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VwGH vom 23.06.2010, 2008/23/0313

VwGH vom 23.06.2010, 2008/23/0313

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2008/23/0321

2008/23/0323

2008/23/0322

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall sowie die Hofräte Dr. Hofbauer, Mag. Dr. Wurdinger, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerden von 1. G (auch G) M, geboren 1970,

2. L S, geboren 1975, 3. S M, geboren 2001, und 4. P M, geboren 2003, alle in S und vertreten durch Dr. Peter Zawodsky, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 71/10, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates jeweils vom , Zlen. 252.266/0/3E-IX/27/04 (ad 1.), 252.265/0/1E-IX/27/04 (ad 2.), 309.513-1/2E-IX/27/07 (ad 3.) und 309.514-1/2E-IX/27/07 (ad 4.), betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 (ad 1.) bzw. §§ 10, 11 Asylgesetz 1997 (ad 2. bis 4.) (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Der erstangefochtene Bescheid wird insoweit, als der Erstbeschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 Asylgesetz 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerden abgelehnt.

Ein Aufwandersatz hinsichtlich der zweit- bis viertbeschwerdeführenden Parteien findet nicht statt.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer reiste mit seiner Ehefrau (Zweitbeschwerdeführerin) und dem gemeinsamen Sohn (Drittbeschwerdeführer) am in das Bundesgebiet ein und stellte am einen Asylantrag. Die Zweitbeschwerdeführerin beantragte am selben Tag für sich und den minderjährigen Drittbeschwerdeführer die Erstreckung des dem Erstbeschwerdeführer zu gewährenden Asyls. Für den am in Österreich geborenen Viertbeschwerdeführer wurde am ein Asylerstreckungsantrag in Bezug auf den Asylantrag des Erstbeschwerdeführers gestellt. Alle beschwerdeführenden Parteien sind georgische Staatsangehörige.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Erstbeschwerdeführers gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG) ab und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien aus.

Die Asylerstreckungsanträge der zweit- bis viertbeschwerdeführenden Parteien wurden mit den im Instanzenzug ergangenen zweit- bis viertangefochtenen Bescheiden der belangten Behörde gemäß §§ 10, 11 AsylG (in der gemäß § 44 Abs. 1 AsylG anzuwendenden Fassung vor der Novelle 2003) abgewiesen.

Zur zielstaatsbezogenen Ausweisung des Erstbeschwerdeführers führte die belangte Behörde begründend aus, seine Ausweisung verstoße nicht gegen Art. 8 EMRK. Er verfüge - abgesehen von seiner Ehefrau und den Kindern, deren Asylerstreckungsanträge ebenfalls abgewiesen würden - über keinen Familienbezug zu in Österreich aufhältigen Personen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Zu I.:

Bei der im erstangefochtenen Bescheid erfolgten Ausweisung hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Aufgrund der asylrechtlichen Ausweisung erscheint es möglich, dass der Erstbeschwerdeführer das Bundesgebiet ohne seine Ehefrau und seine minderjährigen Söhne zu verlassen hat. Die Ausweisung stellt somit einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Familienleben des Erstbeschwerdeführers mit seiner Ehefrau und seinen Söhnen dar, welcher einer Rechtfertigung bedürfte. Eine derartige Rechtfertigung enthält der erstangefochtene Bescheid jedoch nicht, zumal die belangte Behörde auch nicht dargelegt hat, warum öffentliche Interessen es erfordern würden, dass der Erstbeschwerdeführer Österreich schon vor einer allfälligen Entscheidung der zuständigen Fremdenbehörde über die Ausweisung der übrigen Familienmitglieder verlassen müsste (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/19/0851, und ihm folgend jüngst die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 2008/23/1122, 1123, 1125, und vom , Zl. 2008/19/0091, jeweils mwN).

Der erstangefochtene Bescheid war daher insoweit, als damit die Ausweisung des Erstbeschwerdeführers nach Georgien verfügt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerden werfen - soweit sie sich nicht auf die Ausweisungsentscheidung im erstangefochtenen Bescheid beziehen - keine für die Entscheidung dieser Fälle maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerden im oben angeführten Umfang abzulehnen.

Den Verfahrensaufwand vor dem Verwaltungsgerichtshof haben die zweit- bis viertbeschwerdeführenden Parteien in diesem Fall selbst zu tragen (§ 58 Abs. 1 VwGG).

Wien, am

Fundstelle(n):
IAAAE-85788