VwGH vom 25.04.2019, Ra 2019/22/0058
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache des D R in W, vertreten durch Mag. Armin Windhager, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5/9, gegen das am mündlich verkündete und mit gleichem Datum schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien, VGW-151/088/13389/2018-19, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines serbischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" nach § 46 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen. 2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 in Verbindung mit Abs. 5 NAG als unbegründet ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt.
Der Revisionswerber - so das Verwaltungsgericht in seinen Feststellungen -sei seit März 2016 mit der über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügenden serbischen Staatsangehörigen J R verheiratet. Am sei der gemeinsame Sohn geboren worden. Zu dem vom Revisionswerber vorgelegten undatierten "Arbeitsvorvertrag" stellte das Verwaltungsgericht fest, dass ein mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels bedingter Arbeitsvertrag (damit) nicht geschlossen worden sei. Eine Beschäftigung des Revisionswerbers bei der T GmbH sei nicht zu erwarten. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung stützte sich das Verwaltungsgericht diesbezüglich auf die in der mündlichen Verhandlung erfolgten Vernehmungen des Revisionswerbers und des Geschäftsführers der T GmbH (E T), aus denen sich ergebe, dass keine rechtsverbindliche Vereinbarung mit übereinstimmenden Willenserklärungen abgeschlossen worden sei. Die Angaben der beiden befragten Personen seien - so das Verwaltungsgericht mit jeweils näherer Begründung - in wesentlichen Punkten (betreffend das Gehalt, die Befristung, die Probezeit, die Arbeitszeit sowie die Umstände, die zum Zustandekommen des "Arbeitsvorvertrages" geführt hätten) voneinander sowie vom vorgelegten Text abgewichen. Diese Widersprüche und Ungereimtheiten seien auch durch mehrfaches Nachfragen nicht aufzulösen gewesen. Nach Überzeugung des erkennenden Gerichtes bestehe im Hinblick auf den vorgelegten "Arbeitsvorvertrag" somit kein tatsächlicher Rechtsbindungswille, über die "essentialia negotii" eines Arbeitsvertrages sei keine rechtsverbindliche Einigung erzielt worden.
Ausgehend von dieser Feststellung führte das Verwaltungsgericht mit näherer Begründung aus, dass das maßgebliche Mindestnettoeinkommen von monatlich EUR 1.503,84 (resultierend aus dem Ehegattenrichtsatz in der Höhe von EUR 1.363,52 und dem Richtsatz für das minderjährige Kind in der Höhe von EUR 140,32) vorliegend deutlich unterschritten werde, wobei der vorgelegte "Arbeitsvorvertrag" im Hinblick auf die obigen Ausführungen nicht zu berücksichtigen gewesen sei. Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG gelangte das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels auch zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geboten sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 Gestützt auf eine ausführliche Beweiswürdigung legte das Verwaltungsgericht der angefochtenen Entscheidung - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Relevanz - zugrunde, dass hinsichtlich des vorgelegten "Arbeitsvorvertrages" kein tatsächlicher Rechtsbindungswille des Revisionswerbers und des E T bestehe und eine Beschäftigung des Revisionswerbers bei der T GmbH nicht zu erwarten sei.
6 Nach seiner ständigen Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes unterliegt nur in beschränktem Maße, nämlich nur hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit, nicht aber hinsichtlich ihrer Richtigkeit, einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (siehe , Rn. 7, mwN).
7 Eine derartige, vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit der - auf eine Vielzahl von Aspekten in den Aussagen des Revisionswerbers und des E T gestützten - Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes betreffend die Qualifikation des vorgelegten "Arbeitsvorvertrages" vermag die Revision mit ihrem Vorbringen nicht aufzuzeigen. Ausgehend davon wird auch kein Abweichen der angefochtenen Entscheidung von dem im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens ins Treffen geführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/21/0088 (in dem auf die Verpflichtung des Antragstellers zum initiativen Nachweis der Unterhaltsmittel abgestellt wurde), dargelegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat eine auf beweiswürdigende Ausführungen gestützte Nichtberücksichtigung eines "Vorvertrages" (dort im Zusammenhang mit einer nicht ausreichenden Konkretisierung bzw. eines angenommenen Abschlusses gefälligkeitshalber) bereits als vertretbar erachtet (siehe , Rn. 6).
8 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision (unter Hinweis auf ) vor, ein Vorvertrag wäre "nur dann nicht zu berücksichtigen", wenn ihm weder das Ausmaß der vereinbarten Arbeitsleistung noch die in Aussicht genommene Entlohnung zu entnehmen sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis die Eignung des dort gegenständlichen Arbeitsvorvertrages, die Selbsterhaltungsfähigkeit nachzuweisen, deshalb verneint, weil dem Arbeitsvorvertrag weder das Ausmaß der vereinbarten Arbeitsleistung noch die in Aussicht genommene Entlohnung zu entnehmen war. Daraus kann aber - entgegen der in der Revision zum Ausdruck kommenden Auffassung - nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass ein als "Arbeitsvorvertrag" bezeichnetes Schriftstück, das Angaben über das Ausmaß der Tätigkeit und die Entlohnung enthält, jedenfalls als Nachweis des Vorhandenseins ausreichender finanzieller Mittel akzeptiert werden muss. 9 Nach Ansicht des Revisionswerbers weicht das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach bei der Prüfung, ob ausreichende Unterhaltsmittel zur Verfügung stehen, eine Prognose über die Erzielbarkeit ausreichender Mittel zu treffen sei (Hinweis auf , , 2008/22/0113, , Ro 2014/22/0032). Es wäre daher zu berücksichtigen gewesen, dass der Revisionswerber und die T GmbH gewillt gewesen seien, ein Dienstverhältnis unter Vollzeitbeschäftigung zu begründen.
Dem ist entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung - gestützt auf seine Beweiswürdigung betreffend den "Arbeitsvorvertrag" - zugrunde gelegt hat, dass eine Beschäftigung des Revisionswerbers bei der T GmbH (und damit ein daraus resultierendes Einkommen) nicht zu erwarten sei, und somit eine Prognoseentscheidung getroffen hat. Einen (vom Revisionswerber begründend ins Treffen geführten) übereinstimmenden rechtlich verbindlichen Willen des Revisionswerbers und des E T betreffend eine Beschäftigung des Revisionswerbers bei der T GmbH hat das Verwaltungsgericht gerade nicht angenommen. In dem in der Revision ins Treffen geführten hg. Erkenntnis 2008/22/0113 hat der Verwaltungsgerichtshof der dort belangten Behörde zwar vorgehalten, sie hätte sich mit einer - nicht als arbeitsrechtlicher Vorvertrag anzusehenden - Bestätigung über eine Einstellungszusage inhaltlich auseinandersetzen und sie einer Beweiswürdigung unterziehen müssen. Eine derartige Auseinandersetzung bzw. Beweiswürdigung (hinsichtlich des vorgelegten "Arbeitsvorvertrages") ist im vorliegenden Fall durch das Verwaltungsgericht aber ohnehin erfolgt.
10 Schließlich moniert der Revisionswerber fehlende Rechtsprechung zu den (im angefochtenen Erkenntnis angesprochenen) "essentialia negotii" im Hinblick auf aufenthaltsrechtliche Verfahren, ohne allerdings näher darzulegen, inwieweit - vor dem Hintergrund, dass die der Nichtberücksichtigung des vorgelegten "Arbeitsvorvertrages" zugrunde liegende Beweiswürdigung nicht als unvertretbar anzusehen ist - das rechtliche Schicksal der Revision von der Lösung einer damit in Zusammenhang stehenden Frage abhängen solle.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019220058.L00 |
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