 NAG rechtswidrig sei.

7 Die Revisionen sind im Hinblick auf dieses Vorbringen

zulässig und auch berechtigt.

8 § 1 und § 54 NAG lauten auszugweise:

"Geltungsbereich

§ 1. (...)

(2) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für Fremde, die

1. nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, oder nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind oder faktischen Abschiebeschutz genießen oder sich nach Stellung eines Folgeantrages (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) im Zulassungsverfahren (§ 28 AsylG 2005) befinden, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt;

(...)

Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers

§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

(...)"

9 Der Erstrevisionswerber beantragte am die Ausstellung einer "Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers" gemäß § 54 NAG unter Berufung auf seine am geschlossene Ehe mit einer ungarischen Staatsangehörigen. Gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 54 Abs. 1 letzter Satz NAG steht der Prüfung der beantragten Aufenthaltskarte nicht entgegen, dass der Erstrevisionswerber nach dem AsylG 2005 zum Aufenthalt berechtigt ist bzw. faktischen Abschiebeschutz genießt.

10 Dies hat das Verwaltungsgericht verkannt, sodass das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

11 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019220115.L00
Schlagworte:
Besondere Rechtsgebiete

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